Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 2.März 1988 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schumacher als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Maximilian F*** wegen des Verbrechens der versuchten Nötigung zum Beischlaf nach §§ 15, 202 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten, sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 29.Dezember 1987, GZ 5 Vr 3239/87-19, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem oben näher bezeichneten Urteil wurde der 43jährige Gastwirt Maximilian F*** des Verbrechens der versuchten Nötigung zum Beischlaf nach §§ 15, 202 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 27.August 1987 in Frohnleiten die Evelyne P*** dadurch mit Gewalt zum außerehelichen Beischlaf zu nötigen versucht hatte, daß er sie auf einer Couch mit Gewalt in Rückenlage drückte, ihr die Unterhose vom Körper riß und mit seinem Glied in ihre Scheide eindringen wollte, wobei die Vollendung der Tat infolge Gegenwehr der Genannten unterblieb.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Angeklagten dagegen aus den Z 4, 5, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs. 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist im Ergebnis begründet.
Auszugehen ist davon, daß beim in Frage stehenden Verbrechen der Tätervorsatz darauf gerichtet sein muß, zu erreichen, daß die Frau letztlich (ohne geradezu wehr- oder bewußtlos zu sein, aber immerhin als Folge seiner Gewalttätigkeit oder Drohung) in den außerehelichen Beischlaf einwilligt, wobei sich der Täter der Ernsthaftigkeit des widerstrebenden Willens des Opfers bewußt sein muß
(vgl Leukauf-Steininger StGB2 § 202 RN 10).
Vorliegend läßt nun die angefochtene Entscheidung jegliche Konstatierungen zur inneren Tatseite vermissen, was umso schwerer ins Gewicht fällt, als nach den Urteilsannahmen Evelyne P*** den Angeklagten mit dem Beifügen, er solle eine Flasche Wein mitbringen, eingeladen und der Angeklagte dies als Zusage eines sexuellen Abenteuers verstanden hatte (vgl US 2). Hält man hinzu, daß Evelyne P. bei ihrer Einvernahme vor der Gendarmerie angegeben hatte - im Urteil wird dies mit völligem Stillschweigen übergangen - der Angeklagte habe es auch, nachdem er von ihr abgelassen hatte, "nicht glauben können", daß sie mit ihm nicht verkehren wollte (vgl S 20), dann kann die erstgerichtliche Konstatierung, der Angeklagte habe die Ablehnung seiner Annäherungsversuche durch die Frau "nicht zur Kenntnis nehmen wollen" und sie mit Gewalt in Rückenlage gedrückt (vgl US 3), nicht als zureichende Präzisierung eines Nötigungsvorsatzes angesehen werden, zumal diese Formulierung auch die Auslegungsmöglichkeit offenläßt, der Angeklagte habe nicht erkannt, daß sein Begehren abgelehnt werde bzw er habe das Widerstreben der Frau nicht ernstgenommen.
Da der aufgezeigte Feststellungsmangel vom Obersten Gerichtshof nicht saniert werden kann, die Durchführung einer neuen Hauptverhandlung mithin unumgänglich ist, war bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung mit einer Aufhebung des Schuldspruchs vorzugehen (§ 285 e StPO), ohne daß es erforderlich gewesen wäre, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.
Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.
Anmerkung
E13476European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0140OS00028.88.0302.000Dokumentnummer
JJT_19880302_OGH0002_0140OS00028_8800000_000