TE OGH 1988/2/4 7Ob502/88 (7Ob503/88)

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Veröffentlicht am 04.02.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und widerbeklagten Partei Gottfried S***, geboren am 2. Februar 1933 in Mistelbach, ÖBB-Bediensteter, Wien 21., Bunsengasse 21/5/6, vertreten durch Dr. Christian Prem und Dr. Werner Weidinger, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte und widerklagende Partei Ingrid Rosa S***, geborene G***, geboren am 21. Oktober 1943 in Wien, Angestellte, Wien 1., Wollzeile 27/15, vertreten durch Dr. Erik Agstner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ehescheidung infolge Revision der beklagten und widerklagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 19. Mai 1987, GZ. 11 R 90/87-30, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 20. Dezember 1986, GZ. 16 Cg 17, 320/85-23, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte und widerklagende Partei ist schuldig, der klagenden und widerbeklagten Partei die mit S 3.397,35 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 308,85 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile haben am 14.5.1981 die Ehe geschlossen. Es war beiderseits die zweite Ehe, die kinderlos blieb. Beide Teile sind österreichische Staatsbürger, ihr letzter gemeinsamer gewÄhnlicher Aufenthalt war Wien.

Der Kläger und Widerbeklagte (im folgenden nur Kläger) begehrt die Scheidung der Ehe aus dem Alleinverschulden der Beklagten. Die Beklagte sei aggressiv, habe ihn mißhandelt, mit ihm nichts gesprochen und verweigere die ehelichen Pflichten.

Die Beklagte und Widerklägerin (im folgenden nur Beklagte) begehrt die Scheidung aus dem Alleinverschulden des Klägers. Dieser habe sie lieblos behandelt, seine Freizeit allein verbracht, seine Unterhaltspflicht verletzt, die häusliche Gemeinschaft eigenmächtig aufgehoben und Ehebruch begangen.

Das Erstgericht schied die Ehe aus beiderseitigem gleichteiligem Verschulden. Nach seinen Feststellungen haben die Streitteile einander im März 1978 kennengelernt. Zu diesem Zeitpunkt war die Beklagte noch verheiratet. Der Kläger war schon seit etwa 10 Jahren geschieden, unterhielt aber noch freundschaftliche Beziehungen zu seiner ersten Ehefrau. Er traf in deren Wohnung gelegentlich mit seinem Sohn aus erster Ehe zusammen. Im Oktober 1978 wurde die Ehe der Beklagten aus dem Verschulden ihres Ehemannes geschieden, obwohl die Beklagte schon seit dem Frühjahr 1978 mit dem Kläger ehebrecherische Beziehungen unterhalten hatte. Der Ehemann der Beklagten hatte davon aber keine Kenntnis. Der Kläger schwankte, ob er zu seiner ersten Ehefrau zurückkehren soll. Die Beklagte "erzwang" eine Entscheidung zu ihren Gunsten dadurch, daß sie mit Selbstmord für den Fall drohte, daß der Kläger sich für seine erste Ehefrau entscheiden sollte. Der Beklagten war bekannt, daß der Kläger seit der Scheidung seiner ersten Ehe zahlreiche Frauenbekanntschaften gehabt hatte. Dies störte sie nicht. Sie war befriedigt mit der Erklärung des Klägers, daß sie eben anders als ihre Vorgängerinnen sei. Die Eifersuchtsszenen der Beklagten dauerten aber nach der Eheschließung an. Die Beklagte wollte, daß der Kläger die Besuche zu seinem Sohn einstellen soll. Nach ihrem Wunsch hätte das Treffen zwischen dem Kläger und seinem Sohn in der Ehewohnung stattfinden sollen, was aber vom Sohn des Klägers abgelehnt wurde. Gelegentlich riefen die früheren Geliebten des Klägers in der Ehewohnung an, obwohl diese Affären längst beendet waren und der Kläger seit der Eheschließung mit der Beklagten keine Beziehungen zu anderen Frauen unterhielt. Die Beklagte nahm den fortbestehenden Kontakt des Klägers zu seiner ersten Ehefrau zum Anlaß für zahlreiche Eifersuchtsszenen. Zu Silvester 1981 bei einer Veranstaltung der Parteisektion küßte der Kläger in einer größeren Gesellschaft von Parteifreunden und Bekannten seiner Sitznachbarin die Hand. Die Sitznachbarin des Klägers meinte, es wäre besser, wenn man den ziemlich betrunkenen Kläger ins Bett verfrachten würde. Die Beklagte, der sich der Kläger damals nur wenig gewidmet hatte, versetzte dem Kläger vor der gesamten Gesellschaft eine Ohrfeige und belegte die Sitznachbarin des Klägers und deren Tochter, mit der der Kläger zuvor mehrmals getanzt hatte, mit ordinären Schimpfworten. Die Beklagte nahm ab diesem Zeitpunkt an den Sektionsveranstaltungen nicht mehr teil. Sie wünschte, daß auch der Kläger an diesen Veranstaltungen nicht mehr teilnimmt. Seit Silvester 1981 besteht daher auch diese bisherige Gemeinsamkeit zwischen den Streitteilen nicht mehr. Die Beklagte beschwerte sich, daß der Kläger am Abend häufig nicht zu Hause ist. Obwohl der Kläger die Beklagte weiterhin einlud, an den Sektionsveranstaltungen teilzunehmen, begleitete sie ihn nicht mehr. Die Beklagte hatte schon vor der Eheschließung gewußt, daß der Kläger einmal wöchentlich Fußballspielen geht und von seiner Partei- und Betriebsratstätigkeit stark in Anspruch genommen wird und die Einladungen seiner Berufskollegen nicht gut ablehnen konnte. Die Beklagte hat dies auch gebilligt. Desgleichen hatte die Beklagte gewußt und gebilligt, daß der Kläger in seinem erlernten Beruf als Tapezierer am Abend und an Wochenenden fallweise arbeitete. In der Folge wuchs die Eifersucht der Beklagten, obwohl dieses Gefühl jeder realen Grundlage entbehrte. Die Beklagte machte dem Kläger Vorhaltungen wegen seiner häufigen Abwesenheit, was zu Streitigkeiten führte. Im Verlaufe dieser Streitigkeiten beschimpfte die Beklagte den Kläger mit groben und ordinären Ausdrücken. Aber auch der Kläger beschimpfte die Beklagte. Im Verlaufe eines solchen Streites kam es auch zu einer Tätlichkeit des Klägers, die ihm jedoch von der Beklagten verziehen wurde. Bei den folgenden, mindestens einmal im Monat stattfindenden, heftigen Streitigkeiten kam es wiederholt zu Tätlichkeiten der Beklagten gegen den Kläger. Einmal schlug sie ihm eine Flasche auf den Kopf und verletzte ihn damit. Auch Kratzspuren im Gesicht und ein blaues Auge fügte sie ihm zu. Ursache für diese Streitigkeiten waren die Unzufriedenheit der Beklagten mit ihrem Leben, ihre Neigung zur Eifersucht und ihr häufiges Alleinsein. Der Kläger meinte eine Besserung der Situation dadurch herbeiführen zu können, daß er eine größere Wohnung beschaffte. Im Jahre 1983 war der Kläger daher häufiger am Abend und zu den Wochenenden zu Hause, weil er gemeinsam mit Freunden und Kollegen die notwendigen Renovierungsarbeiten in der Wohnung durchführte. Hiebei kam es aber zu Streitigkeiten, weil die Beklagte finanziell sehr aufwendige Vorstellungen von der Wohnungsausstattung hatte, die dem Kläger nicht finanzierbar erschienen, und weil der Kläger von der Beklagten mehr Mithilfe bei den Arbeiten und die Betreuung der mitarbeitenden Personen erwartet hatte. Ursache für Streitigkeiten war auch der Umstand, daß sich an den Wochenenden während der warmen Jahreszeit seit vielen Jahren die Familienangehörigen des Klägers in seinem Gartenhaus einfanden, wodurch die Beklagte mehr Arbeit hatte. Ihr wäre es lieber gewesen, die Wochenenden mit dem Beklagten allein im Garten zu verbringen. Der Kläger hingegen war diese Familienzusammenkünfte gewöhnt und schätzte sie. Die Kritik der Beklagten führte dazu, daß die Angehörigen des Klägers in der Folge dem Garten fernblieben. Dies hatte wiederum zur Folge, daß der Kläger zum Teil an Wochenenden zu Freunden tapezieren fuhr oder ohne die Beklagte das Gartenhaus aufsuchte. Der Kläger begann auch in zunehmendem Maße dem Alkohol zuzusprechen. Die häufigen Streitigkeiten und die sich daran anschließenden Schweigeperioden der Beklagten beeinträchtigten auch das Sexualleben, sodaß der Kläger zunehmend das Interesse an der Beklagten verlor.

Am Abend des 21.10.1983 hatte die Beklagte ihre Mutter und ihre Tochter zu einer Geburtstagsfeier eingeladen. Der Kläger kam am Abend, nach einer Feier mit Freunden, in alkoholisiertem Zustand. Die Beklagte machte ihm Vorhaltungen und es kam zu einem heftigen Wortwechsel, der nach dem Weggehen der Gäste zu Tätlichkeiten eskalierte. Die Beklagte rief die Polizei. Es erschienen zwei Beamte und forderten den Kläger auf, sein Verhalten einzustellen. Kaum hatten sich die Beamten entfernt, versetzte der Kläger der Beklagten eine Ohrfeige mit dem Bemerken, daß sie jetzt wenigstens einen Grund hätte, gegen ihn Anzeige zu erstatten. Zuvor war der Beklagten nicht wirklich etwas geschehen. Die Beklagte hatte auch nicht damit gerechnet, daß die Beamten ohne Adressenangabe überhaupt wüßten, woher sie angerufen hatte. Sie hatte nicht ernstlich die Absicht, die Polizei zu rufen. Die noch im Stiegenhaus befindlichen Beamten wurden hierauf von der Beklagten zurückgerufen und sie erstattete wegen der Ohrfeige Anzeige gegen den Kläger. Die Beklagte suchte jedoch den Amtsarzt nicht auf, sodaß die Anzeige zurückgelegt wurde. Im Jänner 1984 konnte der Kläger die Wohnungstür nicht aufsperren. Er war der Meinung, die Beklagte habe das Schloß auswechseln lassen, um ihn am Betreten der Wohnung zu hindern. Er strengte ein Besitzstörungsverfahren an. Es stellte sich jedoch heraus, daß die Beklagte lediglich einen Schlüssel im Schloß abgebrochen hatte. Die Beklagte litt zu dieser Zeit schon seit längerem an einem Wirbelsäulenleiden. Am 30.1.1984 wurde sie in das Krankenhaus Rudolfsstiftung eingeliefert und am 22.2.1984 einer Bandscheibenoperation unterzogen. Der Kläger besuchte sie regelmäßig. In den Beziehungen der Streitteile trat vorübergehend eine Besserung ein. Schon kurze Zeit nach der Entlassung der Beklagten aus dem Krankenhaus kam es erneut zu Streitigkeiten. Die Beziehungen zwischen den Streitteilen waren schon vor dem Spitalsaufenthalt der Beklagten so sehr gestört, daß dieses Ereignis eine dauernde Besserung nicht herbeiführen konnte. Ab Beginn des Jahres 1984 kam es auch zu finanziellen Schwierigkeiten, weil die Beklagte über kein eigenes Einkommen mehr verfügte. Die Parteien hatten ursprünglich vereinbart, das Arbeitseinkommen des Klägers zur Finanzierung der Wohnungsrenovierung zu verwenden und aus dem Arbeitseinkommen der Beklagten den gemeinsamen Lebensunterhalt zu bestreiten. Der Kläger hatte nun für längere Dauer die gesamten Lasten allein zu tragen. Wenn der Kläger spätabends oder alkoholisiert nach Hause kam, bestrafte ihn die Beklagte mit langfristigem Schweigen. Dies dauerte Tage und Wochen. Da sich die Beklagte unversÄhnlich zeigte, begann der Kläger im Gartenhaus oder bei Freunden zu nächtigen. Wenn er in die Ehewohnung zurückkehrte, wurde er mit Vorhaltungen und Eifersuchtsszenen konfrontiert. Die Beklagte mußte wiederholt feststellen, daß der Kläger nicht bei jenen Freunden oder Bekannten gewesen war, bei denen er vorgab, gewesen zu sein. Dadurch steigerte sich ihre Eifersucht, obwohl es damals im Leben des Klägers keine andere Frau gab.

Im Juli 1984 verbrachten die Streitteile einen vom Kläger organisierten und finanzierten Kuraufenthalt in Althofen. Vor Antritt des Kuraufenthaltes erklärte jedoch die Beklagte plötzlich, sie zöge es vor, allein zu fahren. Dem Kläger war es zu dieser Zeit jedoch nicht mehr möglich, die bereits getroffenen Dispositionen zu ändern. Während des Kuraufenthaltes stellte die Beklagte fest, daß der Kläger an ihr kein Interesse mehr hatte und zu Ausreden Zuflucht nahm, um sexuelle Kontakte zu vermeiden. Der letzte sexuelle Kontakt zwischen den Streitteilen fand im September 1984 statt.

Im September 1984 hatte der Kläger nach Streitigkeiten mit der Beklagten mehrere Nächte außerhalb der Ehewohnung verbracht. Als die Beklagte ihn am 3. Tag im Gartenhaus traf, erklärte er ihr, bei einem gemeinsamen Bekannten gewesen zu sein. Als die Beklagte darauf bestand, sofort zu diesem zu fahren, um die Wahrheit der Erklärung des Klägers überprüfen zu können, erklärte der Kläger, sich bei seinem Gartenhausnachbarn Kurt S*** aufgehalten zu haben. Der Kläger lehnte es ab, mit der Beklagten in die Ehewohnung zurückzukehren. Die Beklagte fuhr allein zurück und rief aus der Ehewohnung in der Wohnung des Kurt S*** an. Die Ehefrau des Kurt S*** erklärte der Beklagten, daß der Kläger nur die erste Nacht bei ihnen verbracht habe, weil er dort Tapezierungsarbeiten durchgeführt habe und es dabei spät geworden sei. Die Beklagte fuhr daraufhin wieder in das Gartenhaus, wo sie den Kläger mit Kurt S*** antraf. Sie hörte, daß sich der Kläger über sie bei Kurt S*** beklagte. Sie stürzte auf den Kläger zu, schlug ihn mit den Fäusten auf den Kopf und beschimpfte ihn ordinär. Auf die Frage der Beklagten, wo der Kläger die letzte Nacht gewesen sei, antwortete Kurt S***, um die Beklagte zu beruhigen, der Kläger sei bei ihm gewesen. Schon früher, wenn der Kläger einen Ausflug oder eine Wanderung unternehmen wollte, war es vorgekommen, daß die Beklagte ihn zwang, Kleidungsstücke, die sie für ihn gekauft hatte, wieder auszuziehen und seine alte Kleidung anzuziehen. Aus diesem Grund hatte der Kläger einen Teil seiner Kleidung und Wäsche im Kellerraum untergebracht, wo er sich nach dem Verlassen der Ehewohnung umkleidete.

Im September 1984 beschloß der Kläger, der den bestehenden Zustand nicht mehr ertrug, seinen Freund F*** in Traunkirchen zu besuchen, ohne die Beklagte davon zu unterrichten. Als er die Wohnung verließ, war die Beklagte verzweifelt. Sie stellte Medikamente, die ihr der Arzt gegen Depressionen verschrieben hatte, zusammen mit Alkohol vor sich auf den Tisch. Ob sie die Absicht hatte, Selbstmord zu begehen oder den Kläger nur bewegen wollte, zu ihr zurückzukehren, konnte nicht festgestellt werden. Das Ehepaar F*** hielt sich an diesem Tag in Wien auf und wollte die Streitteile besuchen. Nach mehreren vergeblichen Versuchen meldete sich schließlich die Beklagte am Telefon. Frau F*** merkte, daß etwas nicht stimmte, und gelangte mit ihrem Ehemann mit Hilfe der Hausbesorgerin in die Ehewohnung. Nachdem der Aufenthalt des Klägers telefonisch ermittelt worden war, fuhr das Ehepaar F*** mit der Beklagten nach Traunkirchen. Der Kläger war über den ihm mitgeteilten Vorfall erschrocken und bemühte sich um die Beklagte. Er war jedoch davon überzeugt, daß es nur mehr den Weg der Scheidung gebe. Er bot der Beklagten an, eine für sie finanziell tragbare Wohnung zu suchen und fand eine solche auch im 22. Bezirk. Die Beklagte lehnte dies ab. Obwohl schon früher von einer Scheidung der Ehe die Rede gewesen war, hat die Beklagte in eine Ehescheidung nie ernsthaft eingewilligt. Sie hatte zwar dem Kläger im Verlauf von Streitigkeiten wiederholt gesagt, er soll aus der Ehewohnung verschwinden, wenn er dann aber tatsächlich wegging, war ihr dies nicht recht.

Am 19.10.1984 lernte der Kläger bei einem Gemeindebaufest auf der Fischerstiege, wo er früher gewohnt hatte, Waltraud S*** kennen. Nachdem es am 21.10.1984 zwischen den Streitteilen wieder einmal aus nichtigem Anlaß zu einem heftigen Streit gekommen war, zog der Kläger am 22.10.1984 aus der Ehewohnung aus. Er traf sich in der Folge mehrfach mit Waltraud S*** und hatte ab Dezember 1984 mit ihr wiederholt und regelmäßig Geschlechtsverkehr. Nach der Auffassung des Erstgerichtes hätten beide Ehegatten durch schwere Eheverfehlungen die Zerrüttung der Ehe verursacht. Der Beklagten seien ihre häufigen Beschimpfungen, grundlosen Vorhaltungen und Tätlichkeiten gegen den Kläger anzulasten, wodurch die Ehe allmählich zerrüttet worden sei. Ihr Verhalten zu Silvester 1981 sei durch das vorangegangene Verhalten des Klägers nicht gerechtfertigt worden. Der Kläger habe durch seine häufige Abwesenheit und durch seine unrichtigen Angaben über seinen Verbleib zur Eifersucht der Beklagten beigetragen. Die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft durch den Kläger und sein ehebrecherisches Verhältnis zu Waltraud S*** seien zwar an sich schwere Eheverfehlungen, fielen aber bei der Verschuldensabwägung deshalb nicht entscheidend ins Gewicht, weil diese Eheverfehlungen zu einem Zeitpunkt begangen worden seien, zu dem die Ehe bereits unheilbar zerrüttet gewesen sei.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis einer einwandfreien Beweiswürdigung und teilte auch dessen Rechtsansicht.

Rechtliche Beurteilung

Die nur gegen den Verschuldensausspruch erhobene Revision der Beklagten ist nicht berechtigt.

Der behauptete Verfahrensmangel liegt nicht vor (§ 510 Abs3 ZPO).

Die für die Verschuldensabwägung maßgeblichen Rechtssätze wurden vom Berufungsgericht eingehend und zutreffend und mit zahlreichen Belegstellen dargelegt. Sie werden von der Revisionswerberin auch nicht in Zweifel gezogen. Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen und auf der Basis der für den Obersten Gerichtshof bindenden Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen ist die Verschuldensteilung zu billigen. Die Auffassung der Beklagten, daß ihre Eifersucht nicht grundlos gewesen sei, ist nicht gerechtfertigt. Es liegen nicht nur keine Anhaltspunkte dafür vor, daß der Kläger nach der Eheschließung noch Kontakte zu seinen früheren Geliebten gehabt hätte und daß sein Umgang mit seiner geschiedenen Ehefrau über den Umfang eines harmlosen Kontaktes hinausgegangen wäre. Das Erstgericht hat vielmehr ausdrücklich festgestellt, daß der Kläger keine ehestörenden Beziehungen unterhielt. Auch der Vorfall zu Silvester 1981 fällt in den Rahmen des harmlosen Umganges mit Personen des anderen Geschlechtes und rechtfertigte die Reaktion der Beklagten selbst dann nicht, wenn man berücksichtigt, daß sich der Kläger an diesem Abend der Beklagten nur wenig gewidmet hatte. Den Vorinstanzen ist daher darin beizupflichten, daß die Beklagte durch ihre grundlose Eifersucht und die daraus entstandenen Streitigkeiten und Beschimpfungen die Zerrüttung der Ehe eingeleitet hat. Das Verhalten des Klägers in der Folgezeit, insbesondere seine übermäßige Abwesenheit aus der Ehewohnung und seine wiederholte Alkoholisierurng wurde von den Vorinstanzen ohnedies bei der Verschuldensabwägung zu Lasten des Klägers berücksichtigt. Der Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft durch den Kläger und seinem ehebrecherischen Verhältnis zu Waltraud S*** haben die Vorinstanzen zu Recht keine entscheidende Bedeutung beigemessen, weil diese Eheverfehlungen schon in die Zeit fallen, zu der die Ehe im wesentlichen durch die grundlose Eifersucht der Beklagten bereits unheilbar zerrüttet war. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen war der Kläger bereits im September 1984 davon überzeugt, daß es nur mehr den Weg der Scheidung der Ehe gebe und auch schon vor diesem Zeitpunkt war von der Ehescheidung die Rede. Zumindest der Kläger hatte bereits damals die eheliche Gesinnung verloren (vgl. EFSlg. 48.764). Zu diesem Zeitpunkt war auch die geistig-seelische Gemeinschaft und die körperliche Gemeinschaft zwischen den Streitteilen bereits weitgehend aufgehoben.

Demgemäß ist der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E12849

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0070OB00502.88.0204.000

Dokumentnummer

JJT_19880204_OGH0002_0070OB00502_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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