TE Vfgh Beschluss 2001/10/3 V142/00

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Veröffentlicht am 03.10.2001
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Index

L0 Verfassungs- und Organisationsrecht
L0015 Unabhängiger Verwaltungssenat

Norm

B-VG Art89 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Allg
B-VG Art129a Abs3
VfGG §57 Abs2
Wr UVS-GO §1 Abs3
Wr UVS-GO §2 Abs1
Wr UVS-GO §12 Abs5

Leitsatz

Zurückweisung des Antrags der Präsidentin des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien auf Aufhebung von Bestimmungen der Geschäftsordnung des UVS mangels Legitimation

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Die Präsidentin des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien begehrt unter Berufung auf Art129a Abs3 iVm Art89 Abs2 und Art139 Abs1 B-VG mit näherer Begründung die Aufhebung der §§2 Abs1 zweiter Satz und 12 Abs5 der Geschäftsordnung des UVS Wien (UVS-GO) vom 14. März 2000, kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 14 vom 6. April 2000, wegen Gesetzwidrigkeit.

2. Die im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes über den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien, LGBl. 1990/53 idgF, lauten wie folgt:

"Vollversammlung

§8. (1) Der Präsident, der Vizepräsident und die übrigen Mitglieder des Unabhängigen Verwaltungssenates bilden die Vollversammlung.

(2) Der Vollversammlung obliegt

...

4. die Beschlussfassung über die Geschäftsordnung (§11)

...

(4)Der Präsident, im Falle seiner Verhinderung sein Vertreter, hat die Vollversammlung jedenfalls auf schriftlichen, einen Tagesordnungspunkt enthaltenden Antrag von mindestens sechs Mitgliedern, in dienstrechtlichen Angelegenheiten auch auf schriftlichen, einen Tagesordnungspunkt enthaltenden Antrag des betroffenen Mitgliedes allein, unter Bekanntgabe der Tagesordnung nach Maßgabe der Dringlichkeit, spätestens aber innerhalb von zwei Wochen ab Einlangen des Antrages so einzuberufen, daß die Vollversammlung spätestens innerhalb von vier Wochen ab Einlangen des Antrages zusammentreten kann.

..."

"Geschäftsordnung

§11. (1) Die Vollversammlung hat eine Geschäftsordnung zu beschließen.

(2) In der Geschäftsordnung sind unter Bedachtnahme auf Einfachheit, Raschheit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit die näheren Bestimmungen für die Führung der den Mitgliedern übertragenen Geschäfte zu regeln, und zwar insbesondere hinsichtlich

1. Geschäftsgang in der Vollversammlung, in den Ausschüssen, in den Kammern und bei Verhandlungen vor Einzelmitgliedern;

2. Verfahren zur Wahl in den Personalausschuß und in den Geschäftsverteilungsausschuß;

3. Erstellung des jährlichen Tätigkeitsberichts;

4. Verfahren in der Vollversammlung als Disziplinarkommission.

(3) Die Geschäftsordnung ist im Amtsblatt der Stadt Wien kundzumachen."

3. Die im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Bestimmungen der UVS-GO lauten auszugsweise wie folgt (die bekämpften Bestimmungen sind durch Fettdruck hervorgehoben):

"Leitung

§2. (1) Der Präsident leitet den Unabhängigen Verwaltungssenat. Über die wesentlichen Ergebnisse dieser Tätigkeit, insbesondere über die Vertretung des UVS nach außen, hat der Präsident halbjährlich der Vollversammlung zu berichten."

..."

"Evidenz- und Dokumentationsstelle

§12. ...

(5) Der Leiter der Evidenz- und Dokumentationsstelle hat der Vollversammlung jährlich Bericht über die Tätigkeiten der Evidenz- und Dokumentationsstelle zu erstatten."

4.1. Zur Antragslegitimation wird im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:

Am 9. August 2000 hatten Mitglieder des UVS Wien an dessen Präsidentin den Antrag gestellt, die Vollversammlung zu den folgenden Tagesordnungspunkten zu einer Sitzung einzuberufen

"1) Bericht der Vorsitzenden gemäß §2 Abs1 zweiter Satz der Geschäftsordnung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien über die Leitungstätigkeit, insbesondere über die Vertretung des UVS nach außen,

2) Bericht des Leiters der Evidenz- und Dokumentationsstelle gemäß §12 Abs5 der Geschäftsordnung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien."

Weiters führt die Antragstellerin zu ihrer Antragslegitimation wörtlich aus:

"Die Antragstellerin ist Präsidentin des UVS Wien.

...

Gemäß §8 Abs4 UVS-Gesetz obliegt dem Präsidenten die Einberufung der Vollversammlung unter Bekanntgabe der Tagesordnungspunkte.

Dies bedeutet im gegenständlichen Fall, dass der Präsident die Vollversammlung zum Zwecke der Erfüllung der ihm in der Geschäftsordnung auferlegten Berichtspflicht gemäß §2 Abs1, zweiter Satz und zur Erfüllung der Berichtspflicht gemäß §12 Abs5 UVS-GO einzuberufen und die Sitzung der Vollversammlung unter seinem Vorsitz abzuhalten hätte.

Bereits in der Einladung zu einer Sitzung der Vollversammlung müsste der Präsident die Tagesordnungspunkte benennen, die in der anberaumten Sitzung behandelt werden sollen, im vorliegenden Fall müsste die Einberufung der Vollversammlung daher unter Bezugnahme auf §2 Abs1, zweiter Satz und auf §12 Abs5 UVS-GO erfolgen, wodurch der Präsident demnach die Bestimmungen des §2 Abs1, zweiter Satz und des '12 Abs5 UVS-GO im vorliegenden Fall anzuwenden hätte.

Bei Aufhebung dieser beiden eben angeführten Bestimmungen der UVS-GO durch den Verfassungsgerichtshof würden die für rechtswidrig erachteten Regelungen nicht mehr als Tagesordnungspunkte im Sinne des §8 Abs4 UVS-Gesetz in Frage kommen und wäre die vom UVS-Gesetz vorgesehene Rechtslage wiederhergestellt.

Die Antragslegitimation der Präsidentin des UVS Wien ist demnach gegeben.

..."

4.2. In der Sache geht es der Antragstellerin iW darum darzutun, dass es dem Gesetz widerspreche, wenn die von der Vollversammlung beschlossene Geschäftsordnung den Präsidenten gegenüber der Vollversammlung - die aus den Mitgliedern des UVS bestehe, über die der Präsident die Dienstaufsicht auszuüben habe - berichtspflichtig mache.

5. Die Vollversammlung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien hat eine Äußerung erstattet, in der sie die Zurückweisung in eventu die Abweisung des Antrages begehrt.

II. Der Antrag ist nicht zulässig.

1. Der Verfassungsgerichtshof erkennt gemäß Art139 Abs1 B-VG über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen einer Bundes- oder Landesbehörde ua. auf Antrag eines unabhängigen Verwaltungssenates.

Gemäß Art89 Abs2 B-VG hat ein Gericht, sofern es gegen die Anwendung einer Verordnung aus dem Grund der Gesetzwidrigkeit Bedenken hat, beim Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Aufhebung dieser Verordnung zu stellen. Dies gilt gemäß Art129a Abs3 B-VG sinngemäß auch für die Unabhängigen Verwaltungssenate.

§57 Abs2 VerfGG bestimmt, dass ein unabhängiger Verwaltungssenat einen Antrag auf Aufhebung einer Verordnung oder von bestimmten Stellen einer solchen nur dann stellen kann, wenn der Unabhängige Verwaltungssenat die Verordnung in der anhängigen Rechtssache unmittelbar anzuwenden hat oder wenn die Gesetzmäßigkeit einer Verordnung eine Vorfrage für die Entscheidung der bei diesem unabhängigen Verwaltungssenat anhängigen Rechtssache ist.

2. Zu einer Antragstellung gemäß Art139 Abs1 B-VG ist ein Unabhängiger Verwaltungssenat nur legitimiert, wenn er die angefochtene Norm in einer bei ihm anhängigen Rechtssache anzuwenden hat (vgl. dazu VfSlg. 13.424/1993).

Im vorliegenden Antrag wird nicht dargelegt, in welcher beim UVS Wien anhängigen Rechtssache die bekämpften Bestimmungen anzuwenden sind.

Falls die Ausführungen zur Antragslegitimation dahingehend zu verstehen sind, dass die bekämpften Bestimmungen bei der Einberufung der Vollversammlung anzuwenden gewesen wären, verkennt die Antragstellerin, dass eine solche Einberufung jedenfalls keine "Rechtssache" im Sinne des Art139 Abs1 B-VG iVm §57 Abs3 VerfGG darstellt.

3. Der Antrag war demnach schon aus diesem Grunde mangels Legitimation der Antragstellerin ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen, ohne dass zu prüfen war, ob seiner meritorischen Erledigung noch andere Hindernisse entgegenstehen (§19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953).

Schlagworte

Unabhängiger Verwaltungssenat, VfGH / Formerfordernisse, VfGH / Legitimation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2001:V142.2000

Dokumentnummer

JFT_09988997_00V00142_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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