TE OGH 1988/2/16 2Ob511/88

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Veröffentlicht am 16.02.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Siegfried P***, Angestellter, Kestnerweg 8, 1160 Wien, vertreten durch Dr. Herwig Kubac, Dr. Harald Svoboda, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Hildegard G***, 2. Karin K***, beide Siebertgasse 44-46/1/16, 1120 Wien, vertreten durch Dr. Herhard Trenker, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 575.000 s.A., infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 11. November 1987, GZ 16 R 241/87-28, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 4. August 1987, GZ 54 Cg 8/87-23, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 17.679,91 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.607,26 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrt, die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig zu erkennen, einen Betrag von S 575.000 samt 10 % Zinsen seit 16. April 1985 zu bezahlen. Er brachte vor, er habe den Beklagten ein Darlehen von S 500.000 gewährt, es sei die Rückzahlung von S 575.000 sowie für den Fall des Verzuges die Bezahlung von 10 % Verzugszinsen vereinbart worden.

Die Beklagten wendeten ein, das Darlehen sei nicht ihnen gewährt worden, sondern anderen Personen, denen auch das Geld übergeben worden sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Aus seinen Feststellungen ist folgendes hervorzuheben:

Rechtsanwalt Dr. Maria Christina E*** verfaßte einen Darlehensvertrag, nach welchem der Kläger den beiden Beklagten ein Darlehen von S 575.000 gewährt und für den Fall des Verzuges 10 % Verzugszinsen zu bezahlen sind. Der Kläger und die beiden Beklagten unterfertigten den Vertrag. Mündlich wurde vereinbart, daß nur S 500.000 übergeben werden und der Betrag von S 75.000 eine Gewinnbeteiligung an Weihnachtsgeschäften der Erstbeklagten sein sollte, die diese mit der Darlehenssumme zu tätigen beabsichtigte. Der Kläger übergab der Erstbeklagten einen Betrag von S 500.000, worauf die beiden Beklagten gemeinsam mit anderen Personen das Geld zählten. Nachdem sich der Kläger entfernt hatte, schloß die Erstbeklagte als Darlehensgeberin mit diesen anderen Personen einen Darlehensvertrag über S 575.000 und übergab ihnen den erhaltenen Betrag von S 500.000. Von dieser Weitergabe des Geldes erfuhr der Kläger erst später.

In rechtlicher Hinsicht kam das Erstgericht zu dem Ergebnis, auf Grund des Darlehensvertrages und der Übergabe des Geldbetrages seien die Beklagten zur Zahlung verpflichtet.

Das Berufungsgericht verwarf die Berufung der Beklagten, soweit Nichtigkeit geltend gemacht wurde, und gab dem Rechtsmittel im übrigen nicht Folge. Die Mängel-, Beweis- und Feststellungsrügen der Beklagten seien nicht berechtigt. Zur Rechtsfrage führte das Berufungsgericht aus, der Darlehensvertrag sei unterfertigt und die Valuta sei zugezählt worden. Belanglos sei, was die Beklagten mit der Darlehensvaluta nach deren Übergabe unternommen hätten. Rechtsrichtig habe das Erstgericht auch nach dem Klagsvorbringen, dem Inhalt des Darlehensvertrages und der festgestellten Parteienabsicht (beabsichtigte besondere Sicherheit für die Rückzahlung der Darlehensvaluta durch die Beklagten) deren Solidarhaftung angenommen.

Die Beklagten bekämpfen das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision, machen die Anfechtungsgründe der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend und beantragen Abänderung im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens, allenfalls Verurteilung der beiden Beklagten lediglich zur Zahlung von je S 250.000 samt Zinsen.

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die behauptete Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Soweit die Beklagten bei Ausführung der Rechtsrüge davon ausgehen, der Kläger habe ihnen keinen Geldbetrag übergeben, weichen sie vom festgestellten Sachverhalt ab und führen den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung daher nicht gesetzmäßig aus. Ohne Bedeutung ist, daß der Kläger den Geldbetrag nur der Erstbeklagten überreichte. Die Zweitbeklagten war damals anwesend und beteiligte sich am Nachzählen des Geldes, weshalb das Erfordernis der Übergabe an beide Beklagte im Sinne des § 983 ABGB erfüllt ist.

Der Meinung, es könnten höchstens S 500.000 zuerkannt werden, weil der Kläger nur einen Betrag in dieser Höhe zur Verfügung gestellt habe, ist es entgegenzuhalten, daß gemäß § 5 des Gesetzes vom 14.Juni 1868, RGBl. 62, in der Fassung des Artikel 14 EVHGB vom 24. Dezember 1938, dRGBl. I 1999, bei Darlehen bedungen werden darf, daß eine größere Summe, als gegeben wurde, zurückerstattet werde. Eine Vergütung für die Überlassung des Darlehens ist daher zulässig (vgl. Schubert in Rummel, ABGB, Rdz 1 zu § 999). Daß es sich bei dem Betrag von S 75.000, der über die tatsächlich erhaltene Geldsumme hinaus von den Darlehensnehmerinnen zu bezahlen ist, um eine derartige Vergütung handelt, kann nicht zweifelhaft sein, auch wenn dieser Teilbetrag als Gewinnbeteiligung bezeichnet wurde. Die Beklagten sind daher verpflichtet, S 575.000 zu bezahlen, zumal ein Einwand gegen die Höhe der für die Darlehensgewährung zu leistenden Vergütung nicht erhoben wurde.

Schließlich rügen die Beklagten, daß sie zur ungeteilten Hand zur Zahlung des Klagsbetrages verurteilt wurden, und weisen darauf hin, daß eine Solidarschuld nicht vereinbart wurde. Dem ist zu erwidern, daß nach ständiger Rechtsprechung Solidarhaftung auch ohne besondere Vereinbarung immer dann eintritt, wenn eine solche Haftung in der Parteiabsicht oder nach der Verkehrssitte begründet ist (SZ 27/299, SZ 48/36, SZ 54/155 uva). Diese Voraussetzung ist bei Aufnahme eines Darlehens durch mehrere Personen gegeben (Gamerith in Rummel, ABGB, Rdz 7 zu § 891; EvBl 1967/86; RZ 1974/60). Im vorliegenden Fall spricht gegen eine bloß anteilsmäßige Haftung der beiden Darlehensnehmerinnen überdies, daß die Zweitbeklagte eine in ihrem Eigentum stehende Eigentumswohnung zur Sicherstellung des gesamten Darlehens verpfändet hat.

Die Revision erweist sich somit als unberechtigt.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E13148

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0020OB00511.88.0216.000

Dokumentnummer

JJT_19880216_OGH0002_0020OB00511_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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