Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Handelsregistersache der M*** Wohnbaugesellschaft mbH mit dem Sitz in Hall in Tirol, infolge Revisionsrekurses der genannten Gesellschaft, vertreten durch Dr. Peter Riedmann, Dr. G. Heinz Waldmüller, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 30. Dezember 1987, GZ 3 R 372/87-26, womit der Beschluß des Landes- als Handelsgerichtes Innsbruck vom 25. August 1987, GZ HRB 1548-16, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Das Stammkapital der seit 13. März 1972 im Handelsregister des Erstgerichtes eingetragenen M*** Wohnbaugesellschaft mbH beträgt S 100.000.
Mit Beschluß vom 22. Jänner 1987, ON 15, brachte das Erstgericht dieser Gesellschaft zur Kenntnis, daß gemäß Artikel III § 4 des Bundesgesetzes vom 2. Juli 1980, BGBl. Nr. 320, alle am 1. Jänner 1986 bestehenden Gesellschaften mit beschränkter Haftung, wenn das Stammkapital geringer als S 500.000 sei, eine Stammkapitalerhöhung auf mindestens S 500.000 durchzuführen, den Gesellschaftsvertrag diesbezüglich anzupassen und zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden haben. Da im vorliegenden Fall das Stammkapital geringer als S 500.000 sei, werde der Geschäftsführer "dringend ersucht", binnen sechs Monaten ab Rechtskraft dieses Beschlusses einen notariell beurkundeten Generalversammlungsbeschluß, mit welchem die Anpassung des Gesellschaftsvertrages an die bestehenden gesetzlichen Vorschriften beschlossen worden sei, zum Handelsregister anzumelden. Sollte diese Aufforderung nicht befolgt werden, müßte nach fruchtlosem Ablauf dieser gesetzlichen Frist die Gesellschaft von Amts wegen aufgelöst werden. Die Auflösung werde mit dem Tage ihrer Eintragung in das Handelsregister wirksam. Ergebe sich nach Auflösung der Gesellschaft deren Vermögenslosigkeit, werde das Verfahren zur amtswegigen Löschung der Gesellschaft eingeleitet.
Eine Ausfertigung dieses Beschlusses wurde der Gesellschaft am 2. Februar 1987 zugestellt.
Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist sprach das Erstgericht mit Punkt I des Beschlusses vom 25. August 1987, ON 16, aus, daß die Gesellschaft gemäß Artikel III § 8 des Bundesgesetzes vom 2. Juli 1980, BGBl. Nr. 320 aufgelöst sei. Die Auflösung trete mit dem Tage ihrer amtswegigen Eintragung in Wirksamkeit. Eine Ausfertigung dieses Beschlusses wurde der Gesellschaft am 7. September 1987 zugestellt.
Am 21. September 1987 langte beim Erstgericht ein Antrag des allein zeichnungsberechtigten Geschäftsführers der Gesellschaft ein, in welchem die Eintragung "der Fortsetzung der aufgelösten Gesellschaft" sowie der Erhöhung des Stammkapitals auf S 500.000 begehrt wurde. Gleichzeitig wurde ein Notariatsakt vom 18. September 1987 über die Erhöhung des Stammkapitals vorgelegt. Über diesen Antrag hat das Erstgericht noch nicht entschieden. Am 21. September 1987 gab die Gesellschaft außerdem einen Antrag zur Post, mit welchem die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Anpassung des Gesellschaftsvertrages und für den Fall der Abweisung dieses Antrages Vorstellung und Rekurs gegen den Beschluß des Erstgerichtes vom 25. August 1987 erhoben wurden.
Nach Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages gab das Rekursgericht dem Rekurs der Gesellschaft keine Folge. Es führte aus, das Erstgericht habe die Auflösung der Gesellschaft zu Recht ausgesprochen, weil nicht innerhalb der Anpassungsfrist ein angepaßter Gesellschaftsvertrag zum Handelsregister angemeldet worden sei. Der von den Gesellschaftern am 18. September 1987 gefaßte Beschluß auf Erhöhung des Stammkapitals vermöge daran nichts zu ändern. Bei der bekämpften Entscheidung des Erstgerichtes sei es allein darauf angekommen, ob die Vertragsanpassung bzw. die in diesem Zusammenhang gefaßten Gesellschafterbeschlüsse rechtzeitig zum Handelsregister angemeldet worden seien. Die Frage, ob für die Gesellschafter die Möglichkeit bestehe, die Gesellschaft durch einen Fortsetzungsbeschluß in eine werbende Gesellschaft zurückzuverwandeln, bedürfte im gegenwärtigen Stadium keiner Erörterung.
Rechtliche Beurteilung
Der von der Gesellschaft gegen den Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Da das Rekursgericht die Entscheidung des Erstgerichtes bestätigte, wäre eine Anfechtung gemäß § 16 Abs 1 AußStrG nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung oder einer begangenen Nullität zulässig. Derartige Gründe werden im Revisionsrekurs aber nicht geltend gemacht. Die Rechtsmittelwerberin führt lediglich aus, im Handelsregisterverfahren bestehe kein Neuerungsverbot, das Rechtsmittelgericht habe seine Entscheidung auf der Sachverhaltsgrundlage zur Zeit seiner eigenen Beschlußfassung zu treffen, das Rekursgericht hätte daher auf den Gesellschafterbeschluß über die Erhöhung des Stammkapitals Bedacht nehmen müssen. Die Geltendmachung einer Nullität oder einer Aktenwidrigkeit kann darin auf keinen Fall erblickt werden. Es wird aber auch keine offenbare Gesetzwidrigkeit aufgezeigt. Die Ansicht des Rekursgerichtes, entscheidend sei, ob die Vertragsanpassung rechtzeitig zum Handelsregister angemeldet worden sei, entspricht dem Wortlaut des Art. III § 8 des Gesetzes vom 2. Juli 1980, BGBl. Nr. 320. Sie ist daher nicht offenbar gesetzwidrig. Zur Rüge der Nichtbeachtung von Neuerungen ist überdies darauf zu verweisen, daß eine offenbare Gesetzwidrigkeit im Sinne des § 16 Abs 1 AußStrG nur bei Verstößen gegen materiellrechtliche Bestimmungen, nicht aber gegen Verfahrensvorschriften vorliegt (EFSlg 44.644, 49.936 uva). Die Frage, ob Neuerungen zu berücksichtigen sind, ist aber eine solche des Verfahrensrechtes.
Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.
Anmerkung
E13599European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0060OB00005.88.0225.000Dokumentnummer
JJT_19880225_OGH0002_0060OB00005_8800000_000