TE OGH 1988/2/10 14Os178/87

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Veröffentlicht am 10.02.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.Februar 1988 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Lachner, Dr. Brustbauer und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Samek als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Walter S*** und andere wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 erster Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Anton C*** gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 21.September 1987, GZ 2 b Vr 471/87-122, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Erster Generalanwalt Dr. Nurscher, des Angeklagten Anton C***, dessen gesetzlichen Vertreters Anton C*** sen., und des Verteidigers Dr. Walter zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in Ansehung des Angeklagten Anton C*** im Schuldspruch wegen des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 StGB (Punkt G) und in dem diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch aufgehoben sowie die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die obige Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 290 Abs. 1 StPO wird das angefochtene Urteil im Ausspruch nach § 38 StGB dahin ergänzt, daß den nachgenannten Angeklagten folgende Vorhaftzeiten auf die verhängten Strafen angerechnet werden, und zwar:

Walter S*** (die weitere Vorhaft) vom 6.April 1987, 19,30 Uhr, bis 7.April 1987, 11,15 Uhr, und am 22.April 1987 von 9,00 Uhr bis 11,40 Uhr;

Christian S*** vom 11.Mai 1987, 15,45 Uhr, bis 12.Mai 1987, 15,30 Uhr;

Srdjan C*** vom 11.Mai 1987, 10,15 Uhr, bis 12.Mai 1987, 15,30 Uhr;

Christian U*** vom 11.Mai 1987, 22,00 Uhr, bis 12.Mai 1987, 15,30 Uhr, und Enrico K*** vom 11.Mai 1987, 20,30 Uhr, bis 12.Mai 1987, 15,30 Uhr.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Anton C*** die Kosten des Verfahrens über seine Nichtigkeitsbeschwerde, soweit diese erfolglos geblieben ist, zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil - welches auch einen in Rechtskraft erwachsenen (Teil-)Freispruch enthält - wurde (ua) der am 20. Feber 1971 geborene (sohin noch jugendliche) Anton C*** - neben weiteren strafbaren Handlungen - des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 erster Fall StGB (Punkt A des Urteilssatzes) und des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 StGB (Punkt G) schuldig erkannt.

Die beiden Delikte liegen ihm zur Last, weil er in Wien (zu A) am 30.April 1987 in Gesellschaft der im selben Verfahren bereits rechtskräftig abgeurteilten Walter S*** und Walter K*** als Beteiligte (§ 12 StGB) mit Gewalt gegen eine Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben dem Georg O*** 70 S Bargeld mit Bereicherungsvorsatz abnötigte, indem die Genannten O*** einen Faustschlag gegen die Rippen versetzten, ihn stießen und zur Herausgabe seiner Brieftasche zwangen;

(zu G) am 8.Mai 1987 in Gesellschaft der auch insoweit bereits rechtskräftig abgeurteilten Walter S***, Walter K***, Werner M*** und Christian U*** einen Traktor Marke "Hako" und einen selbstfahrenden Rasenmäher der Marke "Jacobsen" ohne Einwilligung des Berechtigten in Gebrauch nahm.

Der Sache nach nur diese beiden Schuldsprüche (Punkte A und G) bekämpft der Angeklagte C*** mit einer auf die Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Nicht berechtigt ist die gegen den Schuldspruch wegen schweren Raubes gerichtete Mängelrüge (Z 5), soweit sie unter dem Gesichtspunkt einer Undeutlichkeit bzw einer unzureichenden Begründung gegen das Ersturteil ins Treffen führt, die Feststellung, wonach die drei Angeklagten beim ersten Angriff auf Georg O*** möglicherweise noch keine Raubabsicht gehabt haben könnten, diese aber zu dem Zeitpunkt, als sie das Opfer umringten und der Mitangeklagte S*** Geld verlangte, jedenfalls gegeben war (S 466/Bd II), sei unbegründet geblieben. Denn das Erstgericht stützte (auch) die Urteilsannahmen zur subjektiven Tatseite im wesentlichen auf die für glaubwürdig erachtete (vgl S 464 f/Bd II) Aussage des Raubopfers Georg O***, wobei es beweiswürdigend zur Überzeugung gelangte, daß dieser sich "sogar bemühte, den Jugendlichen nicht zu schaden". Aus dessen Angaben aber, wonach ihm - im Zuge des in zwei Phasen abgelaufenen

Tatgeschehens - nachdem er zunächst vom Angeklagten S*** wegen einer vermeintlichen (einige Zeit zurückliegenden) Anpöbelung dessen Mutter attackiert worden war, die Angeklagten S***, K*** und C*** plötzlich (neuerlich) nachliefen, ihn anrempelten (S 424/Bd II) und während der vom Mitangeklagten S*** geforderten Geldherausgabe um ihn herumstanden, sodaß er nicht weglaufen habe können (S 412/Bd I), konnte das Schöffengericht im Einklang mit den Denkgesetzen und allgemeiner Lebenserfahrung den Schluß ziehen, daß das von der drohenden Haltung mehrerer Täter unterstrichene Fordern von Geld jedenfalls von dem diesem Tun entsprechenden, auf gewaltsame Wegnahme einer fremden beweglichen Sache gerichteten (räuberischen) Vorsatz aller (drei) Beteiligten getragen war und demzufolge auch der Beschwerdeführer keineswegs nur zufällig und von den Geschehnissen überrascht an der Umringung des O*** mitgewirkt hat, sondern auch selbst mit der vom Mitangeklagten S*** geforderten Geldherausgabe einverstanden war.

Das weitere in diesem Zusammenhang unter Zitierung einzelner Passagen der Verantwortung der Angeklagten auch eine Unvollständigkeit der Urteilsbegründung relevierende Beschwerdevorbringen läuft inhaltlich bloß auf eine im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässige und damit unbeachtliche Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung hinaus, indem versucht wird, die Glaubwürdigkeit des Zeugen O***, auf dessen Angaben die Tatrichter den Schuldspruch im wesentlichen gegründet und durch welche sie die ein Handeln mit Raubvorsatz in Abrede stellende Verantwortung des Beschwerdeführers als widerlegt erachtet haben (S 465/Bd II), nach Art einer Schuldberufung in Zweifel zu ziehen; formale Begründungsmängel in der Bedeutung der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO werden damit nicht dargetan. Dies gilt insbesondere auch für die vom Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung erstmals aufgestellte und von keinem der Raubgenossen bestätigte Behauptung, er habe "dem Walter" (nämlich dem Angeklagten S***) gesagt, er solle kein Geld nehmen (S 422/Bd II), welcher das Erstgericht im Rahmen der ihm zukommenden Beweiswürdigung den Glauben versagte.

Rechtliche Beurteilung

Soweit die Mängelrüge - der Sache nach insoweit allerdings auf den materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützt - gegen "das Einverständnis der Beteiligten" und gegen die "räumliche Nahebeziehung zum Raub" remonstriert, übersieht sie, daß zur Verwirklichung eines Raubes weder eine vorhergehende Absprache unter den Tätern noch überhaupt eine ausdrückliche Erörterung des Raubplanes erforderlich ist. Es genügt vielmehr schon das spontane - auch nur konkludent

ausgedrückte - Einverständnis im Augenblick der Tat (vgl Leukauf-Steininger Kommentar2 § 143 RN 7 § 127 RN 74 ff), wie dies vorliegend vom Jugendschöffengericht (auch) in Ansehung des Beschwerdeführers konstatiert wurde.

Wenn der Beschwerdeführer - ersichtlich unter Verkennung dieses Anfechtungsgrundes - eine Aktenwidrigkeit (Z 5) daraus abzuleiten sucht, daß die Urteilsannahme, er sei bei der Polizei und beim Untersuchungsrichter "des Raubes geständig" gewesen, nicht dem Akteninhalt entspreche, so genügt, abgesehen von der im Urteil ohnedies enthaltenen einschränkenden Beifügung des Wortes "durchaus" (geständig), der Hinweis, daß er im Vorverfahren zugegeben hat (vgl insbesondere S 407 a verso/Bd I), an der Tathandlung durch Umringen des Opfers mitgewirkt zu haben, und in der Hauptverhandlung insoweit zum Ausdruck brachte, sich eines Raubes deshalb nicht schuldig zu bekennen, weil er Georg O*** "nicht angerührt" habe - welcher Teil seiner Verantwortung allerdings von den Tatrichtern beweiswürdigend als Schutzbehauptung abgelehnt wurde (vgl S 465/Bd II) - und beim Vertrinken der Raubbeute dem Mitangeklagten K*** "das Geld wieder zurückgegeben" habe (S 423/Bd II). Indem der Beschwerdeführer solcherart gegen die vom Schöffengericht aus seiner Verantwortung wie auch aus den weiteren Verfahrensergebnissen (in ihrer Gesamtheit) gemäß § 258 Abs. 2 StPO gezogenen Schlußfolgerungen remonstriert, bekämpft er abermals nur in unzulässiger Weise die tatrichterliche Beweiswürdigung, ohne damit einen formellen Begründungsmangel des Urteils aufzuzeigen. Der Gebrauch des Plurals bei Erörterung der Aussage des Zeugen O*** (vgl S 465/Bd II) hinwieder, woraus abgeleitet werden könnte, alle drei Angeklagten hätten von ihm wörtlich Geld verlangt, während tatsächlich nur der Angeklagte S*** gleichsam als Wortführer fungierte, betrifft keine entscheidungswesentliche Tatsache; kommt es doch bei dem vom Erstgericht festgestellten einverständlichen Zusammenwirken der (drei) Angeklagten - worauf bei Erörterung der Rechtsrüge noch einzugehen sein wird - nicht darauf an, wer von ihnen die Geldherausgabe ausdrücklich gefordert und wer diese Forderung nur (durch Umringen des Opfers, Verhinderung bzw Erschwerung dessen Flucht udgl.) unterstützt hat.

Es versagt aber auch die - weitere, dahin noch

unerörterte - Rechtsrüge (Z 9 lit a), in der die Tatbestandserfordernisse des Gesellschaftsraubes zunächst durchaus zutreffend dargestellt werden. Bei den daraus mit Beziehung auf den vorliegenden Straffall abgeleiteten Rechtsfolgen eines excessus mandati hingegen geht der Beschwerdeführer nicht, wie dies für eine gesetzmäßige Darstellung des geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes erforderlich wäre, von dem im Urteil als erwiesen angenommenen Sachverhalt aus, dem ein Handeln der drei Angeklagten sowohl mit Nötigungs- als auch mit Zueignungs- und Bereicherungsvorsatz völlig unmißverständlich zu entnehmen ist. Im übrigen genügt für den Gesellschaftsraub als spezielle Täterschaftsform, daß einer der Tatgenossen ("Beteiligten") zum Unternehmen des anderen zur Tatzeit und am Tatort oder in dessen Nähe ("Gesellschaft") in irgendeiner Weise beiträgt, auch wenn sein eigenes Verhalten, isoliert betrachtet, der gesetzlichen Umschreibung der Tathandlungen des Raubes nicht unmittelbar entspricht und ohne die bezeichnete deliktsspezifische Sonderregelung dem zweiten oder dritten Fall des § 12 StGB zuzuordnen wäre (vgl 9 Os 57/86; Leukauf-Steininger aaO § 12 RN 14, § 127 RN 74, § 143 RN 7 und die dort zitierte Judikatur). Da der Gesellschaftsräuber (Raubgenosse) auch für jenen Teil der Tatbeute haftet, den sein Komplize im Rahmen des gemeinsamen Tatentschlusses an sich nimmt und für sich behält, stellt ein auf den eigenen wirtschaftlichen Vorteil ausgerichteter Bereicherungsvorsatz jedes der Raubgenossen solcherart kein essentielles Tatbestandskriterium nach § 143 erster Fall StGB dar (vgl Leukauf-Steininger aaO § 143 RN 7 iVm § 127 RN 78, 79). Unter diesem Gesichtspunkt kann aber auch vom - aus einem Abstand (der Mittäter) von drei Metern abgeleiteten - Fehlen einer "räumlichen Nahebeziehung zum Raub" keine Rede sein, ganz abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer diesen Abstand zum Raubopfer selbst nur mit "einem guten Meter" bezeichnete (vgl S 407 a verso/Bd I).

In diesem Umfang war demnach die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

Berechtigt ist die Beschwerde jedoch, soweit sie gegen den Schuldspruch wegen des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 StGB (Punkt G) einwendet, die Begründung für die Urteilsfeststellung, wonach sich auch der Angeklagte C*** an der Inbetriebnahme der beiden Motorfahrzeuge dadurch beteiligte, daß er und seine Komplizen "abwechselnd anschoben oder fuhren" (S 461/Bd II), finde in den vom Erstgericht herangezogenen Verfahrensergebnissen keine Deckung. Das Urteil bezieht sich nämlich insoweit einzig und allein auf ein in Wahrheit nicht existentes Geständnis des Beschwerdeführers, der in der Hauptverhandlung (vgl S 415/Bd II) wie auch schon vor dem Untersuchungsrichter (vgl S 407/Bd I) eine Beteiligung an dieser Tat durchwegs in Abrede gestellt hat. Andere für seine Tatbeteiligung sprechende Beweisergebnisse aber hat das Erstgericht zur Begründung der bezüglichen Feststellung nicht angeführt (S 464/Bd II). Der damit vom Beschwerdeführer zutreffend gerügte und entscheidungswesentliche Begründungsmangel des Urteils macht im davon betroffenen Umfang eine Verfahrenserneuerung in erster Instanz unerläßlich, sodaß insoweit in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wie im Spruch zu erkennen war. Im zweiten Rechtsgang wird dem Angeklagten C*** die (bisher unberücksichtigt gebliebene) Vorhaft vom 11.Mai 1987, 22,25 Uhr, bis 12. Mai 1987, 15,30 Uhr, auf die zu verhängende Strafe anzurechnen sein (S 39 iVm S 85/Bd I).

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die Aufhebung (auch) des Strafausspruchs zu verweisen.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten C*** hat sich der Oberste Gerichtshof davon überzeugt, daß das Urteil hinsichtlich der Angeklagten Walter S***, Christian S***, Srdjan C***, Christian U*** und Enrico K*** insofern mit dem von Amts wegen wahrzunehmenden materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund der Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO behaftet ist, als das Erstgericht die aus dem Spruch näher ersichtlichen Vorhaftzeiten übersah (vgl S 448/Bd II iVm S 167/Bd II; S 305/Bd I hinsichtlich S***;

S 29/Bd I hinsichtlich S***; S 33/Bd I hinsichtlich C***;

S 43/Bd I hinsichtlich U***; S 47/Bd I hinsichtlich K***). Da sich dieses Versehen zum Nachteil der genannten Angeklagten auswirkt, war es gemäß § 290 Abs. 1 StPO zu korrigieren. Es war daher spruchgemäß zu erkennen.

Anmerkung

E13099

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0140OS00178.87.0210.000

Dokumentnummer

JJT_19880210_OGH0002_0140OS00178_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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