Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 16.März 1988 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Reisenleitner, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schumacher als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Franz S*** wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127 Abs. 1, 129 Z 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 26.Jänner 1988, GZ 14 Vr 3135/87-16, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten werden die Akten gemäß § 285 i StPO (nF) dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem oben näher bezeichneten Urteil wurde der 29jährige Franz S*** des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127 Abs. 1, 129 Z 2 StGB schuldig erkannt, weil er am 14. Dezember 1987 in Klagenfurt versucht hatte, Schmuckstücke im Wert von ca 3.000 S der Inge K*** durch Aufbrechen einer Schauvitrine mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Angeklagten dagegen aus den Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist zum Teil offenbar unbegründet, zum Teil entbehrt sie einer prozeßordnungsgemäßen Ausführung.
Mit seiner Verfahrensrüge (Z 4) bekämpft der Angeklagte die Abweisung des von ihm in der Hauptverhandlung am 26.Jänner 1988 gestellten Antrages, das (sichergestellte) Winkeleisen beizuschaffen und einen ärztlichen Sachverständigen zum Beweis dafür zuzuziehen, daß der Angeklagte nicht in der Lage gewesen sei, mit der linken Hand auf Grund seiner Lähmung ein Rundeisen zu ergreifen und eine Vitrine einzuschlagen (vgl S 92).
Der Schöffensenat hatte sein abweisliches Zwischenerkenntnis damit begründet, daß es weder sicher sei, ob die aufgefundene Eisenstange als Tatwerkzeug gebraucht wurde noch feststehe, daß der Angeklagte das Tatwerkzeug mit der linken Hand führte (vgl abermals S 92). Zusätzlich wird dem im Urteil (vgl US 10) beigefügt, daß die Behinderung des Angeklagten an der linken Hand ohnehin feststehe. Die Rüge geht fehl.
Indem sie sich nämlich im wesentlichen darauf stützt, die Zeugin P*** habe "dezidiert" angegeben, beobachtet zu haben, daß der Angeklagte mit der linken Hand einen Gegenstand aus dem Mantel gezogen habe, läßt sie zum einen unberücksichtigt, daß die genannte Zeugin ihre zunächst gemachten Angaben (vgl S 81 unten) später insoweit abschwächte, als sie deponierte, sie habe (bloß) "das Gefühl gehabt" der Täter habe den Gegenstand mit der linken Hand herausgenommen (vgl S 82 unten) und geht sie zum anderen daran vorüber, daß der Sachverständige zum Beweis dafür begehrt wurde, der Angeklagte sei nicht in der Lage gewesen, mit seiner gelähmten Hand ein Rundeisen zu ergreifen und eine Vitrine einzuschlagen, nicht aber dafür, seine Unfähigkeit, ein Eisen aus dem Mantel zu ziehen, zu dokumentieren. Daß dieses Thema in der Beschwerde nachgetragen wird, ist unbeachtlich, weil es bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit von Zwischenerkenntnissen allein auf die Antragstellung in erster Instanz ankommt (vgl Mayerhofer-Rieder StPO1 § 281 Abs. 1 Z 4 Nr 40 und 41).
Unbegründet ist aber auch die Mängelrüge (Z 5) des Beschwerdeführers, weil sie keine formalen Begründungsmängel in Ansehung entscheidender Tatsachen (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) zur Darstellung bringt, sondern im wesentlichen lediglich den im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen Versuch unternimmt, die Beweiskraft der Zeugin P*** - die den Angeklagten kurz nach der Tat und sodann mehrfach mit Sicherheit agnosziert hatte - in Zweifel zu setzen. Wenn die Beschwerde im einzelnen die Unterlassung einer detaillierten Auseinandersetzung damit rügt, daß bei der Untersuchung der Umgebung des Tatortes kein dunkler Mantel gefunden werden konnte, daß sich auf den Schuhsohlen des Angeklagten keine Glassplitter befanden, daß es ihm auf Grund seiner Gehbehinderung (Beinprothese) nicht möglich gewesen wäre, innerhalb einer Minute vor Eintreffen der Funkstreife den Tatort zu verlassen, daß er etwa 20 Minuten nach der Tat in der Nähe des Tatortes festgenommen wurde und es ihm ein Leichtes gewesen wäre, innerhalb dieser Zeit den Tatbereich zu verlassen und daß schließlich im Tatzeitpunkt (Nacht von Sonntag auf Montag) Vitrinen nicht beleuchtet zu sein pflegen, genügt es dem zu erwidern, daß im letztangeführten Punkt keinerlei Beweisergebnisse vorliegen und daß in Ansehung der übrigen nach der im § 270 Abs. 2 Z 5 StPO normierten gedrängten Begründungspflicht ins Detail gehende Erörterungen deshalb sanktionslos unterbleiben konnten, weil es notorisch und damit keiner Einlassung bedürftig ist, daß man sich in einer Stadt innerhalb kürzester Zeit verbergen und eines Kleidungsstücks entledigen kann, daß sich an den Schuhsohlen jemandes, der eine Scheibe zerschlagen hat, nicht unbedingt Splitter vorfinden müssen (zumal dann, wenn er zwischen Tat und Untersuchung geraume Zeit als Fußgänger unterwegs war) und daß endlich Täter - zumal solche mit Polizei- und Gerichtserfahrung - sich sehr häufig unmittelbar nach der Tat in Wartestellung verborgen halten, um sich nicht durch fluchtartiges Verlassen des Tatbereiches verdächtig zu machen.
Nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt ist schließlich die Rechtsrüge (Z 9 lit a) des Angeklagten, weil er sich mit dem darin erhobenen Vorwurf, im angefochtenen Urteil fehlten hinreichende Feststellungen zur subjektiven Tatseite, über die ausdrücklichen Entscheidungskonstatierungen, er habe die Schauvitrine mit dem Vorsatz aufgebrochen, sich durch die Zueignung der darin befindlichen Schmuckstücke unrechtmäßig zu bereichern bzw er habe durch das Einschlagen der Scheibe der Vitrine die in dieser befindlichen Schmuckstücke an sich nehmen wollen (vgl US 1, 2 und 10), hinwegsetzt und damit gegen den Grundsatz verstößt, daß die Ausführung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes ein striktes Festhalten an dem von der Tatsacheninstanz als erwiesen angenommenen Sachverhalt erfordert.
Nach dem Gesagten war mithin die Nichtigkeitsbeschwerde teils als offenbar unbegründet nach § 281 Abs. 1 Z 2 StPO, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt nach der Z 1 dieser Gesetzesstelle in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
Die übrigen Entscheidungen beruhen auf den bezogenen Gesetzesstellen.
Anmerkung
E13471European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0140OS00044.88.0316.000Dokumentnummer
JJT_19880316_OGH0002_0140OS00044_8800000_000