TE OGH 1988/3/15 11Os30/88

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.03.1988
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.März 1988 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Legradi als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Leonhard S*** wegen des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach dem § 287 Abs. 1 (§§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1) StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 30. Dezember 1987, GZ 9 Vr 709/87-16, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der beschäftigungslose Leonhard S***, geboren am 4.September 1956, des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach dem § 287 Abs. 1 (§§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1) StGB (1) und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs. 1 StGB (2) schuldig erkannt. Darnach versetzte er sich im Mai 1987 in Wallern durch den Genuß von Alkohol in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rausch und bedrohte in diesem Zustand seine Mutter Regina S*** durch die Äußerung, er werde, wenn sie gegen ihn ein Hausverbot erwirken sollte, einen Kanister Benzin aufs Haus schütten und sie (die Eltern) in die Luft sprengen, nötigte sie sohin durch gefährliche Drohung mit Brandstiftung zur Unterlassung der Erwirkung eines Hausverbotes gegen ihn, wodurch er eine Handlung beging, die ihm außer diesem Zustand als das Verbrechen der schweren Nötigung nach den §§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1 StGB zugerechnet würde (1). Desweiteren liegt ihm zur Last, am 18. September 1987 seinen Vater Georg S*** mittelbar ((2 a) und am 19. September 1987 seine Mutter Regina S*** unmittelbar (2 b) durch die im Urteilsspruch angeführten Äußerungen gefährlich bedroht zu haben.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte im Schuldspruch mit einer auf den § 281 Abs. 1 Z 4 und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch mit Berufung. Leonhard S*** fühlt sich in seinem Recht "auf ein faires Verfahren" dadurch verletzt (Z 4), daß das Schöffengericht seinen Beweisantrag auf Einholung eines gerichtspsychiatrischen Gutachtens zum Beweis dafür, eine allfällige Entwöhnungsbehandlung hätte gute Erfolgsaussichten (S 75), mit der Begründung ablehnte, dieser mit einem früheren Urteil angeordnete Maßnahmenvollzug sei erfolglos geblieben, weil dem Angeklagten jegliche Motivation (zu bedingungsloser Abstinenz) fehlte. Auch in der Hauptverhandlung habe er nicht erkennen lassen, daß er sich in Zukunft dem Alkoholkonsum gänzlich enthalten wolle (S 76).

Rechtliche Beurteilung

Die Beurteilung der Frage, ob der Versuch einer Entwöhnung von vornherein aussichtslos erscheint (§ 22 Abs. 2, letzter Halbsatz, StGB) beruht ausschließlich auf einer Ermessensentscheidung des Gerichtes, die aber nicht mit Nichtigkeitsbeschwerde, sondern mit Berufung zu bekämpfen ist (LSK 1983/136). Folgerichtig releviert der Angeklagte auch in seiner Berufung die (unterlassene) Einweisung in eine Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher.

Als Subsumtionsirrtum (Z 10) will die Beschwerde die rechtliche Qualifikation der dem Schuldspruch 1 zugrundeliegenden Rauschtat nach den §§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1 StGB (Nötigung mittels gefährlicher Drohung mit Brandstiftung) mit dem Hinweis auf mögliche andere Deutungen der Zeugenaussagen darstellen und daraus den (rechtlichen) Schluß ziehen, daß diese Rauschtat ebenso wie die dem Schuldspruch 2 unterlegten Äußerungen als gefährliche Drohung nach dem § 107 (Abs. 1) StGB anzusehen sei.

Die Feststellung, welchen Sinn eine Äußerung hat, ist aber tatsächlicher Natur (Mayerhofer-Rieder2 E 46, 47 zu § 281 StPO). Unter Hinweis auf die von ihm als beweiskräftig beurteilten Sachverhaltserhebungen durch die Gendarmerie und die Zeugenaussagen, insbesondere die Depositionen der Mutter des Beschwerdeführers (S 81, 82), traf das Schöffengericht aber tatsächliche Urteilsfeststellungen, die mit den Rechtsausführungen der Beschwerde nicht in Einklang zu bringen sind. Demnach stieß Leonhard S*** im volltrunkenen Zustand die im Spruch unter 1 zitierten Drohungen mit dem Vorsatz aus, seine Mutter von ihrem Vorhaben abzubringen, gegen ihn ein Hausverbot zu erwirken, was ihm auch gelang, weil seine Mutter aus Furcht, ihr Sohn könnte die Drohung mit der Brandstiftung wahrmachen, es unterließ, den Angeklagten des Hauses verweisen zu lassen (S 80). Die von diesem Urteilssachverhalt abweichende Rechtsrüge entbehrt daher einer gesetzmäßigen Ausführung. Die insgesamt nicht der Prozeßordnung gemäß ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war folglich nach dem § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO in Verbindung mit dem § 285 a Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen, was die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz für die Berufungsentscheidung nach sich zieht (§ 285 i StPO nF).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzessstelle.

Anmerkung

E13444

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0110OS00030.88.0315.000

Dokumentnummer

JJT_19880315_OGH0002_0110OS00030_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten