TE OGH 1988/3/15 5Ob355/87

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Veröffentlicht am 15.03.1988
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö*** L*** A***, Am Hof 2, 1010 Wien, vertreten durch

Dr. Wilhelm Grünauer und Dr. Wolfgang Putz, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Martin S***, Rechtsanwalt, Freiung 12, 4600 Wels, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Hildegard L***, Hausbesorgerin, Manglburg 10, 4710 Grieskirchen, wegen Feststellung einer Konkursforderung von S 312.828,64 infolge Revision beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 4. Juni 1987, GZ 4 R 60/87-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 27. November 1986, GZ 9 Cg 149/86-6, teils abgeändert und teils bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Beiden Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 9. Februar 1983 unterschrieben die Ehegatten Hildegard und Franz L*** ein von der klagenden Bank als "Ermächtigungsschreiben" bezeichnetes Schriftstück, womit sie erklärten, zur Sicherstellung und allfälligen Abdeckung aller gegen den Schuldner Franz L*** aus dem von der Bank eingeräumten Kredit zustehenden Forderungen und Ansprüche einen Wechsel mit Blankoakzept zu übergeben und die Bank zu ermächtigen, diesen Blankowechsel bis zur Höhe der gegen den Schuldner erwachsenen Forderung auszufüllen und als Aussteller zu fertigen und damit den Wechsel jederzeit fällig zu stellen und geltend zu machen, und schließlich auch, daß sie die beglaubigten Buchauszüge als Beweis für den Bestand der Ansprüche gegen den Schuldner anerkennen. Zugleich übergaben die Ehegatten der Bank ein nur mit ihren Unterschriften als Akzeptanten versehenes sonst nicht ausgefülltes Wechselformblatt.

Am 18. März 1986 wurde zu S 10/86 des Kreisgerichtes Wels über das Vermögen der Hildegard L*** auf deren Antrag der Konkurs eröffnet. Die klagende Bank meldete am 18. April 1986 ihre Forderung mit S 312.828,64 an und führte in der Anmeldung aus, die Gemeinschuldnerin habe durch die Mitfertigung des Blankoakzeptes samt Ermächtigungsschreiben die wechselmäßige Solidarhaftung für diese Forderung übernommen. Als Beweis bot die Bank das Blankoakzept samt Ermächtigungsschreiben und den Akt AZ S 9/86 des Kreisgerichtes Wels an. Ebenfalls am 18. März 1986 war über das Vermögen des Franz L*** der Konkurs eröffnet worden. In diesem Verfahren zu AZ S 9/86 des Kreisgerichtes Wels wurde die angemeldete Forderung der klagenden Partei mit S 312.828,64 auf Grund der diesen Saldo ausweisenden Kontoabschlußrechnung festgestellt. Dagegen hat der beklagte Masseverwalter die zugleich im Konkurs über das Vermögen der Hildegard L*** angemeldete Forderung in der Prüfungstagsatzung am 15. Mai 1986 mangels Vorlage von Unterlagen bestritten. Die klagende Partei übermittelte dem Masseverwalter am 5. Juni 1986 Ablichtungen des Blankowechsels und des Ermächtigungsschreibens sowie des Kontoabschlusses.

Am 18. September 1986 erhob die klagende Bank gegen den Masseverwalter die auf Feststellung der Konkursforderung mit S 312.828,64 gerichtete Klage. Die Gemeinschuldnerin habe die wechselmäßige Mithaftung für die mit diesem Betrag aushaftende Kreditverbindlichkeit ihres Ehegatten übernommen. Der Masseverwalter habe, obwohl die Forderung im Konkurs über das Vermögen des Franz L*** unbestritten blieb und ihm Beweismittel übersendet wurden, diese Forderung bestritten.

Der beklagte Masseverwalter beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Die Forderungsanmeldung sei ungenügend. Die nachgereichten Urkunden reichten nicht hin, den Bestand der Forderung nachvollziehen zu können. Es sei nicht überprüfbar, um welchen Kredit es sich handle und ob dieser fällig sei. Eine Verpflichtung aus dem Wechsel könne nicht vorliegen, weil das Blankoakzept bisher nicht ausgefüllt wurde.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es kam bei der rechtlichen Beurteilung des eingangs dargestellten Sachverhalts zu dem Ergebnis seiner rechtlichen Beurteilung, daß sich die klagende Partei auf die wechselmäßige Mithaftung stütze, ein gültiger Wechsel aber nicht bestehe, weil die klagende Partei nicht einmal behauptet habe, daß das von Hildegard L*** mit dem Blankoakzept versehene Wechselformular durch Ausfüllung vervollständigt wurde. Das Berufungsgericht änderte über die Berufung der klagenden Partei das Urteil des Erstgerichtes teilweise ab. Es entschied, daß die von der klagenden Partei angemeldete Konkursforderung von S 312.828,64 bedingt durch die nachfolgende Ausfüllung des Blankowechsels zu Recht besteht, daß aber das Mehrbegehren auf Feststellung der Forderung als unbedingte Konkursforderung abgewiesen werde. Es führte dazu aus:

Das Ermächtigungsschreiben vom 9. Februar 1983 enthalte keine von der Wechselhaftung unabhängige Verpflichtung der Hildegard L***. Die klagende Partei könne sich daher nur auf die Wechselhaftung stützen, die aber, solange das Blankett unausgefüllt sei, nur eine bedingte Forderung im Sinne des § 16 KO gewähre. Bis dahin bestehe ein bedingtes Konkursgläubigerrecht des Blankettinhabers, in dessen Belieben es gestellt sei, von der Ausfüllungsermächtigung Gebrauch zu machen und die Bedingung durch Vervollständigung des Wechsels zu erfüllen. Die Annehmer des Wechsels könnten nach Art. 47 Abs 2 WG einzeln und ohne Bindung an eine Reihenfolge in Anspruch genommen werden. Der volle Betrag der ausständigen Forderung könne im Konkurs eines jeden der nach Art. 47 Abs 1 WG solidarisch haftenden Wechselschuldner geltend gemacht werden. Nach § 103 Abs 1 KO seien in der Forderungsanmeldung die Beweismittel, die zum Nachweis der behaupteten Forderung beigebracht werden können, nur zu bezeichnen. Die Anmeldung sei weder unwirksam noch unschlüssig, wenn die Beweisstücke (Urkunden) nicht beigefügt seien. Der Masseverwalter sollte den Gläubiger zugleich mit der Bestreitung auffordern, die fehlenden Nachweise vorzulegen. Es sei daher ohne Bedeutung, daß die klagende Partei ihrer Forderungsanmeldung die Beweisurkunden nicht angeschlossen habe und der Masseverwalter die ihm übermittelteten Nachweise für unzureichend ansah. Das Akzept der Hildegard L*** habe nur der Besicherung der gegen ihren Ehegatten als Kreditschuldner gerichteten Forderung gedient. Im Eingehen einer solchen Wechselverbindlichkeit zwecks wechselmäßiger Gutstehung für eine fremde Schuld liege weder eine Bürgschaft noch ein Schuldbeitritt nach bürgerlichem Recht. Ein Mangel der Fälligkeit sei zufolge § 14 Abs 2 KO nicht erkennbar. Die Feststellung einer bedingten Konkursforderung stelle gegenüber dem auf Feststellung einer unbedingten Konkursforderung gerichteten Begehren ein "minus" dar. Die Forderungsanmeldung berechtigte den Masseverwalter nicht zur gänzlichen Bestreitung. Er hätte nach Vorlage der Urkunden die gänzliche Bestreitung zurückziehen und die Forderung nachträglich als bedingte Konkursforderung anerkennen müssen.

Eine Bewertung des gesamten Begehrens bedürfe es nicht, weil die Geldsumme der Forderung den Streitgegenstand bestimme, es sei aber auszusprechen, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 15.000,-- nicht aber auch S 300.000,-- und der von der Bestätigung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 60.000,-- nicht aber auch S 300.000,-- übersteige. Die Revision sei nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zuzulassen, weil eine neuere Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu der Frage fehle, welchen Erfolg eine unbedingte Forderungsanmeldung im Konkurs auf Grund eines Blankowechselakzeptes haben könne.

Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes haben beide Parteien Revision erhoben. Die klagende Partei meint mit ihrer Rechtsrüge, die "verkleidete Wechselbürgschaft" stelle eine Sicherungsabrede eigener Art dar, die das Grundgeschäft für die Wechselverbindlichkeit bilde. Das Grundgeschäft für das das Blankoakzept zur Besicherung übergeben wurde, sei unabhängig vom Ausfüllen des Wechsels gegeben und begründe die Unbedingtheit der angemeldetetn Forderung. Die klagende Partei beantragt die Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen in die Feststellung der Konkursforderung.

Der beklagte Masseverwalter rügt als Mangelhaftigkeit des Verfahrens den Verstoß gegen § 405 ZPO, weil es sich bei der Feststellung der bedingten Forderung um ein "aliud" handle, das durch das Begehren nicht gedeckt sei. In der Annahme, daß dem Begehren eingeschränkt stattzugeben sei, liege eine unrichtige rechtliche Beurteilung. Eine bedingte Forderung müsse schon in der Anmeldung als bedingt bezeichnet werden, denn sie gewähre lediglich Sicherstellung für den Fall des Eintrittes der Bedingung. Der klagenden Partei fehle das Rechtsschutzinteresse an der Feststellung ihrer bedingten Forderung, weil sie den Wechsel jederzeit hätte ausfüllen können. Die beklagte Partei strebt daher die Wiederherstellung des das Klagebegehren zur Gänze abweisenden Urteils der ersten Instanz an.

Beide Teile beantragen, der Revision des Gegners nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsmittel sind schon nach § 502 Abs 4 Z 2 ZPO zulässig, denn das Berufungsgericht hat über einen Streitstand entschieden, der an Geld S 300.000,-- übersteigt, weil auch bei der Klage auf Feststellung des Bestehens der Geldforderung nach § 110 KO deren Geldbetrag maßgebend ist (Fasching IV 231; Fasching ZPR Rz 265; SZ 31/159). Nach dem Bewertungsausspruch überschreitet in jedem Fall der Beschwerdegegenstand auch S 15.000,-- (§ 502 Abs 2 Z 2 ZPO). Der weiteren Voraussetzungen nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO bedarf es nicht (Petrasch, ÖJZ 1983, 175; Fasching ZPR Rz 1880). Die Revisionen sind nicht berechtigt.

Ohne Rechtsirrtum hat das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit dem Erstgericht erkannt, daß das Schreiben vom 9. Februar 1983 für sich allein keinen Rechtsgrund für die im Konkurs gegen Hildegard L*** geltend gemachte Forderung schafft, hat sie doch damit ausschließlich die Mithaftung aus dem Wechsel übernommen, den sie mit dem Blankoakzept und der Ausfüllungsermächtigung der klagenden Bank übergeben hat. Diese Haftung aus dem Wechsel tritt aber erst ein, wenn eine Vervollständigung stattgefunden hat. Die Verpflichtung des Gebers bei Begebung des Wechselblanketts ist in ihrer Wirksamkeit durch die vollständige Ausfüllung des Wechsels rechtlich bedingt. Der Blankowechsel wird erst mit der Einfügung des letzten unentbehrlichen Bestandteils zum Vollwechsel. In jeder Hingabe des Blankoakzeptes liegt schon die Ermächtigung des Empfängers, durch Ausfüllung des Formblattes nach Maßgabe des der Wechselbegebung zugrunde liegenden Vertrages einen vollständigen Wechsel herzustellen. Das Entstehen der Wechselverpflichtung ist, weil wesentliche Bestandteile des Wechsels bewußt offen blieben, von der Bedingung der nachträglichen Ausfüllung des Blanketts abhängig und die Rechte und Pflichten aus dem Papier entstehen mit dessen Vervollständigung rückwirkend auf den Zeitpunkt der Begebung (Kapfer, Handkommentar zum WG 64 f; Baumbach-Hefermehl WG15 Rz 1 zu Art. 10 WG; SZ 53/40). Die klagende Partei hat sich in ihrer Forderungsanmeldung auf die "wechselmäßige" Mithaftung der Gemeinschuldnerin bezogen und diesen Rechtsgrund unter Anbietung des "Blanko-Akzeptes" als Beweis ihrer Konkursforderung geltend gemacht. Schon daraus war eindeutig ersichtlich, daß es sich nur um eine durch die nachträgliche Vervollständigung des Wechselblanketts bedingte Forderung im Sinne des § 16 KO (vgl. Bartsch-Pollak3 II 123 Anm. 41 mwH) handelte, die einen Anspruch auf Sicherstellung der Zahlung für den Fall des Eintrittes der aufschiebenden Bedingung gab, wobei es der klagenden Partei freistand, die Bedingung alsbald durch das Ausfüllen des Wechselformblatts als Aussteller zu erfüllen und damit die Unbedingtheit der Konkursforderung herbeizuführen. Solange kein Vollwechsel vorliegt, fehlt es an der wechselmäßigen Haftung aus dem Papier.

Das Berufungsgericht hat daraus den zutreffenden rechtlichen Schluß gezogen, daß die Konkursforderung nicht als unbedingt festzustellen ist.

Der Oberste Gerichtshof hält aber auch in diesem Fall an der schon in SZ 56/196 dargelegten Rechtsansicht fest, daß im Prüfungsprozeß nach § 110 KO eine unbedingt angemeldete Forderung als aufschiebend bedingte Forderung festgestellt werden kann. Bei aufschiebend bedingten Forderungen hat der Gläubiger einen gegenüber dem Teilnahmerecht wegen einer unbedingten Forderung umfänglich zurückstehenden Teilnahmeanspruch, der statt auf Zahlung nur auf Sicherstellung mittels gerichtlichen Erlages gerichtet ist. Während der Schwebe der Bedingung darf der Teilnahmeanspruch des Gläubigers mit seiner bedingten Forderung nur mit dieser Beschränkung ausgeübt und festgestellt werden (Petschek-Reimer-Schiemer, Insolvenzrecht 117). Daß die klagende Partei in ihrer im Konkurs erstatteten Anmeldung und im Prüfungsprozeß auf diese Einschränkung nicht Bedacht nahm, rechtfertigt nicht die Abweisung, denn schon nach dem zur Anspruchsbegründung in der Forderungsanmeldung vorgetragenen Sachverhalt mußte klar sein, daß die in Anspruch genommene wechselmäßige Haftung von der Vervollständigung des Blanketts zu einem Vollwechsel abhängig war, und daher der zu gewährende Teilnahmeanspruch bloß umfänglich, also der Ausübung nach quantitativ geringer war. Das Begehren in der Anmeldung und im Prüfungsprozeß stellt kein "aliud" dar sondern geht über das berechtigte Begehren bloß umfänglich hinaus. Der Zuspruch des "minus" ist auch bei Feststellungsklagen nach § 110 KO zulässig. Das Berufungsgericht hat daher weder das Begehren überschritten, wenn es in Abänderung des Urteils des Erstgerichtes dem Klagebegehren dahin stattgab, daß die Bedingtheit der geltend gemachten Konkursforderung zum Ausdruck gebracht wurde, noch die Sache rechtlich unrichtig beurteilt.

Es liegen auch demnach die vom beklagten Masseverwalter geltend gemachten Revisionsgründe nicht vor.

Bei der Kostenentscheidung ist davon auszugehen, daß beide Revisionswerber unterlegen sind und daher keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten ihrer Rechtsmittel haben. Die jeweils dem Gegner zu ersetzenden Kosten der Revisionsbeantwortung sind gleich hoch und daher gegeneinander aufzuheben.

Anmerkung

E13801

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0050OB00355.87.0315.000

Dokumentnummer

JJT_19880315_OGH0002_0050OB00355_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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