TE OGH 1988/3/16 1Ob529/88

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Veröffentlicht am 16.03.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Maria B***, Angestellte, Wien 12., Hetzendorferstraße 78/4/5, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger, Dr. Peter Mardetschläger, Rechtsanwälte in Wien, wider den Antragsgegner Josef B***, ÖBB-Bediensteter, Breitenfurt, Altomontegasse 32, vertreten durch Dr. Karl Muzig, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 17. Dezember 1987, GZ 47 R 601/87-61, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 14. Mai 1987, GZ 3 F 2/85-53, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Antragstellerin ist schuldig, dem Antragsgegner die mit 10.198,65 S bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin enthalten 927,50 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Begründung:

Die am 5. November 1955 geschlossene Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 13. Dezember 1984, 4 Cg 325/84-3, aus dem Alleinverschulden des Antragsgegners geschieden. Aus der Ehe entstammt ein bereits volljähriger Sohn. Der Antragsgegner ist seit 1978 Nutzungsberechtigter der aus zwei Zimmern und Zubehör bestehenden Ehewohnung in Wien 12., Hetzendorferstraße 78/4/5. Der Baukostenzuschuß für diese Wohnung in der Höhe von 25.000 S wurde vom Antragsgegner mit einem Gehaltsvorschuß bezahlt. Beide Teile waren während aufrechter Ehe berufstätig. Die Kosten für die Haushaltsführung wurden gemeinsam bestritten. Die Streitteile sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 276 KG Katzelsdorf an der Zeil, Haus Nr. 33, Am Bach Nr. 10. Der Antragsgegner hatte der Antragstellerin eine Liegenschaftshälfte mit Schenkungsvertrag vom 8. November 1972 überlassen. Von 1974 bis 1980 wurde das auf der Liegenschaft befindliche Haus ausgebaut und erweitert. Dazu trug Rosa B***, die Mutter des Antragsgegners, mit einem Betrag von 120.000 bis 150.000 S durch Zahlung von Rechnungen bei. Nur das Parterre ist (vollständig) möbliert. Im ersten Stock ist nur ein Zimmer eingerichtet; dort wurde ein Kasten und ein Bett aufgestellt, damit man sich darin aufhalten könne. Zugunsten von Rosa B*** ist die Dienstbarkeit der Wohnung (des Zimmers an der Westseite samt Mitbenützung von Küche, Nebenräumen und Garten) einverleibt. Die Liegenschaft ist weiters belastet mit einem Pfandrecht in der Höhe von 122.000 S zugunsten des Wohnbauförderungsfonds für das Bundesland Niederösterreich und mit zwei Höchstbetragshypotheken zugunsten des Kreditvereins der Zentralsparkasse Wien in der Höhe von 1,300.000 S und 585.000 S. Das Darlehen des Wohnbauförderungsfonds für das Bundesland Niederösterreich haftete per 20. November 1986 mit 100.650 S und im zweiten Halbjahr 1987 mit 94.550 S aus. Die monatlichen Kreditrückzahlungsraten von 3159,40 S zahlt der Antragsgegner. Das Darlehen wurde für den Ausbau des Hauses verwendet. Die Hypothekarkredite zugunsten des Kreditvereins hafteten per 29. Juli 1986 mit 1,414.653 S und per 12. November 1987 mit 1,506.276,02 S aus. Die Streitteile übernahmen damit die Sachhaftung für ihrem Sohn zur Errichtung einer Tankstelle gewährte Kredite. Der Verkehrswert der Liegenschaft unter Berücksichtigung des Wohnrechtes der Rosa B*** beträgt 1,150.000 S. Von diesem Betrag sind die aushaftenden Darlehen in Abzug zu bringen. In den letzten Jahren trug der Antragsgegner sämtliche Kosten für die Liegenschaft. Bei Auflösung des Nutzungsvertrages für die Ehewohnung in Wien 12 würde ein valorisierter Baukostenzuschuß von 29.932 S zurückbezahlt werden. Der Wert des in der Ehewohnung befindlichen Hausrates beträgt 33.840 S; davon entfallen 2.200 S auf eine Stereoanlage. Der Antragsgegner nahm zur Abdeckung einer Gehaltskontenüberziehung und zur Reparatur seines PKWs bei der B*** einen Kredit in der Höhe von 40.000 S auf. Dieser Kredit war 1985 noch mit rund 20.000 S offen. Ein weiteres von der B*** zum Hausbau aufgenommenes Darlehen haftete mit 13. Dezember 1984 mit dem Betrag von 90.579,40 S aus. Beide Kreditrückzahlungen erfolgen durch den Antragsgegner. Der Rückkaufwert einer bei der G*** Allgemeine Lebensversicherungs-AG bestandenen Lebensversicherung betrug am 13. Dezember 1984 37.635 S.

In dem am 7. März 1985 eingeleiteten Aufteilungsverfahren sind sich die Parteien einig geworden, daß die Nutzungsrechte an der Ehewohnung und die darin befindlichen Fahrnisse mit Ausnahme der Stereoanlage sowie die Ansprüche aus der Lebensversicherung an die Antragstellerin übertragen werden und der Antragsgegner den bei der B*** in der Höhe von 40.000 S aufgenommenen Kredit zur Alleinzahlung übernimmt. Strittig ist, ob und wie eine Zuteilung der Liegenschaft EZ 276 KG Katzelsdorf an der Zeil und die Übernahme der für den Ausbau aufgenommenen Kredite zur Rückzahlung zu erfolgen hat. Die Antragstellerin beantragt, diese Liegenschaft nicht zuzuteilen. Die für den Ausbau aufgenommenen und zum Teil hypothekarisch sichergestellten Kredite sollen von jedem Teil zur Hälfte zurückbezahlt werden. Der Antragsgegner strebt die Übertragung des Hälfteanteiles der Antragstellerin an ihn an. Seine Mutter habe an diesem Haus ein Wohnrecht; sie habe ihm ein Bardarlehen von 120.000 S zugezählt, das er nach Tunlichkeit und Möglichkeit refundieren müsse; er habe bisher die für den Ausbau aufgenommenen Darlehen allein zurückgezahlt. Er sei bereit, die alleinige Haftung für die pfandrechtlich sichergestellten Schulden zu übernehmen. Im Rekursverfahren bot er weiters eine Ausgleichszahlung von 100.000 S an.

Das Erstgericht wies den Antrag des Antragsgegners, ihm die Liegenschaftshälfte der Antragstellerin an der EZ 276 KG Katzelsdorf an der Zeil zu übertragen, ab. Das auf der Liegenschaft haftende Darlehen des (richtig:) Wohnbauförderungsfonds für das Bundesland Niederösterreich und das für den Bau verwendete Restdarlehen der B*** seien von beiden Teilen je zur Hälfte zurückzuzahlen. Eine Zuweisung der Liegenschaftshälfte an den Antragsgegner könne nicht erfolgen, weil die Ehe der Streitteile aus dem Alleinverschulden des Antragsgegners geschieden worden sei und nach herrschender Rechtsprechung dem unschuldigen Teil bei der Vermögensauseinandersetzung nach Möglichkeit die bisherige Lebensgrundlage bewahrt bleiben solle.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragsgegners teilweise Folge. Es sprach aus, daß die der Antragstellerin gehörige Hälfte der Liegenschaft EZ 276 der KG Katzelsdorf an der Zeil an den Antragsgegner übertragen wird, der Antragsgegner sei schuldig, der Antragstellerin Zug um Zug gegen Übergabe der zur grundbücherlichen Übertragung des Hälfteanteiles geeigneten Erklärung den Betrag von 200.000 S zu bezahlen. Er habe weiters die Darlehen bei dem (richtig:) Wohnbauförderungsfonds für das Bundesland Niederösterreich und bei der B*** allein zurückzuzahlen und die Antragstellerin diesbezüglich vollkommen schad- und klaglos zu halten. Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erklärte es für zulässig. Aus dem Akteninhalt ergebe sich, daß es sich bei der Liegenschaft um einen Familienbesitz der Familie des Antragsgegners handle und daß es der Antragsgegner gewesen sei, durch dessen tatkräftigen Arbeitseinsatz die Renovierung bzw. Aufstockung des auf dieser Liegenschaft befindlichen Hauses durchgeführt worden sei. Die Antragstellerin habe seit der Trennung diese Liegenschaft nicht mehr benützt. Das Verschulden an der Ehescheidung könne für die Billigkeit der Entscheidung nur dann ein Kriterium sein, wenn es für die vermögensrechtliche Entwicklung während der Ehe im weitesten Sinn bedeutsam gewesen sei. Ein solcher Fall liege hier nicht vor. Durch die Übertragung des Hälfteanteiles an der Liegenschaft an den Antragsgegner werde für die Antragstellerin auch die bisherige Lebensgrundlage weder zerstört noch beeinträchtigt. Im übrigen widerspreche die vom Erstgericht getroffene Lösung dem Grundsatz des § 84 EheG, wonach die Aufteilung so vorgenommen werden soll, daß sich die Lebensbereiche der geschiedenen Ehegatten künftig möglichst wenig berührten. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten die eine ständige Quelle für Auseinandersetzungen bildenden Vermögensrechte und Bindungen der früheren Ehegatten nach Möglichkeit vollkommen aufgehoben werden. Es soll daher auch der Fortbestand von Miteigentum tunlichst vermieden werden. Der Bewahrungsgrundsatz des § 90 EheG habe hinter dem Grundsatz, daß sich die Lebensbereiche der geschiedenen Ehegatten künftig möglichst wenig berührten, zurückzutreten. Nun sei die Verwertbarkeit der Liegenschaft zweifellos erheblich erschwert, wenn nicht überhaupt unmöglich, solange darauf die beiden Pfandrechte im Höchstbetrag von 1,300.000 S und 585.000 S hafteten. Es wäre daher auch im Hinblick auf die Verpflichtung des Antragsgegners, das für den Ausbau verwendete B***-Darlehen allein zurückzuzahlen, eine Ausgleichszahlung nicht aufzuerlegen. Daß eine solche Lösung unbillig wäre, erkenne der Antragsgegner offenbar selbst, da er die Leistung einer Ausgleichszahlung von 100.000 S anbiete. Gehe man davon aus, daß der eheliche Sohn seit 1982 die seitens des Kreditvereines der Zentralsparkasse Wien gewährten Darlehen alleine zurückgezahlt habe, so sei die Einleitung exekutiver Schritte zur Zwangsversteigerung der Liegenschaft zwecks Hereinbringung dieser Darlehensforderungen auch für die Zukunft nicht sehr wahrscheinlich. Unter Berücksichtigung der der Antragstellerin nach fast 30-jähriger Ehe zugekommenen Vermögenswerte erscheine die Auferlegung einer Ausgleichszahlung von 200.000 S von Amts wegen angemessen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin, mit dem sie die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses allenfalls die Erhöhung der Ausgleichszahlung auf 500.000 S anstrebt, ist nicht berechtigt.

Das Rekursgericht ging zutreffend davon aus, daß der im § 90 Abs 1 EheG normierte Bewahrungsschutz des Eigentums an unbeweglichen Sachen hinter dem im § 84 EheG angeordneten Grundsatz, die Aufteilung solle so vorgenommen werden, daß sich die Lebensbereiche der geschiedenen Ehegatten möglichst wenig berühren, zurückzutreten hat (EFSlg 48.971, 46.379; SZ 55/45 ua). Um dies zu erreichen, soll insbesonders wenn Differenzen zu befürchten sind, der Fortbestand gemeinsamen Miteigentums tunlichst vermieden werden (EFSlg 48.972, 46.382; MietSlg 36.681; Pichler in Rummel, ABGB, Rz 8 zu §§ 83, 84 EheG). Die Antragstellerin kündigt in ihrem Revisionsrekurs an, sie wolle in Ausübung ihres Miteigentumsrechtes die Liegenschaft selbst benutzen. Damit wären aber die Lebensbereiche der Streitteile nicht getrennt, strebt doch eine Benützung auch der Antragsgegner, der mit einer anderen Frau in Lebensgemeinschaft lebt, an; der Mutter des Antragsgegners steht an Räumen des Hauses ein dingliches Wohnrecht zu. Eine gemeinsame Benutzung durch die Antragstellerin und den Antragsgegner, dessen Lebensgefährtin und dessen Mutter ist aber untunlich. Bei der von der Antragstellerin angestrebten Lösung könnte die Aufhebung der Gemeinschaft durch jeden Teilhaber gemäß § 830 ABGB voraussichtlich auf längere Zeit nicht verhindert werden. Da die Antragstellerin die Nutzungsrechte an der Ehewohnung übertragen erhielt und die Liegenschaft in Katzelsdorf an der Zeil immer im Besitz der Familie des Antragsgegners war, entspricht die Rückübertragung ihres Hälfteanteiles an den Antragsgegner unter Übernahme der darauf beide Streitteile auch persönlich treffenden Lasten der Billigkeit. Eine Folge der Übertragung des Miteigentumsanteiles der Antragstellerin an den Antragsgegner ist gemäß § 94 Abs 1 EheG die Auferlegung einer vom Antragsgegner zu leistenden Ausgleichszahlung. Durch die bestehende Sachhaftung zugunsten des gemeinsamen ehelichen Sohnes erscheint derzeit eine Verwertung der Liegenschaft unrealistisch. Es kann dann aber auch unter Berücksichtigung der Belastung mit dem Wohnrecht zugunsten der Mutter des Antragsgegners und der dadurch gegebenen Verminderung des Ertragswertes nicht gesagt werden, daß die vom Rekursgericht bestimmte, vom Antragsgegner nicht bekämpfte Ausgleichszahlung in der Höhe von 200.000 S unbillig erschiene.

Dem Revisionsrekurs ist nicht Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf § 234 AußStrG, §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E13492

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0010OB00529.88.0316.000

Dokumentnummer

JJT_19880316_OGH0002_0010OB00529_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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