TE OGH 1988/3/8 10ObS53/88

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.03.1988
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Angst als weitere Richter sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Ernst Chlan und Mag. Michael Zawodsky in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Dieter Mathias F***, ohne Beschäftigung, 1203 Wien, Staudingergasse 13/13, vertreten durch Dr. Rudolf Müller, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei A*** U***, 1200 Wien,

Adalbert Stifter-Gasse 65, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Versehrtenrente, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. August 1987, GZ 31 Rs 144/87-123, womit die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Schiedsgerichtes der Sozialversicherung für Wien in Wien vom 31. Mai 1983, GZ 1 C 166/82-73 (nunmehr 1b Cgs 166/82 des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien) verworfen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Dem Erstgericht wird aufgetragen, die Beseitigung des dem Schriftsatz ON 74 anhaftenden Gebrechens der Unterschrift einer zur Vertretung vor den Gerichten zweiter Instanz qualifizierten Person anzuordnen.

Text

Begründung:

Gegen das seinem damaligen Vertreter am 23. Juni 1983 zugestellte Urteil des Schiedsgerichtes der Sozialversicherung für Wien in Wien vom 31. Mai 1983, 1 C 166/82-73, brachte der Kläger am 21. Juli 1983 beim genannten Schiedsgericht einen nur von ihm unterschriebenen Schriftsatz in dreifacher Ausfertigung ein, der als Berufung bezeichnet ist und den im § 467 Z 1 bis 4 ZPO geforderten notwendigen Inhalt einer Berufungsschrift aufweist. Darin beantragte er auch die Bewilligung der Verfahrenshilfe und die Beigebung eines Rechtsanwalts (ON 74).

Dem ihm am 3. August 1983 zugestellten Auftrag des Schiedsgerichtes ON 75, seine auf die Verfahrenshilfe bezüglichen Anträge binnen 14 Tagen durch Vorlage des gleichzeitig zugestellten, vollständig auszufüllenden Formblattes für das Vermögensbekenntnis zu verbessern, kam der Kläger nicht nach, weil er das mit 30. August 1983 datierte Vermögensbekenntnis ON 78 erst an diesem Tag überreichte.

Deshalb wies das Schiedsgericht mit Beschluß vom 15. September 1983, ON 82, den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und Beigebung eines Rechtsanwalts für das Berufungsverfahren zurück (Punkt 1) und sprach aus, daß die Berufung dem Kläger zur Verbesserung durch Unterfertigung durch einen Rechtsanwalt binnen 14 Tagen zurückgestellt werde (Punkt 2). Dieser Beschluß wurde dem Kläger am 25. Oktober 1983 zugestellt, ohne daß der zu verbessernde Schriftsatz zurückgestellt wurde.

Dem gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs des Klägers ON 83 gab das Rekursgericht mit seinem Beschluß vom 2. April 1984, ON 101, nicht Folge.

Aufgrund dieser Rekursentscheidung beantragte der Kläger am 28. Mai 1984 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die verspätete Vorlage des Vermögensbekenntnisses (ON 104). Der diesen Antrag abweisende Beschluß des Schiedsgerichtes vom 22. Oktober 1984, ON 105, wurde vom Rekursgericht mit Beschluß vom 17. September 1985, ON 116, bestätigt.

Nach Zustellung dieser Rekursentscheidung wurde der Akt beim Schiedsgericht der Sozialversicherung für Wien in Wien abgelegt. Erst nachdem der Kläger am 16. Juli 1987 das Arbeits- und Sozialgericht Wien darauf aufmerksam gemacht hatte, daß ua. über seine Berufung gegen das Urteil vom 31. Mai 1983 noch nicht entschieden sei, wurde der nicht verbesserte Schriftsatz ON 74 dem Berufungsgericht vorgelegt.

Mit Beschluß vom 27. August 1987, ON 123, verwarf das Berufungsgericht die Berufung und berief sich dabei auf die §§ 471 Z 2 und 474 Abs. 2 ZPO. Der Kläger sei dem Auftrag zur Verbesserung seines Schriftsatzes durch Nachbringung einer Rechtsanwaltsunterschrift nicht nachgekommen.

Dagegen richtet sich der Rekurs des Klägers ON 124, der zunächst nur von ihm unterfertigt war und in dem auch die Bewilligung der Verfahrenshilfe und Beigebung eines Rechtsanwalts beantragt war. Die die Verfahrenshilfe betreffenden Anträge wurden mit erstgerichtlichem Beschluß vom 20. Oktober 1987, ON 125, abgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Dem diesbezüglichen Rekurs des Klägers gab das Rekursgericht mit Beschluß vom 25. November 1987, ON 129, nicht Folge, wogegen nach § 528 Abs. 1 Z 3 ZPO - welche Rekursbeschränkung nach § 47 Abs. 1 ASGG auch in Sozialrechtssachen gilt - kein weiterer Rekurs zulässig ist. Deshalb wird der vom Kläger gegen die Rekursentscheidung vom 25. November 1987 bereits erhobene Revisionsrekurs zurückzuweisen sein.

Mit am 19. Dezember 1987 zugestelltem Beschluß vom 17. Dezember 1987, ON 130, stellte das Erstgericht dem Kläger den Rekurs ON 124 zur Verbesserung durch anwaltliche Unterfertigung binnen 14 Tagen zurück, welchem Verbesserungsauftrag der Kläger fristgerecht nachkam. Der auf Aufhebung des Verwerfungsbeschlusses des Berufungsgerichtes gerichtete Rekurs ist nach § 519 Abs. 1 Z 1 ZPO zulässig, weil das Berufungsgericht die Berufung nur aus formellen Gründen zurückgewiesen hat, ohne in die Prüfung der Sache einzugehen. Das Rechtsmittel ist auch berechtigt.

Aus dem dargestellten Sachverhalt ergibt sich, daß dem Berufungsschriftsatz des Klägers ON 74 die im § 467 Z 5 ZPO geforderte Unterschrift eines Rechtsanwaltes fehlt, die seit dem Inkrafttreten des ASGG (1. Jänner 1987) auch durch die Unterschrift einer im § 40 Abs. 1 Z 2 ASGG genannten, auch zur Vertretung vor den Gerichten zweiter Instanz qualifizierten Person ersetzt werden könnte.

Das Gericht hatte daher nach § 84 ZPO von Amts wegen die Beseitigung dieses Schriftsatzgebrechens anzuordnen. Dazu wäre dem Kläger nach § 85 Abs. 1 und 2 ZPO der Schriftsatz ON 74 samt Gleichschrift mit der Anweisung zurückzustellen gewesen, ihn binnen einer angemessenen Frist mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes (oder seit 1. Jänner 1987 einer im § 40 Abs. 1 Z 2 ASGG zur Vertretung vor den Gerichten zweiter Instanz qualifizierten anderen Person) wieder anzubringen.

Ein solcher Verbesserungsauftrag wurde bisher noch nicht wirksam erteilt, weil die Zurückstellung des zu verbessernden Schriftsatzes zwar im Spruch des Beschlusses des Schiedsgerichtes der Sozialversicherung für Wien in Wien vom 15. September 1983 angeordnet, aber infolge der Angabe einer unrichtigen Ordnungsnummer in der Zustellverfügung nicht vorgenommen wurde.

Da der Berufungsschriftsatz in einem solchen Fall erst dann zurückgewiesen werden darf, wenn ein (wirksamer) Auftrag zur Verbesserung (§§ 84, 85 ZPO) fruchtlos geblieben ist (so ausdrücklich für die Fälle des § 471 Z 3 ZPO § 474 Abs. 2 Satz 2 leg.cit.; Fasching, Komm. IV 66 f), war der Verwerfungsbeschluß des Berufungsgerichtes aufzuheben und dem Erstgericht aufzutragen, die Beseitigung des dem Schriftsatz ON 74 anhaftenden Gebrechens der Unterschrift einer zur Vertretung vor den Gerichten zweiter Instanz qualifizierten Person unter Zurückstellung des Schriftsatzes anzuordnen.

Anmerkung

E13414

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:010OBS00053.88.0308.000

Dokumentnummer

JJT_19880308_OGH0002_010OBS00053_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten