TE Vwgh Erkenntnis 2005/9/21 2002/09/0140

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Veröffentlicht am 21.09.2005
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Index

43/01 Wehrrecht allgemein;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

ADV §3 Abs3;
ADV §7 Abs1;
BDG 1979 §43 Abs1;
BDG 1979 §44 Abs1;
HDG 1994 §2;
HDG 1994 §45 Abs1;
HDG 1994 §6 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des W in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Disziplinarvorgesetzten (Kommandant des Heeres-Materialamtes) vom 20. Juni 2002, Zl. 16.530-3170/PersA/02, betreffend Disziplinarstrafe des Verweises nach dem Heeresdisziplinargesetz 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Vizeleutnant (Unteroffizier im Präsenzstand des Bundesheeres) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist die Heereszeuganstalt W.

Mit Disziplinarerkenntnis des Kommandanten der Heereszeuganstalt Wien vom 8. März 2002 wurde der Beschwerdeführer der Begehung einer Pflichtverletzung gemäß § 2 Heeresdisziplinargesetz 1994 (HDG 1994) wegen Verletzung der §§ 3 Abs. 3 und 7 Abs. 1 der Allgemeinen Dienstvorschrift für das Bundesheer (ADV) sowie der §§ 43 Abs. 1 und 44 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) wie folgt für schuldig befunden:

"Ihnen wurde am 05 06 01 ein Dienstauftrag ausgehändigt, mit dem Auftrag, am Wi-Seminar von 24 09 bis 26 09 01 in F teilzunehmen. Die Dienstreise wurde von Ihnen am 24 09 01 nicht angetreten und daher der dienstliche Auftrag nicht befolgt."

Wegen dieser Dienstpflichtverletzung verhängte der genannte Einheitskommandant über den Beschwerdeführer gemäß § 45 Z 1 HDG 1994 die Disziplinarstrafe des Verweises.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Disziplinarvorgesetzten vom 20. Juni 2002 wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen das Disziplinarerkenntnis des Kommandanten der Heereszeuganstalt W (vom 8. März 2002) keine Folge gegeben und die verhängte Disziplinarstrafe bestätigt.

Die Begründung des angefochtenen Bescheides hat - nach Darstellung des Verfahrensverlaufes - folgenden Wortlaut:

"Hinsichtlich den in Ihrer Berufung angeführten Punkten wird festgestellt, dass Ihnen am 08. Oktober 2001 durch den Kdt der HZA W erstmalig die Gelegenheit geboten wurde, zum Gegenstand des Verfahrens eine Stellungnahme abzugeben. In weiterer Folge hatten sie am 06. März 2002 im Rahmen der mündlichen Verhandlung die Möglichkeit, sich zu den Vorwürfen zu äußern.

Vor der Einleitung eines Verfahrens ist die Gewährung eines Parteiengehörs nicht vorgesehen. Dazu wird jedoch auch darauf hingewiesen, dass sie bereits am 08. Oktober 2001 mit dem konkreten Vorwurf konfrontiert wurden, was als erste Verfolgungshandlung zu sehen ist und gemäß § 60 HDG 1994 die Einleitung des Verfahrens darstellt.

Es wird darauf hingewiesen, dass die Durchführung oder Nichtdurchführung eines Disziplinarverfahrens gegen einen anderen Bediensteten für Ihr Verfahren nicht ausschlaggebend ist.

Betreffend Ihrer Feststellung, die HZA W hätte Ihre vorgebrachten Gründe zur Nichtteilnahme am Seminar mit dem Schreiben an das HMatA akzeptiert, wird festgestellt, dass aus diesem Schreiben eindeutig hervorgeht, dass Sie darauf hingewiesen worden sind, dass sie an diesem Seminar teilzunehmen haben, dass Fr. F als Ihr Ersatz entsandt worden war, geht aus diesem Schreiben nicht hervor.

Am 28. Mai 2002 wurde Ihnen das Parteiengehör eingeräumt, was von Ihnen auch wahrgenommen wurde.

Auf Grund der ho. durchgeführten Erhebungen ist davon auszugehen, dass eine Entbindung Ihrer Person von der Teilnahme am Wi-Seminar vom 24. September 2001 bis 26. September 2001 nicht erfolgt ist, weil dazu ausschließlich das HMatA als kursführende Dienststelle ermächtigt ist, was Ihnen durch den Kdt VerwAbt/HZA W auch zur Kenntnis gebracht wurde. Es lassen der Zeitpunkt Ihrer Vorsprache, welcher kurz vor Seminarbeginn war, welcher Ihnen seit spätestens 31. Mai 2001 bekannt war, und auch die von Ihnen vorgebrachten Argumente Ihrer dienstlichen Unabkömmlichkeit, welche Ihnen vom Kdt der VerwAbt/HZA W widerlegt worden sind, darauf schließen, dass Sie gar nicht gewillt sind, an diesem Seminar teilzunehmen.

Durch das HMatA wurden ADir D sowie VB F einvernommen. VB F konnte sich nicht mehr erinnern, dass sie von ADir D von der Teilnahme befreit wurde, auch ADir D konnte glaubhaft und logisch nachvollziehbar darlegen, dass durch ihn angeordnet bzw. genehmigt wurde, dass Sie nicht am Wi-Seminar teilzunehmen hätten. Auch hat er von Ihrer Nichtteilnahme zu einem Zeitpunkt erfahren, als zu spät war, sie zum Seminar nachzuschicken. Der Aussage des ADir D ist mehr Glauben zu schenken, da diese in sich logisch nachvollziehbar ist und er selbst weder Nach- noch Vorteile gehabt hätte, wenn Sie an diesem Seminar teilnehmen oder nicht., wohin gegen Sie durch Ihre Aussage eine Bestrafung Ihrer Person abwenden wollen.

Gerade für Soldaten ist der Gehorsam eine der vornehmsten Pflichten, um einen funktionierenden Dienstbetrieb sicherzustellen. Für jeden Beamten ist es auch eine besondere Pflicht, sich einer angeordneten Aus- und Weiterbildung zu unterziehen.

Unter Berücksichtigung der oa. Feststellungen wäre durch das HMatA, wenn die Zuständigkeit zur Bestrafung in I. Instanz hier gelegen wäre, selbst unter Berücksichtigung aller Milderungsgründe, voraussichtlich eine höhere Strafe verhängt worden."

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde, zu der die belangte Behörde eine Gegenschrift erstattete, hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Der Beschwerdeführer bezeichnet "vorsichtshalber" (auch) das Heeres-Materialamt als belangte Behörde, weil die Ausfertigung (des angefochtenen Bescheides) auf der ersten Seite die Bezeichnung "Heeres-Materialamt" aufweise.

Der angefochtene Bescheid ist - ungeachtet der Verwendung von tituliertem Papier des Heeres-Materialamtes für seine Ausfertigung - nach der Fertigungsklausel eindeutig als ein Bescheid (eine Berufungsentscheidung) des "Disziplinarvorgesetzten" zu erkennen und damit dem (zuständigen) Kommandanten des Heeres-Materialamtes zuzurechnen. Der vom Beschwerdeführer befürchtete Mangel einer "gültigen Bescheidausfertigung" bzw. "wirksamen Bescheidzustellung" liegt nicht vor.

Der Beschwerdeführer zeigt zutreffend auf, dass die Begründung des angefochtenen Bescheides (Seite 3 erster Absatz) in der Textpassage "auch ADir D konnte glaubhaft und logisch nachvollziehbar darlegen, dass ..." einen sinnstörenden Fehler enthält, der sich - wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift einräumt - als Redaktionsversehen erweist, ist nach dem gesamten Inhalt (Begründungsduktus) des angefochtenen Bescheides doch erkennbar, dass die belangte Behörde entgegen dem Begründungswortlaut tatsächlich darstellen wollte, ADir D habe die Nichtteilnahme des Beschwerdeführers nicht genehmigt. Dieser Fehler führt nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Der Beschwerdeführer bekämpft die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Er vermag mit seinen dazu erstatteten Beschwerdeausführungen die Schlüssigkeit dieser Beweiswürdigung nicht zu entkräften, beinhalten diese Ausführungen doch nur eine Gegendarstellung des festgestellten Sachverhaltes. Die Version des Beschwerdeführers ist nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens nicht erwiesen und auch keineswegs als zwingend anzusehen. Der Beschwerdeführer vermag vor allem nicht zu widerlegen, dass seine Aussage in einem wesentlichen Faktum, nämlich AR D habe ihn in Anwesenheit von Frau F von der Seminarteilnahme mündlich entbunden, durch die Zeugin F gerade nicht bestätigt und durch den Zeugen D sogar widerlegt wurde. Die Begründung des angefochtenen Bescheides hinsichtlich der Erwägungen zur Beweiswürdigung sind daher nicht rechtswidrig.

Der Beschwerdeführer bekämpft (auch) die Strafbemessung. Er bringt dazu vor, die belangte Behörde habe zur subjektiven Tatseite keine Feststellungen getroffen; sie habe das Vorkommen eines "Missverständnisses" unbeantwortet gelassen. Hinsichtlich seiner Kenntnisse (bzw. deren Aktualisierung) sei ein Nachteil nicht eingetreten. Davon ausgehend erscheine eine Strafverhängung nicht gerechtfertigt; es hätte davon gemäß § 6 Abs. 4 HDG 1994 abgesehen werden müssen. Hilfsweise werde geltend gemacht, dass die Nichterörterung der Schuldform und des eingetretenen Schadens einen Begründungsmangel darstelle.

Diesem Vorbringen ist zu erwidern, dass der Beschwerdeführer dabei nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht, wonach sein kurzfristig vor dem Seminartermin unternommener Versuch, seine Befreiung von der Seminarteilnahme zu erlangen, gescheitert ist. Für die Annahme eines "Missverständnisses" besteht daher keine sachverhaltsmäßige Grundlage, sodass die belangte Behörde das Nichtvorliegen eines Missverständnisses nicht ausdrücklich feststellen musste.

Angesichts dieser unmittelbar vor Beginn des Seminars dem Beschwerdeführer bekannten Befehlslage - an der sich nichts änderte - ist es nicht zweifelhaft, dass der Beschwerdeführer schuldhaft, nämlich vorsätzlich, an dem Seminar nicht teilnahm.

Seine Überlegungen, für sein Fehlverhalten wäre ein Schuldspruch ohne Strafe (nach § 6 Abs. 4 HDG 1994) ausreichend gewesen, teilt der Verwaltungsgerichtshof nicht.

Nach § 6 Abs. 4 HDG 1994 kann im Falle eines Schuldspruches von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden (Schuldspruch ohne Strafe), wenn 1. das Absehen ohne Verletzung dienstlicher Interessen möglich ist und 2. nach den Umständen des Falles und nach der Persönlichkeit des Beschuldigten angenommen werden kann, dass ein Schuldspruch allein genügen wird, den Beschuldigten von weiteren Pflichtverletzungen abzuhalten.

Die vorsätzliche Abwesenheit des Beschwerdeführers von einem Seminar, an dem er nach geltender und ihm bekannter Befehlslage teilnehmen sollte, ist nicht als eine geringfügige Pflichtverletzung anzusehen. Die belangte Behörde hat von einer Anwendung des § 6 Abs. 4 HDG 1994 daher schon deshalb zu Recht Abstand genommen, weil ein Absehen von der Verhängung einer Strafe nach der Art der Pflichtverletzung und im Hinblick auf das vorsätzliche Verhalten des Beschwerdeführers im vorliegenden Fall ohne Verletzung dienstlicher Interessen nicht möglich ist. Auf den vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Gesichtspunkt, bezüglich seiner Kenntnisse bzw. deren Aktualisierung sei durch die Nichtteilnahme am Seminar kein Nachteil (Schaden) eingetreten, kommt es nicht an bzw. ist dieses Vorbringen nicht geeignet, die Strafbemessung der belangten Behörde als rechtswidrig zu erweisen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 21. September 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2002090140.X00

Im RIS seit

20.10.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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