Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch, Dr.Huber, Dr.Zehetner und Dr.Schwarz als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei "O***" Haus des Kindes, A.P***, Schmidtgasse 17, 4600 Wels, vertreten durch Dr.Gerhard Hoyer, Rechtsanwalt in Wels, wider die beklagte Partei Dr.Walter B*** sen., Rechtsanwalt, Maria-Theresia-Straße 6, 4600 Wels, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Erika E***, Inhaberin einer Parfumerie, Schmidtgasse 2, 4600 Wels, (S 16/86 des Kreisgerichtes Wels), wegen Räumung infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Berufungsgerichtes vom 1.Dezember 1986, GZ. R 737/86-22, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Wels vom 7.März 1986, GZ. 3 C 1426/84-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagten Parteien haben die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Die klagende Partei ist Hauptmieterin des im Haus Wels, Stadtplatz 36, Ecke Schmidtgasse 2 ebenerdig gelegenen Geschäftslokals samt dem östlich daran anschließenden kleinen Geschäftsraum. Mit dem am 1.April 1977 abgeschlossenen Untermietvertrag vermietete die Klägerin dieses Geschäftslokal an Erika E*** auf unbestimmte Zeit; beide Teile verzichteten auf das Recht der Aufkündigung, die Klägerin für die Dauer von 10 Jahren und die Untermieterin für die Dauer von 3 Jahren. Der schriftliche Mietvertrag enthält in seinen Punkten IX. und X. folgende Regelungen:
IX.
Die Untermieterin hat Kenntnis davon, daß die Untervermieterin auf Grund ihres Mietvertrages zu einer Untervermietung nur für solche Geschäftszweige berechtigt ist, die eine Konkurrenzierung anderer, im Hause Wels, Stadtplatz 36, vorhandener Geschäfte nicht darstellen. Demgemäß ist der Untermieterin nicht gestattet, einen solchen Geschäftszweig einzurichten. Grundsätzlich wird dazu festgehalten, daß bei der Untermieterin die Absicht besteht, im Bestandobjekt ein Spezialgeschäft für Parfümerie, Kosmetik- und Drogeriewaren einzurichten.
Die Untermieterin verpflichtet sich gegenüber der Untervermieterin, im Mietobjekt keinen Geschäftszweig zu betreiben, der mit dem derzeitigen Unternehmensgegenstand der Untervermieterin in Konkurrenz steht, nämlich Spielwaren und Kinderkleidung sowie Damen- und Herrenbekleidung.
X.
Die Untervermieterin ist berechtigt, das Untermietverhältnis aus wichtigen Gründen auch ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist vorzeitig für aufgelöst zu erklären, insbesondere, falls die Untermieterin schwerwiegende Vertragsverletzungen setzen würde.
Solche wichtige Gründe sind:
.........
b) wenn die Untermieterin mit der Bezahlung des Mietzinses trotz eingeschriebener Mahnung mehr als 20 Tage in Verzug sein sollte;
c) wenn die Untermieterin gegen die Konkurrenzklausel verstoßen würde;
Mit der am 7.Dezember 1984 gegen Erika E*** erhobenen Klage begehrte die "O***" Haus des Kindes A.P***, die Räumung des Mietgegenstandes sowie die Zahlung eines Betrages von S 30.718,76 sA. Erika E*** habe trotz des vereinbarten Konkurrenzverbotes im Mietobjekt Damenbekleidung, Wäsche und Lederwaren angeboten und damit sowohl die klagende Partei als auch die übrigen im Bestandobjekt befindlichen Geschäfte konkurrenziert. Schriftlichen Aufforderungen der klagenden Partei, das Konkurrenzverbot zu beachten, sei Erika E*** nicht nachgekommen. Sie habe auch einen Mietzinsrückstand auflaufen lassen, den die klagende Partei durch ihren Vertreter eingemahnt habe; trotz Mahnung seien jedoch nur Teilzahlungen erfolgt. Im Zuge des Verfahrens schränkte die klagende Partei infolge Bezahlung des aufgelaufenen Mietzinsrückstandes samt Nebengebühren das Klagebegehren auf das nunmehr allein auf die Verletzung der vertraglich vereinbarten Konkurrenzklausel gestützte Räumungsbegehren ein. Sie brachte dazu ergänzend vor, daß auch sie in ihrem Mietvertrag mit einem Konkurrenzverbot belastet sei, das sie im Untermietvertrag an die Untermieterin habe weitergeben müssen. Da Erika E*** neben Parfümerieartikeln auch Bademoden, Hauskleider, Haus- und Kaminanzüge sowie Lederwaren, insbesondere Taschen, angeboten habe, laufe sie, die klagende Partei, Gefahr, selbst vom Hauseigentümer belangt zu werden. Insbesondere habe sich der Inhaber eines im Bestandobjekt befindlichen Lederwarengeschäftes mehrmals bei ihr beschwert und ihr mit Konsequenzen aus dem Verhalten der Untermieterin gedroht. Erika E*** beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie habe das Konkurrenzverbot immer beachtet; sie verkaufe in der Parfümerie zwar neben Parfümeriewaren auch Bademäntel und Hausmäntel, doch habe die klagende Partei ausdrücklich erklärt, daß sie diese Textilien in der Parfümerie verkaufen könne, und 8 Jahre hindurch auch deshalb keine Beanstandungen erhoben. Die Beklagte habe sich mit diesen Bade- und Hausmänteln sogar an einer Modeschau der klagenden Partei beteiligt. Andere Kleidungsstücke seien lediglich zu Dekorationszwecken in der Parfümerie ausgestellt worden, nach einer Beanstandung durch die klagende Partei jedoch sofort entfernt worden. Sowohl der Eigentümer des Hauses Stadtplatz 36, als auch die übrigen Geschäftsinhaber im Bestandobjekt hätten dem Verkauf des in der Parfümerie geführten Warensortiments zugestimmt. Die klagende Partei sei überdies wirtschaftlich wesentlich stärker als Erika E***, und ihr Gewinn werde durch den Verkauf von Bademänteln in der Parfümerie nicht geschmälert. Kleider habe sie in der Parfümerie auch deswegen nicht verkauft, weil sie diese auch in ihrer im Bestandobjekt betriebenen Boutique anbiete.
Das Erstgericht gab dem Räumungsbegehren statt. Es traf über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im wesentlichen noch folgende Feststellungen:
Erika E*** verkaufte seit der Eröffnung der Parfümerie im Jahre 1977 auch Bademäntel und Hausmäntel aus Frottee oder Nickisamt; in der Parfümerie war auch eine Koje zum Aufhängen dieser Bademäntel und eine Umkleidekabine eingebaut. Die klagende Partei hat den Verkauf dieser Bademäntel und Morgenmäntel akzeptiert; Erika E*** nahm sogar einmal an einer von der klagenden Partei veranstalteten Modeschau teil; dabei stellte sie Bademäntel aus. In den letzten Jahren gehören zum Sortiment einer Parfümerie auch Bademäntel und Badekleider. Im Herbst 1983 eröffnete Erika E*** im Bestandobjekt auch eine kleine Boutique. Seit diesem Zeitpunkt, insbesondere jeodch seit Frühjahr 1984, waren immer mehr Textilien im Schaufenster der Parfümerie ausgestellt. Rosemarie M*** bemerkte im Frühjahr 1984 in der Parfümerie einen Ständer mit Sommerkleidern aus Seidenjersey; diese Kleider entfernte Erika E*** erst nach dem dritten Anruf Gunter M***, des Geschäftsführers der klagenden Partei. Auch im Schaufenster der Parfümerie waren derartige Kleider, die nicht zu den Bademoden gehören, ausgestellt. Mit Schreiben vom 11.April 1984 forderte die klagende Partei Erika E*** auf, die im Untermietvertrag enthaltene Konkurrenzklausel zu beachten und sich auf jenes Sortiment zu beschränken, das im Vertrag festgelegt worden sei. Da dieses Schreiben keinen Erfolg hatte, ließ die klagende Partei Erika E*** durch ihren Rechtsvertreter erneut auf die Konkurrenzklausel hinweisen und drohte ihr bei Nichtbefolgung den Rücktritt vom Untermietvertrag an. Dennoch stellte Erika E*** auch in weiterer Folge neben Bademäntel noch andere Kleidungsstücke im Schaufenster aus, so z.B. ein Sommerkleid und Wäschestücke. Robert K***, ein Angestellter der klagenden Partei, konnte am 18.Mai 1984 feststellen, daß in der Parfümerie, und zwar sowohl in der Auslage als auch im Geschäft selbst, neben Kosmetikwaren auch Bekleidung, Wäsche sowie Lederwaren zum Verkauf angeboten wurden. Auch in der folgenden Zeit waren neben Bademänteln noch andere Bekleidungsstücke im Schaufenster der Parfümerie ausgestellt. Ob die Bekleidungsstücke mit Preisschildern versehen waren oder nicht, ist nicht mehr feststellbar. Die "Firma" H***, die im Bestandobjekt ein Lederwarengeschäft betreibt, hat sich bereits im ersten Jahr nach Eröffnung der Parfümerie bei Gunter M*** darüber beschwert, daß Erika E*** in der Parfümerie auch Toilettetaschen anbietet. In der Zwischenzeit ist jedoch eine Einigung zwischen Erika E*** und der "Firma" H*** erfolgt und es bestehen nun zwischen ihnen keine Differenzen mehr. Auch der Eigentümer des Hauses Stadtplatz 36 hat in den ersten 3 bis 4 Jahren nach Eröffnung der Parfümerie Gunter M*** mehrmals aufgefordert, Erika E*** auf die Einhaltung der Konkurrenzklausel hinzuweisen, da sich im Bestandobjekt auch noch ein Lederwarengeschäft und ein Wäschegeschäft befänden. In den letzten Jahren gab es allerdings mit dem Hauseigentümer wegen des Konkurrenzverbotes keine Probleme mehr. Der Hauseigentümer war an einer außergerichtlichen Bereinigung des Rechtsstreites interessiert, hat allerdings im Zuge dieser Gespräche massiv auf die Einhaltung der Konkurrenzklausel hingewiesen. Der klagenden Partei ist vom Hauseigentümer niemals die Kündigung angedroht worden, falls ihre Untermieterin die Konkurrenzklausel nicht beachte. Rechtlich führte das Erstgericht aus, Erika E*** habe dadurch, daß sie seit dem Jahre 1983 in der Parfümerie auch Sommerkleider und Wäsche zum Verkauf angeboten und im Schaufenster ausgestellt habe, gegen das im Untermietvertrag vereinbarte Konkurrenzverbot verstoßen. Das Räumungsbegehren sei daher berechtigt.
Mit Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 10.April 1986, S 16/86, wurde über das Vermögen der Erika E*** der Konkurs eröffnet und Rechtsanwalt Dr.Walter Breitwieser sen. zum Masseverwalter bestellt. Nach Fortsetzung des durch die Konkurseröffnung unterbrochenen Verfahrens auf Antrag der klagenden Partei erhob der Masseverwalter Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil. Das Gericht zweiter Instanz wies die von Erika E*** während der Unterbrechung des Verfahrens erhobene Berufung zurück und gab der Berufung des Masseverwalters dahin Folge, daß es das Klagebegehren abwies und aussprach, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteige und die Revision zulässig sei. Das Berufungsgericht erachtete die in der Berufung des Masseverwalters erhobenen Beweis- und Verfahrensrügen als unbegründet und den geltend gemachten Feststellungsmangel als rechtlich unerheblich, die Rechtsrüge hingegen als berechtigt.
§ 29 Abs 1 MRG anerkenne als Auflösungsgründe neben der - auf einen wichtigen Kündigungsgrund im Sinne des § 30 MRG gestützten und gemäß § 33 Abs 1 MRG formgebundenen - Aufkündigung, die - formfreie und sofort wirksame - Auflösungserklärung gemäß § 1118 ABGB nur in den beiden dort aufgezählten, im wesentlichen den im § 30 Abs 2 Z 1 und 3 MRG vergleichbaren Gründen. In der Entscheidung RZ 1983/70 habe der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, daß nach dem gesetzlich aufgestellten Verhältnis von mietrechtsgesetzlicher Aufkündigung und allgemein bürgerlich-rechtlicher Auflösungserklärung nach § 1118 ABGB beim Fehlen jeder mietrechtsgesetzlichen Anerkennung von Vereinbarungen eines im § 29 Abs 1 Z 5 MRG nicht genannten Auflösungsgrundes (vgl. dagegen noch § 19 Abs 6 MG) die Rechtsunwirksamkeit jeder Vereinbarung über eine Erweiterung der mietrechtsgesetzlich anerkannten Auflösungsgründe um andere Tatbestände anzunehmen sei, mögen sie auch als Kündigungsgründe anerkannt sein (vgl. § 30 Abs 1 Z 13 MRG). Daran ändere nichts, daß der Mietvertrag mit der Vereinbarung des Kataloges von Auflösungsgründen vor dem Inkrafttreten des MRG geschlossen worden sei, wenn nur der zur Stützung des geltend gemachten Auflösungsgrundes herangezogene Sachverhalt sich erst nach Inkrafttreten des MRG erfüllt habe. Nach dem zwingenden Charakter der im § 30 Abs 3 Satz 1 MRG getroffenen Regelung sei beim Abgang einer speziellen Übergangsregelung im Sinne des § 5 ABGB und des Abs 5 KP zum ABGB davon auszugehen, daß für die Wirksamkeit weiterer, im § 29 MRG nicht genannter Auflösungsgründe nicht der Zeitpunkt der Vereinbarung, sondern der Zeitpunkt der Rechtsgestaltung (hier also der Tag der Zustellung der Räumungsklage an den Mieter) vor oder nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes maßgebend sei. Diese Grundsätze gälten auch für den vorliegenden Fall, der dem der Entscheidung RZ 1983/70 zugrundeliegenden Sachverhalt völlig gleichgelagert sei. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes habe Erika E*** ein Verhalten, in dem die klagende Partei nach der Klagserzählung einen Verstoß gegen die Konkurrenzklausel erblicke, erst im Jahre 1983, somit nach Inkrafttreten des MRG, gesetzt; die Räumungsklage sei Erika E*** erst am 19.Dezember 1984 zugestellt worden. Damit sei die Vereinbarung, daß ein Verstoß der Untermieterin gegen die Konkurrenzklausel die klagende Partei zur sofortigen Aufhebung des Bestandvertrages berechtige, als unwirksam zu beurteilen, und es könne die klagende Partei ihr Räumungsbegehren nicht mit Erfolg auf diese Vereinbarung stützen. Der Hinweis der klagenden Partei in der Berufungsbeantwortung auf die zu § 1118 ABGB entwickelte Rechtsprechung, nach der bei Bestandverhältnissen, die durch Zwangsgesetzgebung geschützt seien, neben oder an Stelle der im § 1118 ABGB festgelegten Aufhebungsgründe nur solche Vertragsverletzungen wirksam vereinbart werden könnten, die für einen Kündigungstatbestand ausreichend wären, könne den Rechtsstandpunkt der klagenden Partei nicht unterstützen, weil dieser Rechtsgrundsatz während der Geltung des MG von der Rechtsprechung herausgearbeitet worden sei, die Gesetzesänderung durch das MRG jedoch nicht berücksichtige. Da nach dem Vorgesagten das MRG im Gegensatz zum MG die Vereinbarung zusätzlicher Auflösungsgründe nicht mehr kenne, sei die vorhin zitierte Rechtsprechung auf Fälle, die unter die Geltung des MG fielen, nicht mehr anzuwenden. Ob der als Auflösungsgrund vereinbarte Tatbestand (Verstoß gegen die Konkurrenzklausel) als Kündigungsgrund im Sinne des § 30 Abs 1 Z 13 MRG habe vereinbart werden können, könne dahingestellt bleiben, da nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes eine Erweiterung der im MRG anerkannten Auflösungsgründe um andere Tatbestände auch ausgeschlossen sei, wenn diese Gründe als Kündigungsgründe anerkannt seien (RZ 1983/70). Entgegen der Rechtsansicht der klagenden Partei in der Berufungsbeantwortung könne auch nicht davon ausgegangen werden, daß das Anbieten von Textilien in der Parfümerie trotz der vereinbarten Konkurrenzklausel im Untermietvertrag als erheblich nachteiliger Gebrauch der Bestandsache zu werten sei. Ein erheblich nachteiliger Gebrauch im Sinne des § 1118 ABGB liege nach der Rechtsprechung dann vor, wenn durch eine wiederholte, länger währende vertragswidrige Benützung des Bestandobjektes oder durch Unterlassung notwendiger Vorkehrungen wichtige Interessen des Bestandgebers verletzt würden oder wenn eine erhebliche Verletzung der Substanz des Bestandgegenstandes erfolgt sei oder zumindest drohe (MietSlg 36.185, 36.387). Der nachteilige Gebrauch müsse nicht in einer körperlichen Beschädigung der Sache bestehen, ausreichend sei, daß durch die Art der Benützung des Bestandgegenstandes wirtschaftliche oder sonstige Interessen des Bestandgebers oder anderer Bestandnehmer geschädigt oder gefährdet würden (MietSlg 34.260). Darunter könne somit jede Benützungsart verstanden werden, die geeignet sei, die wirtschaftlichen Interessen des Bestandgebers in erheblichem Maß zu verletzen. Dies sei von der Rechtsprechung etwa bei wiederholten Aufenthalten lichtscheuer Elemente beim Mieter, beim Besuch eines gemieteten Nachtlokales durch Prostituierte und übel beleumundete Personen, bei der Verwendung einer zum Betrieb einer Pension vermieteten Wohnung zur Ausübung von Unzucht in einem von anständigen Parteien bewohnten Haus - oder bei Vorhandensein eines "Verbrecherzirkels" und eines bordellähnlichen Betriebes in den Bestandräumen angenommen worden. Die Rechtsprechung habe hiebei sowohl Verhaltensweisen, in denen der Bestandgeber persönlich oder auch nur die Mitbewohner von der Rufschädigung betroffen gewesen seien, als auch solche, mit denen eine Schädigung des Rufes des vermieteten Hauses verbunden gewesen sei, als Auflösungsgrund nach § 1118 ABGB anerkannt. Allen diesen beispielweise aufgezählten Fällen, in denen die Rechtsprechung den erheblich nachteiligen Gebrauch der Bestandsache bejaht habe, liege ein gravierender Eingriff in die Interessen des Vermieters zugrunde, der aus dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt nicht abgeleitet werden könne. Auch wenn das Verhalten der Untermieterin, die nach den Feststellungen des Erstgerichtes seit Herbst 1983 in der Parfümerie vermehrt Textilien zum Kauf angeboten habe, gegen die im Untermietvertrag vereinbarte Konkurrenzklausel verstoßen haben sollte, sei darin ein Nachteil für die Klägerin, der gleich oder ähnlich schwer wiege, wie die Beeinträchtigung des Vermieters in den genannten Fällen, nicht zu erkennen. Das Erstgericht habe ausdrücklich festgestellt, daß der Hauseigentümer der klagenden Partei Konsequenzen (insbesondere die Kündigung) für den Fall der Verletzung der Konkurrenzklausel durch die Untermieterin nicht angedroht habe; daß die klagende Partei durch den Verkauf von Kleidungsstücken, die über das zu einer Parfümerie gehörige Textilsortiment hinausgingen, Geschäftseinbußen erlitten habe, sei von ihr nicht einmal behauptet worden; auch habe die klagende Partei nicht vorgebracht, daß die übrigen Mieter des Hauses auf Grund des in der Klage inkriminierten Verhaltens der Erika E*** mit Nachteilen irgend welcher Art gedroht hätten. Die Beeinträchtigung wichtiger wirtschaftlicher oder sonstiger Interessen des Bestandgebers im Sinne der bisher zu § 1118 ABGB ergangenen Rechtsprechung könne daher im Verhalten der Untermieterin nicht erblickt werden; die klagende Partei könne sich daher auch auf den Auflösungsgrund des erheblich nachteiligen Gebrauchs nach § 1118 ABGB nicht mit Erfolg berufen, auch wenn die Vorgangsweise der Untermieterin objektiv gegen die im Untermietvertrag vereinbarte Konkurrenzklausel verstoßen haben möge. Das Räumungsbegehren sei daher nicht berechtigt, sodaß der Berufung habe stattgegeben werden müssen.
Seinen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision gründete das Berufungsgericht darauf, daß zur entscheidungswesentlichen Rechtsfrage, ob die Vereinbarung zusätzlicher, über § 1118 ABGB hinausgehender Auflösungsgründe, die während der Geltung des Mietengesetzes wirksam gewesen seien, durch das Inkrafttreten des Mietrechtsgeseztes ihre Wirksamkeit verloren hätten, bisher lediglich eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes veröffentlicht worden sei (RZ 1983/70), dieser Rechtsfrage jedoch wesentliche Bedeutung zukomme.
Gegen dieses Urteil des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die auf den Anfechtungsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO gestüzte Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, die Entscheidung im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils abzuändern.
Der Beklagte beantragte in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht zulässig.
Der Oberste Gerichtshof hat auch bei der Entscheidung über eine Revision im Zulassungsbereich gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zunächst zu prüfen, ob die Revision nach dieser Bestimmung überhaupt zulässig ist; das Revisionsgericht ist hiebei an einen Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 500 Abs 3 ZPO nicht gebunden (§ 508 a Abs 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat seinen Zulassungsausspruch damit begründet, daß zu der Frage, ob im Anwendungsbereich des MRG eine zur Zeit der Geltung des MG gültig getroffene Vereinbarung eines Auflösungsgrundes für den Mietvertrag wirksam ist, wenn dieser Sachverhalt sich nach dem Inkrafttreten des MRG verwirklicht, nun aber keinen gesetzlichen Auflösungsgrund mehr bildet, nur eine Entscheidung des OGH veröffentlicht worden sei, nämlich die Entscheidung RZ 1983/70. Dies trifft aber nicht zu. Der Oberste Gerichtshof hat zu dieser Frage auch schon in seiner in MietSlg 37.395 veröffentlichten Entscheidung vom 20.3.1985, 1 Ob 1529/85, unter Hinweis auf die oben bezeichnete Entscheidung RZ 1983/70 = MietSlg 35.344, auf Würth in Rummel, ABGB, Rz 9 zu § 1118 sowie auf Würth-Zingher, MRG2, Anm.17 zu § 29 MRG Stellung genommen, und die Ansicht ausgesprochen, daß im Anwendungsbereich des MRG jede Vereinbarung über die Erweiterung der mietrechtsgesetzlich anerkannten Auflösungsgründe um andere Tatbestände, mögen sie auch als Kündigungsgründe anerkannt sein, rechtsunwirksam ist; dies auch dann, wenn sie vor dem Inkrafttreten des MRG geschlossen wurde, sofern sich der als Auflösungsgrund geltend gemachte Sachverhalt erst nach dem Inkrafttreten des MRG erfüllt hat. Der Oberste Gerichtshof ist der Ansicht, daß nunmehr auch der Eintritt von Umständen, die im Mietvertrag schriftlich als Kündigungsgrund vereinbart wurden und als wichtig und bedeutsam anzusehen sind (§ 30 Abs 2 Z 13 MRG), nur mehr in der Form einer Kündigung geltend gemacht werden können. Es entspricht der Lehre und der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß die Prüfung eines wichtigen Grundes für die Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses auf den Zeitpunkt der Abgabe der Auflösungserklärung abzustellen ist (Fasching III 661; JBl 1967, 209; MietSlg 37.179 ua). Das Berufungsgericht hat daher auch in dieser Beziehung die Rechtsfrage nicht in Abweichung von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gelöst.
Insoweit die Revisionswerberin die Frage aufwirft, ob das hier festgestellte, von ihr als Verstoß gegen das vereinbarte Konkurrenzverbot angesehene Verhalten der nunmehrigen Gemeinschuldnerin den Tatbestand des erheblich nachteiligen Gebrauches iS des § 1118 erster Fall ABGB erfüllt, zeigt sie auch damit keine die Zulassung der Revision begründende erhebliche Rechtsfrage iS des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO auf. Denn der Oberste Gerichtshof hat auch nach Inkrafttreten des MRG wiederholt ausgesprochen, daß ein erheblich nachteiliger Gebrauch iS des § 1118 ABGB dann vorliegt, wenn durch eine wiederholte, länger währende vertragwidrige Benützung des Bestandgegenstandes oder durch Unterlassung notwendiger Vorkehrungen wichtige Interessen des Bestandgebers verletzt werden oder wenn eine erhebliche Verletzung der Substanz des Bestandgegenstandes erfolgt ist oder zumindest droht (MietSlg 34.260 mwN). Da sich das Berufungsgericht im Rahmen dieser Rechtsprechung gehalten hat, erweist sich die Revision trotz ihrer Zulassung durch das Berufungsgericht als unzulässig. Die Revision mußte daher zurückgewiesen werden.
Da die beklagten Parteien in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen haben, konnten ihnen für ihre Beteiligung am Revisionsverfahren keine Kosten zugesprochen werden.
Anmerkung
E13336European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0080OB00580.87.0211.000Dokumentnummer
JJT_19880211_OGH0002_0080OB00580_8700000_000