TE OGH 1988/2/24 1Ob510/88

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.02.1988
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Theresia K***, Vertragsbedienstete,Tulln, Feldgasse 13/1/8, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegner Kurt K***, Vertragsbediensteter, Tulln, Bahnhofstraße 57/1/7, vertreten durch Dr. Michael Stern, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes St. Pölten als Rekursgerichtes vom 21.Oktober 1987, GZ R 523/87-21, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Tulln vom 6.Juli 1987, GZ F 6/86-15, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin die mit S 5.657,85 bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin enthalten S 514,35 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Begründung:

Die am 13.11.1954 von den Streitteilen geschlossene Ehe wurde mit Urteil des Kreisgerichtes St. Pölten vom 27.2.1986, 3 Cg 84/84-28, bestätigt mit Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 2.7.1986, 17 R 147/86-33, und des Obersten Gerichtshofes vom 15.1.1987, 6 Ob 695/86-37, rechtskräftig aus dem überwiegenden Verschulden des Antragsgegners geschieden. Aus der Ehe entstammen zwei in den Jahren 1955 und 1963 geborene, somit bereits volljährige Kinder. Die Antragstellerin war zu Beginn der Ehe zunächst im Haushalt tätig. Von 1965 bis 1977 war sie stundenweise als Raumpflegerin beschäftigt, seit 1977 ist sie Vertragsbedienstete des Landes Niederösterreich. Der Antragsgegner, der den Beruf eines Kraftfahrzeugmechanikers erlernt hatte, war als Anstreicher beschäftigt. Bis 1963 war er Montageleiter, in dieser Zeit verdiente er durch Leistung von Überstunden und Arbeiten an Sonn- und Feiertagen ziemlich viel. Die Streitteile sind Miteigentümer der Eigentumswohnung in Tulln, Bahnhofstraße 51/1/7 (je 47/3588-Anteile der EZ 1123 KG Tulln). Der Verkehrswert dieser Eigentumswohnung beträgt S 327.000. Für den Ankauf dieser Eigentumswohnung bestehen noch Restschulden in der Höhe von S 67.695,47.

Die Antragstellerin beantragt, soweit dies für das Revisionsrekursverfahren noch von Bedeutung ist, die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens in der Weise, daß ihr die Miteigentumsanteile an der Eigentumswohnung übertragen werden, der Antragsgegner zur Räumung der Wohnung verhalten werde und ihr die in der Ehewohnung befindlichen Einrichtungs- und Hausratsgegenstände zugesprochen werden. Sie habe an der Ehewohnung ein dringendes Wohnbedürfnis. Sie wohne derzeit mit ihrem Sohn in einer Untermietwohnung. Die Miete dafür betrage monatlich S 4.000. Die Vermieterin wolle diese Wohnung aber nunmehr veräußern und dringe darauf, daß die Antragstellerin ausziehe. Es sei auch zu berücksichtigen, daß die Ehe aus dem überwiegenden Verschulden des Antragsgegners geschieden worden sei. Der Antragsgegner wäre finanziell eher in der Lage, sich eine andere Wohnung zu beschaffen. Der Antragsgegner beantragte seinerseits, ihm die Miteigentumsanteile der Antragstellerin an der Ehewohnung zu übertragen und ihm die darin befindlichen Einrichtungs- und Hausratsgegenstände zuzusprechen. Die Antragstellerin habe die Wohnung im Februar 1984 verlassen und sei auf diese Wohnung im Gegensatz zum Antragsgegner als Existenzgrundlage nicht angewiesen. Das Erstgericht wies der Antragstellerin den dem Antragsgegner gehörigen 47/3588-Anteil an der Liegenschaft EZ 1123 KG Tulln, mit welchem Anteil das Wohnungseigentum an der Wohnung Tulln, Bahnhofstraße 57/1/7, verbunden ist, sowie eine Reihe von Gegenständen des beweglichen ehelichen Gebrauchsvermögens ins Alleineigentum zu. Es verpflichtete den Antragsgegner zur Räumung der Ehewohnung binnen zwei Monaten nach Rechtskraft und die Antragstellerin Zug um Zug zur Leistung einer Ausgleichszahlung von S 120.000. Die Antragstellerin wurde weiters verpflichtet, die Darlehen des Bundeswohn- und Siedlungsfonds und des Wohnbauförderungsfonds des Bundeslandes Niederösterreich in der Höhe von S 51.335,60 und S 16.359,87 aus eigenem zur Rückzahlung zu bringen und den Antragsgegner diesbezüglich schad- und klaglos zu halten. Es ging davon aus, daß der Beitrag beider Ehegatten zur Schaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens gleichwertig sei. Die Antragstellerin habe zunächst den Haushalt geführt und sich der Pflege und Erziehung der Kinder gewidmet. Dann sei sie stundenweise als Bedienerin tätig gewesen, seit dem Jahr 1977 sei sie voll berufstätig. Die Zuweisung der Ehewohnung an sie erscheine deshalb billig, weil die Ehe der Streitteile aus dem überwiegenden Verschulden des Antragsgegners geschieden worden sei und der Antragsgegner auch über ein höheres Einkommen als die Antragstellerin verfüge. Die derzeit von der Antragstellerin bezahlte Miete von monatlich S 3.000 stehe mit ihren Einkommensverhältnissen nicht im Einklang.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragsgegners, mit dem er weiterhin die Zuweisung der Ehewohnung an ihn, aber keine Erhöhung der Ausgleichszahlung anstrebte, nicht Folge. Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erklärte es für zulässig. Der Antragsgegner bringe im Rekurs keine triftigen Umstände vor, die geeignet seien, die vom Erstgericht vorgenommene rechtliche Beurteilung ernstlich in Frage zu stellen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist nicht berechtigt. Die Antragstellerin war zu Beginn der Ehe nicht berufstätig. Sie führte den Haushalt und pflegte und erzog die Kinder. Seit 1965 war sie teilweise berufstätig, seit 1977 ist sie vollbeschäftigt. Da den Beiträgen jedes Ehegatten zur Schaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der Ansammlung ehelicher Ersparnisse selbst dann gleiches Gewicht zukommt, wenn der Mann allein verdient und die Frau den Haushalt führt und die Kinder versorgt (EFSlg 48.962, 46.357 uva), gilt dieser Aufteilungsgrundsatz umso mehr, wenn die Frau bereits zu einem Zeitpunkt, als die Kinder erst zwei und zehn Jahre alt waren, einer Teilzeitbeschäftigung nachging. Die Zuteilung der Ehewohnung an die Antragstellerin entspricht aber auch der Billigkeit. Das Erstgericht ging unbekämpft davon aus, daß die Antragstellerin ein geringeres Einkommen habe als der Antragsgegner und ihre derzeitigen Aufwendungen für eine Mietwohnung nicht ihren Einkommensverhältnissen entsprechen. Die Antragstellerin strebt als an der Scheidung minder schuldiger Teil die Bewahrung ihrer bisherigen Lebensgrundlage (EFSlg 48.956, 46.369) an. Das Verschulden an der Ehescheidung kann bei der vorzunehmenden Aufteilung nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben. Insbesondere dann, wenn nicht andere schwerwiegende Gründe des an der Auflösung schuldigeren Teiles berücksichtigungswürdig erscheinen, soll der Aufteilungswunsch des schuldlosen Teiles Berücksichtigung finden (EFSlg 48.954, 48.955, 46.367, 46.368 ua). Es trifft zwar zu, daß durch die Aufteilung jedenfalls ein Teil seine bisherige Wohnungsgrundlage verlieren wird. Dies ist aber eine Folge der Scheidung und des im § 84 EheG normierten Grundsatzes, daß die Aufteilung so vorgenommen werden soll, daß sich die Lebensbereiche der geschiedenen Ehegatten künftig möglichst wenig berühren. Dafür, daß der Antragsgegner aber mehr auf die Ehewohnung angewiesen wäre als die Antragstellerin, haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte ergeben. Die Höhe der Ausgleichszahlung bekämpfte der Antragsgegner in seinem Rekurs gegen den Beschluß des Erstgerichtes nicht. Es ist ihm dann aber verwehrt, diese Bekämpfung im Revisionsrekurs nachzutragen. Mit der ihm zuerkannten Ausgleichszahlung wird er aber durchaus in der Lage sein, seine Wohnbedürfnisse als alleinstehender Mann zu befriedigen.

Dem Revisionsrekurs ist der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf §§ 234 AußStrG unter Heranziehung der §§ 41, 50 ZPO. Als Bemessungsgrundlage wird die Höhe der Ausgleichszahlung herangezogen.

Anmerkung

E13130

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0010OB00510.88.0224.000

Dokumentnummer

JJT_19880224_OGH0002_0010OB00510_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten