Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als Richter in der Pflegschaftssache der mj. Sonja A***, geboren am 25. Juni 1971, und des mj. Martin A***, geboren am 6. April 1977, infolge Revisionsrekurses des Vaters Ing. Wolfgang A***, Werbegraphiker, Zierleitengasse 67, 1190 Wien, vertreten durch Dr. Otto Kern, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 8. Jänner 1988, GZ 47 R 1047/87-46, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Liesing vom 4. November 1987, GZ 1 P 132/87-43, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Das Erstgericht erkannte den Vater in Erhöhung der ihm bisher obliegenden Unterhaltsverpflichtung schuldig, zum Unterhalt der mj Sonja ab 30. April 1987 monatlich S 5.500,-- und zum Unterhalt des mj Martin ab 30. April 1987 monatlich S 4.900,-- zu bezahlen. Den Antrag des Vaters, die ihm obliegende Unterhaltsverpflichtung bis einschließlich 31. Juli 1987 für die mj Sonja mit monatlich S 5.120,-- und für den mj Martin mit monatlich S 4.420,-- und ab 1. August 1987 mit monatlich S 1.000,-- für jedes der beiden Kinder festzusetzen, wies es ab.
Das Erstgericht stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:
Der Vater war in den Jahren 1977 bis 1980 als Angestellter bei der Firma F*** beschäftigt und arbeitete dann bis zum Jahr 1986 als selbständiger Graphiker. Dann war er vom 1. Oktober 1986 bis 31. Juli 1987 wieder bei der Firma F*** als Abteilungsleiter mit einem monatlichen Nettoeinkommen von rund S 32.300,-- beschäftigt. Sein neuerliches Ausscheiden aus dieser Firma begründete der Vater im wesentlichen damit, daß er sehr viele Überstunden leisten habe müssen, die durch die ihm gewährte pauschalierte Überstundenzahlung von 20 Stunden im Monat nicht abgegolten worden seien. Da sich die Firma F*** nicht bereit gefunden habe, die tatsächlich geleisteten Überstunden entsprechend abzugelten, habe der Vater gekündigt. Er ist aber weiterhin als selbständig tätiger Werbegraphiker bei der Firma F*** beschäftigt. Über seine tatsächlichen Einkommensverhältnisse als Selbständiger könne der Vater vor Ablauf eines Geschäftsjahres keine Aussagen machen.
Der Vater hat nur für die beiden ehelichen Kinder zu sorgen. Die Mutter befand sich im Krankenstand und bezog ein monatliches Krankengeld von S 10.000,--. Seit Oktober 1987 bezieht sie Arbeitslosengeld. Sie bewohnt mit den Kindern eine Genossenschaftswohnung mit einem monatlichen Mietzins von S 6.300,--.
Rechtlich führte das Erstgericht im wesentlichen aus, für die Unterhaltsentscheidung sei davon auszugehen, daß der Vater nicht gezwungen gewesen sei, seine unselbständige Tätigkeit als Abteilungsleiter bei der Firma F*** mit einem monatlichen Nettoeinkommen von S 32.300.-- aufzugeben. Sein freiwilliges Ausscheiden aus dieser Firma und die angebliche finanzielle Schlechterstellung durch die selbständige Tätigkeit ab 1. August 1987 könne nicht zu einer Verkürzung des Unterhaltsanspruches der Kinder führen. Vielmehr sei im Hinblick darauf, daß das Einkommen des Vaters aus seiner selbständigen Tätigkeit nicht vor Ablauf eines Wirtschaftsjahres festgestellt werden könne, vom Einkommen des Vaters bei der Firma F*** auszugehen, demnach von einer Unterhaltsbemessungsgrundlage von monatlich rund S 32.300,--. Die Mutter erfülle ihre Unterhaltsverpflichtung durch die Betreuung der Kinder im eigenen Haushalt. Unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Kinder erscheine unter diesen Umständen ein Unterhalt vom monatlich S 5.500,-- für die mj Sonja und ein solcher von S 4.900,-- monatlich für den mj Martin erforderlich und ausreichend, um die Bedürfnisse der Kinder in angemessener Weise zu decken. Die dem Vater auferlegten Unterhaltsleistungen seien ihm auf Grund seiner Einkommensverhältnisse als wirtschaftlich tragbar zuzumuten. Dem gegen diese Entscheidung des Erstgerichtes gerichteten Rekurs des Vaters gab das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluß keine Folge.
Das Rekursgericht führte im wesentlichen aus, es sei unbestritten, daß der Vater bis 31. Juli 1987 als Abteilungsleiter bei der Firma F*** ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von S 32.300,-- bezogen habe und daß er keine weiteren Sorgepflichten habe. Ausgehend von dieser Bemessungsgrundlage würde ein Unterhaltsbetrag von ca. S 6.400,-- monatlich für die mj Sonja bzw. von S 5.800,-- für den mj Martin der finanziellen Leistungsfähigkeit des Vaters entsprechen. Lediglich mit Rücksicht auf die Bedürfnisse der Kinder habe das Erstgericht die prozentuelle Komponente nicht voll ausgeschöpft.
Es könne dahingestellt bleiben, ob der Vater sein Dienstverhältnis bei der Firma F*** aus zwingenden Gründen gelöst oder ob er in der Absicht, sich seiner Unterhaltsverpflichtung zu entziehen, seine Tätigkeit als Abteilungsleiter aufgegeben habe, weil unter Zugrundelegung der Darstellung des Vaters über seinen Berufsverlauf davon ausgegangen werden könne, daß sich die Höhe seines Einkommens auch nach Beendigung seiner unselbständigen Tätigkeit nicht vermindert habe. Wie der Vater selbst zugebe, rentiere sich die selbständige Tätigkeit als Werbegraphiker im Lauf der Zeit insofern, als man nach einigen Jahren wesentlich mehr verdienen könne als ein angestellter Werbegraphiker. Der Vater habe von 1980 bis 1986 als selbständiger Werbegraphiker gearbeitet und habe in dieser Zeit zweifellos ein Einkommen erzielen können, das etwa dem als Abteilungsleiter entsprochen habe. Wäre er nämlich als selbständiger Werbegraphiker erfolglos gewesen, hätte ihn die Firma F*** zweifellos nicht als Abteilungsleiter aufgenommen. Es sei völlig unglaubwürdig, wenn der Vater darzustellen versuche, er sei nach Beendigung des Dienstverhältnisses mit der Firma F*** gezwungen, sich einen Kundenstock völlig neu aufzubauen. Der Vater könne vielmehr fast unmittelbar an die von ihm bis 1986 aufgebauten Geschäftsbeziehungen anknüpfen, zumal er ja auch während der Zeit seiner Tätigkeit bei der Firma F*** mit demselben Kundenstock zu tun gehabt habe und sein mehrmaliger Wechsel zwischen selbständiger und unselbständiger Tätigkeit offensichtlich nur unter Berücksichtigung steuer- und sozialversicherungsrechtlicher Aspekte erfolgt sei, ohne daß sich an Art oder Inhalt der Tätigkeit dadurch irgendetwas geändert hätte. Es sei daher auch für die Zeit ab 1. August 1987 von einer Bemessungsgrundlage von S 32.300,--
auszugehen.
Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, "daß der Unterhalt für die beiden Kinder Sonja und Martin ab Antragsdatum - 7. August 1987 - mit S 5.120,-- für Sonja und S 4.420,-- für Martin bis einschließlich 31. Juli 1987 ebenso festgesetzt wird wie die Unterhaltsverpflichtung ab 1. August 1987 für beide Kinder bis auf weiteres mit je S 1.000,-- monatlich".
Rechtliche Beurteilung
Dieses Rechtsmittel ist unzulässig und verspätet.
Gemäß § 14 Abs 2 AußStrG sind Rekurse gegen Entscheidungen der zweiten Instanz über die Bemessung gesetzlicher Unterhaltsansprüche unzulässig. Zur Bemessung gehört nach ständiger Rechtsprechung (Jud 60 = SZ 27/177 uva) die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen. Zum Bemessungskomplex gehört die Frage der Höhe der Bemessungsgrundlage (EFSlg. 49.878 uva) ebenso wie die Frage, ob nach den Grundsätzen der sogenannten "Anspannungstheorie" vom Unterhaltspflichtigen die Erzielung eines bestimmten Einkommens vorausgesetzt werden kann (EFSlg. 49.872 uva). Nur derartige Bemessungsfragen betrifft aber der Revisionsrekurs des Vaters. Im Sinne der Vorschrift des § 14 Abs 2 AußStrG sind Rekurse gegen Entscheidungen der zweiten Instanz über die Bemessung gesetzlicher Unterhaltsansprüche aus welchen Gründen immer unzulässig (EFSlg. 49.864 uva). Im Sinne dieser Gesetzesstelle ist daher das vorliegende Rechtsmittel des Vaters unzulässig.
Es ist darüber hinaus aber auch verspätet. Die Entscheidung des Rekursgerichtes wurde dem Vertreter des Vaters am 2. Februar 1988 zugestellt, der Revisionsrekurs aber erst am 18. Februar 1988, also nach Ablauf der im § 11 Abs 1 AußStrG normierten vierzehntägigen Rechtsmittelfrist, zur Post gegeben. Eine Berücksichtigung dieses verspäteten Rechtsmittels im Sinne des § 11 Abs 2 AußStrG käme nicht in Betracht, weil sich die Entscheidungen der Vorinstanzen nicht ohne Nachteil der Kinder abändern ließen.
Der vorliegende Revisionsrekurs des Vaters ist daher zurückzuweisen.
Anmerkung
E13510European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0020OB00529.88.0315.000Dokumentnummer
JJT_19880315_OGH0002_0020OB00529_8800000_000