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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §56;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2004/12/0058Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Schick, Dr. Hinterwirth und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerden des H in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres
I. vom 23. Dezember 2002, Zl. 120.601/12-II/A/2/02, und II. vom 2. März 2004, Zl. 120.601/15-I/1/04,
jeweils betreffend die Feststellung der Unzulässigkeit einer Nebenbeschäftigung nach § 56 Abs. 2 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979), zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 2.342,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Bezirksinspektor des Kriminaldienstes der Bundespolizeidirektion Wien (im Folgenden BPD) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seit 21. Juni 1996 war er vom Dienst suspendiert. Er war vor seiner Suspendierung im Suchtgiftreferat des Sicherheitsbüros tätig. I. Verfahren zum erstangefochtenen Bescheid A.1. Rechtsgang:
Mit Eingabe vom 22. September 1999 meldete der Beschwerdeführer der BPD (der nachgeordneten Dienstbehörde), dass er am 27. September des Jahres eine erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung als Kaufhausdetektiv bei der Firma G. in Wien beginne. Seine Tätigkeit beschränke sich lediglich auf die Wahrnehmung von Ladendieben und umfasse keinerlei Erhebungs- bzw. Ermittlungsdienste oder Observationen.
Mit Bescheid vom 14. Dezember 1999 untersagte die nachgeordnete Dienstbehörde dem Beschwerdeführer die gemeldete Nebenbeschäftigung gemäß § 56 Abs. 2 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979).
Mit Bescheid vom 8. Mai 2000 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 DVG als unbegründet ab.
Im ersten Rechtsgang hob der Verwaltungsgerichtshof diesen Bescheid mit Erkenntnis vom 2. Juli 2002, Zl. 2000/12/0179, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird in sinngemäßer Anwendung des § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Ausführungen in diesem Erkenntnis verwiesen.
B. Zweiter Rechtsgang:
Im weiteren Verfahren holte die belangte Behörde Berichte der BPD über die konkreten dienstlichen Tätigkeiten des Beschwerdeführers und seine Nebenbeschäftigung (beide vom 30. Oktober 2002) ein.
Im letztgenannten Bericht wird u.a. ausgeführt, im Lohnbüro habe in Erfahrung gebracht werden können, dass der Beschwerdeführer "in der Zeit vom 27.9.1999 - 31.3.2001 in einem Beschäftigungsverhältnis als Arbeiter und anschließend bis 31.10.2001 in einem Angestelltenverhältnis bei der Firma G. geführt wurde" (Hervorhebung durch den Verwaltungsgerichtshof). Außerdem wurden weitere Ermittlungen über die Art der Tätigkeit des Beschwerdeführers als Kaufhausdetektiv durchgeführt.
Der Beschwerdeführer gab zu den Ermittlungsergebnissen am 20. November 2002 eine Stellungnahme ab. Darin führte er u.a. aus, dass er derzeit keine Nebenbeschäftigung ausübe.
Mit dem erstangefochtenen - ohne weiteres Verfahren ergangenen - Bescheid vom 23. Dezember 2002 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom 14. Dezember 1999 neuerlich gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 DVG als unbegründet ab.
Nach auszugsweiser Darstellung des bisherigen Verwaltungsverfahrens traf sie zu den vom Verwaltungsgerichtshof im ersten Rechtsgang erteilten Aufträgen Sachverhaltsfeststellungen zu den dienstlichen Aufgaben des Beschwerdeführers im Suchtgiftreferat sowie zur Art seiner Tätigkeit als Kaufhausdetektiv der Firma G.
Bei der rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes hielt die belangte Behörde im Ergebnis an der im ersten Rechtsgang vertretenen Ansicht fest (Begründung der Vermutung der Befangenheit und Gefährdung sonstiger wichtiger dienstlicher Interessen), die sie näher ausführte.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur hg. Zl. 2003/12/0026 protokollierte Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. II. Verfahren zum zweitangefochtenen Bescheid
Am 25. März 2003 langten bei der belangten Behörde und der BPD ein den namentlich bezeichneten Beschwerdeführer betreffendes anonymes Schreiben mit folgendem Inhalt ein:
"Der wegen Kokaingenuss vom Dienst suspendierte Beamte ist Gesellschafter (Kommanditist) und operativer Leiter der C. KEG, einer größeren Personenschutz-Sicherheitsfirma mit Sitz in S. (NÖ).
Trotz eingeleitetem, aber nicht abgeschlossenem Disziplinarverfahren besitzt H. (= Beschwerdeführer) eine aufrechte Detektiv-Konzession und einen aufrechten Waffenpass.
Sein Verdienst aus der og. Tätigkeit ist wie folgt:
2001:
EUR
13.333,33
2002:
EUR
80.966,67
2003:
EUR
97.600,--.
Wir bitten um Überprüfung, ob H. die obgenannte Tätigkeit
rechtlich korrekt ausüben darf.
Ein Auftraggeber der C. KEG"
Erhebungen im Auftrag der BPD ergaben, dass der Beschwerdeführer tatsächlich als Kommanditist der C. KEG aufschien und Personenschutztätigkeiten für die Industrielle H. in Kärnten durchführte. Für die Firma G. (als Kaufhausdetektiv) sei er dagegen seit 1. November 2001 nicht mehr tätig.
Der Beschwerdeführer bestätigte in einer Niederschrift vom 6. Mai 2003 seine Nebenbeschäftigung für die Industrielle H. in Kärnten. Zu seinen Einkünften wolle er keine Angaben machen. Die Meldung der Nebenbeschäftigung habe er unterlassen, weil ihm diese die Dienstbehörde sonst mit Sicherheit wieder untersagt hätte.
Am 10. Juli 2003 richtete die BPD ein nicht als Bescheid gekennzeichnetes Schreiben an den Beschwerdeführer, in dem sie die nicht gemeldete Nebenbeschäftigung für die C. KEG näher darstellte. Nach Hinweis auf § 56 BDG 1979 führte sie aus:
"Die Ausübung der oben angeführten erwerbsmäßigen Nebenbeschäftigung wird Ihnen gemäß § 56 Abs. 2 BDG 1979 somit untersagt.
Die Tatsache, dass Sie derzeit vom Dienst suspendiert sind, hat für eine Meldung gemäß § 56 Abs. 3 bzw. für die Untersagung der Nebenbeschäftigung keine Relevanz.
Der Fachausschuss des Kriminaldienstes bei der Bundespolizeidirektion Wien wurde von der beabsichtigten Untersagung in Kenntnis gesetzt."
Dagegen erhob der gewerkschaftlich vertretene Beschwerdeführer am 28. Juli 2003 Berufung mit dem Antrag, die von ihm als Bescheid gewertete Erledigung ersatzlos zu beheben. Eine Erledigung dieser Berufung ist nicht aktenkundig.
In der Folge erließ die BPD am 31. Juli 2003 folgenden Bescheid:
"SPRUCH
Die Ausübung der erwerbsmäßigen Nebenbeschäftigung als Kommanditist und Personenschützer bei der Firma C. ... KEG ... wird Ihnen gemäß § 56 Abs. 2 BDG 1979 untersagt."
Nach Darstellung der Rechtslage führte sie aus, der Beschwerdeführer sei als Angehöriger des Kriminaldienstes mit Tätigkeiten beschäftigt, die eine Überwachung oder Beobachtung von Objekten sowie Observationen und den Schutz von Personen einschließen könnten. Es sei daher "auf Grund der Ähnlichkeit der Haupt- bzw. Nebentätigkeiten nicht auszuschließen und sogar abstrakt denkmöglich", dass es bei der Ausübung der Nebenbeschäftigung zwangsläufig zu Kontakten mit Personen kommen könnte, gegenüber denen auch die Möglichkeit eines dienstlichen Einschreitens gegeben sein werde. Zudem beeinträchtige die Doppelfunktion als Kommanditist und Personenschützer einer Sicherheitsfirma einerseits und Beamter andererseits dienstliche Interessen insofern, als das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben vor allem beim Einschreiten bei Objekten, die von der Firma C. KEG bewacht werden bzw. bei operativer Tätigkeit als Personenschützer nicht erhalten bleibe oder gefährdet erscheine. Auch bestünde die Gefahr, dass im Fall von Unzukömmlichkeiten bei Ausübung der Nebenbeschäftigung solche der Dienstbehörde zugeschrieben würden. Es bestünde ein erhöhter Erklärungsbedarf, um der Öffentlichkeit klar zu machen, dass eine allfällige Fehlleistung nicht der BPD, sondern einem Privatunternehmen zuzurechnen sei. Nachträgliche Richtigstellungen könnten einen bereits entstandenen Eindruck nur schwer korrigieren. Es könnte somit zu erheblichen Beeinträchtigungen des Ansehens der Behörde kommen, obwohl diese keinen Einfluss auf ein mögliches Fehlverhalten habe. Derartige Ansehensverluste erschwerten die Arbeit der gesamten Sicherheitsexekutive. Es lägen daher die Untersagungsgründe der Vermutung der Befangenheit und der Gefährdung wesentlicher dienstlicher Interessen vor.
Das Schreiben vom 10. Juli 2003 hätte keinesfalls Bescheidcharakter gehabt, sondern lediglich "als Vorbereitung zu der beabsichtigten bescheidmäßigen Untersagung" gedient. Die dagegen erhobene "Berufung" sei daher nicht als solche zu werten.
Mit dem zweitangefochtenen Bescheid vom 2. März 2004 wies die belangte Behörde die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab. Nach Darstellung des Verwaltungsverfahrens und der Rechtslage teilte die belangte Behörde, im Wesentlichen unter Anlegung des im erstangefochtenen Bescheid vertretenen Rechtsstandpunktes, die Ansicht der nachgeordneten Dienstbehörde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur hg. Zl. 2004/12/0058 protokollierte Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen des sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbundenen Beschwerden erwogen:
§ 56 Abs. 1 bis 3 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333 in der Stammfassung, lautet:
"Nebenbeschäftigung
§ 56. (1) Nebenbeschäftigung ist jede Beschäftigung, die der Beamte außerhalb seines Dienstverhältnisses und einer allfälligen Nebentätigkeit ausübt.
(2) Der Beamte darf keine Nebenbeschäftigung ausüben, die ihn an der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben behindert, die Vermutung seiner Befangenheit hervorruft oder sonstige wesentliche dienstliche Interessen gefährdet.
(3) Der Beamte hat seiner Dienstbehörde jede erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung unverzüglich zu melden. Eine Nebenbeschäftigung ist erwerbsmäßig, wenn sie die Schaffung von nennenswerten Einkünften in Geld- oder Güterform bezweckt."
Unter bestimmten - im Beschwerdefall nicht vorliegenden - Voraussetzungen bedarf die Ausübung einer erwerbsmäßigen Nebenbeschäftigung gemäß § 56 Abs. 4 BDG 1979 der Genehmigung der obersten Dienstbehörde.
Die Regierungsvorlage zur genannten Bestimmung, 11 BlgNR XV. GP, 89 f, lautet auszugsweise (Hervorhebungen im Original):
"Die Nebenbeschäftigung ist jede Tätigkeit des Beamten, die weder zur Erfüllung der Dienstpflichten zählt noch eine Nebentätigkeit darstellt. Sie kann, muss aber nicht erwerbsmäßig sein. Es kann sich somit um erwerbsmäßige unselbständige Tätigkeiten handeln (privatrechtliche Verträge), ferner um wirtschaftlich selbständige Tätigkeiten und schließlich auch um nicht erwerbsmäßige Tätigkeiten. Die Verbotsnorm des § 56 Abs. 2 bezieht sich auf jede Nebenbeschäftigung (erwerbsmäßig oder nicht). Der Beamte darf auch eine ehrenamtliche Tätigkeit nicht ausüben, wenn sie mit § 56 Abs. 2 im Widerspruch steht.
§ 56 sieht keine Genehmigung einer Nebenbeschäftigung vor. Der Beamte hat gemäß § 56 Abs. 2 von sich aus jede Nebenbeschäftigung zu unterlassen, die dieser Bestimmung nicht entspricht. Die Dienstbehörde würde gesetzwidrig handeln, wenn sie im Erlasswege jede Nebenbeschäftigung von einer Genehmigung abhängig machte.
Bei Befangenheit genügt deren Vermutung. Der Beweis der Befangenheit ist nicht erforderlich. Befangenheit ist z. B. anzunehmen, wenn der Beamte einer Baubehörde angehört und eine Nebenbeschäftigung als Versicherungsvertreter ausübt, wobei er während oder im Anschluss an Bauverhandlungen mit Bauwerbern Versicherungsverträge abschließt.
§ 56 Abs. 3 verpflichtet den Beamten, jede erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung unverzüglich seiner Dienstbehörde zu melden. Wenn der Beamte demnach meint, die Ausübung einer von ihm angenommenen erwerbsmäßigen Nebenbeschäftigung sei zulässig, so ist er allen Verpflichtungen nachgekommen, wenn er diese Nebenbeschäftigung seiner Dienstbehörde meldet. Die Dienstbehörde aber kann jederzeit die Unzulässigkeit der Nebenbeschäftigung feststellen. In Zweifelsfällen kann der Beamte die Entscheidung der Dienstbehörde über die Zulässigkeit einer Nebenbeschäftigung herbeiführen (Erlassung eines Feststellungsbescheides; Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Oktober 1956, Slg. 4.175).
'Erwerbsmäßigkeit' im Sinne der Definition im § 56 Abs. 3 setzt nicht voraus, dass die Tätigkeit wiederholt ausgeübt werden muss. Wäre dies vorausgesetzt, könnten z.B. Werkverträge nicht darunter subsumiert werden.
Durch die Formulierung 'nennenswerte Einkünfte' sind u. a. Hilfsdienste und Verrichtungen untergeordneter Art von der Meldepflicht ausgenommen. ..."
Beide angefochtenen Bescheide erweisen sich aus folgenden
Gründen als inhaltlich rechtswidrig:
Vorab ist zu der von den beiden angefochtenen Bescheiden bestätigten "Untersagung" der jeweiligen Nebenbeschäftigung
Folgendes zu bemerken:
Wie aus den Materialien zu § 56 Abs. 3 BDG 1979 hervorgeht, zielt die nur vor der Aufnahme der Nebenbeschäftigung in Betracht kommende Feststellung ihrer Unzulässigkeit darauf ab, klarzustellen, dass die Aufnahme der beabsichtigten Tätigkeit zu einer Verletzung einer Dienstpflicht führen würde (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. November 1991, Zl. 90/12/0141, vom 23. April 1992, Zl. 92/12/0051, und vom 28. Juli 2000, Zl. 97/09/0377 = Slg. Nr. 15.468/A, jeweils m.w.N.). Solcherart soll die Verletzung einer Dienstpflicht gerade vermieden werden, was insbesondere einen Schutz des Beamten vor einem Disziplinarverfahren, aber auch vor Personalmaßnahmen bedeutet, für die die Ausübung der Nebenbeschäftigung ein wichtiges dienstliches Interesse im Sinn des § 38 Abs. 2 BDG 1979 darstellen könnte.
Gemäß Art. II Abs. 6 Z. 1 EGVG finden die Verwaltungsverfahrensgesetze - dazu zählt nach Art. I leg. cit. auch das VVG -, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, u.a. keine Anwendung für die Behandlung der Angelegenheiten des Dienstverhältnisses der Angestellten des Bundes. Zu den derartige Angelegenheiten regelnden Gesetzen zählt u.a. das BDG 1979. Das BDG 1979 enthält weder eine ausdrückliche Ermächtigung der Dienstbehörde, im Fall eines (möglichen) Widerspruchs zu § 56 BDG 1979 einen Untersagungs(Unterlassungs)Bescheid zu erlassen, noch sieht es im Sinn des Art. II Abs. 6 Z. 1 EGVG ausdrücklich die Anwendung des VVG vor (siehe hingegen z.B. § 20 Abs. 5 BDG 1979 über den Rückersatz von Ausbildungskosten im Fall der Auflösung des Dienstverhältnisses, der u.a. die sinngemäße Anwendung des § 13a Abs. 2 GehG und damit auch von dessen letzten Satz (Hereinbringung rückständiger Leistungen nach dem VVG, wenn die Hereinbringung im Abzugsweg nicht möglich ist) vorsieht). Dass § 9 Abs. 1 lit. l PVG eine Mitwirkungsbefugnis des Dienststellenausschusses "bei der Untersagung einer Nebenbeschäftigung" vorsieht, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung (vgl. auch die unterschiedliche Terminologie in § 1 Abs. 1 Z. 7 DVV 1969 einerseits und § 1 Abs. 1 Z. 12 DVV 1981 andererseits). Ein gegenüber dem Beamten erlassener, auf § 56 Abs. 2 BDG 1979 gestützter "Untersagungsbescheid" könnte daher nicht nach § 5 VVG "vollstreckt" werden. Die tatsächliche Ausübung einer Nebenbeschäftigung, die gegen § 56 BDG 1979 verstößt, ist ausschließlich nach dem Disziplinarrecht zu ahnden. Nur die Präventivwirkung möglicher Disziplinarstrafen soll daher den (Aktiv)Beamten von der (tatsächlichen) Ausübung einer nach § 56 Abs. 2 BDG 1979 verbotenen Nebenbeschäftigung abhalten. Vor diesem Hintergrund sind auf § 56 BDG 1979 gestützte "Untersagungsbescheide" der Dienstbehörde als Bescheide zu deuten, mit denen die Unzulässigkeit einer Nebenbeschäftigung festgestellt wird.
Die Zulässigkeit zur Erlassung solcher Feststellungsbescheide unterliegt aber engen Grenzen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 1. Oktober 2004, Zl. 2000/12/0195, ausgeführt hat, scheidet ein Feststellungsbescheid als subsidiärer Rechtsbehelf jedenfalls dann aus, wenn die für die Feststellung maßgebende Rechtsfrage im Rahmen eines anderen Verfahrens (mit einem das rechtliche oder öffentliche Interesse abdeckenden Ergebnis) zu entscheiden ist. Dazu gehört auch ein Disziplinarverfahren. Liegt somit eine unzulässige Nebenbeschäftigung im Sinn des § 56 Abs. 2 BDG 1979 vor, hat der Beamte ihre Ausübung zu unterlassen. Andernfalls macht er sich disziplinär strafbar und hat allenfalls auch mit sonstigen dienstrechtlichen Maßnahmen (Personalmaßnahmen) zu rechnen.
Beabsichtigt der Beamte eine Nebenbeschäftigung auszuüben, dann hat er vorerst aus eigenem zu beurteilen, ob sie nicht nach § 56 Abs. 2 BDG 1979 unzulässig ist. Will er sichergehen, dass es sich bei dieser Nebenbeschäftigung um keine verbotene handelt, ist sein rechtliches Interesse an der Erlassung eines von ihm beantragten Feststellungsbescheides jedenfalls dann zu bejahen, wenn sein Antrag auf die Feststellung der Zulässigkeit der von ihm beabsichtigten (aber noch nicht aufgenommenen) Nebenbeschäftigung gerichtet ist und er diese Tätigkeit auch nicht bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Feststellungsverfahrens aufnimmt. Ebenso ist ein öffentliches Interesse an der Erlassung eines amtswegigen Feststellungsbescheides über die Zulässigkeit einer Nebenbeschäftigung zu bejahen, wenn der Dienstbehörde die beabsichtigte Ausübung einer Nebenbeschäftigung eines Beamten zur Kenntnis kommt (ohne dass dieser einen solchen Feststellungsantrag gestellt hat), solange diese noch nicht ausgeübt wird.
Entscheidet sich der Beamte für die Ausübung der Nebenbeschäftigung, weil er sie für zulässig ansieht, dann trägt er das Risiko einer unrichtigen Einschätzung und deren Folgen. Hält die Dienstbehörde die ausgeübte Nebenbeschäftigung für unzulässig, wird sie die Klärung in einem von ihr in Gang zu setzenden Disziplinarverfahren (im Beschwerdefall also innerhalb des gegen den Beschwerdeführer bereits anhängigen Disziplinarverfahrens) zu veranlassen haben. Wegen der Subsidiarität des Feststellungsbescheides besteht in diesen Fällen jedenfalls kein öffentliches Interesse an einer gesonderten (amtswegigen) Feststellung betreffend die Unzulässigkeit der (bereits ausgeübten) Nebenbeschäftigung durch die Dienstbehörde, weil diese Frage, sieht man vom Fall der Selbstanzeige nach § 111 BDG 1979 ab, in einem anderen über Anzeige der Dienstbehörde oder von ihr von Amts wegen einzuleitenden Verfahren zu entscheiden ist.
Die belangte Behörde hat dadurch, dass sie trotz der bereits begonnenen Ausübung der in den angefochtenen Bescheiden umschriebenen Tätigkeiten deren Unzulässigkeit nach § 56 Abs. 2 BDG 1979 festgestellt hat, die Funktion des Feststellungsbescheides als subsidiären Rechtsbehelf verkannt.
Was den erstangefochtenen Bescheid vom 23. Dezember 2002 betrifft, steht dem auch nicht der Umstand entgegen, dass im Zeitpunkt seiner Erlassung die nach Auffassung der belangten Behörde unzulässige Nebenbeschäftigung (Kaufhausdetektiv bei der Firma G) vom Beschwerdeführer nicht mehr ausgeübt wurde (Beendigung dieser Tätigkeit mit 31. Oktober 2001; siehe dazu den oben unter I B. dargestellten Bericht der BPD vom 30. Oktober 2002 sowie die Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 20. November 2002). Mangels jeglichen konkreten Ansatzpunktes dafür, dass der Beschwerdeführer nach dem 1. November 2001 beabsichtigte, diese (ab diesem Zeitpunkt nicht mehr ausgeübte) Nebenbeschäftigung wieder aufzunehmen, besteht nämlich auch kein amtswegiges Feststellungsinteresse, die Unzulässigkeit dieser (nicht mehr ausgeübten) Nebenbeschäftigung (ab dem 1. November 2001) für die Zukunft auszusprechen. Deshalb war der erstangefochtene Bescheid zur Gänze (ohne Differenzierung nach Zeiträumen, in denen der Beschwerdeführer die betreffende Nebenbeschäftigung ausgeübt oder bereits eingestellt hat) aufzuheben.
Der zweitangefochtene Bescheid erweist sich auch aus einem weiteren Grund als inhaltlich rechtswidrig.
Die "Untersagung" der erwerbsmäßigen Nebenbeschäftigung für die C. KEG ist bereits mit Erledigung der BPD vom 10. Juli 2003 erfolgt. Diese stellt sich ihrem Inhalt nach als individueller, hoheitlicher, im Außenverhältnis ergangener normativfeststellender Verwaltungsakt dar. Zwar sind Bescheide gemäß § 58 Abs. 1 AVG i.V.m. § 1 DVG ausdrücklich als solche zu bezeichnen, doch kann der normativen Anordnung einer Verwaltungsbehörde, die ihrem Inhalt nach alle genannten Merkmale eines Bescheides aufweist, der Bescheidcharakter nicht allein deshalb abgesprochen werden, weil sie nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet wurde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1966, Zl. 1080/64 = Slg. Nr. 6.847/A, sowie den hg. Beschluss eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Zlen. 934 und 1223/73 = Slg. Nr. 9.458/A, jeweils m.w.N.).
Das Rechtsinstitut der Streitanhängigkeit iSd § 233 ZPO ist dem AVG als solches fremd, wenn man von dem Sonderfall absieht, dass die in erster Instanz zuständige Behörde vor Rechtskraft, aber während eines anhängigen Berufungsverfahrens nicht neuerlich über die Sache entscheiden darf; diese aus § 66 Abs. 4 AVG abgeleitete - und daher nur im Verhältnis der Behörde erster Instanz zu ihrer Berufungsbehörde geltende - Rechtslage (vgl. dazu z. B. die Erkenntnisse vom 18. Jänner 1979, Slg. N.F. Nr. 9742/A, vom 24. März 1988, Zl. 87/09/0166, sowie vom 17. Mai 1991, Zl. 89/06/0087) kommt dem Rechtsinstitut des Verbots einer neuerlichen Entscheidung bei Streitanhängigkeit nahe. Diese Voraussetzung ist im Beschwerdefall aber erfüllt, weil zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides der BPD vom 31. Juli 2003 bereits eine Berufung gegen die zutreffend als Bescheid gewertete Erledigung der BPD vom 10. Juli 2003 bei der belangten Behörde anhängig war, die dieselbe Angelegenheit ("Untersagung" der Nebenbeschäftigung bei der C. KEG) betraf. Die belangte Behörde hätte daher auf Grund der Berufung des Beschwerdeführers den Bescheid der BPD vom 31. Juli 2003 gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos aufheben müssen und in der Folge (oder gleichzeitig) über die Berufung gegen die als Bescheid zu wertende Erledigung der BPD vom 10. Juli 2003 entscheiden müssen. Durch die stattdessen erfolgte Abweisung der Berufung gegen den Bescheid der BPD vom 31. Juli 2003 ist der zweitangefochtene Bescheid (zusätzlich) inhaltlich rechtswidrig.
Für das fortgesetzte Verfahren wird bemerkt, dass beide erstinstanzlichen Bescheide nach § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos aufzuheben sein werden.
Aus den dargestellten Gründen waren die angefochtenen Bescheide somit wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 21. September 2005
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Besondere Rechtsgebiete Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und BeweiseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2003120026.X00Im RIS seit
04.11.2005