Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bruno R***, Abwäscher, Saalbach 341, vertreten durch Dr. Heinrich Schiestl, Dr. Monika Schiestl, Rechtsanwälte in Zell am See, wider die beklagten Parteien 1.) Hans H***, Pensionist, 2.) Gisela H***, Hausfrau, beide Viehhofen 191, beide vertreten durch Dr. Martin Stock, Rechtsanwalt in Zell am See, wegen S 332.529,70 samt Anhang infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 17. November 1987, GZ 4 R 169/87-40, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 8. April 1987, GZ 6 Cg 148/85-32, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 10.233,85 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 930,85 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die am 29. April 1978 geschlossene Ehe des Klägers mit Sigrid R***, der Tochter der Beklagten, wurde mit mündlich verkündetem Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 14. Oktober 1982, 4 Cg 363/82-4, aus beiderseitigem Verschulden geschieden. Nach der Verkündung des Urteiles verzichteten der Kläger und Sigrid R*** auf Rechtsmittel.
Mit Kaufvertrag vom 25. Juli 1979 erwarben Sigrid R*** und die Ehegattin ihres Bruders Berta H*** von den Beklagten das Grundstück 206 KG Viehhofen um den Kaufpreis von S 38.000,-- je zur Hälfte. Auf diesem Grund errichteten der Kläger und sein Schwager Wolfgang H*** unter zeitweiliger Mitwirkung des Erstbeklagten ein Zweifamilienhaus. Die Lasten des Hausbaues wurden zwischen dem Kläger und Wolfgang H*** geteilt. Beide wendeten für den Bau monatelang ihre gesamte Freizeit auf. Zur Finanzierung des Hauses und der Einrichtung gingen der Kläger und seine Ehegattin Kreditverbindlichkeiten in der Höhe von rund S 500.000,-- ein. Mit Kaufvertrag vom 28. Juli/12. August 1982 erwarben die Beklagten von Sigrid R*** deren Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ 277 KG Viehhofen mit dem Grundstück 206 Baufläche, Wohnhaus 191, samt der Einbauküche um den Preis von S 353.728,38. Der Kaufpreis war so kalkuliert, daß damit Kreditverbindlichkeiten der Sigrid R*** bei der Volksbank Saalfelden, bei der Raiffeisenkasse Saalbach-Viehhofen und bei der Salzburger Landeshypothekenbank abgedeckt werden konnten. Der Wert der gesamten Liegenschaft betrug S 989.380,--, der Wert der übernommenen Einbauküche beträgt rund S 30.000,--. Bei Abschluß dieses Kaufvertrages war die Ehe des Klägers mit Sigrid R*** bereits unheilbar zerrüttet. Die seinerzeitige Ehewohnung wird derzeit von Sigrid R*** benützt. Der Kläger begehrt mit der am 22. November 1983 erhobenen Klage den Zuspruch des Betrages von S 332.529,70. Durch den Kaufvertrag vom 28. Juli/12. August 1982 sei der gesetzlich vorgesehenen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens vorgegriffen worden. Der Kläger sei daher genötigt, seine ihm nach den §§ 81 ff EheG zustehenden Ansprüche gegen die Beklagten geltend zu machen, zumal diese den Nutzen und den Vorteil aus dem dem Kläger zustehenden Anteil an der Ehewohnung gezogen hätten. Durch diesen Kaufvertrag sei jedenfalls eine Vermögensverschiebung zugunsten der Beklagten eingetreten, die die einvernehmliche oder gerichtliche Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens hindere. Der Kläger hätte für den Hausbau und die Anschaffung der Einrichtung Leistungen in der Höhe des Klagsbetrages erbracht. Das Begehren werde auch auf den Titel des Schadenersatzes gestützt. Es liege ein vorsätzlicher sittenwidriger Eingriff in das Vermögen des Klägers vor. Der Erstbeklagte sei darauf aus gewesen, den Kläger wirtschaftlich und seelisch fertigzumachen. Er habe mit dem Vertrag die Schädigung des Klägers bezweckt. Der Kläger begehre nur den Ersatz seiner finanziellen Investitionen und seines persönlichen Einsatzes, der durch den Rückkauf der Liegenschaftshälfte und die Schuldübernahme seitens der Beklagten nicht geschmälert werden könne. Die Beklagten wendeten ein, die Volksbank Saalfelden habe sie auf die Rückstände aufmerksam gemacht, die Verbindlichkeiten des Klägers und seiner Gattin hätten sich relativ kurzfristig fast verdoppelt gehabt. Für diese Verbindlichkeiten hätten die Beklagten als Bürgen und Zahler gehaftet. Der Kläger habe sämtliche Rückzahlungen eingestellt, so daß sich die Beklagten, um nicht als Bürgen und Zahler in Anspruch genommen zu werden, entschlossen hätten, gegen Übernahme der offenen Kreditverbindlichkeiten die Liegenschaftshälfte von der Tochter zu kaufen. Dadurch habe auch eine drohende Zwangsversteigerung der Liegenschaftshälfte hintangehalten werden können. Die von den Beklagten für den Kauf der Liegenschaftshälfte EZ 277 KG Viehhofen übernommenen Verbindlichkeiten lägen weit über einem allfälligen Auseinandersetzungsanspruch des Klägers. Der Kläger sei durch die Schuldübernahme der Beklagten sogar besser gestellt als bei Nichtabschluß des Kaufvertrags. Einen Aufteilungsanspruch gegen seine geschiedene Gattin habe der Kläger nicht geltend gemacht. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge, hob das Urteil des Erstgerichtes gemäß § 496 Abs 1 Z 3 ZPO auf, ergänzte die Verhandlung gemäß § 496 Abs 3 ZPO und wies in der Sache selbst das Klagebegehren ebenfalls ab. Es stellte fest:
Der Kaufvertrag vom 28. Juli/12. August 1982 gehe vor allem auf das Betreiben des Erstbeklagten zurück. Da ein Teil der vom Kläger und seiner Gattin übernommenen Kreditverbindlichkeiten auf dem Liegenschaftsanteil der Sigrid R*** sichergestellt gewesen sei, habe der Erstbeklagte den Verlust des Hauses durch eine Zwangsversteigerung befürchtet. Ihm sei klar gewesen, daß seine Tochter in diesem Fall die Wohnung nicht werde behalten können. Außerdem habe er selbst Geld und Arbeit in das Haus investiert. Als der Kläger und der Sohn des Erstbeklagten in finanziellen Schwierigkeiten gewesen seien, habe er ihnen die Zentralheizungsanlage um S 50.000,-- abgekauft. Schließlich hätten die Beklagten als Solidarbürgen für die Kreditverbindlichkeiten ihrer Tochter und des Klägers bei der Volksbank Saalfelden in der Höhe von rund S 175.000,-- gehaftet. Daß der Erstbeklagte mit dem Ankauf der Liegenschaftshälfte die Absicht verfolgt habe, den Kläger zu schädigen und ihn um den Auseinandersetzungsanspruch aus der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens zu bringen, lasse sich nicht feststellen. Der Erstbeklagte habe kein Interesse an der Wohnung; es sei sogar amtsbekannt, daß er dem Kläger angeboten habe, ihm die Liegenschaftshälfte um jenen Betrag zu verkaufen, den er zur Schuldtilgung habe aufwenden müssen. Der Kläger selbst sei allerdings zum Ankauf der Liegenschaftshälfte nicht imstande gewesen. Dem Kläger stehe weder ein Schadenersatzanspruch wegen schikanöser Rechtsausübung noch wegen Eingriffes in fremde Forderungsrechte zu. Der wissentliche Eingriff in ein Forderungsrecht, das bewußte, in Schädigungsabsicht erfolgte Handeln zum Nachteil des Gläubigers, mache zwar schadenersatzpflichtig, ein solcher Eingriff habe sich aber nicht erweisen lassen. Dem Erstbeklagten sei es darum gegangen, seine Tochter von drückenden Schulden zu befreien und ihr ihre Liegenschaftshälfte zu erhalten. Der Vorwurf, rechtswidrig und schuldhaft gehandelt zu haben, könne ihn schon deshalb nicht treffen, weil er ohne erkennbaren Hintergedanken die eigenen, durchaus schutzwürdigen Interessen habe wahrnehmen wollen. Ein gesetzlicher Schuldbeitritt im Sinne des § 1409 ABGB, § 187 der 3. Teilnovelle sei zwar auch bei Aufteilungsansprüchen denkbar, wenn der Erwerber das gesamte Vermögen (die gesamte Kreditbasis) an sich gebracht habe. Ein allfälliger Aufteilungsanspruch des Klägers sei aber gemäß § 95 EheG erloschen; er habe diesen Anspruch innerhalb der gesetzlichen Fallfrist weder gegen seine Gattin noch gegen die Beklagten geltend gemacht.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist nicht berechtigt.
Sowohl ein Schadenersatzanspruch wegen Eingriffes in fremde Forderungsrechte (Verleitung zum Vertragsbruch, arglistiges Zusammenwirken mit dem Schuldner, Verletzung eines durch Besitz verstärkten und damit erkennbaren
Forderungsrechtes - MietSlg 38.002/42 mwN), ein gesetzlicher Schuldbeitritt nach § 1409 ABGB, § 187 der 3. Teilnovelle und eine Anfechtungsbefugnis nach der Anfechtungsordnung setzten voraus, daß dem Kläger gegen seine geschiedene Gattin überhaupt ein Forderungsrecht aus der Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse zustünde. Ein solcher Anspruch des Klägers gegen seine geschiedene Gattin besteht aber nicht. Der Kläger behauptet wohl, daß ihm nach Scheidung seiner Ehe ein Aufteilungsanspruch gegen seine Gattin nach den §§ 81 ff zugestanden wäre, ein solcher Anspruch wäre aber nach den §§ 229 ff AußStrG im außerstreitigen Verfahren geltend zu machen gewesen. Die gesetzlichen Aufteilungsregeln sehen im § 91 Abs 1 EheG den Ausgleich von Benachteiligungen vor, wenn ein Ehegatte ohne Zustimmung des anderen zwei Jahre vor Einbringung der Scheidungsklage durch einseitige Verfügung eheliches Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnisse in einer Weise verringert, die der Gestaltung der Ehegatten während der Lebensgemeinschaft widerspricht. Der Ehegatte, der eine solche Verfügung des anderen Gatten behauptet und daraus Ansprüche ableiten will, wird im Falle einer derartigen Verringerung der Aufteilungsmasse dadurch geschützt, daß im Aufteilungsverfahren fingiert wird, das Fehlende sei dem Verpflichteten schon durch Aufteilung zugekommen (EFSlg 49.006; SZ 55/192; JBl 1981, 429 ua; Pichler in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 91 EheG). Durch die Veräußerung der Liegenschaftshälfte konnte daher, waren die Voraussetzungen nach § 91 Abs 1 EheG gegeben, der erst festzusetzende Ausgleichsanspruch des Klägers keine Verminderung erfahren. Der Kläger hätte demnach im Aufteilungsverfahren konstitutiv die Bestimmung einer von seiner geschiedenen Gattin zu leistenden Ausgleichszahlung erreichen können. Wäre durch die Veräußerung des Liegenschaftsanteiles der Ehegattin an die Beklagten die erst im Verfahren festzusetzende Ausgleichszahlung uneinbringlich geworden, wäre der Kläger durch die Bestimmungen der Anfechtungsordnung geschützt gewesen (vgl. Pichler aaO Rz 2; Migsch in Floretta, Das neue Ehe- und Kindschaftsrecht 75). Ein Aufteilungsanspruch gegen seine Gattin, somit auch ein Ausgleich für Benachteiligungen nach § 91 Abs 1 EheG steht dem Kläger aber nicht mehr zu. Nach § 95 EheG erlischt der Anspruch auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse, wenn er nicht binnen einem Jahr nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe durch Vertrag oder Vergleich anerkannt oder gerichtlich geltend gemacht wird. Die Jahresfrist ist eine materiellrechtliche Fallfrist. Ihre Nichteinhaltung führt zum Anspruchsverlust (EFSlg 49.033, 43.816; SZ 55/129; Pichler aaO, Rz 1 zu § 95 EheG, Schwind, Kommentar zum Ehegesetz2 339). Der Kläger, der ausdrücklich die ihm gegen seine seinerzeitige Ehegattin aus den §§ 81 ff sich ergebenden Ansprüche gegen die beiden Beklagten geltend macht, versäumte aber diese Jahresfrist. Besteht aber infolge Anspruchsverlustes kein Aufteilungsanspruch gegen seine geschiedene Gattin, kann schon aus diesem Grund weder eine Haftung der Beklagten wegen Eingriffes in ein dem Kläger zustehendes Forderungsrecht noch eine gesetzliche Mithaftung oder die Möglichkeit der Anfechtung dieser Vermögensverschiebung nach § 2 AnfO gegeben sein. Schon aus diesem Grund ist der Revision der Erfolg zu versagen. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E13495European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0010OB00520.88.0316.000Dokumentnummer
JJT_19880316_OGH0002_0010OB00520_8800000_000