TE OGH 1988/3/15 4Ob521/88

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Veröffentlicht am 15.03.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Kurt V***, Bankangestellter, Gußwerk 148 f, vertreten durch Dr.Heinz Sonnberger, Rechtsanwalt in Kapfenberg, wider die beklagte Partei Heinrich D***, Malermeister, Rainfeld 30, vertreten durch Dr.Stefan Gloß und Dr.Hans Pucher, Rechtsanwälte in St.Pölten, wegen S 106.154,31 sA infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 3. November 1987, GZ 11 R 230/87-43, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten vom 18. Juni 1987, GZ 2 Cg 412/83-38, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten die mit S 6.617,85 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 514,35 Umsatzsteuer und S 960,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger bestellte für sein Haus beim Beklagten am 2.8.1982 einen Vollwärmeschutz, bestehend aus 5 cm starken Polystyrolhartschaumplatten und Spritzputz zum Preis von S 88.000,-- zuzüglich Umsatzsteuer. Der Beklagte führte die bestellten Arbeiten zwischen dem 16.8. und dem 4.9.1982 aus. Die Arbeiten waren mangelhaft. Am 27.8.1982 leistete der Kläger eine Anzahlung von S 40.000,--.

Der Kläger behauptet, der Beklagte habe das Werk trotz

mehrmaliger Aufforderung nicht verbessert, weshalb er unter Setzung

einer Nachfrist vom Vertrag zurückgetreten sei. Er begehrt

Rückstellung der geleisteten Anzahlung    S 40.000,--

Ersatz der Kosten der Entfernung des vom

Beklagten angebrachten Vollwärmeschutzes  S 55.979,20

samt den Kosten der Entfernung und Wie-

deranbringung der Fensterbleche und Ablauf-

rohre                                     S  9.175,09

sowie die Kosten der Reinigung der ver-

schmutzten Haustüre                       S  1.000,--

zusammen                                 S 106.154,31 sA

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er sei zur Verbesserung bereit gewesen, doch habe ihn der Kläger an der Vornahme der Verbesserungsarbeiten gehindert. Der angezahlte Betrag von S 40.000,-- gebühre ihm für das Streichen des Blechdachs und der Giebelverkleidung.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und traf folgende wesentliche Feststellungen.

Dem Kläger wurde im schriftlichen Auftrag ausdrücklich die Anbringung eines Kantenschutzes, die Herstellung planer Flächen sowie Fleckenfreiheit zugesagt. Die Hartschaumplatten wurden mit Klebemörtel an den Außenmauern befestigt und mit Klebemörtel überzogen, in den zur Armierung ein Glasseidengittergewebe eingebettet wurde. Zuletzt wurde ein Dünnschichtputz aufgespritzt. Die Arbeiter des Beklagten waren mit diesen Arbeiten nicht vertraut. Sie verwendeten für die Befestigung der Hartschaumplatten zu wenig Klebemörtel; auch überschliffen sie die Hartschaumplatten vor der Aufbringung der Spachtelschichte nicht, wodurch Sprünge bis 6 mm auftraten, die zu Spannungen führten und rißanfällig sind. Vielfach führten sie auch das Glasgittergewebe bei den Hausecken, Fenster- und Türöffnungen und beim Haussockel nicht über die Mauerkanten, verlegten es bei Zusammenstößen nicht überlappend und betteten es nicht ordnungsgemäß in die Spachtelschicht ein; sie führten Kanten und Flächen nicht immer lot- und waagrecht, geradlinig und "ebenflächig" aus.

Der Vollwärmeschutz ist wegen dieser Mängel nicht so unbrauchbar, daß er zur Gänze entfernt werden müßte. Er kann durch Überarbeitung ohne Verstoß gegen dampfdiffusionstechnische und brandschutztechnische Erfordernisse saniert werden. Dazu muß die gesamte Fassade abgeklopft werden. Im Bereich der auf diese Weise festgestellten Hohlräume müssen die Hartschaumplatten mit Kunststoffdübeln an den Außenmauern befestigt werden; zusätzlich muß an den Gebäudeecken jede Platte mit je zwei Dübeln befestigt werden. Der Außenputz muß grob überschliffen, die Spachtelmasse überarbeitet und eine zweite Lage Glasfasergewebe eingelegt werden. Dieses ist an den Stößen überlappt zu verlegen und um alle Kanten herumzuführen. Zur Ausschaltung dampfdiffusionstechnischer Probleme muß die Spachtelschichte mindestens zwei und darf höchstens vier Millimeter dick sein, so daß nur Abweichungen von der "Ebenflächigkeit" bis 2 mm ausgeglichen werden können. Wo solche Abweichungen nicht auf diese Art ausgeglichen werden können, muß der Vollwärmeschutz entfernt und neu hergestellt werden. Auf die Spachtelschichte ist zuletzt eine 1,5 mm dicke Schlußbeschichtung aufzubringen. Die Giebelverkleidung des Hauses des Klägers strichen die Arbeiter des Beklagten nicht. Das Blechdach strichen sie auf Grund eines zusätzlichen Auftrages zu einem Gesamtpreis von S 9.600,-- oder einem Pauschalpreis von S 10.000,--.

Da dem Kläger das vom Beklagten ausgeführte Werk mangelhaft erschien, ließ er es von einem Baumeister in Mariazell begutachten und forderte dann ein Gutachten der Versuchs- und Forschungsanstalt der Stadt Wien an, das die oben bezeichneten Mängel aufzeigte und zur Sanierung entweder die komplette Neuherstellung des Vollwärmeschutzes oder als Alternative im wesentlichen die oben angeführten Verbesserungsarbeiten (jedoch ohne teilweise Neuherstellung in den Bereichen, in denen "Ebenflächigkeit" nicht zu erzielen ist) vorschlug.

Der Kläger übermittelte dieses Gutachten dem Beklagten mit Schreiben vom 31.5.1983 und forderte ihn auf, sich zur Sanierung durch Neuherstellung des Vollwärmeschutzes zu äußern. Für den Fall, daß er damit nicht einverstanden sei, werde der Kläger die Rückzahlung der Anzahlung sowie die Kosten der Entfernung des vom Beklagten hergestellten Vollwärmeschutzes verlangen. Mit Schreiben vom 1.8.1983 setzte der Kläger dem Beklagten eine Nachfrist bis 31.8.1983. Am 28.8.1983 suchte der Beklagte den Kläger auf, erklärte, daß er bestrebt sei, die Sache in Ordnung zu bringen, aber wegen Urlaubs seiner Leute erst in einer Woche mit den Arbeiten beginnen könne. Er versprach in einer Woche wiederzukommen und mit dem Kläger die Einzelheiten der Sanierung zu vereinbaren. Der Kläger war damit einverstanden.

Am 4.9.1986 suchte der Beklagte den Kläger wieder auf. Der Kläger beharrte auf einer Sanierung durch komplette Neuherstellung des Vollwärmeschutzes. Der Beklagte bot dem Kläger an, den Vollwärmeschutz zu überarbeiten und nur in Teilbereichen vollständig zu erneuern. Darüber entstand zwischen den Streitteilen eine lautstarke Auseinandersetzung. Daß sich der Beklagte dabei gegenüber dem Kläger ungebührlich benommen hätte, konnte nicht festgestellt werden. Der Kläger verbot dem Beklagten, noch irgendwelche Arbeiten an seinem Haus vorzunehmen. Der Beklagte versuchte daher in der Folge gar keine Verbesserung des Werkes mehr und legte wegen der Mangelhaftigkeit auch keine Rechnung.

Für die Beseitigung des Vollwärmeschutzes ist ein Betrag von S 55.979,20 angemessen.

Das Erstgericht war der Ansicht, der Kläger habe nach der Fertigstellung des Vollwärmeschutzes Verbesserung durch vollständige Neuherstellung verlangt. Dieses Ansinnen sei nicht berechtigt gewesen, weil der Vollwärmeschutz mindestens teilweise durch Überarbeitung saniert werden könnte und nur in besonders unebenen oder von der Lot- und Waagrechten abweichenden Bereichen zur Gänze erneuert werden müßte. Da der Kläger die vom Beklagten vorgeschlagene taugliche Reparaturarbeit abgelehnt habe - ohne daß der Beklagte dem Kläger eine weitere Zusammenarbeit durch ungebührliches Verhalten unmöglich gemacht hätte -, dem Beklagten jede weitere Arbeit an dem Haus verboten und dadurch eine bautechnisch und wirtschaftlich mögliche und beiden Streitteilen zumutbare Verbesserung verhindert habe, bestehe sein Begehren nach Rückerstattung der Anzahlung und Zahlung der für die Beseitigung des vom Beklagten angebrachten Vollwärmeschutzes nötigen Kosten nicht zu Recht.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, daß die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig sei. Das vom Beklagten hergestellte Werk habe an wesentlichen Mängeln gelitten, die zur Wandlung berechtigt hätten. Diese Mängel wären aber zum Großteil durch Überarbeitung und teilweise durch völlige Neuherstellung behebbar gewesen. Zurückgeblieben wären nach Sanierung durch Überarbeitung nur unwesentliche Mängel (geringfügige Unebenheiten, von denen der Sachverständige gemeint habe, daß sie in Kauf genommen werden müßten, weil er sie offensichtlich für unwesentliche Schönheitsfehler gehalten habe). Diese Mängel hätten, wäre das Werk sofort in dieser verbesserten Form erbracht worden, nicht zur Wandlung, sondern zur Preisminderung berechtigt. Sie würden auch nicht dadurch wesentlich, daß sich der Kläger bei der Bestellung plane Flächen ausbedungen habe. Der Kläger habe sich damit keine besonderen Eigenschaften zusichern lassen, sondern nur Mängelfreiheit vereinbart und diese durch einige Beispiele präzisiert.

Der Kläger habe sich für die Verbesserung entschieden und daher von dieser Wahl nicht mehr einseitig abgehen können, bevor er dem Unternehmer Gelegenheit zur Verbesserung gegeben habe. Er hätte erst bei Verweigerung, Mißlingen oder Unmöglichkeit der Verbesserung Preisminderung oder - falls es sich um einen wesentlichen Mangel handelte - Wandlung begehren können. Der Kläger habe das taugliche Verbesserungsangebot des Beklagten abgelehnt, wozu er nicht berechtigt gewesen sei. Ein Verbesserungsangebot sei auch dann tauglich, wenn nach der Verbesserung nur noch unwesentliche Schönheitsfehler (an manchen Stellen geringfügige Unebenheiten) zurückblieben, die - wäre das Werk sofort in dieser Form ausgeführt worden - nicht zur Wandlung, sondern nur zur Preisminderung berechtigt hätten.

Dem Kläger stehe daher ein Wandlungsanspruch nicht zu. Er könne weder die geleistete Anzahlung zurückverlangen noch die Kosten der Beseitigung des mangelhaften Werkes begehren.

Der Kläger erhebt Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde.

Der Beklagte beantragt, der Revision des Klägers nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Revisionswerber ist wegen der Mängel des Werkes nicht vom

Vertrag abgegangen, sondern er hat Verbesserung verlangt

(§ 1167 ABGB), die nach den Feststellungen der Vorinstanzen mit

wirtschaftlich vernünftigen Mitteln möglich war, für einen Teil der

Fassade genügten zur Verbesserung die oben aufgezählten Arbeiten

(Abklopfen, Befestigen der Hartschaumplatten mit Kunststoffdübeln,

grobes Überschleifen des Außenputzes, Überarbeiten mit Spachtelmasse

unter teilweisem Verlegen einer zweiten Lage Glasfasergewebe). Nur

in jenem Bereich in dem durch diese Arbeiten die Abweichungen von

der "Ebenflächigkeit" nicht ausgeglichen werden können, ist eine

teilweise Neuherstellung des Vollwärmeschutzes notwendig. Der

Beklagte hat sich beim Gespräch mit dem Kläger über die Einzelheiten

der Sanierung am 4.4.1983 sowohl zu den erforderlichen

Verbesserungsarbeiten als auch zur vollständigen Erneuerung des

Vollwärmeschutzes in Teilbereichen bereit erklärt. Welche

Teilbereiche dies genau waren, blieb allerdings offen und auch im

späteren Verfahren strittig. Der Sachverständige meinte, daß der

Vollwärmeschutz jedenfalls im Säulenbereich im 1.Stock erneuert

werden müßte, und hielt (sonstige) verbleibende Unebenheiten für "in

Kauf zu nehmende Mängel". Der Beklagte bot die Erneuerung einer

ganzen Fassadenseite und damit mehr an, als der Sachverständige für unbedingt notwendig hielt.

Wäre schon zur Zeit der Verhandlungen der Streitteile über die Einzelheiten der Sanierung festgestanden, daß bei teilweiser Reparatur und teilweiser Erneuerung der Fassade in einem wirtschaftlich noch vertretbaren Ausmaß im reparierten Teil kleinere Mängel zurückbleiben würden, die über unerhebliche, stets außer Betracht zu lassende Mängel iS des § 932 Abs 2 ABGB hinausgehen, so wären die Mängel - bei wirtschaftlicher Unvertretbarkeit der gänzlichen Neuherstellung - als unbehebbar anzusehen gewesen; der Kläger hätte dann das unzureichende Verbesserungsangebot des Beklagten nicht annehmen müssen und die gänzliche Aufhebung des Vertrages verlangen können. Ein schon vor der Verbesserung feststehendes Zurückbleiben unwesentlicher, den ordentlichen Gebrauch zwar nicht verhindernder, aber immerhin noch wirtschaftlich relevanter Schönheitsfehler hätte der Kläger nicht hinnehmen müssen, da die Mängel in ihrer Gesamtheit wesentlich waren. Diese Sachlage war aber nicht gegeben, weil die (teilweise) Neuherstellung des Werkes in allen jenen Bereichen, in denen die "Ebenflächigkeit" der Fassade durch bloße Reparaturarbeiten nicht erreicht werden konnte, zur Beseitigung aller, auch unwesentlicher Mängel geeignet war und nur der (genaue) Umfang des zu reparierenden und des zu erneuernden Bereiches nicht feststand. Der Beklagte, der sich zur teilweisen Erneuerung des Werkes - sogar in einem größeren Umfang, als später vom Sachverständigen vorgeschlagen - bereit erklärte, hat damit, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, ein taugliches Verbesserungsangebot gemacht, das der Kläger nicht von vorneherein ablehnen durfte. Bei Verbesserung eines Werkes ist der (genaue) Umfang der zur ordnungsgemäßen Instandsetzung notwendigen Arbeiten sehr häufig erst erkennbar, wenn diese Arbeiten bereits im Gange sind. Schon zur Zeit der Verhandlungen der Streitteile stand aber fest, daß eine komplette Neuherstellung des Werkes zur Verbesserung nicht erforderlich war. Der Kläger hatte sich nicht für das Abgehen vom Vertrag, sondern für die Verbesserung entschieden und durfte daher das Angebot des Beklagten, den Vollwärmeschutz teilweise zu bearbeiten und nur in Teilbereichen komplett zu erneuern, nicht ablehnen.

Mängel in Form von Flecken wurden nicht behauptet, so daß die ausdrückliche Zusicherung der "Fleckenfreiheit" keine Bedeutung hat. Nicht zu sanierende Unebenheiten wären durch Neuherstellung zu beseitigen gewesen. Die Behauptung des Revisionswerbers, daß die gesamte Neuherstellung ungefähr denselben Aufwand wie die Sanierung erfordert hätte, widerspricht der Aktenlage, da schon die gänzliche Beseitigung des mangelhaften Vollwärmeschutzes (ohne allenfalls notwendige Nebenarbeiten) S 55.979,20 kostet.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41,50 ZPO.

Anmerkung

E13539

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0040OB00521.88.0315.000

Dokumentnummer

JJT_19880315_OGH0002_0040OB00521_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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