TE Vwgh Erkenntnis 2005/9/21 2004/09/0117

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Veröffentlicht am 21.09.2005
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs3 Z7;
AuslBG §4 Abs3;
AuslBG §4 Abs6 idF 2003/I/133;
AuslBG §4 Abs6 Z1 idF 2002/I/126;
AuslBG §4 Abs6 Z2 idF 2002/I/126;
FrG 1997 §50a idF 2002/I/126;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde der Firma N KEG in W, vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 19, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 13. Juli 2004, Zl. LGSW/Abt. 3/13113/2377854/04, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei vom 25. Mai 2004 auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für eine namentlich genannte slowakische Staatsangehörige gemäß § 4 Abs. 6 Z. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz abgelehnt. Nach Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmungen führte die belangte Behörde aus, die beantragte Ausländerin sei für die berufliche Tätigkeit als Serviererin mit Fremdsprachenkenntnissen bei einer monatlichen Bruttoentlohnung zum Kollektivvertrag beantragt worden. Sie sei seit 3. Oktober 2002 mit Nebenwohnsitz in W gemeldet gewesen, habe aber vor dem Beitritt der Slowakei zur EU (mit Wirkung vom 1. Mai 2004) keinen Aufenthaltstitel zur Niederlassung erhalten bzw. erwirkt. Der im erstinstanzlichen Verfahren angehörte Regionalbeirat habe die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht einhellig befürwortet. Damit sei im Landeshöchstzahlenüberschreitungsverfahren die Erteilungsvoraussetzung nach § 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG nicht erfüllt. Zum Vorbringen in der Berufung, der beschwerdeführenden Partei sei zur Entscheidung des Regionalbeirates kein Parteiengehör eingeräumt worden, werde darauf verwiesen, dass es sich bei der einhelligen Befürwortung durch den zuständigen Regionalbeirat um eine Tatbestandsvoraussetzung handle, die von der Berufungsbehörde nicht auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden könne. Die Tatsache der fehlenden Befürwortung durch den Regionalbeirat sei der beschwerdeführenden Partei jedoch mit dem erstinstanzlichen Ablehnungsbescheid zur Kenntnis gebracht worden, womit auch dem Parteiengehör entsprochen worden sei. Im Berufungsverfahren könne die negative Tatbestandsvoraussetzung der nicht einhelligen Befürwortung durch den Regionalbeirat im Landeshöchstzahlüberschreitungsverfahren nach § 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG nicht ersetzt werden, wenn nicht einer der alternativ im § 4 Abs. 6 AuslBG angeführten Gründe vorläge. Ein solcher Alternativgrund habe jedoch im gegenständlichen Fall nicht eruiert werden können. Insbesondere habe nicht festgestellt werden können, dass die beantragte Ausländerin dem Personenkreis nach § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG angehöre, da sie nicht den Status der fortgeschrittenen Integration für sich reklamieren könne. Fortgeschrittene Integration könnten nur länger in Österreich niedergelassene, aber noch nicht aufenthaltsverfestigte Ausländer für sich beanspruchen, die - sofern sie dazu verpflichtet gewesen seien - die Integrationsvereinbarung erfüllt hätten. Auf Dauer niedergelassene Drittstaatsangehörige, das seien jene, die im Inland einen Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen hätten oder in Österreich zur Ausübung der Erwerbstätigkeit an einem Wohnsitz niedergelassen seien, bräuchten nach dem Fremdengesetz eine Niederlassungsbewilligung. Die beantragte Ausländerin genieße zwar als neue EU-Bürgerin seit dem 1. Mai 2004 Niederlassungsfreiheit, sei aber davor seit ihrer Wohnsitznahme im Oktober 2002 nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels gewesen. Sie sei daher nicht als fortgeschritten integriert zu qualifizieren.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Rechtswidrigkeit des Inhalts des angefochtenen Bescheides sowie die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte, und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In Ausführung der Beschwerde macht die beschwerdeführende Partei zunächst unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit geltend, die Beschäftigung der beantragten Ausländerin sei "aus besonders wichtigen Gründen dringend geboten". Der dringende Bedarf an der Besetzung der Arbeitsstelle sei durch die Zuweisung befähigter, geeigneter und gewillter Ersatzkräfte nicht erfolgt. Unrichtig sei auch die Annahme der belangten Behörde, die beantragte Ausländerin sei "nicht als fortgeschritten integriert" zu qualifizieren, da aus dem Meldezettel der Bundespolizeidirektion Wien hervorgehe, dass sie sich bereits 18 Monate vor Antragstellung im Bundesgebiet behördlich aufrecht gemeldet habe. Es sei nicht einsichtig, dass eine fortgeschrittene Integration erst nach einem Aufenthalt von 18 Monaten "zu wirken" beginne.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt die beschwerdeführende Partei vor, die belangte Behörde habe sich auf die nicht einhellige Befürwortung des Regionalbeirates im Überziehungsverfahren bezogen, ohne auch nur in Ansätzen den Versuch unternommen zu haben, die Ansicht des Regionalbeirates darzulegen oder gar zu begründen. Durch diese Vorgangsweise werde es verunmöglicht, die Ansicht des Regionalbeirates zu bekämpfen. Im Ergebnis berufe sich daher die belangte Behörde auf eine mit Bindungswirkung ausgestattete Entscheidung einer anderen Einrichtung, für die tatsächliche Bindungswirkung gebe es im Gesetz jedoch keine Norm.

Diesen Ausführungen ist Folgendes entgegen zu halten:

Gemäß § 4 Abs. 6 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 133/2003, dürfen nach Überschreitung festgelegter Landeshöchstzahlen gemäß § 13 leg. cit. weitere Beschäftigungsbewilligungen nur dann erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 bis 3 vorliegen und

1. der Regionalbeirat die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung einhellig befürwortet, oder

2. die Beschäftigung des Ausländers im Hinblick auf seine fortgeschrittene Integration geboten erscheint, oder

3. die Beschäftigung im Rahmen eines Kontingents gemäß § 5 ausgeübt werden soll, oder

4. der Ausländer die Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 erfüllt, oder

4a. der Ausländer Ehegatte oder Kind einer Schlüsselkraft gemäß § 2 Abs. 5 ist, oder

5. die Beschäftigung auf Grund einer zwischenstaatlichen Vereinbarung ausgeübt werden solle, oder

6. der Ausländer einer Personengruppe angehört, die auch nach Überziehung der Bundeshöchstzahl zu einer Beschäftigung zugelassen werden darf (§ 12a Abs. 2).

Dass im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides der belangten Behörde die Landeshöchstzahl für Wien (71.000) nach der zuletzt Anfang Juli 2004 veröffentlichten Statistik erheblich überschritten gewesen ist (um 3.002), wurde von der belangten Behörde unbekämpft festgestellt. Die Voraussetzungen des erschwerten Verfahrens gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG liegen damit vor.

Dass ferner eine der oben genannten Voraussetzungen der Z. 3, 4a, 5 oder 6 des § 4 Abs. 6 AuslBG vorgelegen hätte, wurde von der beschwerdeführenden Partei nicht behauptet und ist auch aus dem Antrag nicht zu entnehmen.

Wohl wurde im Antrag - offenbar im Sinne der in Z. 4 der oben genannten Bestimmung - ein dringender Bedarf an der Einstellung der beantragten Ausländerin angemeldet und auch behauptet, diese sei "eine nicht ersetzbare Schlüsselkraft", aus dem Antrag ist aber nicht zu erkennen, dass die beantragte Ausländerin die Qualifikationen einer Schlüsselkraft im Sinn des § 2 Abs. 5 AuslBG aufgewiesen hätte, nach welcher Bestimmung Ausländer dann als Schlüsselkräfte gelten, wenn sie über eine besondere, am inländischen Arbeitsmarkt nachgefragte Ausbildung oder über spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten mit entsprechender beruflicher Erfahrung verfügen und für die beabsichtigte Beschäftigung eine monatliche Bruttoentlohnung erhalten, die durchwegs mindestens 60 % der Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 ASVG zuzüglich Sonderzahlungen betragen. Überdies müsste nach dieser Gesetzesstelle mindestens eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:

1. die beabsichtigte Beschäftigung hat eine besondere, über das betriebsbezogene Interesse hinausgehende Bedeutung für die betroffene Region oder den betroffenen Teilarbeitsmarkt, oder

2. die beabsichtigte Beschäftigung trägt zur Schaffung neuer Arbeitsplätze oder zur Sicherung bestehender Arbeitsplätze bei, oder

3. der Ausländer übt einen maßgeblichen Einfluss auf die Führung des Betriebes (Führungskraft) aus, oder

4. die beabsichtigte Beschäftigung hat einen Transfer von Investitionskapital nach Österreich zur Folge, oder

5. der Ausländer verfügt über einen Abschluss einer Hochschul- oder Fachhochschulausbildung oder einer sonstigen fachlich besonders anerkannten Ausbildung.

Die beschwerdeführende Partei hat im gesamten Verwaltungsverfahren in Bezug auf die beantragte Ausländerin, die als "Serviererin mit Fremdsprachenkenntnissen" beantragt worden war, weder die allgemeinen Voraussetzungen noch die besonderen Voraussetzungen der Z. 1 bis 5 dieser Gesetzesbestimmung auch nur behauptet.

Ein bloß innerbetriebliches Erfordernis an der Besetzung der Arbeitsstelle erfüllt die Kriterien nach § 2 Abs. 5 AuslBG jedenfalls nicht.

Insofern die beschwerdeführende Partei die von der belangten Behörde vertretene Ansicht bekämpft, eine fortgeschrittene Integration einer Ausländerin, die 18 Monate vor Antragstellung und etwa ein Jahr und 9 Monate vor Erlassung des angefochtenen Bescheides erstmals sichtvermerksfrei nach Österreich eingereist ist, ohne jedoch im Besitze eines gültigen Aufenthaltstitels gewesen zu sein oder einen solchen beantragt zu haben, vielmehr erst durch den Beitritt ihres Heimatlandes zur EU mit Wirksamkeit vom 1. Mai 2004 Niederlassungsfreiheit genießt, sei im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG zu verneinen, ist ihr entgegen zu halten, dass sich die belangte Behörde mit dieser Rechtsansicht auf dem Boden der Rechtslage befindet, weil der Aufenthalt der Ausländerin bis zu diesem Zeitpunkt nicht auf einem zu dauerndem Aufenthalt berechtigenden Aufenthaltstitel nach dem Fremdengesetz 1997 beruhte, der den Zweck der Ausübung einer Beschäftigung nach diesem Bundesgesetz mit einschloss, und sie auch nicht eine Niederlassungsbewilligung im Bundesgebiet besaß (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2004, Zl. 2003/09/0115). Damit war aber bereits eine der in § 4 Abs. 3 AuslBG angeführten Voraussetzungen, auf welche in Abs. 6 leg. cit. Bezug genommen wird, nämlich § 4 Abs. 3 Z. 7 leg. cit., nicht erfüllt, zumal die Beschwerdeführerin keine Umstände anführt, die ungeachtet ihres noch nicht langen Aufenthaltes im Bundesgebiet für eine fortgeschrittenere Integration sprechen könnten.

Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis vom 6. April 2005, Zl. 2003/09/0127, zu § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG und dem mit der Novelle BGBl. I Nr. 126/2002 eingefügten Kriterium einer "fortgeschrittenen Integration" ausgeführt, dass nach den Erläuterungen der Regierungsvorlage zu dem Kriterium der fortgeschrittenen Integration "als besonders integriert ... insbesondere Ausländer gelten können, welche die Integrationsvereinbarung (§ 50a FrG) bereits erfüllt haben und schon längere Zeit im Bundesgebiet niedergelassen, aber noch nicht aufenthaltsverfestigt sind oder deren Zulassung zu einer Beschäftigung im Hinblick auf ihre besondere Eingliederung in die österreichische Gesellschaft und ihre familiären Sorgepflichten geboten erscheint" (vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage 1172 BlgNR 21. GP, S 45). Im genannten Beschwerdefall waren zwischen Einreise des Beschwerdeführers und der Erlassung des angefochtenen Bescheides ein Jahr und 10 Monate vergangen (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 6. April 2005). Im vorliegenden Beschwerdefall beträgt dieser Zeitraum ein Jahr und neun Monate.

Insoweit die beschwerdeführende Partei rügt, dass die Entscheidung des zuständigen Regionalbeirates ihr nicht zur Kenntnis gebracht und inhaltlich nicht begründet worden sei, zeigt sie keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Denn dabei handelt es sich um eine Tatbestandsvoraussetzung, die von der belangten Behörde zwar wahrzunehmen, nicht aber auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2002, Zl. 99/09/0139). Prüfungsgegenstand für den Verwaltungsgerichtshof ist ausschließlich der angefochtene Bescheid der belangten Behörde, in welchem unbestritten davon ausgegangen wurde, dass der Regionalbeirat keine einhellige Befürwortung des Antrages der beschwerdeführenden Partei ausgesprochen hat. Im Übrigen wird auf die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 12. Oktober 1990, VfG Slg. 12.506, welches sich mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit der Bindung der Arbeitsmarktbehörde an die Befürwortung durch den Regionalbeirat befasst, verwiesen.

Die Tatsache der fehlenden Befürwortung der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die beantragte Ausländerin durch den zuständigen Regionalbeirat wurde der beschwerdeführenden Partei mit dem Bescheid der Behörde erster Instanz zur Kenntnis gebracht, womit ihr im Rahmen der Berufung Gelegenheit zur Äußerung im Sinne eines Parteiengehörs eingeräumt wurde (vgl. das bereits zitiert Erkenntnis vom 25. Februar 2004, Zl. 2003/09/0115).

Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 21. September 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004090117.X00

Im RIS seit

10.11.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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