TE OGH 1988/1/29 15Os12/88

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Veröffentlicht am 29.01.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 29.Jänner 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Plachy als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Erwin I*** wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs. 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Schöffengericht vom 14.September 1987, GZ 29 Vr 1203/86-42, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die durch die Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem bekämpften Urteil wurde Erwin I*** (A) des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs. 1 StGB, (B) des Vergehens des schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 3, 128 Abs. 1 Z 4 StGB, (C) des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs. 1 Z 7 StGB und (D) des Vergehens der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 Abs. 1 StGB schuldig erkannt und nach §§ 28, 169 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren verurteilt; außerdem wurde seine Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs. 2 StGB angeordnet. Nach dem Inhalt des Schuldspruches hat der Angeklagte (zu A) am 19.August 1986 in Neulengbach dadurch, daß er ein brennendes Papier in das Magazin des Lagerhauses der Landwirtschaftlichen R***-Lagerhausges.m.b.H.warf, vorsätzlich ohne Einwilligung der Eigentümer eine Feuersbrunst verursacht, (zu B) in sechs Angriffen in der Zeit zwischen Dezember 1979 und April 1985 in Tullnerbach zum Teil Dienstgebern und deren Angehörigen, zum Teil einem Arbeitskollegen Bargeldbeträge von insgesamt 6.800 S und eine Armbanduhr im Wert von etwa 6.000 S gestohlen,

(zu C) am 31.Juli und 3.August 1986 in Böheimkirchen und Untertiefenbach in drei Fällen durch Anzünden von Gerstenstroh und eines Weizenfeldes vorsätzlich fremde Sachen zerstört, wobei er insgesamt etwa 12.200 S Schaden verursachte, und

(zu D) am 22.September 1986 in Böheimkirchen einem Gendarmeriebeamten durch die Behauptung, sein Motorfahrrad sei gestohlen worden, die Begehung eines Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB wissentlich vorgetäuscht.

Der gegen dieses Urteil aus den Z 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Das Erstgericht beschränkte seine Konstatierung, daß Anlaßtaten (im Sinn des § 21 Abs. 2 StGB) des Angeklagten unter dem Einfluß seiner geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad begangen wurden, ausdrücklich auf die durch Spannungs- und Verstimmungszustände ausgelösten "Aggressionshandlungen" (US 11, 15), als welche nach den Umständen des vorliegenden Falles klar erkennbar nur die in den Faktengruppen A und C umschriebenen Handlungen anzusehen sind.

Der Beschwerdeführer geht dagegen in seiner Mängelrüge (Z 5) nicht von diesem Urteilsinhalt aus, soweit er dem erstgerichtlichen Urteil Begründungsmängel zur Frage vorwirft, ob (auch) die Diebstähle und die Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung durch Verstimmungszustände ausgelöst wurden. Er behauptet somit Begründungsmängel in Ansehung gar nicht konstatierter Umstände und bringt daher den angerufenen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Die Behauptung hingegen, dem Beschwerdeführer sei nicht klar, warum das Erstgericht (auch) die Fakten C I und II im Zusammenhang mit der geistigen Abartigkeit höheren Grades des Angeklagten gebracht habe, bleibt unsubstantiiert und stellt sich demnach mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung eines Nichtigkeitsgrundes (§ 285 a Z 2 StPO) ebenfalls nicht als prozeßordnungsgemäße Ausführung eines Nichtigkeitsgrundes dar; nur am Rande sei angemerkt, daß das Schöffengericht ohnedies auch in diesem Zusammenhang auf Streit mit Familienangehörigen und Fahrzeugdefekte als die Taten auslösende Reizzustände verwies (US 8 und 9).

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsrüge (Z 10, der Sache nach jedoch Z 9 lit. a) ist gleichfalls nicht gesetzmäßig dargestellt. Die Ausführung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes hätte nämlich vom festgestellten Urteilssachverhalt auszugehen und einen Vergleich dieses Sachverhaltes mit dem darauf angewendeten Gesetz vorzunehmen. Demgemäß liegt keine prozeßordnungsgemäße Darstellung eines solchen Beschwerdegrundes vor, wenn eine im Urteil konstatierte Tatsache bestritten oder übergangen oder aber ein nicht festgestellter Umstand als gegeben angenommen wird.

Nichts anderes aber unternimmt der Beschwerdeführer, indem er zu dem in diesem Zusammenhang allein bekämpften Urteilsfaktum C I, der Urteilskonstatierung eines vorsätzlichen Handelns "entgegensetzt", der (vom Erstgericht angenommene) bedingte Vorsatz sei "nicht verwirklicht" und dies mit Ausführungen nach Art einer im Rechtsmittelverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile nicht vorgesehenen und daher unzulässigen Schuldberufung zu untermauern sucht.

Die insgesamt nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher sofort bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 1 StPO iVm § 285 a Z 2 StPO).

In sinngemäßer Anwendung des § 285 b Abs. 6 StPO waren die Akten zur Entscheidung über die vom Angeklagten ergriffene Berufung dem Oberlandesgericht Wien zuzuleiten.

Anmerkung

E12939

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0150OS00012.88.0129.000

Dokumentnummer

JJT_19880129_OGH0002_0150OS00012_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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