Index
L22007 Landesbedienstete Tirol;Norm
AVG §52;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Schick, Dr. Hinterwirth und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des S in I, vertreten durch Dr. Peter Sparer, Rechtsanwalt in 6010 Innsbruck, Meinhardstraße 6/III, gegen den Bescheid der Verwaltungsoberkommission der Kranken- und Unfallfürsorge der Tiroler Landeslehrer vom 18. März 2002, Zl. KUF - 1301/UL-25/02, betreffend Versehrtenrente gemäß § 47 Abs. 1 des Tiroler Beamten- und Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorgegesetzes 1998 (BLKUFG 1998), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der im Jahr 1957 geborene Beschwerdeführer steht als Hauptschuloberlehrer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Tirol. Am 8. November 1999 fuhr bei seiner Heimfahrt vom Unterricht ein weiterer Pkw auf den von ihm gelenkten Wagen auf, wobei er sich ein Halswirbelsäulenschleudertrauma zuzog.
Nach Anzeige des Dienstunfalles am 26. November 1999 untersuchte der Facharzt für Unfallchirurgie Dr. I den Beschwerdeführer am 20. Jänner 2000. Im Gutachten gleichen Datums diagnostizierte Dr. I eine paravertebrale Muskelverspannung im Bereich der Halswirbelsäule. Es bestünde kein Klopfschmerz über den Dornfortsätzen, kein Stauchungsschmerz und keine neurologischen Ausfallserscheinungen. Die oberen Extremitäten seien frei beweglich. Eine Besserung der Unfallsfolgen (Zunahme der Beweglichkeit und Abnahme der Schmerzen nach Zerrung der Halswirbelsäule) sei zu erwarten. Die Erwerbsfähigkeit sei für 4 Monate um 20 %, dann unter 10 % auf Dauer eingeschränkt.
Mit dem nach Anhörung des Beschwerdeführers ergangenen Bescheid vom 15. Mai 2000 stellte die Verwaltungskommission der Kranken- und Unfallfürsorge der Tiroler Landeslehrer über Antrag des Beschwerdeführers (soweit dies aus der Sicht des Beschwerdefalles noch von Bedeutung ist) fest, dass
I. sein Unfall vom 8. November 1999 ein Dienstunfall im Sinne des § 25 Abs. 2 BLKUFG 1998 gewesen sei.
II. Durch diesen Dienstunfall sei seine Erwerbsfähigkeit vom 8. November 1999 bis zum 7. März 2000 um 20 v.H. vermindert. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit ab dem 8. März 2000 betrage unter 10 v.H. für dauernd.
III. Dem Beschwerdeführer gebühre nach § 52 Abs. 1 BLKUFG 1998 bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 v.H. das Versehrtengeld (es folgen Ausführungen zur Bemessungsgrundlage).
Da ab 8. März 2000 die Minderung der Erwerbsfähigkeit nur mehr unter 10 v.H. betrage, bestehe ab diesem Tag kein Anspruch mehr auf ein Versehrtengeld oder eine Versehrtenrente.
In ihrer Begründung schloss sich die Verwaltungskommission nach Darstellung des Verwaltungsverfahrens und der Rechtslage dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des Dr. I vom 20. Jänner 2000 an. Eine neuerliche Untersuchung zur Klärung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers vier Monate nach dem Unfallereignis sei nicht erforderlich. Die Gebührlichkeit und Höhe des Versehrtengeldes (statt einer Versehrtenrente) ergebe sich aus § 52 Abs. 1 iVm § 47 BLKUFG 1998.
(Nur) gegen Spruchpunkte II. und III. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer am 29. Mai 2000 Berufung. Er machte geltend, das Gutachten des Dr. I vom 20. Jänner 2000 habe lediglich eine in die Zukunft gerichtete Prognosebeurteilung erstellt. Sein tatsächlicher, von intensiven Verletzungsfolgen gekennzeichneter zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch andauernder Gesundheitszustand könne objektiv nur nach weiterer ärztlicher Untersuchung diagnostiziert und entschieden werden. In einer Ultraschalluntersuchung vom 26. Mai 2000 sei eine im Rentengutachten Dris. I nicht aufscheinende Verletzung der rechten Schulter festgestellt worden, die im Kausalzusammenhang mit dem Unfall stehen dürfte.
In der daraufhin eingeholten Ergänzung des Gutachtens vom 20. Jänner 2000 führte Dr. I am 11. Juli 2000 (zusammenfassend) Folgendes aus (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):
"(Der Beschwerdeführer) gibt seit gegenständlichem Unfallereignis schmerzhafte Verspannungen der Halswirbelsäule an. Es erfolgte eine eingehende radiologische Abklärung der Halswirbelsäule, insbesondere auch mittels CT-Untersuchung an der Unfallchirurgie Innsbruck. Es wurden vorbestehende degenerative Veränderungen in den Segmenten C 5/C 6 und geringer auch C 4/C 5 mit Osteochondrosen (Verschleißerscheinungen der Bandscheiben) festgestellt, welche bereits an den Unfallbildern ersichtlich waren. In den Funktionsaufnahmen der Halswirbelsäule zeigte sich kein Hinweis auf Lockerung eines Segmentes der Halswirbelsäule bedingt durch gegenständlichen Unfall. Es erfolgte eine konservative Behandlung, insbesondere auch mit Physiotherapie. Sechs Monate nach gegenständlichem Unfallereignis äußerte der Patient erstmals Beschwerden im Bereich der Schultergelenke. Bisher waren Schulterbeschwerden in der Ambulanzkarte nicht aktenkundig. Es erfolgte auch diesbezüglich eine radiologische und sonographische Abklärung beider Schultergelenke. Hierbei wurden degenerative Veränderungen der Rotatorenmanschette in der rechten Schulter festgestellt und physikalische Therapiemaßnahmen angeraten.
Bezüglich der Beschwerden von Seiten der Halswirbelsäule im Zusammenhang mit gegenständlichem Unfallereignis ist Folgendes festzustellen: es bestehen deutliche degenerative Vorschäden der Halswirbelsäule, welche in keinen Zusammenhang mit dem gegenständlichen Unfallereignis gebracht werden können. Bedingt durch den Auffahrunfall ist es zu einer Zerrung der Halswirbelsäule mit einem protrahierten Schmerzverlauf gekommen, der insbesondere auf die Vorschäden der Halswirbelsäule zurückzuführen ist. Es wurden weder radiologisch noch im CT frische Verletzungen festgestellt.
Zum Zeitpunkt der Nachbegutachtung am 7.7.2000 zeigt sich eine seitengleiche Beweglichkeit der Halswirbelsäule mit nur geringfügiger endlagiger Bewegungseinschränkung, welche sich im Vergleich zur Erstbegutachtung noch um einiges verbessert hat. Es kann daher zum Zeitpunkt der Nachbegutachtung eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in folgendem Ausmaß festgestellt werden:
Die Minderung der Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beträgt weiterhin unter 10 % auf Dauer.
Bezüglich der vom Patienten geäußerten Beschwerden von Seiten der Schultergelenke, welche erst Monate nach gegenständlichem Unfallereignis aufgetreten seien und erst nach sechs Monaten aktenkundig wurden, kann Folgendes festgestellt werden: die vom Patienten geäußerten Beschwerden bezüglich beider Schultergelenke können in keinen ursächlichen Zusammenhang mit dem gegenständlichen Unfallereignis gebracht werden und sind daher als Gelegenheitsursache zu werten."
Der Beschwerdeführer gab hiezu Stellungnahmen ab, in denen er unter Anschluss von Tages- bzw. Wochenprotokollen seinen unfallskausal verschlechterten Gesundheitszustand als weitgehend gravierender darstellte. Seine Erwerbsfähigkeit (insbesondere betreffend den Unterrichtsgegenstand Leibesübungen) sowie sein Freizeitverhalten (etwa die Möglichkeit, verschiedene Sportarten auszuüben) und seine Fähigkeit, Arbeiten im Zug einer 1997 begonnenen Hausrenovierung zu bewältigen, wären in hohem Maß eingeschränkt. Weiters beschrieb er begleitende Behandlungen durch seinen Hausarzt, Fachärzte sowie Therapeuten.
Dr. B habe ihn am 1. August 2000 in der Neuroorthopädischen Klinik Innsbruck eingehend untersucht und bestätigt, dass die Unfallfolgen noch über Monate oder Jahre andauern könnten.
Dem in einem Schadenersatzprozess vom Bezirksgericht T eingeholten (unfallchirurgischen) Gutachten des Univ. Prof. Dr. Lu vom 16. September 2000 (Untersuchung am 12. September 2000) ist zusammenfassend Folgendes zu entnehmen (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):
"(Der Beschwerdeführer) zieht sich im Rahmen des gegenständlichen Verkehrsunfalles vom 8.11.1999 im Sinne eines Auffahrunfalles eine Zerrung/Schleuderverletzung der Halswirbelsäule ersten Grades zu. Es bestehen keine Hirntraumazeichen, keine neurologischen Ausfälle oder Reizerscheinungen anlässlich der Erstuntersuchung an der Klinik. Er wird routinemäßig betreut - so wie in der Vorgeschichte aufgeführt - bis um den 20.12.99 hin, zeigt degenerative Veränderungen osteochondrotisch/spondylotisch mit Schwerpunkt C5/C6, aber auch begleitend letztlich ohne direkten nachweisliche Bedrängung von spinalen Strukturen bzw. Nervenwurzeln, doch ein überaltersgemäßes Aufbrauchbild. Unter Berücksichtigung dieser negativen Vorkomponente wird an sich ein länger anhaltender Beschwerdekreis miteingeschätzt, jedoch keine substanzielle signifikante Verschlechterung desselben.
Es kann also jener Defekt, wie er nun ab dem 7.3.00 (2 1/2 Monate nach der Untersuchung vom 20.12.99) nicht mehr als unfallcausale Spätfolge bzw. behandlungsbedürftige Spätsituation eingeschätzt werden, auch wenn sich in der Folge ein etwas unklares Substrat diverser Alterationen ergibt, subjektive Angaben ohne entsprechenden Ausfall, ein Substrat von Beschwerden über die gesamte Wirbelsäule hinreichend, ein unklares, subjektiv nicht gegenständlich causal formuliertes Beschwerdebild; also ein Beschwerdekreis, wie er einerseits emotional begründet wird, andererseits mit dem degenerativen (nicht unfallcausalen) Grundsubstrat ins Einvernehmen zu bringen ist. Causalitätsbemühungen, nicht nur von Seiten des Patienten, sondern auch - der Patient sei an der Neuro-Orthopädie bei Prof. B in Betreuung - diesbezüglich können nicht bestätigt werden.
Es kann also - dies ist wesentlich - jenes depressiv gefärbte Beschwerdebild, wie es nun weiter empfunden wird, nicht als direkte Folge einer einfachen Zerrung/Schleuderverletzung der Halswirbelsäule ersten Grades (nach Erdmann) bestätigt werden; es fehlt die Kontinuität des Geschehens hiezu, es fehlt andererseits auch jedwedes primäres unfallcausales Substrat bzw. eine entsprechende Ausfallssymptomatik. Es bestehen überaltersgemäße Aufbraucherscheinungen im Halswirbelsäulenbereich bei fehlender allgemeiner körperlicher Fitness.
Inhaltlich kann also eine Zerrung der Halswirbelsäule ersten Grades im Hinblick auf die Schmerzentwicklung und -rückentwicklung hier eingeschätzt werden, jedoch keinesfalls jenes emotional entstandene Defektbild, sei es im Hinblick auf subjektive Schmerzempfindung, sei es auch auf letztlich Kostenentwicklung als causal bestätigt werden, wie es eher zu entgleisen droht.
Aus einer Zerrung der Halswirbelsäule ersten Grades - wie hier vorliegend - ergeben sich keine Dauerfolgen und keine Spätfolgen.
ZU DEN SCHMERZEN
Unter Berücksichtigung einer erschwerten Ausgangslage durch überaltersgemäßen degenerativen Aufbrauch im Halswirbelsäulenbereich und Entwicklung einer Zerrungsbeschwerlichkeit abnehmend und etwas wellenförmig verlaufend, jedoch ohne Mitberücksichtigung eines nicht - wie bereits erwähnt - zu bestätigenden, gar derzeit noch sich ergebenden Defektbildes, werden Schmerzen und Beschwerden in komprimierter Form, wie folgt eingeschätzt:
SCHMERZEN MITTLEREN GRADES als dauernde
5-7
Tage
SCHMERZEN LEICHTEN GRADES als dauernde
3
Wochen.
Hier eingeschlossen ist das gesamte allgemeine Ungemach.
Eine Schulterbeschwerdesymptomatik, wie später hinzudiagnostiziert, ist nicht gegenständlich."
Der Beschwerdeführer legte weiters das im Auftrag des Bezirksgerichtes T erstellte neurologische Fachgutachten des Dr. D vom 30. November 2000 vor, worin die Folgen des Unfalles vom 8. November 1999 zusammenfassend wie folgt beurteilt werden (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):
"Das Verletzungsgeschehen ist durch die Befunde der Unfallchirurgischen Klinik Innsbruck, wo der (Beschwerdeführer) sehr eingehend untersucht wurde, belegt.
Es wurden mehrfache röntgenologische und auch eine computertomographische Untersuchung der Halswirbelsäule durchgeführt, wobei zwar vorbestehende degenerative Veränderungen der unteren Halswirbelsäule (Osteochondrosen, Spondylarthrosen), jedoch keine fassbare, traumatische strukturelle Veränderung festgestellt werden konnten.
Es ist auch keine anfängliche neurologische Ausfallsymptomatik dokumentiert.
Auch bei der eigenen gutachterlichen Untersuchung fand sich zwar noch eine leicht- bis mäßiggradige Bewegungseinschränkung der unteren HWS (deren Ausmaß durch die bereits angesprochenen degenerativen Veränderungen durchaus zu erklären ist). Eine unfallsbedingte zentrale oder periphere neurologische Ausfallssymptomatik war jedoch nicht feststellbar.
Die diagnostische Beurteilung im unfallchirurgischen Gutachten ist somit auch aus neurologischer Sicht zu bestätigen.
Zur Beurteilung des vom (Beschwerdeführer) berichteten, überaus umfangreichen Beschwerdebildes ist ergänzend anzumerken:
Maßgeblich für die Einschätzung von Unfallsfolgen ist in erster Linie das dokumentierte Verletzungssubstrat.
Allfällige Beschwerden sind vom Gutachter insoweit zu berücksichtigen, als sie nach gutachterlicher Erfahrung und dem 'üblichen Stand der Dinge' mit dem Verletzungsgeschehen in Einklang zu bringen sind - d.h. eine 'Adäquanz zum Unfallsgeschehen' gegeben ist.
Im vorliegenden Falle kann das überaus vielschichtige und vom (Beschwerdeführer) 'akribisch' registrierte Beschwerdebild nicht mehr vollinhaltlich mit dem hinreichend dokumentierten anfänglichen Verletzungssubstrat in Einklang gebracht werden. Dies gilt auch für die berichteten und noch immer anhaltenden 'Therapien' (wobei auch darauf zu verweisen ist, dass längst nicht jegliches Therapieren, das nach einem an sich unkomplizierten HWS-Trauma einsetzt, schon von vornherein als sinnvolle und zweckmäßige Maßnahme zu klassifizieren ist).
Die Folgen des Vorfalls vom 08.11.1999 sind daher wie folgt zu beurteilen:
1. Die berichtete Dienstunfähigkeit als Lehrer im Ausmaß von 14 Tagen war dem Verletzungsgeschehen angemessen.
2. Eine unfallsbedingte bleibende Behinderung (Minderung der Erwerbsfähigkeit, Invalidität) ist nicht anzunehmen. Die derzeit noch feststellbare Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule ist in ihrem Ausmaß durch die bereits angesprochenen degenerativen Veränderungen hinreichend zu erklären.
Die durch den gegenständlichen Vorfall verursachten Beschwerden (Schmerzen, Einschränkung des Lebensgefühls) sind unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Heilungsverlauf - auch nach unkomplizierten HWS-Traumen - durch vorbestehende degenerative Veränderungen des Achsenskeletts erfahrungsgemäß protrahiert sein kann, wie folgt einzuschätzen:
-
als mittelstarke Schmerzen im komprimierten Ausmaß von 7 Tagen,
-
als leichtgradige Schmerzen im komprimierten Ausmaß von 3 bis 4 Wochen.
Allfällige Physiotherapien wären für das erste Halbjahr nach dem Geschehen als vorfallskausal zu werten."
Ebenso legte der Beschwerdeführer eine Stellungnahme des Oberarztes (der Universitätsklinik für Unfallchirurgie Innsbruck) Dr. La vom 9. Jänner 2001 vor, die folgenden Inhalt aufweist (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):
"(Der Beschwerdeführer) steht an unserer Unfallambulanz, bzw. an der Wirbelsäulen-Ambulanz unserer Klinik, seit dem Unfallereignis vom 8.11.1999 in Kontrolle und Behandlung. Es wurde damals eine sogenannte Dist. column. vertebralis cervicalis im Sinne einer sogenannten Schleuderverletzung festgestellt. Die weiteren Abklärungen haben einen degenerativ bedingten Bandscheibenschaden C5/C6 ergeben mit einer dort lokalisierten Bewegungseinschränkung in diesem Segment. Hinweise für begleitende Wirbelfraktur oder so genannte discoligamentäre Verletzungen haben wir bislang nicht feststellen können. Eindeutige neurologische Schädigungen - im Sinne von Nervenwurzelbeeinträchtigungen an den Armen - haben wir nicht beobachtet. Der Patient gibt glaubhaft an, dass er seit dem Unfallgeschehen protrahierte Schmerzen - trotz wiederholter physiotherapeutisch schmerzlindernder Maßnahmen - hätte, während er vor dem gegenständlichen Unfallgeschehen nie besondere Beschwerden bemerkt hätte.
Im Rahmen der heutigen, von mir vorgenommenen, Kontrolluntersuchung gibt der Patient unverändert Beschwerden im Nacken mit Versteifungsgefühl und schmerzhafter Bewegungseinschränkung in der HWS an. Die heutigen Funktionsaufnahmen der HWS, Rückneigung und Vorneigung zeigen lediglich eine doch deutlich eingeschränkte Rückneigefähigkeit bei an sich unauffälligem Vorneigebild. Hinweis für eine so genannte discoligamentäre Verletzung (Zerreißung der Bandscheibe und dazugehörigen hinteren Bändern) zeigen sich hier nicht, auch die grob neurologische Untersuchung, wie sie von mir heute durchgeführt wurde, zeigt keinen Hinweis für eine Nervenwurzelschädigung. Es sind sämtliche Muskeln an der oberen Extremität, die von Nervenwurzeln versorgt werden, die aus der Hals-Wirbelsäule entspringen, unauffällig, auch sind keine Gefühlsstörungen nachweisbar. Klinisch besteht ein ausgeprägter Druckschmerz über den kleinen Wirbelgelenken und über der verhärteten Nacken- und Schulter-/Muskelpartie. Auf Grund der Bewegungseinschränkung sind bewegungstherapeutische Maßnahmen und auf Grund der noch fassbaren Restbeschwerden entsprechende schmerzlindernde Maßnahmen medikamentöser und physiotherapeutischer Art erforderlich.
Organradiologisch fassbare Veränderungen, die auf das abgelaufene Unfallgeschehen zurückzuführen sind, können bisher nicht nachgewiesen werden, wenngleich man betonen muss, dass traumatische, mit dem Unfallgeschehen zusammenhängende Veränderungen an den Bandscheiben ablaufen, die jedoch von degenerativ ablaufenden Alterungsveränderungen nicht differenziert werden können. Insofern ist die Beweislage solcher Veränderungen enorm schwierig."
Da sich das Gutachten nicht unmittelbar auf die Minderung der Erwerbsfähigkeit bezog, holte die belangte Behörde eine (ergänzende) Stellungnahme des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. D ein, der am 26. April 2001 Folgendes ausführte (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):
"(Der Beschwerdeführer) wurde bereits am 30.11.2000 im Auftrag des Bezirksgerichtes T zu den Folgen des Unfalls vom 8.11.1999 untersucht und begutachtet. Es konnten damals auch die einschlägigen Vorbefunde und Behandlungsberichte eingesehen werden. Es wurde festgestellt, dass (der Beschwerdeführer) durch den gegenständlichen Vorfall eine erstgradige Zerrungsverletzung der Halswirbelsäule erlitten hatte. Diese Verletzung hatte zu keinen bildgebend fassbaren strukturellen Veränderungen der Halswirbelsäule geführt. Es war auch keine begleitende neurologische Ausfallsymptomatik entstanden. Dieser Befund wird ja auch im Schreiben von Herrn Dr. La vom 9.1.2000 bestätigt.
Die in weiterer Folge aufgetretenen überaus vielschichtigen Beschwerden waren nicht mehr durch die Unfallseinwirkung, sondern auch durch vorbestehende degenerative Veränderung der Halswirbelsäule sowie durch andere Faktoren, die ihre Ursache allerdings nicht im somatischen Bereich haben, zu erklären. Das berichtete, lang anhaltende Therapieren kann dann nachträglich nicht als Indiz für die 'Schwere' des Verletzungsgeschehens interpretiert werden.
Im Gerichtsgutachten wurde angeführt, dass aus dem gegenständlichen Unfallsgeschehen keine bleibende Behinderung mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit oder eine, in Prozenten ausdrückbare, Dauerinvalidität ableitbar ist.
Diese Beurteilung bleibt auch nach Einsicht in den kompletten Versicherungsakt aufrecht."
In einer weiteren Eingabe vom 6. Juni 2001 beschrieb der Beschwerdeführer neuerlich seine Leistungsfähigkeit vor und nach dem Unfall, den Unfallhergang sowie andauernde Beschwerden. Er legte ein neuroorthopädisches Gutachten des Univ. Prof. Dr. B vom 31. Mai 2001 vor, das Folgendes ausführt (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):
"ANAMNESE:
(Der Beschwerdeführer) wurde im Juli 2000 von der Unfallchirurgie an unsere Ambulanz überwiesen. Er stand dort seit dem Auffahrunfall am 8.11.1999 in ambulanter Behandlung.
Bei der Erstuntersuchung am 1.8.00 in unserer Ambulanz berichtet er über Nackenschmerz links > rechts, ausstrahlend in den linken Oberarmbereich. Teils auch Schmerzen links präcardial, insbesondere bei Elevation/Außenrotation linke Schulter provozierbar. Seit dem Unfall schmerzhafte Verspannung im Bereich Nacken/Rücken bei Computerarbeit länger als 3 Stunden.
Seit dem Unfall sind die meisten Sportarten, wie Laufen und Schifahren, nicht mehr möglich. Die Arbeit als Turnlehrer sei stark behindert, da aktive Hilfestellung den Schülern bei Übungen nicht geleistet werden kann.
Derzeit bestehen Nacken- und Kopf-Schmerzen, teils auch Schwindel. Morgendlicher Anlaufschmerz, Besserung vormittags, gegen Abend zunehmend.
NEUROORTHOPÄDISCHE UNTERSUCHUNG:
HWS:
Es zeigt sich Hypomobilität, die das altersgemäße Ausmaß
überschreitet.
(R 45-0-45, S 40-0-30),
segmentale Hypomobilität und Irritationssymptome im Bereich
des Segmentes C4/C5 und C5/C6,
ohne Kompressionsschmerz, ohne isometrischen Schmerz.
BWS:
Segmentale Irritationssymptome sind im Bereich der mittleren
und oberen BWS mehrsegmental vorhanden.
DIAGNOSE:
Zustand nach Akzelerations/Dezelerations-Trauma der
Halswirbelsäule am 8.11.1999 mit
- mittlerem und unterem Cervicalsyndrom mit segmentalen
Irritationssymptomen im Bereich der Segmente C4/C5 und C5/C6 und
- pseudoradikulärer Schmerzausstrahlung nach rechts,
- der fallweise vertebragenen Kopfschmerz und vertebragenen
Schwindel auslöst.
PROCEDERE:
Dreimalige Therapieserien mit jeweils 6 Behandlungen erbrachten eine mäßiggradige Besserung der Beschwerdesymptomatik und der Belastbarkeit. Körperliche Schonung ist jedoch immer noch notwendig."
Schließlich erstattete der Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. Z (über Aufforderung des Amtsarztes Dr. F, ein Gutachten zur Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers zu erstellen) am 25. Juli 2001 (zusammengefasst) folgenden Befund samt Gutachten:
"Psychopathologischer Befund:
Bewusstseinsklar, allseits orientiert, kognitive Funktionen grob klinisch altersgemäß Indifferente Stimmungslage, ausreichende Affizierbarkeit, kein Hinweis auf Affektstörung, polyvalente körperliche Beschwerden, negatives Vitalgefühl, reduzierte Belastbarkeit, gelegentliche Durchschlafstörungen, Somatisationsphänomene, keine formalen oder inhaltlichen Denkstörungen, keine Sinnestäuschungen, keine Depersonalisations- und Derealisationsphänomene.
Es besteht kein endogen depressives Achsensyndrom bzw. keine
produktiv psychotischen Symptome.
Diagnose:
Neurasthenie
IDC 10: F 48.0
Beurteilung:
Der Untersuchte entwickelte im Anschluss an einen Auffahrunfall, in den er sich schuldlos involviert fühlt, nach einem Schleudertrauma im HWS Bereich ein neurasthenisches Syndrom mit chronischer Müdigkeit, reduzierter psychophysischer Belastbarkeit, polyvalenten körperlichen Beschwerden und gelegentlichen Durchschlafstörungen. Bereits geringe körperliche Anstrengungen führen zu Müdigkeit und Erschöpfung. Häufig erlebt er Kopfschmerzen.
Vor dem Auffahrunfall beschreibt er sich als völlig gesund, belastbar und in deutlich besserem psychophysischen Gesamtzustand.
Hinweise für eine Erkrankung aus dem affektiven oder schizophrenen Formenkreis gibt es keine.
Von einer psychiatrischen Behandlung im Besonderen einer Psychopharmakatherapie dürfte er profitieren.
Trotz des Beschwerdebildes ist von psychiatrischer Seite Dienstfähigkeit weiterhin gegeben, eine Invalidisierung birgt das Risiko einer Fixierung der Symptomatik."
Mit dem nach weiteren Äußerungen des Beschwerdeführers ergangenen angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.
In ihrer Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verwaltungsverfahrens aus, bereits der Gutachter Dr. I habe in seinem Gutachten vom 20. Jänner 2000 die Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit mit 20 v.H. für 4 Monate und dann unter 10 v.H. auf Dauer festgestellt. Dies sei in der Folge durch eine Reihe von weiteren Gutachten (vom Erstgutachter unabhängiger ärztlicher Sachverständiger) bestätigt worden. Schon der Erstgutachter habe in seinem Ergänzungsgutachten vom 11. Juli 2000 darauf hingewiesen, dass die vom Patienten geäußerten Beschwerden der Schultergelenke, die erst Monate nach dem gegenständlichen Unfallereignis aufgetreten seien, damit in keinen ursächlichen Zusammenhang gebracht werden könnten. Dr. La habe am 9. Jänner 2001 ausgeführt, dass organradiologisch fassbare Veränderungen, die auf das Unfallgeschehen zurückzuführen seien, nicht nachgewiesen werden könnten. Dramatische, mit dem Unfallgeschehen zusammenhängende Veränderungen an den Bandscheiben könnten von degenerativ ablaufenden Altersveränderungen nicht differenziert werden. Dr. La habe die Glaubwürdigkeit der Angaben bestätigt, dass der Beschwerdeführer seit dem Unfallgeschehen protrahierte Schmerzen habe, während er davor nie besondere Beschwerden bemerkt hätte. Trotzdem habe er die Beweislage, inwieweit die Veränderungen an den Bandscheiben auf das Unfallgeschehen zurückzuführen oder durch degenerativ ablaufende Altersveränderungen bewirkt seien, als "enorm schwierig" bezeichnet. Während Dr. La die Kausalitätsfrage also offen lasse, halte der Sachverständige Dr. D die behaupteten Folgen vielschichtiger Beschwerden nicht mehr als durch die Unfallswirkung erklärbar, sondern durch vorbestehende degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule sowie durch andere Faktoren, die ihre Ursache nicht im somatischen Bereich hätten. Lang anhaltende Therapien könnten nicht als Indiz für die "Schwere des Verletzungsgeschehens" interpretiert werden. Dr. D verweise auf sein Gerichtsgutachten, wonach aus dem Unfallsgeschehen vom 8. November 1999 keine bleibende Behinderung mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit oder einer in Prozenten ausdrückbaren Dauerinvalidität ableitbar seien. Bereits im Gutachten vom 30. November 2000 habe Dr. D ausgeführt, dass eine unfallsbedingte bleibende Behinderung (Minderung der Erwerbsfähigkeit, Invalidität) nicht anzunehmen sei. Die Ende November 2000 noch feststellbare Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule sei in ihrem Ausmaß durch die degenerativen Veränderungen hinreichend zu erklären.
Die Vermutung des Beschwerdeführers, dass die nach seiner eigenen Darstellung Wochen und Monate nach dem Unfall erstmals aufgetretenen Beschwerden auf das Unfallsereignis zurückzuführen seien, sei somit durch die klar diagnostizierten Vorschäden zweifelsfrei widerlegt. Im Hinblick auf die übereinstimmenden ärztlichen Sachverständigengutachten (Dr. La habe die Möglichkeit einer unfallskausalen Veränderung an den Bandscheiben lediglich offen gelassen) habe der Berufung ein Erfolg versagt bleiben müssen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes beantragt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
I. Rechtslage:
§ 47 Abs. 1 und 3 und § 52 des (wiederverlautbarten) Tiroler Beamten- und Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorgegesetzes 1998 (BLKUFG 1998), LGBl. Nr. 97, lauten:
"Versehrtenrente, Abfindung
§ 47
(1) Anspruch auf Versehrtenrente besteht, wenn die Erwerbsfähigkeit des Anspruchsberechtigten durch die Folgen eines Dienstunfalles oder einer Berufskrankheit mehr als drei Monate hindurch um mindestens 20 v.H. vermindert ist. Die Versehrtenrente gebührt für die Dauer der Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 v.H.
(2) ...
(3) Die Versehrtenrente fällt mit dem Beginn der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Anfall der Versehrtenrente) an.
Versehrtengeld
§ 52
(1) An Stelle der Versehrtenrente (§ 47) ist Versehrtengeld zu gewähren, wenn am 90. Tag nach dem Beginn der Minderung der Erwerbsfähigkeit diese mindestens 20 v.H. beträgt und voraussichtlich nicht länger als ein Jahr dauern wird.
(2) Das Versehrtengeld beträgt pro Tag den 60. Teil der Bemessungsgrundlage.
(3) Das Versehrtengeld ist als einmalige Leistung nach Wiedererlangen der vollen Erwerbsfähigkeit auszuzahlen. Es darf insgesamt den Betrag nicht übersteigen, der gebühren würde, wenn für denselben Zeitraum ein Anspruch auf eine Versehrtenrente bestünde."
II. Beschwerdeausführungen und Erwägungen:
1. Der Beschwerdeführer macht (zusammengefasst) geltend, auf Grund der von ihm beschriebenen gesundheitlichen Folgen nach dem Dienstunfall vom 8. November 1999 gebühre ihm eine Versehrtenrente nach § 47 BLKUFG 1998. Die den Gutachtern Dr. I, Dr. Lu und Dr. D folgend getroffenen Feststellungen zur Erwerbsunfähigkeit würden weder in prozentueller noch in zeitlicher Hinsicht den Unfallfolgen gerecht. Selbst 2 1/2 Jahre nach dem Unfall hätten noch ernsthafte Beschwerden bestanden. Die körperliche Belastungsfähigkeit wäre wesentlich vermindert, eine "Trainierbarkeit des Körpers wie vor dem Unfall" nicht annähernd gegeben.
Aus den Gutachten des Dr. La, Dr. B und Dr. Z sei abzuleiten, dass in den ersten Wochen nach dem Unfall seine physische Belastungsfähigkeit äußerst gering gewesen wäre. Die berufliche Tätigkeit sei durch die Unfallfolgen wesentlich erschwert worden. Das Fach Leibeserziehung habe nur passiv unterrichtet werden können, eine versuchte sportliche Betätigung hätte eine verstärkte und erweiterte Symptomatik bewirkt. Eine Besserung sei nur langsam erfolgt. Die Rückneigefähigkeit seines Kopfes sei ab dem Unfall wesentlich eingeschränkt. Es bestehe die Gefahr einer Dauerschädigung. An der Halswirbelsäule sei beim Unfall ein unmittelbarer und fortdauernder Verletzungsschmerz aufgetreten. Er sei Indiz für eine Unfallverletzung. Dr. La weise auf eine enorm schwierige Beweislage hin, die sich auf Grund der Nichtunterscheidbarkeit von degenerativ- und unfallbedingter Bandscheibenschädigung ergebe.
Therapeutische Maßnahmen seien notwendig und sinnvoll. Sie hätten über einen langen Zeitraum hin stattzufinden. Ein Protrahieren von therapeutisch zu behandelnden Beschwerden könne im Umkehrschluss (mit Bezug auf Vorschädigungen) den Unfallfolgen auf Grund einer völligen Beschwerdefreiheit vor dem Unfall logisch zugesprochen werden.
Körperschonung vermindere die Beschwerdesymptomatik, Körperbelastung erhöhe sie.
Dr. B diagnostiziere eine Schleuderverletzung mit einem Zervikalsyndrom. Auch stelle er u.a. mehrsegmentale Irritationssymptome im Brustwirbelsäulenbereich fest und erweitere so "den körperlichen Einwirkungsbereich des Unfalls für den Gutachter".
Eine Unfallkausalität der Beschwerden im Schultergelenksbereich sei wahrscheinlich und erweitere jedenfalls den körperlichen Einwirkungsbereich des Unfalles für den Gutachter. Bestimmte Unfallfolgen seien vom Hausarzt laufend diagnostiziert worden. Dr. Z. stelle eine Schleuderverletzung mit Entwicklung eines neurasthenischen Syndroms nach dem Unfall fest.
Die Darstellung der Beschwerdesituation vom 11. bis zum 17. Februar 2002 gebe darüber Auskunft, dass in diesem Zeitraum noch erhebliche Beschwerden bestünden. Es habe sich im Unterschied zu einem "Bagatellauffahrunfall" ein schwerer Auffahrunfall ereignet. Das lasse sich neben den körperlichen Einwirkungen aus dem Pkw-Schadensgutachten erschließen.
Die belangte Behörde habe sich in ihren maßgebenden Überlegungen inhaltlich zu wenig an den eben zusammengefassten Punkten orientiert und habe die Information durch Dr. Z nicht zur Verfügung gehabt. Zudem gehe sie irrig davon aus, dass Dr. I, Dr. Lu und Dr. D völlig unabhängig voneinander ihre Gutachten erstattet hätten. Tatsächlich seien gegenseitige Informationen erteilt worden. Auch nehme sie eine (für sie) zweifelsfreie Zuordnung von Beschwerden zu Vorschäden dort vor, "wo eine unfallskausale schlüssig zu behaupten ist".
Daraus lasse sich rechtlich ableiten, dass die belangte Behörde die sich aus dem Dienstunfall vom 8. November 1999 ergebende Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht richtig beurteilt und daher nicht dem Gesetz entsprechend abgegolten habe. Die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides folge daraus, dass die belangte Behörde ihrer Entscheidung eine unrichtige Beurteilung der Erwerbsminderung in gradueller und zeitlicher Hinsicht zu Grunde lege und daher zu Unrecht entscheide, dass aus dem Unfall vom 8. November 1999 kein Anspruch nach § 47 Abs. 1 BLKUFG 1998 (Versehrtenrente) abzuleiten sei.
2. Dem ist zu entgegnen, dass vom Beschwerdeführer subjektiv bei ihm - zum Teil nach mehreren Jahren - wahrgenommene gesundheitliche Beeinträchtigungen inhaltlich ein anderes Thema betreffen und daher nichts über deren Verursachung durch ein bestimmtes äußeres Ereignis einerseits oder degenerative Abnützungen andererseits aussagen (können). Die Kausalität des Dienstunfalles vom 8. November 1999 hat die belangte Behörde aber - unter Abwägung des Inhaltes der dargestellten Sachverständigengutachten - in schlüssiger und daher vom Verwaltungsgerichtshof nicht weiter überprüfbarer Beweiswürdigung verneint. Auch die gutachtlichen Äußerungen des Dr. La, dass "die Beweislage solcher Veränderungen enorm schwierig" sei, bejahen die Kausalität des Dienstunfalles für spätere Folgen nicht und stehen daher den von der belangten Behörde angenommenen im Einklang stehenden Meinungen der Sachverständigen nicht entgegen.
Diesen von den einzelnen Sachverständigen angestellten und oben näher wiedergegebenen Überlegungen zur Kausalität, insbesondere zu den einzelnen Folgen degenerativer Veränderung im Halswirbelsäulen- und Schulterbereich, ist der Beschwerdeführer schon im Verwaltungsverfahren nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Sein Vorbringen zur Kausalitätsfrage hat sich vielmehr auf die Aufstellung bloßer gegenteiliger Behauptungen beschränkt und war daher nicht geeignet, die der Behörde vorliegenden gutachtlichen Meinungen der Sachverständigen in Zweifel zu ziehen (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, bei E 82 bis 85 zu § 52 AVG wiedergegebene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).
Die übrigen vom Beschwerdeführer selbst vorgelegten ärztlichen Gutachten haben ebenfalls die Verursachung gesundheitlicher Folgen durch den Dienstunfall vom 8. November 1999 in einem die Feststellungen der (belangten) Behörde übersteigenden Ausmaß verneint. Dr. Z. äußert sich in seinem Gutachten schließlich nicht zur Frage der Kausalität, sodass der Beschwerdeführer aus seinen Ausführungen schon deshalb jedenfalls nichts gewinnen kann.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
3. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem § 3 Abs. 2 anzuwendenden VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 21. September 2005
Schlagworte
Gutachten Beweiswürdigung der BehördeSachverständiger ArztVorliegen eines Gutachtens StellungnahmeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2002120164.X00Im RIS seit
31.10.2005Zuletzt aktualisiert am
01.06.2010