Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf.Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier, sowie die fachkundigen Laienrichter Mag.Dkfm. Reinhard Keibl und Alfred Klair als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Parteien 1. Dr. Erich B***, Graz, Leechgasse 55 a,
2. Dr. Heinrich K***, Graz, Panoramagasse 118, 3. Dr. Julius K***, Graz, Einspinnergasse 1, 4. Dr. Helmut L***, Graz, Humboldtstraße 47, 5. Dr. Siegfried S***, Graz, Leechgasse 56,
6. Dr. Hugo S***, Graz, Hilmteichstraße 19 und 7. Dr. Erich V***, Graz, Schillerstraße 26, alle Universitätsprofessoren und Klinikvorstände und vertreten durch Dr. Leopold Mittelbach und Dr. Josef Friedrich, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei L*** S***, vertreten durch Dr. Alfred Lind,
Rechtsanwalt in Graz, wegen Feststellung (Streitwert S 500.000,--) und 5 mal je S 1 Mio sA, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 22. Oktober 1985, GZ 2 Cg 53/85-12, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Arbeitsgerichtes Graz vom 11. April 1985, GZ 1 Cr 300/84-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Kläger sind schuldig, der beklagten Partei je ein Siebentel der mit insgesamt S 38.110,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon S 4.200,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Kläger sind ordentliche Professoren und Klinikvorstände der Universität Graz und gleichzeitig Leiter der fachlich entsprechenden Abteilungen des Landeskrankenhauses Graz, dessen Rechtsträger die beklagte Partei ist. Sie stehen in durch Sonderverträge geregelten Dienstverhältnissen zur beklagten Partei, auf die das Steiermärkische Landesvertragsbedienstetengesetz, LGBl 1974/125, anzuwenden ist. Nach diesen Sonderverträgen haben die Kläger neben einem festen Entgelt "für die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses Anspruch auf die Sondergebühren nach § 36 Abs 1 lit b des Steiermärkischen Krankenanstaltengesetzes 1957" (Stammfassung LGBl 1957/78; im folgenden: KALG) "nach den Modalitäten und in den Ausmaßen, wie sie von der Steiermärkischen Landesregierung generell und für den Einzelfall jeweils festgesetzt werden". In Verhandlungen mit der Steiermärkischen Landesregierung wurde der Anteil der Kläger an den Sondergebühren mit bestimmten festen (nur beim 6. Kläger degressiven) Prozentsätzen zwischen 17,8 und 33 % festgelegt. Nach Abschluß der aus den Siebzigerjahren datierenden Verträge der Kläger wurde das KALG mit Gesetz vom 23. März 1982, LGBl 1982/30 (5. KALG-Novelle), besonders in den §§ 36 bis 38 KALG und durch die Einfügung der §§ 37 a und 38 a KALG geändert. Auf Grund der §§ 36, 37 und 38 a KALG idF dieser Novelle erging die Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 27. Juni 1983, LGBl Nr. 40, über die Aufteilung der Ärztehonorare aus den Sondergebühren der Landeskrankenanstalten.
Die Kläger begehren die Feststellung, daß ihnen
bestimmte - zwischen 17,8 und 33 % näher bezifferte - Anteile an den Sondergebühren gemäß § 36 Abs 1 lit b KALG in der vor dem Inkraftreten der 5. KALG-Novelle gültigen Fassung zustehen, der Erst-, Zweit-, Dritt-, Fünft- und Siebentkläger außerdem die Zahlung von je S 1 Mio. aus dem Titel der bereits eingetretenen Kürzung der Sondergebührenanteile. Sie behaupten, die 5. KALG-Novelle und die dazu ergangene Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung LGBl 1983/40, hätten eine Neuregelung der Verteilung der Sodergebühren bezweckt. Der mit diesem Gesetz festgelegte Anteil des Landes an den Ärztehonoraren habe das für die Ärzte bestimmte Sondergebührenaufkommen verringert; die für die Ärzte verbleibende Sondermasse sei zu Lasten der Primarärzte und damit auch zu Lasten der Kläger neu verteilt worden. Dies habe zu einer krassen Verkürzung ihrer Ansprüche auf anteilige Sondergebühren geführt. Durch die §§ 37 und 38 a KALG idF der 5. KALG-Novelle und die dazu ergangene Verordnung LGBl 1983/40 sei zum Nachteil der Kläger in ihre Dienstverträge eingegriffen worden. Die genannten Gesetzesbestimmungen seien infolge Überschreitung der Gesetzgebungskompetenz durch den Landesgesetzgeber verfassungswidrig und demgemäß die auf Grund dieser Bestimmungen ergangene Verordnung gesetzwidrig. Jene (verringerten) Sondergebührenanteile, die sich aus der Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung LGBl 1983/40, ergeben, haben die Kläger erhalten.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens; sie widersprach der Ansicht der Kläger, daß die Bestimmungen der §§ 37 und 38 a KALG idF der 5. KALG-Novelle infolge Überschreitung von Gesetzgebungskompetenzen verfassungswidrig und demzufolge die auf diesen Bestimmungen beruhende Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung LGBl 1983/40, gesetzwidrig sei und verwies auf die durch die B-VG-Novelle 1974, BGBl. Nr. 74, geänderte Fassung des Art. 21 B-VG sowie darauf, daß sich § 38 a Abs 1 KALG nur auf Krankenanstalten beziehe, deren Rechtsträger das Land oder eine Gemeinde sei.
Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht war der Ansicht, daß es zur Beurteilung der Ansprüche der Kläger nur die Bestimmung des § 38 a KALG und die sich darauf beziehenden Teile der Verordnung LGBl 1983/40 anzuwenden habe. Gegen die Anwendung des § 38 a KALG aus dem Grunde der Verfassungswidrigkeit bestünden keine Bedenken, weil diese Bestimmung nur Dienstverhältnisse behandle, bei denen der Dienstgeber ein in Art. 21 Abs 1 B-VG genannter Rechtsträger sei. In der Revision brachten die Kläger vor, daß das Land Steiermark mit der 8. KALG-Novelle LGBl 1986/7, die §§ 37 und 38 a KALG neuerlich geändert und dadurch die bisherige Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmungen beseitigt habe. § 38 a KALG gelte seither nur für Ärzte, die Bedienstete des Landes und an einer öffentlichen Krankenanstalt tätig seien. Die Kläger regten an, der Oberste Gerichtshof möge beim Verfassungsgerichtshof den Antrag stellen, zu entscheiden, daß die §§ 37 und 38 a KALG idF der 5. KALG-Novelle verfassungswidrig gewesen seien und die Verordnung LGBl 1983/40 als gesetzwidrig aufgehoben werde.
Ferner beantragten die Kläger, ihrer Revision Folge zu geben und das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß ihrem Klagebegehren stattgegeben werde. Hilfsweise stellen sie einen Aufhebungsantrag. Die beklagte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Der Oberste Gerichtshof teilte - insbesondere im Hinblick auf die Erläuterungen zur 8. KALG-Novelle, wonach eine gesetzliche Regelung über Ansprüche von Konsiliarärzten auf Anteile an Sondergebühren durch Landesgesetz aus kompetenzrechtlichen Gründen nicht getroffen werden könne (S 6) - im wesentlichen die Bedenken der Revisionswerber und stellte beim Verfassungsgerichtshof die Anträge:
1. zu entscheiden, daß § 37 Abs 2 Satz 2 und Abs 3 und § 38 a Abs 1 bis 6 Steiermärkisches Krankenanstaltengesetz 1957, Nr. 78 idF der 5. KALG-Novelle LGBl 1982/30 verfassungswidrig waren,
2. die Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 27. Juni 1983 über die Aufteilung der Ärztehonorare aus den Sondergebühren der Landeskrankenanstalten, LGBl 1983/40 als gesetzwidrig aufzuheben, und hielt mit der Fortführung des Revisionsverfahrens bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes inne.
Der Verfassungsgerichtshof wies den Antrag festzustellen, daß der zweite Satz im Abs 2 des § 37 des Steiermärkischen Krankenanstaltengesetzes 1957, LGBl Nr. 78 idF LGBl Nr. 30/1982 verfassungswidrig war, zurück und gab im übrigen den Anträgen des Obersten Gerichtshofes keine Folge.
Der Verfassungsgerichtshof begründete sein Erkenntnis im wesentlichen damit, daß sich § 38 a KALG schon in der Fassung der 5. KALG-Novelle nur auf Ärzte in Krankenhäusern bezogen habe, deren Rechtsträger das Land oder eine Gemeinde in der Steiermark gewesen sei, so daß eine Kompetenzbestimmungen verletzende Regelung der Rechtsverhältnisse zu Konsiliarärzten nicht vorliege. Mit dieser Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes ist dem Anspruch der Kläger, den sie ausschließlich darauf stützten, daß durch ein verfassungswidriges Landesgesetz und eine gesetzwidrige Verordnung zu ihrem Nachteil in ihre Dienstverträge eingegriffen worden sei, die Grundlage entzogen.
Der Revision muß daher ein Erfolg versagt werden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Streitgenossenzuschlag gebührt auch dann, wenn der Gesamtstreitwert aus der Summe der Streitwerte der von mehreren Klägern erhobenen Ansprüche besteht.
Anmerkung
E13648European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:009OBA00046.88.0316.000Dokumentnummer
JJT_19880316_OGH0002_009OBA00046_8800000_000