Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Wolfgang Dorner und Margarethe Heidinger als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Viktor K***, Wien 20., Engerthstraße 88/1/5, vertreten durch Dr. Georg Grießer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei R*** C*** AG, Wien 22.,
Breitenleerstraße 97-99, vertreten durch Dr. Josef Bock, Rechtsanwalt in Wien, wegen 318.705,20 S brutto sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18. September 1987, GZ 33 Ra 61/87-31, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Wien vom 5. November 1986, GZ 10 Cr 283/85-25, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 10.766,25 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 978,75 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Da die rechtliche Beurteilung des angefochtenen Urteils zutrifft, genügt es, auf ihre Richtigkeit hinzuweisen (§ 48 ASGG). Ergänzend ist auszuführen, daß entgegen der Ansicht der Revisionswerberin bei Fortsetzung der Tätigkeit auch in dem anderem von der Beklagten angebotenen Bereich ein konkreter und nicht bloß "abstrakter" Kontakt mit der im Betrieb der Beklagten verwendeten, für den Kläger infolge seiner allergischen Reaktion lebensbedrohlichen Substanz TDI (Toluylendiisozyanat) möglich gewesen wäre. Tatsächlich war dem Kläger schon Jahre zuvor wegen seiner Allergie eine Tätigkeit zugewiesen worden, bei der er mit dieser Substanz nichts zu tun hatte. Obwohl die anderen Arbeitnehmer der Beklagten von der Empfindlichkeit des Klägers gegen TDI informiert und eigens darauf aufmerksam gemacht wurden, daß für den Fall des unachtsamen Umganges mit dieser Substanz für den Kläger Lebensgefahr bestand, kam es - wenn auch in größeren zeitlichen Abständen (durchschnittlich etwa 3 mal jährlich) - immer wieder durch die Unachtsamkeit anderer Mitarbeiter zu einer Exposition des Klägers, die zu schweren asthmatischen Anfällen führte. Im Jahre 1985, vor dem Austritt, kam es zu einem besonders schweren Anfall, der im Gegensatz zu früheren Anfällen eine lang anhaltende, bedrohliche Beeinträchtigung der Atmung zur Folge hatte. Da nun auch an dem von der Beklagten für den Kläger vorgesehenen neuen Arbeitsplatz in dem durch Gänge mit dem Labortrakt verbundenen Bürotrakt eine derartige Gefährdung durch Nachlässigkeit von Mitarbeitern - etwa durch Tragen kontaminierter Kleidung in Gegenwart des Klägers - nicht ausgeschlosen werden kann und es bisher infolge derartiger Unachtsamkeiten wiederholt zu schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers gekommen ist, ist dem Berufungsgericht darin beizupflichten, daß auch durch den angebotenen Wechsel des Arbeitsplatzes die gesundheitliche Bedrohung des Klägers nicht soweit vermindert wurde, daß ihm eine Fortsetzung der Arbeitstätigkeit bei der Beklagten zumutbar gewesen wäre (vgl. Arb. 9.255 = RdA 1976, 70 mit Anmerkung von Grillberger sowie Martinek-Schwarz AngG6 560 f). Damit war der Tatbestand nach § 26 Z 1 zweiter Fall AngG erfüllt und der vorzeitige Austritt des Klägers, berechtigt.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E13398European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:009OBA00211.87.0224.000Dokumentnummer
JJT_19880224_OGH0002_009OBA00211_8700000_000