TE OGH 1988/2/11 6Ob528/88 (6Ob1503/88)

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Veröffentlicht am 11.02.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Aglae L***, Private, Auhof 1, 4320 Perg, vertreten durch Dr. Hubert Schauer, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Cemal G***, Kaufmann, Landstraße 70, 4040 Linz, vertreten durch Dr. Helfried Krainz und Dr. Bernhard Aschauer, Rechtsanwälte in Linz, wegen Räumung und S 30.640,-- s.A. infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 25. November 1987, GZ 18 R 728-729/87-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Linz vom 24. Juli 1987, GZ 9 C 42/87-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit der am 4.12.1986 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Räumung des näher bezeichneten Geschäftslokales in Linz, Landstraße 70, und brachte hiezu vor, sie habe ihm dieses Lokal vermietet, doch hafte derzeit ein Mietzinsrückstand für mehrere Monate (insgesamt S 46.640,--) aus, sodaß sie von ihrem Recht gemäß § 1118 ABGB Gebrauch mache und hiemit die Auflösung des Mietverhältnisses erkläre (9 C 42/87). Mit der am 10.12.1986 eingebrachten Klage begehrte sie vom Beklagten den Mietzinsrückstand von S 46.640,-- s.A. (9 C 44/87). In der Verhandlungstagsatzung vom 19.3.1987 (ON 6) verband das Erstgericht die beiden Klagen zu gemeinsamer Verhandlung. In der Verhandlungstagsatzung vom 6.7.1987 (ON 13) schränkte die Klägerin das Zinszahlungsbegehren infolge einer Teilzahlung von S 16.000,-- am 9.1.1987 auf S 30.640,-- s.A. ein.

Das Erstgericht gab sowohl dem Räumungs- wie auch dem Zinszahlungsbegehren statt.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes insgesamt S 60.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteige und die Revision nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die außerordentliche Revision des Beklagten.

Den Entscheidungen der Vorinstanzen liegen zwei zu gemeinsamer Verhandlung verbundene Klagen zugrunde. Die Verbindung gemäß § 187 ZPO führt nicht zur Zusammenrechnung der Streitwerte (Arb.10.507;

JBl 1984, 554 uva) und ist deshalb für die Beurteilung der Rechtsmittelzulässigkeit unbeachtlich. Diese ist vielmehr für jeden der verbundenen Rechtsstreite gesondert zu prüfen (ZVR 1972/135;

SZ 37/22 ua; zuletzt wieder 1 Ob 647, 1527/87; Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 786). Soweit sich die Revision des Beklagten daher gegen die berufungsgerichtliche Entscheidung über das Begehren im Rechtsstreit 9 C 44/87 wendet, ist sie schon gemäß § 502 Abs 3 ZPO unzulässig, weil der davon betroffene Streitgegenstand S 60.000,-- nicht übersteigt.

Aber auch die Revision gegen den Ausspruch des Gerichtes zweiter Instanz im Verfahren 9 C 42/87 ist unzulässig. Das Berufungsgericht hat in Verkennung der Bedeutung der Verbindung mehrerer Klagen gemäß § 187 ZPO für die Streitwertzusammenrechnung und damit auch für die Revisionszulässigkeit ausgesprochen, daß der Wert des Streitgegenstandes - insgesamt - zwar S 60.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteige. Bei diesem Ausspruch hat es somit den Streitwert der Mietzinsklage einbezogen. Der Entscheidung des Berufungsgerichtes ist demnach nicht zu entnehmen, ob das Gericht zweiter Instanz auch dann ausgesprochen hätte, daß der Streitwert S 60.000,-- übersteige (und die Revision daher in diesem Umfang bei Zutreffen der im § 502 Abs 4 Z 1 ZPO umschriebenen Voraussetzungen zulässig wäre), wenn es das Räumungsbegehren gesondert bewertet hätte. Es bedarf jedoch keiner Zurückstellung des Aktes an das Gericht zweiter Instanz zur Berichtigung (Ergänzung) seines Ausspruches im Sinne des § 500 Abs 2 Z 2 und 3 ZPO, weil das Berufungsgericht ausgesprochen hat, daß der Wert des Streitgegenstandes gemäß § 500 Abs 2 Z 3 ZPO S 300.000,-- nicht übersteige, obwohl es den Streitwert der Zinszahlungsklage in diese Bewertung miteinbezogen hat. Der Streitwert der Räumungsklage allein konnte somit vom Gericht zweiter Instanz nicht höher bewertet worden sein. Die Revision wäre dann aber - wie noch auszuführen sein wird - auch unzulässig, wenn der Wert des Streitgegenstandes der Räumungsklage gesondert gleichfalls höher als mit dem Schwellwert des § 502 Abs 2 Z 2 ZPO (S 60.000,--) bewertet worden wäre. In diesem Fall läge der Streitwert der Räumungsklage im Zulassungsbereich, doch ist die Revision gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO überdies nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechtes oder des Verfahrensrechtes abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist. Als solche Rechtsfragen (des materiellen Rechtes) hat der Beklagte neben der unrichtigen Beurteilung der Einwendung der Verfristung des geltend gemachten Aufhebungsgrundes die unrichtige Beurteilung der Zinsminderung gemäß § 1096 ABGB und des Zeitpunktes des Erkennens der Gebrauchsbeeinträchtigung geltend gemacht. Da der Ausspruch des Berufungsgerichtes mangels weiterer Anfechtbarkeit (§ 502 Abs 3 ZPO) mit der Zustellung der Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz bereits in Rechtskraft erwachsen st, wäre der Oberste Gerichtshof auch bei Beurteilung der Berechtigung des Räumungsbegehrens an diese Entscheidung insoweit gebunden, als der von der Klägerin als Aufhebungsgrund geltend gemachte Mietzinsrückstand mehrere Zinsperioden umfaßt und daher im Sinne des § 1118 zweiter Fall ABGB qualifiziert ist. Einer selbständigen Beurteilung bliebe daher nur die behauptete Verfristung des Aufhebungsgrundes vorbehalten. Nun haben die Vorinstanzen festgestellt, daß die letzte Säumnis des Beklagten mit der Zinszahlung den Monat Mai 1986 betrifft und die Klägerin dem Beklagten über sein Ersuchen mit Schreiben vom 9.9.1986 eine Aufstellung über die Mietzinsrückstände mit der Bitte übermittelt hat, diese baldigst zu begleichen. Berücksichtigt man, daß mit der Mahnung auch noch eine angemessene Frist zur Begleichung des Rückstandes - zumindest tatsächlich - gewährt werden muß (MietSlg 34.264 uva) und der Verlust des Rechtes zur Aufhebung des Bestandverhältnisses infolge Nichtausübung während längerer Zeit aus einem Verzicht gemäß § 863 ABGB abgeleitet wird (MietSlg 29.187/10 uva), so weicht die Entscheidung des Berufungsgerichtes, das einen solchen Verzicht verneinte, von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht ab. Besondere Umstände des Einzelfalles bilden aber - abgesehen davon, daß der Beklagte solche nicht bezeichnete, - nicht die Grundlage für eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO, sodaß die Revision des Beklagten selbst dann mangels der Voraussetzungen dieser gesetzlichen Bestimmung gemäß § 508 a Abs 2 ZPO zurückzuweisen wäre, wenn der davon betroffene Streitgegenstand an Geldeswert S 60.000,-- übersteigt.

Die Revision war daher insgesamt als unzulässig zurückzuweisen.

Anmerkung

E13591

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0060OB00528.88.0211.000

Dokumentnummer

JJT_19880211_OGH0002_0060OB00528_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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