TE OGH 1988/2/24 9ObA206/87

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Veröffentlicht am 24.02.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Wolfgang Dorner und Margarethe Heidinger als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Josef M***, Innsbruck, Pontlatzerstraße 70/22, vertreten durch Dr. Heinz Mildner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Firma CITY-I*** Gesellschaft mbH, Salzburg, Europastraße 150, vertreten durch Dipl.Vw. DDr. Armin Santner und Dr. Peter Lechner, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 20.816,88 S brutto sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22.September 1987, GZ 5 Ra 1116/87-38, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 12.Mai 1987, GZ 46 Cga 17/87-32, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

1. den

B e s c h l u ß

gefaßt:

Spruch

Die Revisionsbeantwortung der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

Der Revision der klagenden Partei wird teilweise Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es einschließlich des bestätigten Teiles zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei einen Betrag von 11.957,32 S brutto samt 4 % Zinsen seit 31.Dezember 1984 binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Das Mehrbegehren von 8.859,56 S brutto samt 4 % Zinsen seit 31. Dezember 1984 wird abgewiesen."

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.920,63 S bestimmten Kosten sämtlicher Instanzen (darin 37,08 S Umsatzsteuer und 1.512,75 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war bei der Beklagten vom 1.April 1983 bis 31. Dezember 1984 als Angestellter und zwar als Leiter eines Restaurants, mit einem monatlichen Bruttogehalt von 20.445,70 S beschäftigt. In diesem Gehalt war ein Überstundenpauschale enthalten, mit dem 40 Überstunden monatlich abgegolten wurden. Der Kläger leistete in verschiedenen Monaten mehr als 40 Überstunden, und zwar insgesamt 254 zusätzliche Überstunden. Bringt man von dieser Summe aber die Minderleistung an Überstunden in anderen Monaten in Abzug, verbleiben nur 86 Überstunden. Diese 86 Überstunden wurden dem Kläger von der Beklagten bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vergütet. Zwischen den Streitteilen wurde die Anwendung des Kollektivvertrages für die Handelsangestellten Österreichs vereinbart.

Aus den Bestimmungen dieses Kollektivvertrages ist folgendes hervorzuheben:

                     "I. Geltungsbereich

...........

3. Persönlich:

Für alle Angestellten und Lehrlinge, Angestellte im Sinne dieses

Kollektivvertrages sind alle Arbeitnehmer (auch Aushilfskräfte), auf

welche das Angestelltengesetz (BGBl Nr 292/1921) Anwendung findet.

             II. Geltungsbeginn und Geltungsdauer

Dieser Kollektivvertrag tritt am 1.Jänner 1984 in Kraft.

............

                       VII. Überstunden

Überschreitungen der im Abschnitt V festgelegten täglichen

Arbeitszeit und Arbeiten an Sonntagen sind als Überstunden besonders

zu entlohnen, ebenso Arbeiten an Feiertagen, soweit diese die für

den betreffenden Wochentag festgesetzte Normalarbeitszeit

überschreiten.

...........

Verfall von Überstunden

Ansprüche auf Überstundenentlohnung sind am Zahlungstag der Gehaltsperiode, in welcher sie entstanden sind, durch nachstehendes Verfahren geltend zu machen.

a) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, laufend ordentliche Aufzeichnungen über die von seinen Arbeitnehmern geleisteten Überstunden zu führen, die vom Arbeitgeber am Ende der betreffenden Gehaltsperiode dem Arbeitnehmer zur Bestätigung vorzulegen sind.

b) Verweigert der Arbeitnehmer die Unterschrift mit begründetem Hinweis auf eine höhere Überstundenleistung, so gilt dies als Geltendmachung des höheren Anspruches des Arbeitnehmers. Für die nach Absatz a) und b) geltend gemachten Überstundenansprüche gelten die Verjährungsfristen des ABGB.

c) Etwaige seitens des Arbeitnehmers nach dem Verfahren nach Absatz b) nicht geltend gemachte Überstunden verfallen nach Ablauf von 3 Monaten.

d) Werden vom Arbeitgeber entgegen diesen Bestimmungen die vorgeschriebenen laufenden Überstundenaufzeichnungen nicht geführt, so verfallen allfällige Überstundenentgeltansprüche nach Ablauf von zwei Jahren.

Pauschalabfindung

Durch Vereinbarung zwischen einzelnen Arbeitgebern und

Arbeitnehmern kann ein Überstundenpauschale festgesetzt werden, doch

darf es im Durchschnitt der Geltungsdauer den Arbeitnehmer nicht

ungünstiger stellen als die Überstundenentlohnung ......."

Der Kollektivvertrag für die Angestellten im österreichischen

Gast-, Schank- und Beherbergungsgewerbe enthält folgende Regelungen:

"I. Allgemeine Bestimmungen

                      1. Geltungsbereich

.........

b) fachlich:

Für alle Betriebe, die der Bundeswirtschaftskammer, Sektion

Fremdenverkehr, Fachverband Gastronomie und Fachverband der

Hotel- und Beherbergungsbetriebe angehören.

c) persönlich:

Für alle in diesen Betrieben beschäftigten Angestellten im Sinne des

Angestelltengesetzes in der geltenden Fassung und für die Lehrberufe

Hotel- und Gastgewerbeassistent sowie Bürokaufmann. Leitende

Angestellte, denen maßgebliche Führungsaufgaben selbstverantwortlich

übertragen sind, unterliegen hinsichtlich der Regelung der

Arbeitszeit gemäß § 1 Abs 2 Z 8 AZG nicht diesem Kollektivvertrag.

..........

                     5. Überstundenarbeit

.........

d) Über die geleisteteten Arbeitsstunden (Normalarbeitszeit und Überstunden) und deren Entlohnung muß der Arbeitgeber Aufzeichnungen (zB Arbeitszeitkarte) führen und die geleisteten Überstunden dem Angestellten wöchentlich, jedenfalls zum Monatsende, schriftlich bestätigen.

e) Entgeltsansprüche für Überstunden verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 4 Monaten nach Durchführung der Gehaltsabrechnung über deren Leistung vom Angestellten beim Arbeitgeber oder dessen Stellvertreter schriftlich geltend gemacht werden.

f) Bei Angestellten in verantwortlicher Stellung mit Dispositionstätigkeit kann die Überstundenvergütung frei vereinbart werden (zb Hotel-, Restaurantdirektor, Geschäftsführer). Doch darf ein Pauschale den Angestellten im monatlichen Durchschnitt nicht ungünstiger stellen als die Verrechnung der tatsächlich geleisteten Überstunden."

Der Kläger begehrt 20.816,88 S brutto samt Anhang für 168 Überstunden. Eine Verrechnung mit Monaten, in denen weniger als 40 Überstunden geleistet wurden, sei nicht zulässig. Die Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Der Kläger sei Restaurantleiter und daher leitender Angestellter gewesen; im übrigen seien die Überstunden verfallen.

Das Erstgericht gab der Klage mit einem Betrag von 2.602,40 S brutto samt Anhang statt und wies das Mehrbegehren von 18.216,48 S brutto samt Anhang ab.

Es stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:

Die Beklagte ist Mitglied der Bundeswirtschaftskammer, Sektion Fremdenverkehr, Fachverband Gastronomie. Das Restaurant CITY-I*** der Beklagten in Innsbruck wird wie alle Restaurants der Beklagten als selbständiger Wirtschaftskörper mit eigenem Budget geführt. Dietmar H*** war als Geschäftsleiter für die gesamten Filialbetriebe der Beklagten in Innsbruck zuständig und in personeller Hinsicht unmittelbarer Vorgsetzter des Klägers. In fachlichen Belangen war der Kläger einem Restaurantbetreuer der Beklagten und dessen Vorgesetzten Gerhard D*** unterstellt. Bei der Vereinbarung des monatlichen Pauschales für 40 Überstunden wurde eine bestimmte Geltungsdauer bzw ein Verrechnungszeitraum für die vom Kläger geleisteten Überstunden nicht vereinbart.

Der Kläger war mit der Erstellung der Zeitwertkarten für alle im Restaurant tätigen Arbeitnehmer befaßt und erstellte auch seine eigene Zeitwertkarte. In diesen Zeitwertkarten wurden alle von den einzelnen Arbeitnehmern geleisteten Arbeitsstunden aufgelistet. Sie dienten der Beklagten zur Überprüfung der abgeleisteten Arbeitszeit. Der Kläger legte die seine Arbeitsleistung betreffende Zeitwertkarte monatlich entweder Dietmar H*** oder in dessen Abwesenheit der Buchhaltung der Beklagten in Innsbruck vor. Die Zeitwertkarten wurden von Dietmar H*** gegengezeichnet; war er auswärts tätig, wurde ihm die Stundenleistung des Klägers jeweils von der Verwaltungsabteilung der Beklagten mitgeteilt. Der Beklagten war damit das Ausmaß der Arbeitsleistungen des Klägers im Detail bekannt. Über das Pauschale hinausgehende Überstunden wurden dem Kläger jedoch nicht ausbezahlt. Der Kläger erhielt allmonatlich entsprechende Gehaltsabrechnungen.

Der Kläger leistete während seiner Beschäftigung bei der Beklagten folgende Überstunden.

Monat              Überstunden  Überstunden Restüber-

               insgesamt    pauschale     stunden

April 1983         64           40            24

Mai 1983           93           40            53

Juni 1983          65,5         40            25,5

Juli 1983          57           40            17

August 1983        55           40            15

September 1983     57           40            17

Oktober 1983       53           40            13

November 1983      63           40            23

Dezember 1983      35           40             0

Jänner 1984        35           40             0

Februar 1984        0           40             0

März 1984          33,5         40             0

April 1984         32,5         40             0

Mai 1984           14           40             0

Juni 1984          37           40             0

Juli 1984          25           40             0

August 1984        58,5         40             18,5

September 1984     67           40             27

Oktober 1984       61           40             21

November 1984      21           40             0

Dezember 1984       0,5         40             0

insgesamt                                     254

Für die vom Kläger über die 40 Überstunden monatlich hinaus geleisteten Überstunden wurde ihm teilweise Zeitausgleich gewährt; dadurch wurde aber nur ein geringer Teil der vom Kläger zusätzlich geleisteten Überstunden abgegolten.

Während des aufrechten Arbeitsverhältnisses hat der Kläger seine Überstundenansprüche - abgesehen von der Vorlage der Zeitwertkarten - niemals schriftlich geltend gemacht; die gegenständliche Überstundenabgeltung wurde von ihm erstmals mit Schreiben vom 4.Februar 1985 gefordert.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, im Hinblick auf die Zugehörigkeit der Beklagten zum Fachverband Gastronomie der Bundeswirtschaftskammer sei auf das Arbeitsverhältnis des Klägers der Kollektivvertrag für Angestellte im österreichischen Gast-, Schank- und Beherbergungsgewerbe anzuwenden. Der Kläger sei nicht als leitender Angestellter anzusehen, sodaß die von ihm zusätzlich geleisteten Überstunden abzugelten seien. Im Hinblick auf die in Punkt 5 lit e des Kollektivvertrages vorgesehene Verfallsfrist von 4 Monaten sei dem Kläger lediglich das Entgelt für die vom Verfall nicht erfaßten, im Oktober 1984 geleisteten 21 Überstunden zuzuerkennen. Die Mißachtung der nach den Bestimmungen des § 26 ArbeitszeitG bzw des Punktes 5 lit d des Kollektivvertrages bestehenden Pflicht zur Führung von Überstundenaufzeichnungen sei zwar eine Pflichtwidrigkeit der Beklagten, habe aber im Hinblick auf die Führung von Zeitwertkarten durch den Kläger nicht dazu geführt, daß ihm die Geltendmachung der Überstunden erschwert worden sei. Der Beklagten könne daher nicht Rechtsmißbrauch eingewendet werden, wenn sie sich auf den Verfall berufe.

Das Berufungsgericht gab lediglich der von der beklagten Partei erhobenen Berufung Folge, änderte das Ersturteil im Sinn einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens ab und sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Auch bei Heranziehung der für den Kläger günstigeren und daher gemäß § 3 ArbeitsverfassungsG anzuwendenden Bestimmungen des Kollektivvertrages der Handelsangestellten sei über die Aufzeichnungspflicht des Arbeitgebers von der Beklagten die kürzere Verfallsfrist von 3 Monaten gemäß lit d der Kollektivvertragsbestimmungen über den Verfall von Überstunden nicht verwirkt worden, weil sich aus den vom Kläger geführten Aufzeichnungen der Gesamtstunden die Zahl der Überstunden unschwer ergebe und der Kläger nicht an der Geltendmachung der Überstunden in der kürzeren Verfallsfrist gehindert worden sei. Die Anlegung der Zeitwertkarten köne aber schon nach ihrem Zweck nicht als Geltendmachung von Überstunden angesehen werden. Bei Anwendung der günstigeren Verfallsfrist des Kollektivvertrages für das Gast-, Schank- und Beherbergungsgewerbe von 4 Monaten sei dem Erstgericht darin beizupflichten, daß lediglich die im Oktober 1984 geleisteten Überstunden nicht verfallen seien. Das Entgelt für die nicht verfallenen 21 Überstunden sei jedoch gemäß § 1416 ABGB mit der nicht gewidmeten Zahlung für insgesamt 86 Überstunden getilgt worden. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Revision wurde der Beklagten am Dienstag, dem 17. November 1987, zugestellt. Die vierwöchige Frist für die Revisionsbeantwortung (§ 507 Abs 2 ZPO) endete am Dienstag, dem 15. Dezember 1987. Die erst am 16.Dezember 1987 überreichte Revisionsbeantwortung war daher als verspätet zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist teilweise berechtigt.

Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, daß zufolge des in § 3 ArbVG normierten Günstigkeitsprinzips die gegenüber dem auf das vorliegende Arbeitsverhältnis an sich anzuwendenden Kollektivvertrag für das Gast-, Schank- und Beherbergungsgewerbe insoweit strengeren und für den Kläger daher günstigeren Bestimmungen des einzelvertraglich vereinbarten Kollektivvertrages für die Handelsangestellten Österreichs über die Aufzeichnungspflicht des Arbeitgebers heranzuziehen sind. Dieser Kollektivvertrag enthält in Abschnitt VII unter dem Titel "Verfall von Überstunden" eine detaillierte Regelung über die Führung von Überstundenaufzeichnungen durch den Arbeitgeber sowie über die Vorlage dieser Aufzeichnungen an den Arbeitnehmer zur Bestätigung; er sieht nur für den Fall der Einhaltung dieses Vorganges in Punkt c) eine Verfallsfrist von 3 Monaten, für den Fall des Verstoßes gegen die Aufzeichnungspflicht in Punkt d) hingegen ausdrücklich eine erheblich längere Verfallsfrist von 2 Jahren vor.

Wie auch das Berufungsgericht ausführt, hat sich die Beklagte nicht

an diese Regelung gehalten und dem Kläger keine Aufzeichnungen über

die von ihm geleisteten Überstunden jeweils am Ende der

Gehaltsperiode zur Bestätigung vorgelegt. Der Oberste Gerichtshof

hat in den zu dieser Kollektivvertragsbestimmung ergangenen

Entscheidung Arb 9.661 und 9.207 mit ausführlicher Begründung

dargelegt, daß der Arbeitgeber sich von dieser Verpflichtung nicht

dadurch befreien kann, daß er die Arbeitnehmer zur Meldung von

Überstunden in Form der Abgabe von Überstundenbescheinigungen

verpflichtet; er kann derartige Meldungen lediglich für die von ihm

verfaßten Überstundenaufzeichnungen heranziehen. Andernfalls wäre

ein Arbeitnehmer, der - wie der Kläger - die von ihm geleisteten

Arbeitsstunden vereinbarungsgemäß aufzeichnet, schlechtergestellt

als ein Arbeitnehmer, der dieser Verpflichtung nicht nachkommt. Die

in der Entscheidung 4 Ob 113/85 (RdW 1985, 380) aufgestellten

Grundsätze kommen im vorliegenden Fall nicht zum Tragen, weil der

dort angewendete Kollektivvertrag für Angestellte des Baugewerbes

und der Bauindustrie eine Verpflichtung zur Führung von

Überstundenaufzeichnungen samt Sanktionen nicht vorsieht. Die

Beklagte kann sich daher wegen Nichteinhaltung des im

Kollektivvertrag für die Handelsangestellten Österreichs

vorgesehenen Feststellungsverfahrens für Überstunden nicht auf die

in Punkt c) der Regelung normierte kürzere Verfallsfrist berufen,

sondern kommt kraft ausdrücklicher kollektivvertraglicher Anordnung

(Punkt d) die längere Verfallsfrist von 2 Jahren zum Tragen. Aber

auch wenn man mit dem Berufungsgericht davon ausginge, daß die

Beklagte ihrer Aufzeichnungspflicht im Wege der Entgegennahme der

Stundenaufzeichnungen des Klägers nachgekommen sei, käme man zu

keinem für die Beklagte günstigeren Ergebnis. Daß die Beklagte die

Aufzeichnungen unwidersprochen entgegennahm, wäre dieser Vorgang der

im Kollektivvertrag vorgesehenen einvernehmlichen Feststellung der

Überstunden durch Bestätigung der Aufzeichnungen des Arbeitgebers

seitens des Arbeitnehmers gleichzuhalten. Hinsichtlich dieser

Überstunden sieht aber weder Punkt c) noch Punkt d) der

kollektivvertraglichen Regelung einen Verfall vor, sondern verweist

Punkt b letzter Satz der Verfallsregelung für ihre Geltendmachung

ausdrücklich auf die Verjährungsfristen des ABGB.

Die Frage, ob der Kläger als leitender Angestellter im Sinne des

§ 1 Abs 2 Z 8 Arbeitszeitgesetz tätig war, kann dahingestellt

bleiben, weil der Kollektivvertrag für die Handelsangestellten

Österreichs gemäß Punkt I Z 3 für alle Angestellten (des fachlichen

Geltungsbereiches) gilt. Angestellte im Sinne des Kollektivvertrages

sind alle Arbeitnehmer, auf welche das Angestelltengesetz Anwendung

findet. Damit wird der Kläger unabhängig davon, ob er leitender

Angestellter im Sinne des § 1 Abs 2 Z 8 Arbeitszeitgesetz war, von

den Bestimmungen des Kollektivvertrages zur Gänze erfaßt (siehe

Haslinger in ZAS 1971, 49; 14 Ob 6/86). Da somit die

Überstundenregelung des Abschnittes VII des Kollektivvertrages auf

sein Angestelltenverhältnis Anwendung findet, konnte ein

Überstundenentgelt, das zu seinem Nachteil von den Bestimmungen des

Kollektivvertrages abwich, nicht gültig vereinbart werden.

Diesbezüglich bestimmt der Kollektivvertrag für die

Handelsangestellten unter dem Titel "Pauschalabfindung", daß das

Überstundenpauschale den Arbeitnehmer im "Durchschnitt der

Geltungsdauer" nicht ungünstiger stellen darf als die

Überstundenentlohnung. Da ein Beobachtungszeitraum für die

Deckungsprüfung anläßlich der Pauschalierungsvereinbarung nicht

festgelegt wurde, bedarf es der Auslegung des unbestimmten Begriffes

"Durchschnitt der Geltungsdauer". Wie Grillberger in

Arbeitszeitgesetz, 83, zutreffend darlegt, wird ein allzulanger

Zeitraum, zB die Dauer des Arbeitsverhältnisses (und damit der

Pauschalvereinbarung) schon wegen der auftretenden Beweisprobleme

nicht zulässig sein. Vor allem aber wäre es für den Arbeitnehmer

kaum zumutbar, dem Arbeitgeber das sich infolge Überschreitung der

pauschalierten Überstunden ergebende Entgelt bis zum Ende des

Arbeitsverhältnisses zu kreditieren. Der im Kollektivvertrag

gebrauchte Begriff "Geltungsdauer" ist daher im allgemeinen an der

Geltungsdauer des Kollektivvertrages zu orientieren, die hier

üblicherweise mit dem Kalenderjahr zusammenfällt und somit bestimmt

und nicht übermäßig lang ist; hiefür spricht auch, daß andernfalls

unterschiedlich honorierte Überstunden auszugleichen wären, und sich

Probleme bei Beurteilung der Frage ergeben, mit welchem Satz der

sich aus verschiedenen Kollektivvertragsperioden ergebende

Überstundensaldo abzugelten ist. Die Geltungsdauer dürfte allerdings nicht erheblich länger als ein Jahr sein (vgl auch Grillberger aaO sowie Andexlinger-Zöchbauer, Verfall von Überstunden im Handel, RdW 1987, 266).

Geht man von diesen Grundsätzen aus, dann ergibt sich für das Jahr 1983 ein Überstundensaldo zugunsten des Klägers von 182,5 Stunden, für das Jahr 1984 hingegen eine die pauschalierten Überstunden nicht annähernd erreichende tatsächliche Überstundenleistung und damit kein Anspruch auf Honorierung der in einzelnen Monaten erbrachten Mehrleistungen. Von dem sich aus der Periode 1983 ergebenden Saldo von 182,5 Überstunden sind die von der Beklagten bezahlten 86 Überstunden abzuziehen, sodaß dem Klger noch 96,5 Überstunden abzugelten sind. Geht man davon aus, daß der Betrag von 20.816,88 S brutto 168 Überstunden entspricht (Außerstreitstellung AS 20), dann ergibt sich ein Satz von 123,91 S brutto pro Überstunde und für 96,5 Überstunden ein Entgelt von 11.957,32 S brutto.

Der Revision des Klägers war daher teilweise Folge zu geben und das angefochtene Urteil im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens mit diesem Betrag abzuändern.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 43 Abs 1 und 50 ZPO.

Dem Kläger waren gemäß § 43 Abs 1 Satz 1 und 2 ZPO 15 % seiner Kosten von 2.718,20 S sowie gemäß Satz 3 leg cit 57,5 % der Gerichtsgebühren von 3.370,-- S, der Beklagten hingegen 42,5 % der von ihr gezahlten Gerichtsgebühren von 1.000,-- S zuzuerkennen.

Anmerkung

E13390

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:009OBA00206.87.0224.000

Dokumentnummer

JJT_19880224_OGH0002_009OBA00206_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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