TE OGH 1988/2/10 1Ob718/87

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Veröffentlicht am 10.02.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johanna T***, Sparkassenangestellte, Zistersdorf, Landstraße 8, vertreten durch Dr. Walter Scherlacher, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Josef T***, Detektiv, Wien 21, Amtsstraße 7-9/2/2, vertreten durch Dr. Kurt Lux, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ehescheidung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 15.September 1987, GZ 11 R 155/87-43, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 19.Jänner 1987, GZ 39 Cg 93/84-33, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 3.397,35 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 308,85 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile haben am 15.1.1965 vor dem Standesamt Wien-Alsergrund ihre beiderseits erste Ehe geschlossen; die Ehe ist kinderlos geblieben.

Die Klägerin begehrt die Scheidung der Ehe aus dem Alleinverschulden des Beklagten, der schon seit 1973 keiner Beschäftigung mehr nachgehe. Er mache ihr ungerechtfertigterweise Eifersuchtsszenen, beschimpfe, bedrohe und schlage sie und habe sie im November 1983 bis in einen Supermarkt hinein verfolgt und derart mißhandelt, daß ihre Brille zerbrochen und ihre Nase verletzt worden sei. Am 5.3.1984 habe er sie erneut des Umganges mit anderen Männern verdächtigt, beschimpft, aufs Bett geschleudert und sie derart geschlagen, daß ihr mehrere Zähne gelockert worden seien. Aus Furcht vor dem Beklagten, den sie in den letzten Jahren erhalten habe, traue sie sich nicht mehr, die Ehewohnung aufzusuchen. Der Beklagte habe sie auch bei ihrer Vorgesetzten angeschwärzt, um ihr berufliche Nachteile zuzufügen.

Der Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens und nur für den Fall dessen Stattgebung den Ausspruch, daß ihr Verschulden überwiege. Seinen Mitschuldantrag stützte er darauf, daß sie ehebrecherische bzw. ehewidrige Beziehungen zu Herbert H*** unterhalte, übermäßig Alkohol konsumiere, den Haushalt vernachlässige und ihre Freizeit allein zubringe.

Das Erstgericht schied die Ehe aus dem Alleinverschulden des Beklagten. Es stellte fest, der Beklagte sei seit 1972, obgleich hiezu imstande, keiner geregelten Arbeit nachgegangen und von der Klägerin seither erhalten worden. Er habe nur fallweise als "Leibwächter" gearbeitet und dabei ein völlig unzureichendes Einkommen erzielt. Das habe zu Spannungen, Streitigkeiten und schließlich zur Entfremdung zwischen den Streitteilen geführt, zumal die Klägerin den Beklagten vergeblich aufgefordert habe, eine geordnete Beschäftigung aufzunehmen. Der Beklagte habe die Klägerin wiederholt beschimpft, grundlos des Ehebruches bezichtigt und mißhandelt. Im Herbst 1983 habe er ihr in einem Supermarkt ins Gesicht geschlagen und ihr dabei die Brille zerbrochen. In der Nacht zum 6.3.1984 habe er ihr durch Schläge Blutergüsse und Quetschungen im Bereich des Mundes und an den Oberlidern, Kratzer an Stirn und rechter Hand sowie eine Lockerung von Zähnen im Ober- und Unterkiefer zugefügt. Darauf habe sich die Klägerin, die einer gutbürgerlichen, römisch-katholisch ausgerichteten Familie entstamme und vorher immer wieder gehofft habe, ihre Ehe retten zu können, zur Scheidung entschlossen und die Wohnung aus Furcht vor dem Beklagten verlassen. Sie habe eine Woche lang im Kabinett der Wohnung des Herbert H*** logiert; diesen kenne sie seit etwa 25 Jahren, zumal sie dienstlich mit ihm zu tun habe. Der Beklagte habe nach dem 6.3.1984 zweimal bei der Vorgesetzten der Klägerin, Karin S***, vorgesprochen und die Klägerin bezichtigt, sie hure und trinke. Die Staatsanwaltschaft Wien habe am 11.4.1984 gegen den Beklagten Strafantrag gestellt, weil er die Klägerin am 21.3.1984 durch die Äußerung, er werde sie umbringen, mit dem Tod gefährlich bedroht habe, doch habe die Klägerin in der Hauptverhandlung am 13.7.1984 vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien (6 d E Vr 3561/84) die Ermächtigung zur Verfolgung des Beklagten zurückgezogen, so daß der Beklagte nach Rücktritt des öffentlichen Anklägers vom Strafantrag gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen worden sei. Am 5.12.1985 habe der Beklagte die Klägerin und Herbert H*** vor dem Gebäude der E*** Ö*** S*** am Graben beschimpft und erneut

mit dem Umbringen bedroht, doch habe die Staatsanwaltschaft Wien die Anzeige gemäß § 90 StPO zurückgelegt. Die Klägerin und Herbert H*** seien wegen des Vergehens der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 StGB rechtskräftig verurteilt worden, weil sie im Verfahren 6 d E Vr 3561/84 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Zeugen fälschlich bekundet hätten, sie hätten einander vor dem 21.3.1984 nicht gekannt. Nicht erwiesen sei, daß die Streitteile Alkoholiker seien, daß die Klägerin den Haushalt vernachlässigt, ihre Freizeit allein verbracht und zu Herbert H*** ehebrecherische Beziehungen unterhalten habe.

Aus diesen Feststellungen schloß das Erstgericht, daß der Beklagte die Zerrüttung der Ehe eingeleitet habe. Die gröbliche Verletzung seiner ehelichen Beistandspflicht seit 1973 sowie die verbalen und tätlichen Angriffe gegen die Klägerin hätten schließlich die Ehe zum Scheitern gebracht. Die Beziehungen der Klägerin zu Herbert H*** hätten den Rahmen von Sitte und Anstand nicht überschritten, die übrigen vom Beklagten behaupteten Eheverfehlungen der Klägerin seien nicht erwiesen. Die Benützung der Wohnung des Herbert H*** nach dem 6.3.1984 sei eine Reaktion auf das ehezerstörende Verhalten des Beklagten gewesen, so daß die Ehe aus seinem Alleinverschulden zu scheiden sei.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen und führte zur Rechtsrüge in der Berufung des Beklagten aus, sie gehe nicht von den erstinstanzlichen Feststellungen aus und sei daher nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Beklagten ist nicht berechtigt.

Die behaupteten Anfechtungsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen, wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat, nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Nach ständiger Rechtsprechung (SZ 50/152; RZ 1977/65 uva) kann der Revisionswerber, hat er seine Berufung nicht auf den Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützt, die von ihm versäumte Rechtsrüge in der Revision nicht mehr nachtragen. Das gilt auch für den Fall, daß die Rechtsrüge in der Berufung nicht gesetzmäßig ausgeführt worden ist, und auch für das Eheverfahren (EvBl 1967/64 ua). Im übrigen beschränkt sich die Rechtsrüge des Beklagten auf den Hinweis, die Vorinstanzen hätten die gegen ihn gerichtete falsche Beweisaussage der Klägerin bei der Beurteilung des Mitschuldantrages nicht berücksichtigt; dem ist entgegenzuhalten, daß sich der Beklagte im Verfahren erster Instanz auf diese Verurteilung der Klägerin zur Begründung seines Mitschuldantrages gar nicht berufen hat (ON 23, S 1), so daß die Vorinstanzen schon deshalb zu Recht darauf nicht Bedacht genommen haben.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40 und 51 ZPO.

Anmerkung

E13127

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0010OB00718.87.0210.000

Dokumentnummer

JJT_19880210_OGH0002_0010OB00718_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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