TE OGH 1988/2/9 5Ob583/87

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Veröffentlicht am 09.02.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 14.März 1984 verstorbenen Stefan P***, zuletzt wohnhaft gewesen in 1030 Wien, Krummgasse 14, infolge Revisionsrekurses des Verlassenschaftskurators Dr. Theo F***, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 24.August 1987, GZ 43 R 303/87-89, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 29. April 1987, GZ 7 A 189/84-84, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der am 14.März 1984 verstorbene Stefan P*** hatte zu 30 Cg 296/83 des Landesgerichtes für ZRS Wien gegen Maria R*** eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des von ihm mit ihr am 4. Februar 1983 abgeschlossenen Übergabsvertrages und des am 12. August 1983 errichteten Schenkungsvertrages eingebracht, ferner eine Leistungsklage auf Wiederherstellung des früheren bücherlichen Zustandes betreffend die vom Übergabsvertrag betroffenen Liegenschaften sowie auf Unterlassung rechtsgeschäftlicher Handlungen und Verfügungen aus dem Schenkungsvertrag, insbesondere auf Unterlassung der bücherlichen Durchführung desselben. Er habe sich im Zustand hochgradiger geistiger Verwirrtheit sowie völliger Willens- und Ratlosigkeit befunden. Mit Schriftsatz vom 21.Oktober 1983 zog Stefan P*** diese Klage unter Verzicht auf den Anspruch zurück, was vom Gericht mit Beschluß vom 30.Dezember 1983 zur Kenntnis genommen wurde.

Mit Beschluß vom 29.April 1987 versagte das Bezirksgericht Innere Stadt Wien dem Verlassenschaftskurator die Genehmigung der von ihm beabsichtigten Klage gegen Maria R*** (gerichtet auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des Übergabsvertrages vom 4. Februar 1983 und des Schenkungsvertrages vom 12.August 1983 sowie Herausgabe der von diesen Verträgen betroffenen Liegenschaften) und Dipl.Ing. Franz R*** (gerichtet auf Feststellung der Unwirksamkeit des Schenkungsvertrages vom 8.März 1984 und Herausgabe der davon betroffenen Liegenschaft), jeweils gestützt auf die Geistes- und Willensschwäche sowie hochgradige Verwirrung des Stefan P***. Der Klageführung stehe die seinerzeitige Zurücknahme der Klage gegen Maria R*** unter Verzicht auf den Anspruch entgegen. Eine bloß teilweise Genehmigung der Klage (offenbar betreffend Dipl.Ing. Franz R***) sei nicht möglich. Mit dem angefochtenen Beschluß bestätigte das Rekursgericht den erstgerichtlichen Beschluß unter Billigung der erstgerichtlichen Rechtsansicht. Der Verlassenschaftskurator müsse zuerst die Beseitigung des Prozeßhindernisses der Rücknahme der Klage mit Verzicht auf den Anspruch anstreben.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der auf offenbare Gesetzwidrigkeit gestützte Revisionsrekurs mit dem Antrag, ihn dahin abzuändern, daß die Anfechtungsklage genehmigt werde, in eventu, ihn aufzuheben und die Rechtssache zur neuen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an die Unterinstanzen zurückzuverweisen. Die seinerzeitige Rücknahme der Klage (auch unter Anspruchsverzicht) hätte auf diesen Rechtsstreit keinen Einfluß. Da Stefan P*** seine Geistes- und Willenskraft nach den Behauptungen in der beabsichtigten Klage bis zu seinem Tod nicht wieder erlangte, sei auch die Zurücknahme der Klage unwirksam gewesen. Dies sei aber nur als Vorfrage im Zuge des Verfahrens zu prüfen. Überdies sei die Klage des Verlassenschaftskurators auf einen anderen Streitgegenstand (Feststellungs- und nicht Leistungsbegehren) als das seinerzeitige Verfahren gerichtet.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes in jenen Fällen unrichtiger rechtlicher Beurteilung vor, in denen entweder ein Fall im Gesetz selbst ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde, oder in denen das Gericht gegen ein Grundprinzip des Rechtes verstoßen hat, willkürlich vorgegangen ist oder in denen die Sachentscheidung ohne jede gesetzliche Grundlage erlassen wurde, nicht aber bei bloßen Ermessensentscheidungen (EFSlg 47.208 und dort zitierte zahlreiche Judikatur).

Die Frage, ob und in welchem Umfang eine Prozeßermächtigung zu erteilen ist, ist im Gesetz nicht geregelt, sondern nach richterlichem Ermessen zu entscheiden. In einer solchen Entscheidung kann daher eine offenbare Gesetzwidrigkeit nicht gelegen sein (2 Ob 58/61; 2 Ob 151/69; 8 Ob 140/74), mag für die Verweigerung der Genehmigung der Klage auch die Abwägung von Prozeßhindernissen - wie hier das der Zurücknahme der Klage unter Verzicht auf den Anspruch - maßgebend gewesen sein. Das gleiche gilt auch für die im Gesetz nicht ausdrücklich geregelte Frage, ob eine gegen bloß formelle Streitgenossen gerichtete Klage hinsichtlich nur eines Beklagten genehmigt werden kann oder ob in einem solchen Fall der Verlassenschaftskurator zur Vorlage einer bloß jenen Beklagten betreffende Klageschrift verhalten ist, bezüglich dessen das von den Vorinstanzen angenommene Prozeßhindernis nicht gegeben ist. Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Anmerkung

E13209

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0050OB00583.87.0209.000

Dokumentnummer

JJT_19880209_OGH0002_0050OB00583_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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