TE OGH 1988/3/22 11Os32/88

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.03.1988
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22.März 1988 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Legradi als Schriftführerin in der Strafsache gegen Rudolf Ö*** wegen des Vergehens der vorsätzlichen schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 Z 4 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 19.November 1987, GZ 11 d Vr 152/86-43, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen wegen Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen wegen des Ausspruches über die Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet. Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde - im zweiten Rechtsgang - der am 5. Mai 1946 geborene Kraftfahrzeugmechaniker Rudolf Ö*** der Vergehen der vorsätzlichen schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 Z 4 StGB und der Sachbeschädigung nach dem § 125 StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, am 21. November 1985 in Göllersdorf dadurch, daß er nach dem Ausruf "Ich bring euch alle um!" eine Brotschneidemaschine mit voller Wucht in Kopfhöhe gegen den unmittelbar hinter einer 4 mm dicken Sicherheitsglasscheibe im Dienstzimmer stehenden Justizwachebeamten Josef B*** schleuderte, wodurch die Glasscheibe zerbrach und der genannte Justizwachebeamte von der Maschine im Bereich des rechten Auges getroffen wurde,

1. einem Beamten während oder wegen der Vollziehung seiner Aufgaben vorsätzlich eine Schädelprellung und eine Rißquetschwunde im Bereich der rechten Augenbraue sowie Abschürfungen im Bereich des Grundgelenkes der rechten Hand zugefügt und

2. vorsätzlich eine fremde Sache zerstört zu haben, wobei der Schaden mindestens 1.392 S beträgt.

Dieses Urteil wird vom Angeklagten im Schuldspruch mit einer ausdrücklich auf die Z 5, 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch - ebenso wie von der Staatsanwaltschaft - mit Berufung bekämpft. Die von der Staatsanwaltschaft angemeldete Nichtigkeitsbeschwerde wurde nicht ausgeführt. Überdies meldeten beide Teile auch "Berufung wegen Schuld" an.

Mit dem Vorwurf eines Begründungsmangels wendet sich der Angeklagte gegen die Urteilsfeststellung, er habe die Glasscheibe vorsätzlich zerstört.

Rechtliche Beurteilung

Abgesehen davon, daß das Erstgericht unzweifelhaft den Umstand, daß eine Glasscheibe gleicher Qualität durch den Fußtritt eines Strafgefangenen zertrümmert wurde und die hier in Rede stehende Scheibe einen Test durch Dagegenschleudern eines Sessels unversehrt bestand, in den Kreis seiner Überlegungen einbezog (vgl. S 257 dA), läßt der Beschwerdeführer unbeachtet, daß die gerügte Feststellung auf sein eigenes Geständnis in der am 21. November 1985 an die Staatsanwaltschaft Korneuburg gerichteten Selbstanzeige gestützt wird. Damit war aber eine noch eingehendere Befassung im Urteil mit den in der Mängelrüge erwähnten, zum Teil durch Hypothesen angereicherten Nebenumständen zwecks Vermeidung eines Begründungsmangels nicht geboten. Dies umso weniger, als - entgegen der Beschwerdeauffassung - durch keinen dieser Umstände die "völlige Unvorhersehbarkeit" einer Beschädigung des Glases auf eine solche Art, wie inkriminiert, indiziert wird.

Der behauptete formelle Nichtigkeitsgrund ist daher nicht gegeben.

Das übrige Beschwerdevorbringen geht urteilsfremd von einem bloß fahrlässigen Verhalten des Angeklagten aus. Solcherart wird aber ein materiell-rechtlicher Nichtigkeitsgrund nicht prozeßordnungsgemäß dargestellt. Denn die gesetzmäßige Ausführung einer Rechtsrüge erfordert das Festhalten an allen Urteilsfeststellungen, deren Vergleich mit dem Gesetz und den daraus abzuleitenden Vorwurf unrichtiger Rechtsfindung (s. Mayerhofer-Rieder2 E. 30 zu § 281 StPO).

Mithin war die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten teils gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO als offenbar unbegründet, teils nach der Z 1 dieser Gesetzesstelle iVm dem § 285 a Z 2 StPO als nicht gesetzmäßig ausgeführt bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

In gleicher Weise war mit der (unrichtig als Berufung wegen Nichtigkeit bezeichneten) Nichtigkeitsbeschwerde der Anklagebehörde und mit den beiderseitigen Schuldberufungen zu verfahren, weil einerseits weder bei der Anmeldung noch in einer Ausführung des erstbezeichneten Rechtsmittels einer der in den Z 1 bis 11 des § 281 Abs. 1 StPO angeführten Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet wurde und andererseits eine Schuldberufung gegen das Urteil eines Schöffengerichtes der Prozeßordnung fremd ist. Über die Berufungen wegen des Ausspruches über die Strafe wird das Oberlandesgericht Wien zu erkennen haben (§ 285 i nF StPO). Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E13889

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0110OS00032.88.0322.000

Dokumentnummer

JJT_19880322_OGH0002_0110OS00032_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten