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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
GGG 1984 §18 Abs2 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Twardosz, LL.M., über die Beschwerde des JH und der WH in M, beide vertreten durch Dr. Klaus Dengg, Mag. Stefan Geisler und Mag. Markus Gredler, Rechtsanwälte in 6280 Zell am Ziller, Talstraße 4a, gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichtes Innsbruck vom 25. April 2005, Zl. Jv 2047-33/05, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 26. August 2004 erhoben die Beschwerdeführer vor dem Bezirksgericht Zell am Ziller Klage gegen Christa B. auf Zahlung von rückständigem Mietzins (für die Monate Juli und August 2004) und auf Räumung eines näher bezeichneten Bestandobjektes. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 8. November 2004 schlossen die Streitteile folgenden (unbedingten) Vergleich:
"1. Die Beklagte verpflichtet sich, die Wohnung im Parterre des Hauses in Mayrhofen, bestehend aus .... zu räumen und geräumt an die Kläger zu übergeben. Sie verzichtet auf jedweden Räumungsaufschub und auf eine allfällige Verlängerung von Räumungsfristen.
2. Die beklagte Partei ist berechtigt, vor dem 30.6.2005 jederzeit die Wohnung zu räumen und geräumt an die Kläger zu übergeben.
3. Sämtliche laufenden monatlichen Mietzinse sind jeweils am Letzten des Monates zur Zahlung fällig. Festgehalten wird, dass sämtliche Mietzinse bis inkl. Oktober 2004 bereits bezahlt worden sind.
4. Die Parteien verzichten wechselseitig auf die Geltendmachung von Kostenersatzansprüchen aus diesem Verfahren."
Mit Zahlungsauftrag vom 17. März 2005 schrieb die Kostenbeamtin des Bezirksgerichtes den Beschwerdeführern unter Abzug der bereits entrichteten Pauschalgebühr für die Klage eine restliche Pauschalgebühr von EUR 1.050,50 zuzüglich einer Einhebungsgebühr vor; die Bemessungsgrundlage von insgesamt EUR 52.952,40 errechnete sie aus dem Teilbetrag von EUR 630,-- für die Räumung und dem Teilbetrag von EUR 52.322,40 (zehnfache Jahresleistung des monatlichen Mietzinses in der Höhe von EUR 436,02) zuzüglich eines zehnprozentigen Streitgenossenzuschlages.
In dem dagegen erhobenen Berichtigungsantrag vertraten die Beschwerdeführer die Ansicht, dass der gegenständliche Vergleich keine Wertänderung im Sinn des § 18 GGG beinhalte. Die Beklagte habe sich im Vergleich vom 8. November 2004 nicht verpflichtet, laufende monatliche Mietzinse bis zum Räumungstermin zu bezahlen. Im Punkt 3. des Vergleiches sei nur der Fälligkeitstermin für die monatlichen Mietzinszahlungen verlegt worden.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Berichtigungsantrag keine Folge. Entgegen dem Vorbringen im Berichtigungsantrag habe sich die Beklagte nach dem Inhalt des Vergleiches nicht nur zur Räumung, sondern sehr wohl auch zur Zahlung der bis dahin fälligen monatlichen Mietzinse verpflichtet. In der vereinbarten Verlegung der monatlichen Zahlungspflicht auf den Monatsletzten sei selbstverständlich auch die Verpflichtung zur tatsächlichen Zahlung der Mietzinse enthalten. Somit sei auf Grund dieser Verpflichtung auch die Gerichtsgebührenpflicht gegeben. Die Neuberechnung der Gerichtsgebühr nach Vergleichsabschluss gründe sich daher auf § 18 Abs. 2 GGG. In einem Vergleich, in dem sich die Beklagte zur Räumung des Bestandobjektes bis zu einem bestimmten Zeitpunkt sowie zur Zahlung des aktenkundigen Benützungsentgelts bis zum Räumungstermin verpflichte, sei als Bemessungsgrundlage für die Verpflichtung zur Leistung des Benützungsentgelts der zehnfache Wert der Jahresleistung als Bemessungsgrundlage für die zu entrichtenden Gebühren heranzuziehen. Der Einbeziehung des Bestandzinses in die Bemessungsgrundlage der Pauschalgebühr stehe auch nicht entgegen, dass die Höhe des Bestandzinses im Vergleich selbst nicht angeführt sei; es genüge, dass sich der Bestandnehmer neuerlich zur Entrichtung des Bestandzinses in der schon vorher vereinbarten Höhe verpflichtet habe.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde erachten sich die Beschwerdeführer insofern in ihren Rechten verletzt, als ihnen ohne Vorliegen der Voraussetzungen nach § 18 Abs. 2 GGG eine Gerichtsgebühr (von EUR 1.050,50) und eine Einhebungsgebühr nach § 6 Abs. 1 GEG auferlegt werde; sie beantragen die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 18 Abs. 1 GGG bleibt die Bemessungsgrundlage für das ganze Verfahren gleich. Wird der Wert des Streitgegenstandes infolge einer Erweiterung des Klagebegehrens geändert oder ist der Gegenstand des Vergleiches eine Leistung, deren Wert das Klagebegehren übersteigt, so ist die Pauschalgebühr nach § 18 Abs. 2 Z. 2 GGG unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes zu berechnen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führt ein Vergleich auch dann zu einer Neubewertung des Streitgegenstandes, wenn er in Ansehung eines gar nicht (mehr) strittigen Anspruches geschlossen bzw. wenn darin eine vertraglich schon bestehende Verpflichtung neuerlich übernommen wird. Selbst ein Vergleichspunkt, der allenfalls nur der Klarstellung gedient hat, ist dabei gebührenrechtlich von Bedeutung (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 2002, Zl. 2002/16/0226, mwN).
Der Einbeziehung des Bestandszinses in die Bemessungsgrundlage der Pauschalgebühr steht nicht entgegen, dass der Bestandzins im Vergleich selbst nicht angeführt ist, sondern aus dem Zusammenhalt mit dem Bestandvertrag zu entnehmen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 6. November 2002, Zl. 2002/16/0234, mwN). Es genügt, dass sich der Bestandnehmer neuerlich zur Entrichtung des Bestandszinses in der schon vorher vereinbarten Höhe verpflichtet hat. Für die Gebührenpflicht eines Vergleiches ist es überdies unbeachtlich, ob ein exekutionsfähiger Titel entstanden ist oder nicht (vgl. etwa das zitierte hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 2002).
Wird in einem Vergleich, in dem sich der Beklagte zur Räumung des Bestandobjektes bis zu einem bestimmten Zeitpunkt verpflichtet, die Zahlung des Benützungsentgelts ohne datumsmäßige Fixierung eines Endtermins vereinbart, so ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als Bemessungsgrundlage für die Verpflichtung zur Leistung des Benützungsentgelts der zehnfache Wert der Jahresleistung heranzuziehen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 7. August 2003, Zlen. 2003/16/0083 sowie 2003/16/0086, und zuletzt vom 30. Juni 2005, Zl. 2003/16/0116, jeweils mwN).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung die Frage, ob eine vergleichsweise getroffenen Bestandzinsvereinbarung "bis zur Räumung" auch eine Grundlage für eine Zahlungspflicht für den Fall verzögerter Räumung darstelle, im Wege der so genannten ergänzenden Vertragsauslegung (insbesondere unter Heranziehung des hypothetischen Parteiwillens, der Übung des redlichen Verkehrs, nach Treu und Glauben und der Verkehrsanschauung) in jenen Fällen, in denen im Vergleich dieser Fall nicht explizit geregelt wurde, dahingehend beantwortet, dass es auf die tatsächliche Räumung ankomme, sodass stets ein Verpflichtungsverhältnis auf unbestimmte Zeit angenommen wurde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2003, Zl. 2000/16/0360, mwN).
Soweit die Beschwerdeführer in Punkt 3. erster Satz des Vergleiches vom 8. November 2004 "keine (erstmalige oder neuerliche) Verpflichtung zur Entrichtung des Bestandzinses" erkennen können, übersehen sie, dass mit der Verlegung des Fälligkeit des Bestandzinses auf den Monatsletzten eine vom bisherigen Bestandverhältnis abweichende und damit neue Festlegung eines essenziellen Vertragspunktes pro futuro erfolgte; der Bezifferung des Bestandzinses bedurfte es nach dem eingangs Gesagten nicht. Den Motiven der Parteien für diese Festlegung kommt für diese Beurteilung keine Relevanz zu.
Wenn die Beschwerdeführer schließlich die Ansicht vertreten, die Verpflichtung zur Zahlung weiterer Mietzinse ende auf Grund des Punktes 1. des Vergleiches vom 8. November 2004 am 30. Juni 2005, unterstellen sie damit dem Vergleich eine Bedeutung, die unter Heranziehung der eingangs genannten Grundsätze ergänzender Vertragsauslegung - des hypothetischen Parteiwillens, der Übung des redlichen Verkehrs, nach Treue und Glauben und der Verkehrsanschauung (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2003) - gerade nicht aus ihm abgeleitet werden kann.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 21. September 2005
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Treu und Glauben erworbene Rechte VwRallg6/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005160166.X00Im RIS seit
21.10.2005