TE OGH 1988/2/25 12Os164/87

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Veröffentlicht am 25.02.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 25.Februar 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Hörburger, Dr. Lachner und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Legradi als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Erich Alfred K*** wegen des Vergehens der versuchten falschen Beweisaussage vor Gericht nach §§ 15, 12, 288 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 5.November 1987, GZ 7 Vr 411/87-33, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tschulik und des Verteidigers Dr. Haerdtl jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im Schuldspruch wegen Vergehens der versuchten falschen Beweisaussage vor Gericht nach §§ 15, 12, 288 Abs. 1 StGB unberührt bleibt, im übrigen, nämlich im Teilfreispruch des Angeklagten vom Anklagevorwurf des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 129 Z 1 StGB und im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruches über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Erich Alfred K*** des Vergehens der versuchten falschen Beweisaussage vor Gericht als Beteiligter nach §§ 15, 12, 288 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, hingegen von der weiteren Anklage, in Bregenz der Miljka N*** am 1. Juni 1987 eine Reisetasche im Werte von ca 350 S und am 9. Juli 1987 durch Nachsperre der Schlafzimmertüre mit einem nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug einen Bargeldbetrag von 1.000 S mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch die Zueignung dieser Sachwerte unrechtmäßig zu bereichern, und hiedurch das Verbrechen des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 129 Z 1 StGB begangen zu haben, gemäß § 259 Z 1 StPO freigesprochen. Nach den zum Freispruch getroffenen Urteilsfeststellungen hat sich der Angeklagte zwar die Reisetasche und den Bargeldbetrag (ohne Nachsperre) mit Bereicherungsvorsatz zum Nachteil der Miljka N*** zugeeignet, doch ist das Erstgericht (im Zweifel zugunsten des Angeklagten) davon ausgegangen, daß zwischen ihm und der Bestohlenen zu den Tatzeiten eine Lebensgemeinschaft bestanden hat, die (zumindest) bis zum 9.Juli 1987 andauerte, weshalb er insoweit nur auf Verlangen der Verletzten hätte verfolgt werden können (§ 166 Abs. 3 StGB).

Diesen Freispruch bekämpft die Staatsanwaltschaft mit einer auf die Gründe der Z 5 und 9 lit c des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Zwar versagt der die Mängelrüge (Z 5) einleitende Einwand, die Urteilsannahme über den Zeitpunkt der Beendigung der Wohngemeinschaft zwischen dem Angeklagten und Miljka N*** sei willkürlich und durch keinerlei Beweisergebnisse gedeckt, weil sich das Erstgericht insoweit auf die Angaben der Bestohlenen, Erich Alfred K*** habe zuletzt am 9.Juli 1987 in ihrer Wohnung genächtigt (vgl S 121 d.A), stützen konnte. Dem Beschwerdestandpunkt zuwider war es dem Gericht auch an sich unbenommen, der Aussage der Zeugin Miljka N*** folgend das Bestehen einer Forderung des Angeklagten ihr gegenüber zu verneinen, ihrer (damit in keinem sachlichen Zusammenhang stehenden) Angabe, die Lebensgemeinschaft mit dem Angeklagten sei bereits am 29.Mai 1987 beendet worden, hingegen den Glauben zu versagen. Im übrigen erweisen sich jedoch die gegen den tatrichterlichen Ausspruch, wonach zu den Zeitpunkten der inkriminierten diebischen Angriffe zwischen dem Angeklagten und der Bestohlenen eine Lebensgemeinschaft im Sinn des § 72 Abs. 2 StGB noch aufrecht gewesen sei, gerichteten, der Sache nach (primär) Begründungsmängel (§ 281 Abs. 1 Z 5 StPO) relevierenden Beschwerdeausführungen der Anklagebehörde im Ergebnis als zutreffend. Wird dieser Ausspruch doch im wesentlichen (bloß) dahingehend begründet, die Zeugin Miljka N*** habe selbst zugegeben, daß der Angeklagte zu den in Betracht kommenden Tatzeitpunkten in ihrer Wohnung (in einem "eigenen" Zimmer) geschlafen und einen eigenen Wohnungsschlüssel besessen habe, woraus die Tatrichter die Annahme ableiteten, daß damals zwischen Erich Alfred K*** und Miljka N*** eine Beziehung gleich jener zwischen verheirateten Personen bestanden habe (vgl S 135 d.A). Die im § 166 Abs. 1 StGB normierte Privilegierung setzt bezüglich des im § 72 Abs. 2 StGB genannten Personenkreises nach gefestigter oberstgerichtlicher Rechtsprechung (vgl ÖJZ-LSK 1975/198 = SSt 46/45, ÖJZ-LSK 1978/229, 13 Os 144/80, 13 Os 39/85 ua) eine zur Tatzeit aufrechte, auf längere Dauer abgestellte eheähnliche Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft voraus. Für deren Annahme wäre es vorliegend mithin nicht ausreichend, wenn die Zeugin N*** als Wohnungsinhaberin dem Angeklagten, der sich gemäß seinen eigenen Angaben im Juni 1987 einer anderen Frau zugewandt hatte (vgl S 110, 113 d.A), weiterhin (bloß) die Benützung ihrer Wohnung zum Übernachten gestattet hätte (vgl ÖJZ-LSK 1980/57). Davon ausgehend entsprechen aber die vom Erstgericht gegen die Darstellung der Miljka N***, ihre Lebensgemeinschaft mit dem Angeklagten sei von ihr bereits am 29.Mai 1987 gelöst worden, ins Treffen geführten Argumente nicht den Kriterien einer logisch nachvollziehbaren und zureichenden Urteilsbegründung. Da der bekämpfte Tatsachenausspruch solcherart mit einem formellen Begründungsmangel im Sinn der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO behaftet ist, erweist sich die Aufhebung des angefochtenen Urteils in seinem freisprechenden Teil und die Verfahrenserneuerung in diesem Umfang als unvermeidbar. Im fortgesetzten Verfahren werden daher (im Fall der abermaligen Bejahung eines vom Angeklagten verübten Diebstahls) nach eingehender Prüfung sämtlicher Komponenten gemäß § 72 Abs. 2 StGB privilegierender Lebensgemeinschaft mängelfrei begründete Feststellungen darüber zu treffen sein, ob die zwischen dem Angeklagten und Miljka N*** ursprünglich eingegangene (auf längere Dauer ausgerichtet gewesene) Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft am 1.Juni 1987 bzw 9.Juli 1987 noch aufrecht war.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Mit ihrer durch die (auch den Strafausspruch erfassenden) Teilaufhebung des angefochtenen Urteils gegenstandslos gewordenen Berufung war die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E13455

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0120OS00164.87.0225.000

Dokumentnummer

JJT_19880225_OGH0002_0120OS00164_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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