Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith und Dr.Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Theodor Zeh und Franz Breit als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Reinhard N***, Angestellter, Wien 16., Thaliastraße 5/5/13, vertreten durch Dr.Helmuth Kasseroler, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei A***-A***-Metalcraft Handelsgesellschaft mbH, Wien 19., Heiligenstädterstraße 175, vertreten durch Dr.Josef Klaunzer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 150.009,-- S brutto sA, infolge Revision beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28.September 1987, GZ 5 Ra 36/87-86, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Innsbruck vom 27.Juni 1986, GZ 2 Cr 167/81-65 teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.
Der Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es einschließlich des bestätigten Teiles insgesamt zu lauten hat:
"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei einen Betrag von 150.009,-- S brutto samt 4 % Zinsen seit 1.Oktober 1979 binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen."
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 122.564,36 S bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz, die mit 56.187,10 S bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 5.443,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger begehrt 150.009,-- S brutto sA an Kündigungsentschädigung und Abfertigung. Er habe bei der Beklagten seit 15.Jänner 1976 zuerst als Repräsentant und dann als Manager Produkte vertrieben, wobei er bis zur sechsten der insgesamt acht Managerstufen aufgestiegen sei. Dadurch sei er Leiter des Verkaufsgebietes Tirol geworden. Seiner Gattin Adele N*** hätten die Verkaufsgebiete Tirol und Vorarlberg unterstanden; auch ihr Sohn sei bei der Beklagten beschäftigt gewesen. Das Gehalt des Klägers habe aus Provisionen auf Grund eigener Umsätze und aus Superprovisionen auf Grund von Umsätzen der im Gebiet des Klägers tätigen Manager bestanden. Seit seinem Bemühen um die Organisation einer Betriebsratswahl sei sein Verhältnis zur Beklagten gespannt gewesen. Von der Beklagten sei eine Gegenliste organisiert worden, auf der der in Vorarlberg tätige, der Adele N*** unterstellte Mitarbeiter Walter K*** kandidiert habe. Seither sei es zu Repressalien seitens der Firmenleitung gekommen, die gegen den Umsatz und damit das Einkommen der bei der Beklagten beschäftigten Familie N*** gerichtet gewesen seien. Die mit Adele N*** abgeschlossenen Verträge hätten eine "2/3-Klausel" enthalten, wonach sie mit ihrer Provisionsquote gesunken wäre bzw. einen Teil ihrer Superprovision verloren hätte, wenn der selbst produzierte Umsatz der Gruppe Tirol nicht 2/3 des Umsatzes der unterstellten Gruppen Tirol und Vorarlberg ausgemacht hätte. Die Situation sei dadurch manipuliert worden, daß in Vorarlberg mehrere Aufträge fingiert worden seien, und andererseits Aufträge im Raum Tirol von der Beklagten nicht ausgeliefert worden seien. Das "Gefälle" sei nach Wunsch des Verkaufsdirektors der Beklagten Lothar K*** gesteuert worden. Bei einer Aussprache im Frühjahr 1979 habe der Kläger den Verkaufsdirektor Lothar K*** auf diese Mißstände hingewiesen und ihn ersucht, diese Praxis abzustellen. K*** habe ihm daraufhin erklärt, das ginge ihn nichts an, er solle die Finger davon lassen, es werde niemand geschädigt. Die Geschäftsleitung der Beklagten sei mit der Ausstellung von sogenannten Eigenaufträgen nicht nur einverstanden gewesen, sondern habe diese Vorgangsweise sogar gefördert. Lothar K*** habe dem Mitarbeiter Herbert R*** sogar ausdrücklich die Anweisung erteilt, nach Vorlage des monatlichen Umsatzberichtes nachträglich Aufträge auf nicht existierende Kunden zu schreiben, damit die 2/3-Klausel überschritten werde. In Salzburg habe Lothar K*** erklärt, man solle Aufträge für Verwandte und Bekannte ausfüllen, die Waren seien auch später an den Mann zu bringen, man solle sich ein Vorratslager anlegen. Der Kläger und seine Gattin hätten in 4 Jahren 800 derartige eigene Aufträge getätigt und realisiert, insbesondere auch auf Grund von telefonischen Bestellungen oder Bestellungen aus dem Ausland. Hiebei sei der Bestellschein nur durch den Kläger oder dessen Gattin unterfertigt worden. Im September 1979 habe die Beklagte diese Aufträge plötzlich nicht mehr akzeptiert und die Auslieferung verweigert. Mit Schreiben vom 24.September 1979 seien der Kläger, dessen mittlerweile geschiedene Gattin und deren Sohn Peter P*** gemeinsam entlassen worden.
Die Beklagte wandte ein, der Kläger habe als Division-Manager eine wichtige Stellung in der Vertriebsorganisation gehabt; er habe Provision für selbst getätigte Abschlüsse und Superprovision für Umsätze der unterstellten Repräsentanten erhalten. Die Höhe des Provisionssatzes hänge von der Zahl der erlangten Aufträge ab. Für das Erreichen einer höheren Provisionsklasse sei der getätigte Abschluß, nicht aber die erfolgreiche Abwicklung maßgeblich. Eine Überprüfung durch die Beklagte im Jahre 1979 habe ergeben, daß der Kläger eine Vielzahl von fingierten Aufträgen gesammelt habe, um in eine höhere Provisionsklasse zu gelangen und damit mehr zu verdienen. Das Erstgericht wies die Klage ab. Es nahm nicht als erwiesen an, daß die Verkaufsdirektion in Wien die Mitarbeiter in Vorarlberg angleitet habe, Aufträge zu fingieren bzw. fingierte Aufträge aus Vorarlberg geduldet habe, um die 2/3-Mehrheit und ein Ausscheiden aus der Gruppe der Gattin des Klägers zu erreichen. Es konnte auch nicht feststellen, ob die Gattin des Klägers hinsichtlich der Weiterleitung der Aufträge und Berichte von dem ihr unterstellten Walter K*** mit Einverständnis des Verkaufsdirektors Lothar K*** übergangen wurde. Der Kläger, seine Gattin und deren Sohn hätten versucht, eine Abspaltung des Vorarlberger Verkaufsgebietes unter anderem auch dadurch zu verhindern, daß sie fingierte Aufträge auf den Namen von Freunden und Bekannten geschrieben und deren Unterschriften gefälscht hätten.
Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß der Kläger durch Fälschung von Unterschriften die Entlassungstatbestände der Untreue und der Vertrauensunwürdigkeit gemäß § 27 Z 1 AngG verwirklicht habe.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise Folge, änderte das Ersturteil im Sinne einer teilweisen Stattgebung des Klagebegehrens mit 75.004,50 S samt Anhang ab und bestätigte die Abweisung des Mehrbegehrens.
Es stellte nach Neudurchführung des Verfahrens folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:
Die Streitteile schlossen zunächst eine Repräsentantenvereinbarung ab, nach der der Kläger als Platzvertreter ohne Fixum und ohne Gebiets- und Kundenschutz bei der Vermittlung von Bestellungen von A***-Geschirr tätig war. Der Provisionsanspruch war in Artikel 5 der Vereinbarung wie folgt geregelt:
"Für jeden während der Zugehörigkeit zu A*** vom Repräsentanten ordnungsgemäß vermittelten und von der A*** angenommenen Kaufantrag zahlt A*** eine Provision, deren Höhe, soferne es sich um kreditwürdige Besteller handelt, sich aus Anlage 1 dieser Vereinbarung ergibt. Für Aufträge, die erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen werden, erhält der Repräsentant keine Provision. Ein etwaiges Provisionsguthaben wird erst nach Tilgung aller Provisionsauszahlungen, Belastungen für Gastgeberpräsente und sonstiger Forderungen der A*** an den Repräsentanten ausgezahlt. Der Anspruch auf die Provision gilt als erworben, wenn die verkaufte Ware ausgeliefert, vom Kunden angenommen und die erste Anzahlung und Nachnahme bezahlt (eingegangen) ist. Der Anspruch des Repräsentanten auf die Provision entfällt, wenn die Ausführung des abgeschlossenen Geschäftes aus einem von der A*** nicht zu vertretenden Grunde unterbleibt, wie zB, wenn der Käufer den Kaufpreis nicht bezahlt oder innerhalb der gesetzlichen Frist vom Kaufvertrag zurücktritt, oder aus höherer Gewalt den Vertrag nicht erfüllen kann. Sollte der Käufer gegen Bezahlung der Konventionalstrafe gemäß Punkt 5 und 8 des Kaufvertrages diesen auflösen, erhält der Repräsentant eine Entschädigung von 50 % der Provision. In solchen Fällen ist die A*** berechtigt, den Provisionsanspruch des Repräsentanten zu annullieren und, wenn dieser ganz oder teilweise ausbezahlt ist, dem Repräsentanten zurückzubelasten. Dem Repräsentanten ist die Verteilung seiner Arbeitszeit selbst überlassen. Da es dem im Außendienst tätigen Arbeitnehmer selbst obliegt, sich die Arbeitszeit einzuteilen, und er durch Mehrarbeitsleistungen mehr verdienen kann (Entlohnung nach dem Leistungsprinzip), kommt bei ihm eine gesonderte Überstundenentlohnung nicht in Frage. Es wird ausdrücklich vereinbart, daß etwaige Mehrleistungen auf alle Fälle pauschal abgegolten sind. Die Provision ist so kalkuliert, daß sie auch die erfahrungsgemäß anfallenden Reise- und Verkaufsspesen beinhaltet. Die A*** kann dem Repräsentanten Provision vor Erfüllung dieser Bedingungen akontieren oder auszahlen, ohne daß der Repräsentant dadurch einen Rechtsanspruch darauf erwirbt. In Fällen außergewÄhnlicher, von der A*** nicht zu vertretender Umstände, wie höherer Gewalt und so weiter und damit zusammenhängender Lieferschwierigkeiten kann der Repräsentant keine Rechte, ganz gleich welcher Art immer, daraus beanspruchen....."
In der Folge wurde zwischen den Streitteilen zusätzlich eine "Manager-Vereinbarung" abgeschlossen, nach der der Kläger im Rahmen der Firmenrichtlinien und der Weisung der Verkaufsdirektion die ihm zugewiesenen Verkaufsrepräsentanten zu überwachen, die Aufträge zu überprüfen und an die Hauptverwaltung weiterzugeben, Reklamationen zu erledigen, Retouren zu bearbeiten und für Weitergabe und Abrechnung der Gastgeberpräsente und Verlosungsgeschenke zu sorgen hatte. Für "büroführende Manager" war ein Spesenersatz vorgesehen. Höhe und Art dieser Spesen wurden von der Verkaufsdirektion durch besondere Richtlinien bestimmt.
Nach den Beförderungsrichtlinien dieser "Manager-Vereinbarung" waren die Manager in insgesamt 8 Chargen eingeteilt. Die 3 höchsten Chargen waren: 6. Stufe: Distriktmanager, 7. Stufe: Regionalmanager,
8. Stufe: Area-Manager. Die Beförderung von einer Charge in die nächste war dann vorgesehen, wenn der Manager während zwei aufeinanderfolgender A***-Monate - die Beklagte ging hiebei jährlich von 13 Monaten a 4 Wochen aus - den für die betreffende Charge erforderlichen Mindestumsatz erreichte. In diesem Fall wurde ab dem 3. Monat die für die höhere Charge vorgesehene Provision und Superprovision ausgezahlt. Andererseits war nach zweimaliger Nichterfüllung der Mindestquote eine Rückversetzung des Managers entsprechend dem erreichten Umsatz vorgesehen. Während des Hauptmonates August sowie während des 13. A***-Monates wurde - außer für die Erlangung von Beförderungen - nur 50 % des Mindestumsatzes gefordert. Eine Toleranz bei Erreichen der Umsatzquote war ausdrücklich ausgeschlossen. Ab der 2. Charge war ein Gruppenmindestumsatz vorgesehen, wovon ein bestimmter - mit höherer Charge auch absolut fallender - Teil auf Eigenverkäufe des Managers entfallen mußte.
Darüber hinaus enthielt die "Managervereinbarung" in Punkt 5 ("allgemeine Regeln") folgendes:
"Erreicht ein Manager mit einer Gruppe 2/3 des Gruppenumsatzes des nächsthöheren Managers, so kann er mit seinen Mitarbeitern aus dieser Gruppe herausgenommen und dem ranghöheren Manager zugeordnet bzw. verselbständigt werden. Diese Regelung bedarf der ausschließlichen Zustimmung der Verkaufsdirektion."
Für die Einreihung der Manager in eine bestimmte Charge und damit für die Höhe ihres Provisions- und Superprovisionssatzes war nur die Zahl der bis zum Ende des betreffenden A***-Monates übermittelten Aufträge maßgeblich; die Abwicklung der Aufträge hatte darauf keinen Einfluß. Gelangte ein Auftrag - aus welchen Gründen immer - nicht zur Ausführung, kam es dennoch zu keiner nachträglichen Rückverrechnung der höheren Provision. Nach den Firmenrichtlinien war es den Repräsentanten und Managern nicht untersagt, Bestellungen im eigenen Namen vorzunehmen. Solche Bestellungen zählten allerdings nicht bei den von der Beklagten veranstalteten Wettbewerben unter den Mitarbeitern. Es war aber nicht gestattet, sich für eigene Bestellungen - auf eigenen Namen oder den Namen von Bekannten und Verwandten - ein Warenlager anzulegen und diese Waren sodann an Kunden zu verkaufen. In der Praxis kam es aber dennoch vor, um - unzulässigerweise - die Sortimente in Einzelstücke aufgesplittert an Kunden zu verkaufen oder um die für die Erreichung des gewünschten Umsatzes erforderlichen Aufträge kurzfristig nachzuweisen und sodann einen Weiterverkauf an Kunden dann vorzunehmen, wenn der geforderte Umsatz durch andere Bestellungen bereits erreicht war. Da die Beklagte ein besonderes Verkaufsrepräsentationssystem zur Anwendung bringt, bei dem kein Verkauf ohne Präsentation der Ware erfolgen soll, weil die Kundschaft in die besondere Garmethode mit dem von der Beklagten vertriebenen Geschirr eingeweiht werden soll, widersprechen telefonische Bestellungen diesem System. Trotzdem wurden in der Praxis telefonische Aufträge von Repräsentanten entgegengenommen, etwa wenn ein dringender Auftrag eines Kunden, der vorher nicht besucht werden konnte, vorlag. In solchen Fällen wurde ein schriftlicher Auftrag ausgefertigt; die Unterschrift des Bestellers wurde von einem Repräsentanten oder Manager der Beklagten nachgemacht, um die Auslieferung der Ware zu gewährleisten. Später wurde dann aber getrachtet, die echte Unterschrift nachzuholen. Die (mittlerweile geschiedene) Gattin des Klägers, Adele N*** (G***), die im Jahre 1975 als Repräsentantin bei der Beklagten eingetreten war, hatte sich auf der Managementstufenleiter bis zum RegionalManager emporgearbeitet. Ihr waren bis zu ihrem Ausscheiden die Gebiete Tirol, Vorarlberg und Salzburg unterstellt. Der Kläger unterstand als Distriktmanager der Adele N*** und war für Tirol verantwortlich.
Im Frühjahr 1979 kam es auf Grund der Organisation einer Betriebsratswahl durch den Kläger, an welcher sich auch seine Ehegattin beteiligte, zu Unstimmigkeiten zwischen den Streitteilen. Der Versuch, die in diesem Zusammenhang aufgetretenen Probleme mit der Verkaufsdirektion abzuklären, scheiterte daran, daß Adele N*** vom Verkaufsdirektor Lothar K*** nicht mehr angehört wurde. In der Folge formierte sich eine Delegation aus Mitarbeitern der Bundesländer Vorarlberg, Tirol und Oberösterreich. Diese erhoben gegen Lothar K*** unter anderem den Vorwurf, daß er sich in die Wahl eingemischt habe, indem er den Adele N*** unterstellten Mitarbeiter Walter K*** auf einer Gegenliste aufgestellt habe. Ab diesem Zeitpunkt verschlechterte sich das Verhältnis zwischen dem Ehepaar N*** und der Beklagten die bis dahin die Mitarbeit und die Erfolge vor allem der Gattin des Klägers, aber auch jene des Klägers selbst sehr geschätzt hatte - immer mehr. In einem Schreiben vom 22.Mai 1979 machte Verkaufsdirektor Lothar K*** das Ehepaar N*** für die aus seiner Sicht besorgniserregende und krisenhafte Situation verantwortlich. Er äußerte sich im Hinblick auf die Organisation von Betriebsratswahlen der Gattin des Klägers gegenüber, daß sie ihre Finger von der ganzen Sache lassen solle, "wenn sie weiterhin ihre Brötchen bei der Beklagten verdienen wolle". Im August 1979 gingen das Ehepaar N*** und fast alle Tiroler Mitarbeiter auf Urlaub. In diesem Zeitraum versuchte die Vorarlberger Gruppe die sogenannte 2/3-Quote zu erreichen, um aus dem Bereich der Gattin des Klägers auszuscheiden und selbständig zu werden. Während der Abwesenheit des Klägers und seiner Gattin wurde von der Verkaufsdirektion eine Gastgeberaktion zur Steigerung der Umsätze eingeleitet. Die Tiroler Mitarbeiter wurden an dieser Aktion nicht beteiligt. Tatsächlich konnte der Umsatz der Vorarlberger Gruppe derart gesteigert werden, daß Walter K*** die 2/3-Quote erreichte. Die Bemühungen der Vorarlberger Gruppe, diese Quote zu erreichen und sich von der Gruppe der Gattin des Klägers abzuspalten, wurden vom Verkaufsdirektor Lothar K*** gefördert. Zur Erreichung der 2/3-Quote kam es in Vorarlberg zu fingierten Bestellungen, und zwar nicht nur zu verdeckten Eigenbestellungen durch Verwendung von Namen von Bekannten und Verwandten der Mitarbeiter, sondern auch zu solchen, bei denen von vorneherein klar war, daß die Bestellung wegen eines Fantasienamens oder einer Fantasieadresse nicht durchgeführt werden konnte. Der Vorarlberger Manager Walter K*** leitete die Repräsentanten zu diesem Vorgehen an und versprach, die Aufträge nachträglich auf Kundennamen umzuschreiben. Das Ehepaar N*** wurde hievon durch den Vorarlberger Mitarbeiter Alfred B*** informiert. In Vorarlberg war auch die Stornoquote wesentlich höher als in Tirol. Der Kläger und seine Gattin äußerten sich darüber besorgt gegenüber Lothar K***. Dieser entließ daraufhin nicht etwa Walter K***, sondern erklärte, daß gegen die behaupteten fingierten Bestellungen in Vorarlberg nichts einzuwenden sei, solange die Aufträge durchgeführt würden. Auch in anderen Bundesländern kam es vor, daß durch fingierte Aufträge das Umsatzsoll gehalten oder ein höheres erreicht wurde. Diese Praxis wurde von Lothar K*** teilweise toleriert und in einzelnen Fällen aus personaltaktischen, möglicherweise auch aus finanziellen Gründen sogar gefördert und angeregt. Er ging dabei nicht einheitlich vor. Auf Grund seiner Äußerungen gewannen die Mitarbeiter den Eindruck, daß er die Mißstände mit fingierten Bestellungen zur Steuerung von Auf- und Abstieg von Managern nur bei gewissen Leuten tolerierte.
Den Eheleuten N*** war es ungeachtet der Äußerungen K*** klar, daß es sich dabei um einen mit dem System der Beklagten nicht zu vereinbarenden Mißstand handelte; sie drangen Lothar K*** gegenüber auch auf Abstellung dieses Mißstandes. Die Beklagte reagierte auf Aufdeckung von fingierten Bestellungen im einen oder anderen Fall auch mit Entlassung. Von den in Vorarlberg tätigen Mitarbeitern wurde einer nur versetzt, während ein weiterer Mitarbeiter und Walter K*** erst in den Jahren 1982 bzw. 1983 und möglicherweise wegen anderer Manipulationen entlassen wurden. Im August/September 1979 verlor die Gattin des Klägers den Überblick über das ihr noch immer unterstellte Verkaufsgebiet Vorarlberg, weil Walter K*** die Aufträge und Wochenberichte nicht mehr - wie bisher üblich - über sie, sondern im Einverständnis mit Lothar K*** direkt an diesen nach Wien weiterleitete. Der Kläger, seine Gattin und deren Sohn Peter P*** gerieten wegen dieser sich nunmehr abzeichnenden Entwicklung immer mehr in Existenzangst und versuchten verzweifelt, die Abspaltung des Verkaufsgebietes Vorarlberg zu verhindern. Die Gattin des Klägers forderte ihre Repräsentanten auf, nach Möglichkeit schon jetzt Bestellungen für Weihnachten entgegenzunehmen, um möglichst rasch Aufträge zustande zu bringen. Zudem fingierte sie eine Reihe von Aufträgen, indem sie in Auftragsformulare als Besteller die Namen von Freunden oder Bekannten einsetzte oder sich selbst, ihren Sohn oder einen anderen Mitarbeiter als Repräsentanten nannte und die Unterschrift des Bestellers fälschte. Teils holte sie das Einverständnis der als Besteller eingesetzten Personen ein, teils war dies infolge des Zeitdruckes nicht mehr möglich. Auch der Kläger beteiligte sich an dieser Aktion und fingierte in ähnlicher Weise einige Aufträge teils mit, teils ohne Einverständnis der als Besteller eingesetzten Personen. Diese fingierten Aufträge wurden vom Kläger ausschließlich verfaßt, um gemeinsam mit seiner Gattin zu verhindern, daß Walter K*** für Vorarlberg die 2/3-Quote überschritt.
Es kann weder festgestellt werden, daß der Beklagten durch diese fingierten Aufträge ein Schaden entstanden wäre noch daß diese Aufträge abgewickelt worden wären.
Als vom Kläger und seiner Gattin die zum Teil fingierten Aufträge des 9. A***-Monats eingereicht wurden, schöpfte Lothar K*** Verdacht, daß es sich um nicht ordnungsgemäße Aufträge handeln könnte. Auf Grund einer Überprüfung stellte sich die Fälschung heraus. Am 21.September 1979 fand daraufhin im Innsbrucker Büro der Beklagten eine Besprechung zwischen dem Ehepaar N*** und Lothar K*** sowie dessen Mitarbeiter S*** statt, in deren Verlauf dem Kläger und seiner Gattin die Überprüfungsergebnisse vorgehalten wurden. Das Ehepaar N*** forderte die Beklagte daraufhin auf, die Waren auszuliefern, weil es beabsichtigte, sie selbst in Empfang zu nehmen und zu bezahlen. Zu einer solchen Auslieferung fand sich die Beklagte nicht mehr bereit. Mit Schreiben vom 24.September 1979 wurden der Kläger und seine Gattin vielmehr entlassen. Der Verkaufsdirektor Lothar K*** war weder handelsrechtlicher noch gewerberechtlicher Geschäftsführer der Beklagten. Der Geschäftsführer Ing. Josef E*** hatte ihm allerdings weitgehende Vollmachten erteilt. Lothar K*** war sowohl für das Budget als auch für den Vertrieb und das Personal verantwortlich. Trotz der umfassenden Zuständigkeit für den Verkauf war er diesziplinär Ing. E*** unterstellt und an dessen Weisungen gebunden. Hätte Ing. E*** von der auch nur partiellen Duldung fingierter Aufträge durch Lothar K*** Kenntnis gehabt, hätte er dies der internationalen Dachorganisation der Beklagten melden und das Dienstverhältnis des Lothar K*** beenden müssen.
Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß das Fingieren von Aufträgen an sich den Entlassungstatbestand der Vertrauensunwürdigkeit gemäß § 27 Z 1 AngG verwirkliche, weil offenkundig sei, daß die Beförderungsregeln der Beklagten auf reelle Aufträge abgestellt seien und eine Verzerrung durch fingierte Aufträge objektiv unerwünscht sein müsse. Die grundsätzliche Unzulässigkeit seiner Vorgangsweise sei dem Kläger auch bewußt gewesen. Die teilweise Duldung von fingierten Aufträgen durch den Verkaufdirektor Lothar K*** habe vom Kläger nicht mit einer Duldung durch den Arbeitgeber gleichgesetzt werden können, weil ihm der Widerspruch zu den Richtlinien und zum System der Beklagten bewußt gewesen sei. Das Bekanntwerden der Duldung, ja die Förderung solcher Mißstände durch den Verkaufsdirektor hätten den Kläger geradezu verpflichtet, dem Arbeitgeber hievon Mitteilung zu machen. Das der Entlassung vorausgegangene unseriöse Verhalten des Verkaufsdirektors Lothar K*** führe daher nicht dazu, daß die Entlassung nicht hätte ausgesprochen werden dürfen. Die Beklagte müsse sich dieses Verhalten allerdings als Verschulden an der vorzeitigen Lösung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 32 AngG zurechnen lassen. Die unsachliche, jedem Gerechtigkeitsgefühl hohnsprechende Deckung, ja sogar Förderung unredlicher Handlungsweisen im Gebiet Vorarlberg durch den Verkaufsdirektor Lothar K*** habe angesichts der weitreichenden negativen Folgen für die Eheleute N*** deren Reaktion, mit gleichen Mitteln zu arbeiten, um ihre Stellung zu bewahren, geradezu herausgefordert. Der Ersatz, den die Beklagte dem Kläger auf seine Ansprüche zu leisten habe, werde daher unter Bedachtnahme auf § 32 AngG mit 50 % der gesamten restlichen Klageforderung bemessen, die sich zu 3/5 aus Kündigungsentschädigung und zu 2/5 aus Abfertigung zusammensetze.
Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen beider Parteien wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil im Sinne einer vollen Klagestattgebung abzuändern. Die Beklagte beantragt die Wiederherstellung des Urteils. Hilfsweise wird von beiden Parteien ein Aufhebungsantrag gestellt.
Beide Teile beantragen jeweils der Revision der Gegenseite nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Nur die Revision des Klägers ist berechtigt.
Zunächst ist dem Berufungsgericht darin beizupflichten, daß die Fälschung von Kaufanboten durch Einsetzen von Unterschriften fingierter Besteller durch einen Vertreter als Untreue im Dienst im Sinne des § 27 Z 1 AngG anzusehen ist, die es für den Arbeitgeber grundsätzlich unzumutbar macht, den Angestellten auch nur für die Dauer der Kündigungsfrist weiterhin zu beschäftigen. Wäre allerdings das Verhalten des Verkaufsdirektors Lothar K***, der derartiges Verhalten anderer Arbeitnehmer zum Nachteil des Klägers und dessen Ehegattin duldete, ja sogar förderte und anregte, und auf Abhilfeersuchen des Klägers und seiner Gattin erklärte, gegen derartige fingierte Bestellungen sei nichts einzuwenden, solange die Aufträge durchgeführt würden, dem Arbeitgeber zuzurechnen, dann könnte dieser daraus, daß der Kläger zusammen mit seiner Gattin - die als Handelsvertreter mit weitgehend selbständiger Gestaltung ihrer Arbeit in einer Gruppe zusammenarbeiteten - den durch fingierte Bestellungen verfälschten Umsatzziffern der unterstellten Gruppe Vorarlberg mit gleichfalls fingierten Aufträgen begegnete, einen eine sofortige Entlassung des Klägers rechtfertigenden Schuldsvorwurf nicht ableiten. Hiebei ist das extrem am kurzfristig erzielten Umsatz orientierte Beförderungssystem der Beklagten zu beachten. So reicht für ein Absinken in der für den Provisionssatz maßgeblichen Charge bereits ein Nichterreichen des vorgegebenen Umsatzzieles in zwei 4-Wochenperioden aus, wobei angesichts dieses äußerst kurzen Beobachtungszeitraumes wohl schon vom System nicht darauf Bedacht genommen werden kann, ob die eingereichten Kaufanträge auch tatsächlich zur Ausführung gelangen und damit die Provisionsansprüche im Sinne von Artikel 5 der "Repräsentantenvereinbarung" auch erworben wurden. Tatsächlich hatte es auf die Einreihung der Mitarbeiter keinen Einfluß, wenn ein Auftrag nicht zur Ausführung kam. Der diesem System innewohnende Druck zur ununterbrochenen Erbringung von
Höchstleistungen - gemindert lediglich für den Monat August sowie die letzte 4-Wochenperiode des Jahres auf 50 % der sonstigen Quote - wurde noch erheblich verstärkt durch Punkt 5 der "Manager-Vereinbarung", wonach ein Manager, der mit seiner Gruppe 2/3 des Gruppenumsatzes des nächsthöheren Managers erreicht, mit seinen Mitarbeitern aus dieser Gruppe herausgenommen und dem ranghöheren Manager zugeordnet werden bzw. verselbständigt werden kann. Während der Arbeitnehmer bei Erreichung des Umsatzzieles für seine Charge sich immerhin an festen Vorgaben orientieren konnte, war für ihn die Leistung einer unterstellten Gruppe nicht unbedingt vorhersehbar. Einerseits mußte er zur Erreichung des vorgegebenen Umsatzzieles an einer hohen Leistung auch der unterstellten Gruppe interessiert sein, andererseits war er aber ständig in Gefahr, bei auch nur vorübergehenden Erfolgen der unterstellten Gruppe diese zu verlieren und dann sowohl die Superprovision für diese Gruppe einzubüßen als auch im Provisionssatz für Eigengeschäfte und im Superprovisionssatz für eine ihm allenfalls verbleibende Gruppe abzusinken. Da von der Beklagten - wie sich aus den Feststellungen ergibt - der Kläger und seine Gattin als "Ehepaar N***" gemeinsam angesprochen und bewertet wurden (auch die Entlassung erfolgte gleichzeitig) und überdies das Entlohnungs- und Beförderungssystem der Beklagten eine weitgehende Zusammenarbeit zwischen dem Kläger als Leiter des Vertriebsgebietes Tirol und seiner Gattin als übergeordnete Leiterin der Vertriebsgebiete Tirol, Vorarlberg und Salzburg erforderte, mußte der Kläger schon aus diesen Gründen einen Angriff auf die Position seiner Gattin gleichzeitig als Angriff auch auf die eigene Stellung werten, zumal er die Betriebsratswahl organisiert hatte, die - jedenfalls aus seiner Sicht - ganz offenbar Anlaß für die gegen das Ehepaar N*** gerichteten und von Arbeitgeberseite nicht nur geduldeten, sondern sogar geförderten Aktivitäten der Vorarlberger Gruppe waren. Zieht man weiters in Betracht, daß der Verkaufsdirektor der Beklagten während der urlaubsbedingten Abwesenheit des Ehepaares N*** und der meisten Mitarbeiter der Tiroler Gruppe im August 1979 - in dem überdies nur 50 % des sonst üblichen Umsatzzieles zu erreichen waren - für das Vorarlberger Gebiet unter Ausschluß der Mitarbeiter in Tirol eine besondere Verkaufskampagne organisierte, wobei die Aufträge und die Wochenberichte der Vorarlberger Gruppe nicht mehr über die Gattin des Klägers weitergeleitet, sondern direkt an die Verkaufsdirektion Wien übermittelt wurden, dann war schon dieses Vorgehen ein schwerer Verstoß gegen die Fürsorge-, insbesondere aber die Gleichbehandlungspflicht des Arbeitgebers. Da der Effekt dieser ohnehin schon rechtswidrigen Vorgangsweise noch dadurch verstärkt wurde, daß die Vorarlberger Gruppe zumindest mit wohlwollender Duldung und Billigung des Verkaufsdirektors in erheblichem Ausmaß fingierte Aufträge einreichte, und da es dann tatsächlich im August zur Überschreitung der 2/3-Quote kam, dann erscheint es durchaus verständlich, daß das Ehepaar N***, das hauptberuflich bei der Beklagten beschäftigt war, in Existenzangst geriet. Soweit nun das tatbestandsmäßige Verhalten nicht nur in einem objektiven, vom Willen des Arbeitnehmers unabhängigen Zustand besteht, muß der Entlassungsgrund nicht nur tatbestandsmäßig und pflichtwidrig, sondern überdies schuldhaft sein. Gerade der pönale Charakter der Entlassung, die auch als Sanktionsmittel für die Einhaltung der vertraglichen Verpflichtungen des Arbeitnehmers anzusehen ist, verlangt das Vorliegen eines Verschuldens bei den genannten Tatbeständen (siehe Kuderna, Das Entlassungsrecht 45 f). Zieht man in Betracht, daß der Kläger und seine Gattin den Verkaufsdirektor der Beklagten Lothar K*** vergeblich um Abhilfe gegen die fingierten Bestellungen der Vorarlberger Gruppe ersucht hatten und daß vom Verkaufsdirektor auch in anderen Bundesländern fingierte Aufträge toleriert wurden, dann kann dem Kläger daraus, daß er sich an der Abwehr der gegen seine Gattin und damit notwendigerweise auch gegen ihn gerichteten rechtswidrigen Aktion durch Fingieren von Bestellungen beteiligte, kein eine Entlassung rechtfertigender Schuldvorwurf erhoben werden. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, daß mit den fingierten Aufträgen ja nicht ein höhere Charge und damit Provisionsstufe erschlichen, sondern nur die bisherige, lediglich durch fing erte Aufträge des Untergebenen und rechtswidriges Vorgehen des Vorgesetzten bedrohte Einstufung erhalten werden sollte. Eine Schädigung berechtigter Interessen des Arbeitgebers war aus dieser bloß defensiven Vorgangsweise nicht zu befürchten, zumal nach Punkt 5 der Repräsentantenvereinbarung eine Provision nur für tatsächlich zur Ausführung gekommene Aufträge gezahlt wurde. Ein Schadenseintritt wurde auch nicht festgestellt.
Schließlich kann es dem Kläger auch nicht als schuldhafte Unterlassung angelastet werden, daß er sich nicht um Abhilfe gegen die Praktiken des Verkaufsdirektors an den Geschäftsführer der Beklagten wandte. Lothar K*** war für das Budget, den Vertrieb und das Personal verantwortlich und hatte nach dem Inhalt der dem Kläger geschlossenen "Manager-Vereinbarung" das Recht, generelle Richtlinien - etwa über Spesenersatz - festzulegen und Weisungen an die Manager zu erteilen; des weiteren war ihm nach Punkt 5 dieser Vereinbarung die Kompetenz zur Entscheidung über das Ausscheiden einer Gruppe bei Erreichen von 2/3 des Gesamtumsatzes übertragen. Lothar K*** hatte somit den Arbeitnehmern gegenüber alle wesentlichen in den typischen Aufgabenkreis des Arbeitgebers fallenden Befugnisse und war - zumindest nach außen gegenüber dem Kläger und den anderen Mitarbeitern - zur selbständigen Ausübung dieser Befugnisse berechtigt (vgl. MartinekSchwarz Angestelltengesetz6 575 und 583). Darüber hinaus mußte der Kläger - anders als etwa in den den Entscheidungen SozM I Ad 475 und Arb. 7.991 zugrundeliegenden Fällen - nicht damit rechnen, daß Lothar K*** gegen die Intentionen und Interessen des Arbeitgebers handelte, zieht man den Anlaß für das Vorgehen gegen das Ehepaar N*** - die Organisation einer Betriebsratswahl durch den Kläger - sowie den Umstand ins Kalkül, daß das Fingieren von Bestellungen lediglich zu einer Verschiebung in der Entgeltstruktur des Verkaufspersonals, nicht aber zur Auszahlung von Provisionen für icht ausgeführte Aufträge führte (vgl. auch Arb. 10.146 mwH sowie Kuderna aa0 85 f).
Beurteilt man daher das Verhalten des Klägers nicht isoliert, sondern berücksichtigt auch das Verhalten des Arbeitgebers und die besonderen Eigenschaften und Mängel in seiner Betriebsorganisation (vgl. Martinek-Schwarz aa0 587 mwH), dann kann dem Kläger ein die Entlassung nach § 27 Z 1 AngG rechtfertigender Schuldvorwurf nicht gemacht werden. Da sich die Entlassung des Klägers sohin als nicht gerechtfertigt erweist, erübrigt es sich, auf die von der Beklagten in ihrer Revision relevierte Frage einzugehen, ob und in welchem Umfang der Beklagten ein Mitverschulden im Sinne des § 32 AngG anzulasten ist (Kuderna, Entlassungsrecht, 51 f).
Der Revision des Klägers war daher Folge zu geben und das angefochtene Urteil im Sinne einer vollständigen Klagestattgebung abzuändern; hingegen war der Revision der Beklagten ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten sämtlicher Instanzen beruht auf den §§ 41, 43 Abs 2 und 50 ZP0. Hiebei wurde darauf Bedacht genommen, daß vom Streitwert der mit Beschluß vom 8.April 1980 verbundenen Rechtssachen lediglich rund 30 % auf die gegenständliche Rechtssache entfielen (Streitverhandlung vom 8.April 1980 und der bloß Anzeigen an das Gericht enthaltende und daher nach TP 1 RAT zu honorierende Schriftsatz vom 1.September 1981). Ab der Tagsatzung vom 25.November 1981 wurde der nunmehrige Kläger nach Auflösung des Vollmachtsverhältnisses mit dem auch die Kläger in den beiden verbundenen Rechtssachen vertretenden Rechtsanwalt allein von Rechtsanwalt Dr.Kasseroler vertreten, sodaß ihm ab diesem Zeitpunkt die tarifmäßigen Kosten auf Basis eines Streitwertes von 150.009,-- S zuzuerkennen waren. Die Zahlung des Betrages von 18.004,-- S, um den in der Tagsatzung vom 22.April 1986 das Klagebegehren eingeschränkt wurde, erfolgte laut Beilage ./16 bereits am 4.November 1980. Da durch die Aufrechterhaltung dieses Begehrens besondere Kosten nicht verursacht wurden und es sich um einen verhältnismäßig geringfügigen Teil des Gesamtanspruches handelte, waren dem Kläger trotz der verspäteten Einschränkung gemäß § 43 Abs 2 ZPO die vollen Kosten auf der Basis des ersiegten Betrages zuzusprechen. Die verzeichneten Kosten der Benützung eines Pkw waren gemäß TP 9 RAT nur in Höhe der Anreisekosten zu ersetzen, die bei Inanspruchnahme der Bahn entstanden wären, weil für sämtliche verzeichneten Fahrten angesichts guter Zugsverbindungen die Benützung der Bahn ohne bedeutenden Zeitverlust möglich gewesen wäre.
Anmerkung
E13389European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:009OBA00201.87.0210.000Dokumentnummer
JJT_19880210_OGH0002_009OBA00201_8700000_000