TE OGH 1988/3/2 3Ob7/88

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Veröffentlicht am 02.03.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Schwarz als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei R*** Ö***, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1010 Wien, Singerstraße 17-19, wider die verpflichtete Partei Ing. Harald N***, Kaufmann, 3950 Eichberg 82, vertreten durch DDr. Hans Esterbauer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 3,712.201,95 S sA, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Rekursgerichtes vom 17. Dezember 1987, GZ 1 a R 169/87-8, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Gmünd vom 5. Juni 1987, GZ E 482/87-1, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird in seinem abändernden Teil dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes voll wieder hergestellt wird und der Verpflichtete die Kosten seines Rekurses selbst zu tragen hat.

Die Revisionsrekurskosten werden mit 3.858 S als weitere Exekutionskosten der betreibenden Partei bestimmt.

Text

Begründung:

Das Erstgericht bewilligte der betreibenden R*** Ö*** auf ihren Antrag auf Grund des gegen den Verpflichteten als Haftungsschuldner für die B*** Brennstofferzeugung GmbH am 1. Juni 1987 zur Steuernummer 061/1202 erlassenen Rückstandsausweisees des Finanzamtes Gmünd zur Hereinbringung der vollstreckbaren Abgabenforderungen von insgesamt 3,712.201,95 S und der Kosten des Ansuchens die Exekution mittels zwangsweiser Pfandrechtsbegründung durch die bücherliche Einverleibung des Pfandrechts auf die Liegenschaft des Verpflichteten EZ 230 KG Eichberg.

Das Rekursgericht änderte über den Rekurs des Verpflichteten den Exekutionsbewilligungsbeschluß, den es insoweit bestätigte, als die Exekution zur Hereinbringung von 3,632.712,84 S bewilligt wurde, im übrigen in die Abweisung des Antrages ab, weil eine Überprüfung des Rückstandsausweises ergebe, daß einzelne dort angeführte Rückstände keine Abgaben im Sinne der BAO seien. Wohl gelte § 229 BAO in Angelegenheiten der bundesrechtlich geregelten öffentlichen Abgaben und der bundesrechtlich geregelten Beiträge an Körperschaften des öffentlichen Rechts, soweit diese Abgaben oder Beiträge durch Abgabenbehörden des Bundes zu erheben seien. Nach § 57 Abs 1 und Abs 2 HKG seien die Landeskammerumlage und die Bundeskammerumlage gemeinsam mit der Gewerbesteuer von den Finanzbehörden vorzuschreiben und einzuheben. Für die im § 57 Abs 4 und Abs 5 HKG als Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag geregelten Umlagen fehle eine Vorschrift, wonach sie von den Abgabenbehörden des Bundes einzuheben seien. Es fehle daher für den in dem Rückstandsausweis aufgenommenen Betrag von 827,11 S eine gesetzliche Grundlage zur Vorschreibung mittels Rückstandsausweises. Gleiches gelte für den als Familienbeihilfe im Rückstandsausweis aufscheinenden Betrag von

21.900 S, weil die Familienbeihilfe schon begriffsmäßig keine Abgabe im Sinn der BAO sein könne, sondern vom Bund an bestimmte Anspruchsberechtigte gewährt werde. Da aber schließlich der Säumniszuschlag und die Nebengebühren im Rückstandsausweis nicht aufgeschlüsselt seien, müsse nach Ausscheidung der Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag und der Familienbeihilfe auch der Antrag abgewiesen werden, die Exekution zur Hereinbringung des Säumniszuschlags von 20.222 S und der sonstigen Nebengebühren von 36.540 S zu bewilligen. Das Rekursgericht erklärte den Revisionsrekurs gegen den abändernden Teil für zulässig, weil in SZ 30/76 nur gesagt wurde, daß die formellen Erfordernisse eines Rückstandsausweises vom Gericht zu prüfen seien, das über den Exekutionsantrag zu entscheiden habe, der Umfang der Überprüfungsbefugnis aber nicht abgegrenzt sei.

Mit ihrem Revisionsrekurs strebt die betreibende Partei die Wiederherstellung der erstgerichtlichen Exekutionsbewilligung auch in dem Umfang an, in welchem das Rekursgericht den Antrag abwies.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

Zulässig ist das Rechtsmittel nach § 78 EO und § 528 Abs 2 iVm § 502 Abs 4 Z 1 ZPO schon deshalb, weil das Rekursgericht eine Rechtsfrage unrichtig gelöst hat, der über den Einzelfall hinaus durchaus erhebliche Bedeutung zukommt. Die vom Rekursgericht vermißte gesetzliche Vorschrift, wonach auch der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag nach § 57 Abs 4 HKG von den Abgabenbehörden des Bundes zu erheben und daher zu Recht in einen Rückstandsausweis des Finanzamtes nach § 229 BAO aufzunehmen ist, findet sich in der durch die 7. HKGNov. BGBl. 1983/633 in den § 57 Abs 4 HKG eingefügte Bestimmung, daß die §§ 42 a und 43 FamLAG BGBl. 1967/367 in der jeweils geltenden Fassung sinngemäß Anwendung finden. Nach § 43 Abs 1 FamLAG ist aber der Dienstgeberbeitrag an das zuständige Finanzamt zu entrichten und es finden die Bestimmungen über den Steuerabzug vom Arbeitslohn nach § 43 Abs 2 FamLAG sinngemäß Anwendung. Wenn diese Verweisung auch nicht allzu deutlich ist, ergibt sich immerhin, daß der als "Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag" für 1986 in den Rückstandsausweis aufgenommene bundesgesetzlich geregelte Beitrag an eine Körperschaft des öffentlichen Rechts an die Abgabenbehörden des Bundes zu entrichten und daher wohl auch von diesen einzuheben ist.

Daß "Familienbeihilfen", wenn sie als Beitrag an Anspruchsberechtigte verstanden werden, nicht Abgaben sind, die vom Finanzamt einzuheben sind, trifft zu, doch ergibt sich schon daraus, daß es sich bei der Bezeichnung im Rückstandsausweis nur um eine - besser zu vermeidende - Kurzbezeichnung von Beiträgen handelt, die nach § 22 Abs 3 FamLAG vom Finanzamt vorgeschrieben werden konnten, weil auf diese Rückforderungsansprüche nach § 22 Abs 4 FamLAG die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung sinngemäß Anwendung finden.

Damit zeigt sich, daß die Prüfung des vom Finanzamt ausgestellten Rückstandsausweises auf seine formellen Erfordernisse (SZ 30/76) keinen Anlaß für die Annahme bietet, der Exekutionstitel sei für Forderungen geschaffen, die nicht als Abgaben oder Beiträge im Sinne des § 1 BAO anzusehen sind. Die Gesetzmäßigkeit und Richtigkeit des Rückstandsausweises ist aber vom Exekutionsgericht nicht zu überprüfen (Heller-Berger-Stix 91; SZ 32/126; EvBl 1977/30 ua).

Damit fallen auch die Bedenken weg, die Exekution zur Hereinbringung der im Titel als Rückstand ausgewiesenen Beträge an Säumniszuschlag und sonstigen Nebengebühren zu bewilligen. Das Rekursgericht hätte daher auf Grund seiner sonst zutreffenden Rechtsansicht dem Rekurs des Verpflichteten auch nicht teilweise Folge zu geben gehabt.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses beruht auf dem § 74 EO.

Anmerkung

E13775

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0030OB00007.88.0302.000

Dokumentnummer

JJT_19880302_OGH0002_0030OB00007_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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