Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BDG 1979 §124 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des W in F, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport vom 19. September 2001, Zl. 78/9-DOK/01, betreffend Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stand bis zu seiner Entlassung als Bezirksinspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.
Mit dem - unter Bedachtnahme auf das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 14. Dezember 2000, GZ 15 Os 161/00-7, im Umfang des Schuldspruches 1. (Faktum S) rechtskräftig gewordenen - Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 6. September 2000, GZ 9Vr 680/00-10, wurde der Beschwerdeführer des Vergehens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs. 1 StGB dahingehend für schuldig befunden, er habe zu nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkten zwischen Juli 1996 und März 1998 in A außer den Fällen des § 201 StGB S mit Gewalt zur Duldung geschlechtlicher Handlungen genötigt, und zwar, indem er sie an der Hand in den Bereitschaftsdienstraum zerrte, sie auf ein aufgeklapptes Bett drückte, die Knöpfe ihres Uniformhemdes öffnete, ihr T-Shirt hinauf schob und sie trotz ihres körperlichen Widerstandes an den Brüsten betastete.
Mit dem (in einem zweiten Rechtsgang ergangenen) - am 5. Februar 2001 in Rechtskraft erwachsenen - Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 31. Jänner 2001, GZ 9Vr 680/00, wurde der Beschwerdeführer (auch) des Vergehens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs. 1 StGB dahingehend für schuldig befunden, er habe am 29. September 1999 in D K mit Gewalt zur Duldung geschlechtlicher Handlungen dadurch genötigt, dass er trotz Gegenwehr ihre Brüste betastete.
Der Beschwerdeführer wurde hiefür unter Bedachtnahme auf die Urteile des Landesgerichtes Eisenstadt vom 6. September 2000 und des Obersten Gerichtshofes vom 14. Dezember 2000 zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr, die unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt.
In dem danach durchgeführten, dieselben (strafbaren) Handlungen betreffenden Disziplinarverfahren wurde der Beschwerdeführer mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 16. Mai 2001 wie folgt für schuldig befunden:
"Bezirksinspektor W
ist schuldig, er hat in seiner Eigenschaft als Vorgesetzter auf den Gendarmeriegrenzüberwachungsposten A und D, das ihm von seinen Vorgesetzten entgegengebrachte Vertrauen in diese Funktionen gravierend missbraucht, weil er über einen Zeitraum von fünf bzw. vier Jahren hindurch, zwei weibliche im Grenzdienst eingesetzte Bedienstete und zwar VB/S K und VB/S H wiederholt und unter Ausnützung seiner Amtsstellung sexuell missbraucht bzw. belästigt sowie durch obszöne verbale Äußerungen diskriminiert und in ihrer Würde als Frau herabgesetzt und auch bedroht hat, indem er
1. am Nachmittag des 29. September 1999 anlässlich des bevorstehenden Dienststellenwechsels der VB/S K mit dem zivilen Dienst-Kfz, Audi A4, KZ ..., gemeinsam mit VB/S K eine Abschiedsrunde im Rahmen eines Plandienstes bei Gemeindevertretern durchgeführt und sich dabei vorwiegend im Gasthaus B in D, Hstraße, aufgehalten hat, dort eine unbekannte Menge alkoholischer Getränke konsumiert und es unterlassen diese Fahrt im Fahrtenbuch auszutragen und in weiterer Folge die alkoholisierte VB/S K im Damentrakt des GÜP D aufgesucht und versucht hat, sie zu einem Beischlaf zu nötigen, indem er ihr trotz Gegenwehr ihr T-Shirt hochgezogen, sie an der Brust betastet und versucht hat sie zu küssen, wobei er gemeint habe, dass er sie haben wolle;
2. im Sommer 1996 oder im Februar 1997 (ein genauer Zeitpunkt ist nicht mehr feststellbar) versucht hat, seine Mitarbeiterin VB/S S in den Amtsräumen des GÜP A zum Beischlaf zu zwingen, indem er sie an der Hand erfasst, trotz Gegenwehr in den 1. Stock gezogen, auf ein Bett gedrängt, ihr die Kleidung geöffnet und sie an der Brust betastet hat.
Der Beamte hat über seine strafgerichtliche Verantwortlichkeit hinaus seine Dienstpflichten nach den §§ 43 Abs. 1 und 2 sowie 45 Abs. 1 BDG 1979 hinsichtlich seiner Verpflichtung zur gewissenhaften Beachtung der geltenden Rechtsordnung und zur Erhaltung des Vertauens der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben sowie nach § 44 Abs. 1 BDG 1979 hinsichtlich der Befolgung von Weisungen iVm § 13 Gendarmeriedienstinstruktion (GDI), § 16 Abs. 2 und 6 der Richtlinien für das Fahrzeugwesen der österreichischen Bundesgendarmerie (Fzg-R), § 15 der Unterkunftsordnung und § 7 des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes (B-GBG) im Sinne des § 91 BDG 1979 schuldhaft verletzt".
Wegen dieser Dienstpflichtverletzungen wurde über dem Beschwerdeführer gemäß § 92 Abs. 1 Z 3 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von fünf Monatsbezügen unter Ausschluss der Kinderzulage verhängt.
Hingegen wurde der Beschwerdeführer mit dem genannten Disziplinarerkenntnis von weiteren (näher umschriebenen) Anschuldigungen "wegen Verjährung bzw. mangels Beweisbarkeit (im Zweifel für den Angeklagten) freigesprochen".
Gegen dieses Disziplinarerkenntnis erhob ausschließlich der Disziplinaranwalt, vertreten durch den Stellvertreter im Umfang des Strafausspruches Berufung. Er beantragte, das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis in seinem Strafausspruch aufzuheben und die Disziplinarstrafe der Entlassung zu verhängen.
Der Beschwerdeführer hat zu dieser Berufung durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter Gegenausführungen erstattet; in diesem Schriftsatz (vom 10. Juli 2001) wird beantragt, der Berufung keine Folge zu geben und "jedenfalls eine mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen, da sich der erkennende Senat insbesondere auch von meiner Person ein Bild zu machen haben wird".
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 19. September 2001 hat die belangte Behörde über die Berufung des Stellvertreters des Disziplinaranwaltes in nichtöffentlicher Sitzung wie folgt entschieden:
"1.) Der Spruch des angefochtenen Disziplinarerkenntnisses wird gemäß § 62 Abs. 4 AVG iVm § 105 BDG 1979 dahingehend berichtigt, dass er in der letzten Zeile auf Seite 1 statt des Namens "VB/S H" den Namen "VB/S S" zu enthalten hat.
2.) Der Berufung wird gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 105 BDG 1979 Folge gegeben und über den Beschuldigten die Disziplinarstrafe der Entlassung gemäß § 92 Abs. 1 Z 4 BDG 1979 verhängt.
3.) Dem Beschuldigten aufzuerlegende Verfahrenskosten sind im Berufungsverfahren nicht erwachsen."
Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde - zusammengefasst und soweit im Beschwerdeverfahren von Belang - aus, die Berufung richte sich ausschließlich gegen die Art der verhängten Disziplinarstrafe. Insoweit der Beschwerdeführer sich in seinen Gegenausführungen auf den "Spruch" (gemeint: im Umfang des Schuldspruches) beziehe und diesen zu "relativieren versuche", sei darauf infolge eingetretener Rechtskraft nicht einzugehen. Die dem Beschwerdeführer zur Last liegenden strafbaren Handlungen gegen die Sittlichkeit, deretwegen er rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt worden sei, würden objektiv ein disziplinarrechtlich äußerst schwerwiegendes und eines Exekutivbeamten unwürdiges Verhalten darstellen. Mit diesem Verhalten, welches er im örtlichen Bereich der Dienststelle und als Dienststellenleiter sowie unter dem Gebot des Stillschweigens der davon betroffenen Mitarbeiterinnen unter Androhung von Nachteilen gesetzt habe, verletze er gerade jene Rechtsgüter, zu deren Schutz er als Exekutivbeamter berufen gewesen sei. Selbst wenn die davon betroffenen Mitarbeiterinnen - wie in den Gegenausführungen behauptet werde - sich subjektiv nicht derart stark belastet gefühlt haben sollten, dass sie keine Wegversetzung von der betreffenden Dienststelle angestrebt hätten, könne dies die Schwere der Verfehlungen des Beschwerdeführers nicht mindern. Entgegen seinem Vorbringen müsse ein Exekutivbeamter (noch dazu als Dienststellenleiter) die Grenzen zwischen "lockerem Betriebsklima" und strafrechtlich (disziplinarrechtlich) relevantem Verhalten, das als schwerwiegendes kriminelles Delikt zu werten sei, kennen und einhalten. Wenngleich bei Vorliegen eines disziplinären Überhanges grundsätzlich eine mildere Sanktionierung in Betracht komme, würden generalpräventive, aber auch spezialpräventive Gründe, insbesondere die objektive Schwere der Tat (richtig: Taten), die - wie vom Strafgericht rechtskräftig festgestellt worden sei - er vorsätzlich und rechtswidrig gesetzt habe, sowie seine daraus resultierende Untragbarkeit für den öffentlichen Dienst die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung erfordern. Wer die für das Funktionieren des öffentlichen Dienstes unabdingbare Vertrauensgrundlage durch geschlechtliche Nötigung zweier Kolleginnen (§ 202 Abs. 1 StGB) zerstöre, mache sich durch diese Handlungen in aller Regel für den öffentlichen Dienst untragbar. Angesichts der Art und der Schwere der begangenen Straftaten komme eine andere Disziplinarstrafe als die der Entlassung nicht in Betracht.
Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Berufungsverhandlung sei gemäß § 125a Abs. 2 und Abs. 3 Z. 4 und Z. 5 BDG 1979 Abstand genommen worden.
Über die - mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 26. Juni 2002, B 1738/01-3, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abgetretene - Beschwerde, die vom Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 9. Oktober 2002 ergänzt wurde und zu der die belangte Behörde eine Gegenschrift erstattet, hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Der unbekämpft gebliebene Schuldspruch ist in Rechtskraft erwachsen. Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist daher ausschließlich die Frage, ob über den Beschwerdeführer wegen der von ihm begangenen Dienstpflichtverletzungen die Disziplinarstrafe der Geldstrafe oder der Entlassung zu verhängen ist.
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) lauten:
"Disziplinarstrafen
§ 92. (1) Disziplinarstrafen sind
1.
der Verweis,
2.
die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges unter Ausschluss der Kinderzulage,
3. die Geldstrafe bis zur Höhe von fünf Monatsbezügen unter Ausschluss der Kinderzulage,
4. die Entlassung.
(2) In den Fällen des Abs. 1 Z 2 und 3 ist von dem Monatsbezug auszugehen, der dem Beamten auf Grund seiner besoldungsrechtlichen Stellung im Zeitpunkt der Fällung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses beziehungsweise im Zeitpunkt der Verhängung der Disziplinarverfügung gebührt. Allfällige Kürzungen des Monatsbezuges sind bei der Strafbemessung nicht zu berücksichtigen.
Strafbemessung
§ 93. (1) Das Maß für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist jedoch darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.
(2) Hat der Beamte durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen und wird über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt, so ist nur eine Strafe zu verhängen, die nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen ist, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind.
...
Verhandlungsbeschluss und mündliche Verhandlung
§ 124. (1) Ist nach Durchführung der notwendigen Ermittlungen der Sachverhalt ausreichend geklärt, so hat die Disziplinarkommission die mündliche Verhandlung anzuberaumen (Verhandlungsbeschluss) und zu dieser die Parteien sowie die in Betracht kommenden Zeugen und Sachverständigen zu laden. Die mündliche Verhandlung ist so anzuberaumen, dass zwischen ihr und der Zustellung des Beschlusses ein Zeitraum von mindestens zwei Wochen liegt.
(2) Im Verhandlungsbeschluss sind die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen. Gegen den Verhandlungsbeschluss ist Berufung an die Berufungskommission zulässig.
(3) Im Verhandlungsbeschluss ist dem Beschuldigten die Zusammensetzung des Senates einschließlich der Ersatzmitglieder bekanntzugeben. Der Beschuldigte hat das Recht, binnen einer Woche nach Zustellung des Verhandlungsbeschlusses ein Mitglied des Senates ohne Angabe von Gründen abzulehnen. Auf Verlangen des Beschuldigten dürfen bei der mündlichen Verhandlung bis zu drei Beamte als Vertrauenspersonen anwesend sein. Die mündliche Verhandlung ist ansonsten nicht öffentlich.
...
Verhandlung in Abwesenheit des Beschuldigten und Absehen von der
mündlichen Verhandlung
§ 125a. (1) Die mündliche Verhandlung vor dem Disziplinarsenat kann ungeachtet eines Parteienantrages in Abwesenheit des Beschuldigten durchgeführt werden, wenn der Beschuldigte trotz ordnungsgemäß zugestellter Ladung nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen ist, sofern er nachweislich auf diese Säumnisfolge hingewiesen worden ist.
(2) Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Disziplinarsenat kann ungeachtet eines Parteienantrages Abstand genommen werden, wenn der Sachverhalt infolge Bindung an die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteils eines Strafgerichtes oder eines Straferkenntnisses eines unabhängigen Verwaltungssenates zugrunde gelegte Tatsachenfeststellung hinreichend geklärt ist.
(3) Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der Disziplinaroberkommission kann ungeachtet eines Parteienantrages Abstand genommen werden, wenn
1.
die Berufung zurückzuweisen ist,
2.
die Angelegenheit an die erste Instanz zu verweisen ist,
3.
ausschließlich über eine Berufung gegen die Auferlegung eines Kostenersatzes zu entscheiden ist,
4. sich die Berufung ausschließlich gegen die Strafbemessung richtet oder
5. der Sachverhalt nach der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung geklärt erscheint.
(4) In den Fällen des Abs. 1 ist vor schriftlicher Erlassung des Disziplinarerkenntnisses dem Beschuldigten Gelegenheit zu geben, von dem Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen."
Der Beschwerdeführer macht geltend, die belangte Behörde hätte (aus näher dargelegten Erwägungen) eine mündliche Berufungsverhandlung durchführen müssen; sie habe nämlich nicht "nur über eine Strafberufung" entschieden, sondern der erstinstanzlichen Entscheidung ein zusätzliches wesentliches Sachverhaltsdetail "hinzugefügt". Dadurch gehe es um die Tatsachengrundlage der Strafbemessung. Zu dieser neuen Tatsachenannahme sei dem Beschwerdeführer kein Parteiengehör gewährt worden.
Insoweit der Beschwerdeführer sich gegen die Abstandnahme von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der Disziplinaroberkommission (belangte Behörde) wendet, ist diesen Beschwerdeausführungen zu erwidern, dass der Schuldspruch des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses vom Beschwerdeführer nicht mit Berufung bekämpft wurde. Die in den Gegenausführungen zur Berufung des Disziplinaranwaltes gegen den Schuldspruch und die dazu im erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnis enthaltene Begründung vom Beschwerdeführer vorgebrachten Argumente sind nicht geeignet, die Abstandnahme von der mündlichen Berufungsverhandlung als rechtswidrig zu erweisen, war die belangte Behörde doch nicht zuständig, über den in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch zu entscheiden und von daher auch nicht befugt, darüber (in einer mündlichen Verhandlung) Beweise aufzunehmen. Es kann somit unbeantwortet bleiben, ob die "an der Formulierung im Spruch der erstinstanzlichen Entscheidung" bzw. an der "Charakteristik der Begründung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses" geübte Kritik des Beschwerdeführers zutrifft oder nicht.
Die Befugnis der belangten Behörde (als Berufungsbehörde) umfasste ausschließlich die Entscheidung über die gegen die Strafbemessung erhobene Berufung. In einem solchen Fall kann die belangte Behörde gemäß § 125a Abs. 3 Z 4 BDG 1979 ungeachtet eines Parteienantrages von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand nehmen.
Der Beschwerdeführer zeigt keinen wesentlichen Sachverhalt auf, der (durch die belangte Behörde) in einer mündlichen Verhandlung hätte geklärt werden müssen. Der Sachverhalt war nämlich nach der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung und den dazu (vom Beschwerdeführer) erstatteten Gegenausführungen als geklärt anzusehen (vgl. § 125a Abs. 3 Z 5 BDG 1979). Von einer mündlichen Berufungsverhandlung konnte die belangte Behörde zudem ohne das Gesetz zu verletzen Abstand nehmen, weil der Tatsachenkomplex, der Gegenstand der strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers gewesen und von ihm in der Schuldfrage nicht mit Berufung bekämpft worden ist, die Grundlage für die Strafbemessung bildete (vgl. § 125a Abs. 2 BDG 1979; und das hg. Erkenntnis vom 19. September 2001, Zl. 99/09/0233).
Insoweit der Beschwerdeführer - losgelöst von der übrigen Bescheidbegründung - die im angefochtenen Bescheid gebrauchte Formulierung, er habe das inkriminierte Verhalten "unter dem Gebot des Stillschweigens der davon betroffenen Mitarbeiterinnen unter Androhung von Nachteilen gesetzt" (vgl. Seite 27 zweiter Absatz) als nicht durch Tatsachenfeststellungen gedeckt kritisiert, ist diesem Vorbringen zu erwidern, dass diese kritisierten Ausführungen entbehrlich waren und ihnen für die Strafbemessung der belangten Behörde eine wesentliche (tragende) Bedeutung nicht zukommen kann, war die über den Beschwerdeführer verhängte Disziplinarstrafe doch ungeachtet des gerügten Satzes gerechtfertigt. Im übrigen ist diesem Beschwerdevorbringen auch zu erwidern, dass die belangte Behörde erkennbar nicht einem vom rechtskräftigen Urteil des Strafgerichtes abweichenden Sachverhalt feststellen bzw. der erstinstanzlichen Entscheidung einen Sachverhalt hinzufügen wollte, ist sie doch nach dem gesamten Inhalt des angefochtenen Bescheides (wie etwa gerade der erste Satz des zweiten Absatzes auf Seite 27 zeigt) eindeutig nur von den "dem Beschwerdeführer zur Last liegenden strafbaren Handlungen gegen die Sittlichkeit, deretwegen er auch strafgerichtlich rechtskräftig verurteilt wurde", ausgegangen; diese Handlungen des Beschwerdeführers wertete die belangte Behörde als "ein disziplinarrechtlich äußerst schwer wiegendes und eines Exekutivbeamten unwürdiges Verhalten".
Der Beschwerdeführer rügt, dass die belangte Behörde (in nichtöffentlicher Sitzung) entschieden habe, ohne ihm vorher die Senatszusammensetzung bekannt zu geben. Dadurch habe er keine Gelegenheit gehabt, ein Senatsmitglied abzulehnen. Er hätte nämlich den Vorsitzenden abgelehnt.
Diesen Beschwerdeausführungen ist zu erwidern, dass die belangte Behörde - wie bereits dargelegt - ohne dadurch das Gesetz zu verletzten in nichtöffentlicher Sitzung über die Berufung entschieden hat. Das Recht des Beschuldigten, gemäß § 124 Abs. 3 zweiter Satz BDG 1979 ein Senatsmitglied ohne Angabe von Gründen abzulehnen, setzt die Durchführung einer mündlichen Verhandlung voraus und konnte daher vorliegend nicht in Betracht kommen, weil die belangte Behörde keine mündliche Verhandlung durchführte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. September 2002, Zl. 99/09/0022; und Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, dritte Auflage 2003, Seite 465). Das vom Beschwerdeführer für seinen Standpunkt ins Treffen geführte hg. Erkenntnis vom 16. September 1981, Zl. 81/09/0019 (Slg Nr. 10537/1981) ist nicht zu der im Beschwerdefall geltenden Rechtslage (des § 125a BDG 1979) ergangen und betraf einen Fall, in dem eine mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt wurde.
Eine Rechtsgrundlage dafür, dass die belangte Behörde nach der von ihr anzuwendenden Rechtslage gehalten gewesen wäre, vor ihrer in nichtöffentlicher Sitzung getroffenen Entscheidung die Zusammensetzung des Senates dem Beschuldigten bekannt zu geben, ist dem BDG 1979 nicht zu entnehmen; der Beschwerdeführer vermag dafür keine Rechtsgrundlage darzustellen. Dass im BDG 1979 in dieser Hinsicht eine als unbeabsichtigt zu erkennende Lücke bestünde, muss nicht angenommen werden, sind die gemäß § 125a Abs. 2 und Abs. 3 BDG 1979 von der Berufungsbehörde (Disziplinaroberkommission) ohne mündliche Verhandlung (also in nichtöffentlicher Sitzung) zu entscheidenden Angelegenheiten doch dadurch gekennzeichnet, dass sie ein Beweis (bzw. Ermittlungs)verfahren der Berufungsbehörde gar nicht erfordern, weil einerseits die Tatsachengrundlage unstrittig ist (Z 4 und 5 des § 125a Abs. 3 bzw. Abs. 2 des § 125a) oder anderseits die Entscheidung der Berufungsbehörde in der Sache (bzw. Hauptsache) überhaupt unterbleibt (Z 1 bis 3 des § 125a Abs. 3). Auch vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens (Argument der gleichheitswidrigen Schlechterstellung) ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht zu finden, dass der Gesetzgeber in den genannten Angelegenheiten, die von der Disziplinaroberkommission in nichtöffentlicher Sitzung zu entscheiden sind, die Verpflichtung zur Bekanntgabe der Senatszusammensetzung bzw. ein ohne Angabe von Gründen ausübbares Ablehnungsrecht des Beschuldigten hätte vorsehen müssen. Der Beschwerdeführer nennt keinen konkreten Grund, weshalb er den Vorsitzenden der belangten Behörde etwa wegen Befangenheit oder sonst aus einem sachlichen Grund hätte ablehnen wollen.
Der Beschwerdeführer tritt den Erwägungen der belangten Behörde zur Verhängung der Disziplinarstrafen der Entlassung inhaltlich mit dem Argument entgegen, nach den Sachverhaltsannahmen der erstinstanzlichen Behörde habe er das Vertrauen seiner Vorgesetzten nicht verloren. Vor dem Hintergrund der (in der Beschwerde näher dargestellten) mildernden bzw. entlastenden Umstände sei die Disziplinarstrafe der Entlassung daher nicht gerechtfertigt.
Dem kann jedoch nicht gefolgt werden; die sehr erhebliche Schwere der vom Beschwerdeführer zu verantwortenden Dienstpflichtverletzungen ist durch die bisherige Judikatur bereits klargestellt; es genügt daher insoweit gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf diese zu verweisen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 2005, Zl. 2002/09/0006, und die darin angegebene weitere Judikatur).
In diesem Sinne erweist sich die im Beschwerdefall verhängte Disziplinarstrafe der Entlassung angesichts der großen Schwere der Dienstpflichtverletzungen und der vom Beschwerdeführer zu verantwortenden Angriffe auf die höchstpersönlichen Rechte seiner (damals in Ausbildung befindlichen) jungen Mitarbeiterinnen unter Ausnützung seiner Stellung als Dienstvorgesetzter als gesetzmäßig. Durch seine Straftaten wurde nicht nur das Vertrauensverhältnis zu seinen Vorgesetzten sondern auch das Vertrauen der Allgemeinheit zerstört. Der entscheidende Gesichtspunkt ist, dass sich die Verwaltung auf die Redlichkeit und Vertrauenswürdigkeit eines Beamten bei dessen Dienstausübung verlassen muss, weil eine lückenlose Kontrolle nicht möglich ist (vgl. das genante Erkenntnis Zl. 2002/09/0006, und auch die hg. Erkenntnisse vom 27. Juni 2002, Zl. 2001/09/0082, und vom 19. September 2001, Zl. 99/09/0233). Dass - wie der Beschwerdeführer ins Treffen führt - "Vorgesetzte" in ihren Zeugenaussagen ihr "Vertrauen" zum Beschwerdeführer bekundeten, ist nicht entscheidend; die Schwere der Dienstpflichtverletzungen und die Zerstörung des Vertrauens der Allgemeinheit werden dadurch nicht beseitigt.
Des Weiteren ist im Beschwerdefall der Gesichtspunkt zu berücksichtigen, dass der (öffentliche) Dienstgeber auch zur Fürsorge gegen sexuelle Belästigungen der Mitarbeiterinnen (hier: junge, noch in Ausbildung befindliche Arbeitnehmerinnen) am Arbeitsplatz verpflichtet ist und der Beschwerdeführer gehalten ist, diese Interessen seines (öffentlichen) Dienstgebers zu wahren und den Betriebsfrieden durch derartige Handlungen nicht zu stören.
Mit dem in der Beschwerde als mildernd ins Treffen geführten Umständen (dienstliche Bewährung, Alkohol im Spiel, keine Verhaltenstendenz, keine Wiederholungsgefahr) wird nicht aufgezeigt, dass der Beschwerdeführer als Exekutivbeamter im öffentlichen Dienst weiterhin tragbar ist.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 21. September 2005
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3 Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Unmittelbarkeitsprinzip Gegenüberstellungsanspruch Fragerecht der Parteien VwRallg10/1/2 Individuelle Normen und Parteienrechte Bindung der Verwaltungsbehörden an gerichtliche Entscheidungen VwRallg9/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2002090135.X00Im RIS seit
20.10.2005