TE OGH 1988/2/24 1Ob504/88

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Veröffentlicht am 24.02.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Erich R***, Gemeindebediensteter, geboren am 29. Dezember 1934 in Fehring, Allerheiligen im Mürztal, Edelsdorf Nr. 6, vertreten durch Dr. Harald Jesser und Dr. Manfred Erschen, Rechtsanwälte in Leoben, wider die beklagte Partei Erna R***, geboren am 28. Juli 1938 in Fischbach-Falkenstein, Hausfrau, Kindberg, Bahnhofstraße 21, vertreten durch Dr. Ursula Schwarz, Rechtsanwalt in Bruck/Mur, wegen Ehescheidung infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 19. Oktober 1987, GZ 4 R 174/87-31, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 10. Juni 1987, GZ 7 Cg 163/86-24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.397,35 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 308,85 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile schlossen am 14. März 1959 vor dem Standesamt Kindberg im Mürztal die Ehe. Sie sind österreichische Staatsbürger. Aus der Ehe entstammen drei bereits volljährige Kinder. Der Kläger lebt seit Dezember 1980 mit Josefa E*** in Lebensgemeinschaft. Der Kläger begehrt mit der am 25. März 1986 eingebrachten Scheidungsklage die Scheidung der Ehe aus dem Verschulden der Beklagten, "alternativ" stützt er sein Scheidungsbegehren auf die Bestimmung des § 55 Abs. 3 EheG. Soweit dies für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist, erblickt er Eheverfehlungen der Beklagten darin, daß sie vorerst mit Alois G*** ein nachhaltiges Verhältnis gehabt habe. Nunmehr unterhalte sie, wie sich aus Vorfällen des Jahres 1986 ergebe, seit geraumer Zeit mit dessen Sohn Hans G*** ehewidrige, ja sogar ehebrecherische Beziehungen. Als der Kläger aus der Ehewohnung ausgezogen sei, habe die Beklagte das Schloß zur gemeinsamen ehelichen Wohnung ausgetauscht und dadurch dem Kläger den Zutritt zur Wohnung verwehrt.

Die Beklagte bestritt, Eheverfehlungen begangen zu haben. Für den Fall der Scheidung nach § 55 Abs. 3 EheG beantragte sie gemäß § 61 Abs. 3 EheG auszusprechen, daß den Kläger das Alleinverschulden an der Zerrüttung treffe.

Das Erstgericht wies das auf das Verschulden der Beklagten gestützte Scheidungsbegehren ab und schied die Ehe gemäß § 55 Abs. 3 EheG. Es sprach aus, daß das Alleinverschulden an der Zerrüttung den Kläger treffe. Es stellte fest, die Beklagte habe, um Schwierigkeiten der Tochter Sonja am Arbeitsplatz zu beseitigen, zu Beginn des Jahres 1980 Kontakt mit Alois G***, der Oberkellner des Restaurants gewesen sei, in dem Sonja ihre Kellnerlehre absolviert habe, aufgenommen. Durch dessen Intervention sei es gelungen, daß eine bereits ausgesprochene Kündigung zurückgezogen worden sei. Der Kontakt mit Alois G***, der seit 1979 Witwer sei, habe auch darin bestanden, daß die Beklagte für Alois G*** fallweise die Wäsche gewaschen, für ihn gekocht und Gartenfrüchte verwertet habe. Als Gegenleistung habe sie Naturalien erhalten. Anhaltspunkte für darüber hinausgehende Beziehungen intimer Art oder gemeinsame Ausflüge der Beklagten mit Alois G*** seien nicht gegeben. Es erscheine auch unglaubhaft, daß die Beklagte den Kläger zugunsten des Alois G*** am Weihnachtsabend 1980 vernachlässigt habe. Anläßlich ihrer Tätigkeit bei Alois G*** habe die Beklagte auch dessen Sohn Hans G***, einen 16 Jahre jüngeren Studenten, kennengelernt. In den Folgejahren sei es zu Besuchen des Hans G*** in der Ehewohnung gekommen. Hans G*** habe mit der Beklagten Gedankenaustausch gepflogen, sich Fernsehsendungen in der Wohnung der Beklagten angesehen und sich auch mit dem Sohn der Streitteile unterhalten. Manchmal habe er die Wohnung erst in den späteren Abendstunden, wenn das Fernsehprogramm beendet gewesen sei, verlassen. Auf Grund der Freundschaft mit dem Schwiegersohn der Streitteile habe er auch an Familienfeiern teilgenommen. Die Kontakte mit Alois G*** und Hans G*** dürften dem Kläger bekannt gewesen sein, hätten jedoch keineswegs den Grund für seinen Wegzug aus der Ehewohnung im Dezember 1980 gebildet. Die Intensivierung des Kontaktes der Beklagten mit Hans G*** sei erst nach dem Wegzug des Klägers aus der Ehewohnung erfolgt und habe auf die in den Jahren 1979 und 1980 bestehende Konfliktsituation keinen Einfluß gehabt. Anhaltspunkte für ehewidrige oder ehebrecherische Beziehungen der Beklagten zu Hans G*** seien nicht gegeben. Die Beklagte habe im Februar 1981 das Schloß zur Ehewohnung ausgewechselt, nachdem der Kläger vorher einige Hausratsgegenstände entfernt gehabt hatte.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß ein freundschaftlicher harmloser Umgang mit einer Person des anderen Geschlechtes, der sich im Rahmen der Sitte und des Anstandes halte, keine Verletzung der ehelichen Treuepflicht darstelle. Das Verhalten der Beklagten sei nicht einmal dazu angetan gewesen, auch nur den Schein ehewidriger Beziehungen zu erwecken. Die Beklagte habe keine Eheverfehlungen gesetzt, die zur Zerrüttung der Ehe geführt hätten, so daß das auf § 49 EheG gestützte Begehren abzuweisen sei. Die Voraussetzungen nach § 55 Abs. 3 EheG seien gegeben, den Kläger treffe aber das Alleinverschulden an der Zerrüttung. Er habe sich einer dritten Person zugewendet und sei mit dieser eine Lebensgemeinschaft eingegangen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers, mit der er die Scheidung der Ehe aus dem gleichteiligen Verschulden der Streitteile anstrebte, nicht Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und billigte dessen Rechtsansicht. Es stehe nicht fest, daß die über den Rahmen des Alltäglichen nicht hinausgehenden Kontakte der Beklagten zu Alois und Hans G*** gegen den ausdrücklichen oder erkennbaren Willen des Klägers erfolgt seien und geeignet gewesen seien, eine Entfremdung zwischen den Streitteilen herbeizuführen oder zu vertiefen. Die nach dem Auszug des Klägers aus der Ehewohnung erfolgte Änderung der Türschlösser durch die Beklagte sei nicht als schwere Eheverfehlung zu werten.

Rechtliche Beurteilung

Die ausschließlich auf den Revisionsgrund nach § 502 Abs. 1 Z 4 ZPO gestützte Revision des Klägers, in der er seinen Berufungsantrag wiederholt, ist nicht berechtigt.

Soweit er darin behauptet, der - von ihm niemals

mißbilligte - freundschaftliche Umgang der Beklagten mit Alois und Hans G*** habe sich nicht im Rahmen der Sitte und des Anstandes gehalten, ist die Revision nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie nicht von dem festgestellten Sachverhalt ausgeht. Die Änderung des Schlosses der Ehewohnung erfolgte aber erst nach dem endgültigen Auszug des Klägers und Aufnahme einer Lebensgemeinschaft mit einer anderen Frau, nachdem der Kläger Hausrat aus der Wohnung geschafft hatte. Darin kann eine Eheverfehlung nicht erblickt werden. Der Revision ist der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E13131

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0010OB00504.88.0224.000

Dokumentnummer

JJT_19880224_OGH0002_0010OB00504_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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