TE OGH 1988/3/23 3Ob544/87

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Veröffentlicht am 23.03.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Kellner als weitere Richter in der Eheangelegenheit des Antragstellers Johann S***, Pensionist, Neupeint 33, 4020 Linz, vertreten durch Dr. Bernhard Aschauer, Rechtsanwalt in Linz, wider die Antragsgegnerin Rosa S***, im Haushalt, Baureith 24, 4160 Aigen, vertreten durch Dr. Helmuth Hackl, Rechtsanwalt in Linz, wegen der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 7. April 1987, GZ 13 R 963/86-24, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Rohrbach vom 15. Oktober 1986, GZ F 1/86-18, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Rechtsmittelwerber hat die Kosten seines Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die am 22. Juni 1958 geschlossene Ehe der Parteien des Aufteilungsverfahrens wurde wegen Verschuldens des Mannes mit dem Urteil des Landesgerichtes Linz vom 18. Jänner 1985, GZ 8 Cg 42/82-34, geschieden. Beide geschiedenen Ehegatten sind österreichische Staatsbürger. Der Ehe entstammen sieben Kinder. Innerhalb eines Jahres nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung beantragte der Mann die gerichtliche Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, daß ihm die Liegenschaften EZ 128, EZ 229 und EZ 273 je in der KG Unterneudorf, die er von seinen Eltern übernommen und in die mit Notariatsakt vom 22. Mai 1965 begründete allgemeine unter Lebenden und auf den Todesfall wirkende Gütergemeinschaft unter den Ehegatten eingebracht habe und die bücherlich mit dieser Beschränkung je zur Hälfte im Miteigentum stünden, in sein Eigentum zu übertragen.

Die Frau trat dem Begehren entgegen und forderte die Übertragung der Liegenschaften in ihr Eigentum und die Festsetzung einer angemessenen Ausgleichszahlung. Nach der Scheidung der Ehe aus dem Verschulden des Mannes gebühre der Frau aus den Ehepakten die gemeinschaftliche Landwirtschaft, die demnächst einem der Kinder übergeben werden solle. Der bäuerliche Betrieb sei nicht in die Aufteilung einzubeziehen. Sie beantrage aber die Zuweisung der Ehewohnung, auf die sie angewiesen sei.

Das Erstgericht entschied, daß bis auf zwei Kästen und die Einrichtung eines Schlafzimmers der gesamte im Haus vorhandene Hausrat in das Alleineigentum der Frau übertragen und ihr die Ehewohnung zur Alleinbenützung zugewiesen wird, auf der gemeinschaftlichen Liegenschaft die "Dienstbarkeit der Wohnung im Umfang des § 521 Fall 1 BGB" an den Räumen des Wohntraktes (57,87 m2 im Erdgeschoß und 107 m2 im Obergeschoß) für die Frau einzuverleiben ist und die Frau dem Mann als Ausgleichszahlung S 25.000,-- für den Hausrat und wertgesichert monatlich S 550,-- für das Wohnrecht zu leisten hat. Die weitergehenden Anträge beider geschiedener Ehegatten, ihnen jeweils den Hälfteanteil des anderen an den Liegenschaften zu übertragen, wurden zurückgewiesen. Das Erstgericht hatte im wesentlichen festgestellt, daß die Liegenschaften EZ 182 KG Unterneudorf mit dem Haus 24 in Baureith und 11/120 Anteilen an der Agrargemeinschaft EZ 240 sowie die Liegenschaften EZ 229 und EZ 273 je in der KG Unterneudorf ein landwirtschaftliches Unternehmen mit 5,43 ha landwirtschaftlich genutzter Fläche und 6,97 ha Wald bilden, daß 8 bis 10 Stück Vieh gehalten werden, der Betrieb früher den Eltern des Mannes gehörte und nun infolge der Ehepakte mit Gütergemeinschaft je zur Hälfte im Eigentum der geschiedenen Ehegatten steht, die gemeinsam die Wohnung im Haus Baureith 24 mit Wohn- und Wirtschaftstrakt (Vorhaus, Wohnküche, Wohnstube, WC und Baderaum im Erdgeschoß, Vorraum, Schlafraum, Kinderzimmer, Kabinett und zwei Schlafzimmer im Obergeschoß) bewohnten bis der Mann im Mai 1980 wegzog. Seither bewohnt die Frau, die für den Mann, die gemeinsamen sieben Kinder und für zwei Angehörige des Mannes den Haushalt führte und die ganze Erziehung der Kinder übernommen und auch die Arbeiten in der Landwirtschaft allein verrichtet hatte, während der Mann von 1958 bis 1968 in einem Sägewerk und ab 1968 bei der V*** mit einem Bezug von S 7.000,-- bis S 12.000,-- arbeitete, landwirtschaftliche Maschinen gekauft, den Traktor gefahren und Umbau- und Erneuerungsarbeiten auf der Liegenschaft vorgenommen hatte, die Wohnung mit den Kindern allein. Sie führt den Landwirtschaftsbetrieb, dessen (geringe) Erträgnisse ihr zufließen und hat vom Mann montlich S 1.500,-- Unterhalt zu bekommen. Sie hat keine andere Wohnmöglichkeit. Der Mann bewohnt seit 1983 in Neupeint 33 eine 36 m2 große voll eingerichtete Wohnung mit Vorraum, Wohnzimmer, Schlafzimmer und Kochnische, bezieht ein Monatseinkommen von rund S 15.000,-- und muß für die Wohnung an Zins und Betriebskosten rund S 2.000,--- und für krankheitsbedingte Auslagen rund S 1.800,-- aufwenden. Er hat noch für zwei der gemeinsamen Kinder zu sorgen. Ein gemeinsames Bewohnen des Gehöfts ist wegen der zwischen den geschiedenen Ehegatten bestehenden Spannungen nicht möglich. Sie konnten sich über die Bedingungen einer Übergabe der Landwirtschaft an eines der gemeinsamen Kinder nicht einigen. Im Mai 1980 war der Hausrat in der Ehewohnung, wovon nur die Einrichtung im Schlafzimmer, das jetzt die Tochter Erika bewohnt, und zwei geerbte Kästen vom Mann schon in die Ehe eingebracht wurden, S 72.000,-- und im Oktober 1986 S 27.700,-- wert. Das Erstgericht meinte, daß nur die Ehewohnung und der Hausrat, nicht aber das landwirtschaftliche Unternehmen Gegenstand der Aufteilung sein könnnten. Eine räumliche Aufteilung der Wohnung könne nicht erfolgen. Die Frau, die dort mit den Kindern wohne, sei auf die Weiterbenützung der Räume angewiesen. Eine Benützungsregelung biete ihr zu wenig Sicherheit. Es müsse ihr ein Wohnungsgebrauchsrecht zustehen. Die Frau benötige auch den Hausrat zur Weiterführung des Haushalts für sich und die Kinder; der Mann habe ohnehin eine voll eingerichtete Wohnung. Der Beitrag der Frau überwiege wegen der Doppelbelastung (Haushaltsführung und Erziehung der Kinder sowie überwiegende Arbeitstätigkeit in der Landwirtschaft). Eine Ausgleichszahlung von S 25.000,-- für den Hausrat und ein monatliches Entgelt für die Einräumung des Wohnrechtes von S 550,-- seien angemessen.

Das Rekursgericht bestätigte und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof gegen seine Entscheidung über die Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse für zulässig. Das Gericht zweiter Instanz teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß landwirtschaftliche Betriebe gleich welchen Umfanges, also auch dann, wenn der Ertrag nur einen Teil des Unterhaltsbedarfes des Unternehmers decke, als Unternehmen nach § 82 Abs 1 Z 3 EheG nicht der Aufteilung unterliegen, wohl aber die Ehewohnung mit den Einrichtungsgegenständen selbst dann, wenn sie in einem zum Unternehmen gehörigen Haus liege, und daß die Begründung eines Wohnrechtes für die Frau, die dort mit mehreren der gemeinsamen Kinder wohne, rechtlich zulässig sei und der Billigkeit entspreche. Dabei sei von den gegenwärtigen Verhältnissen auszugehen. Es könne auch das Verschulden des Mannes an der Scheidung nicht außer Betracht bleiben. Dem schuldlosen Teil sei die bisherige Lebensgrundlage zu bewahren. Es sei daher gerechtfertigt, der Frau die schon bisher benützte Ehewohnung zur Gänze und nicht bloß einzelne Räume zu überlassen. Bei einer künftig möglichen Veräußerung der Liegenschaften, einer Übergabe oder einer Verpachtung werde es ohnedies im wirtschaftlichen Interesse der Frau als Miteigentümerin liegen, sich auf einen Teil der Räume zu beschränken und eine Wohnmöglichkeit für den Erwerber zu schaffen. Eine höhere Ausgleichszahlung sei nicht berechtigt. Der gegen den Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs des Mannes ist nicht berechtigt.

Die Frau hat sich am Verfahren über dieses Rechtsmittel nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurswerber hält daran fest, die im Miteigentum der geschiedenen Eheleute stehende Landwirtschaft könne nach ihrer Größe und der Ertragsmöglichkeit nicht als Unternehmen im Sinne des § 82 Abs 1 Z 3 EheG angesehen werden, weil ein so geringer Ertrag vorliege, daß auch er während der Zeit der Ehegemeinschaft stets eine andere Erwerbstätigkeit ausüben mußte. Auch ein landwirtschaftlicher Betrieb stellt jedoch ein Unternehmen dar (EFSlg. 48.940 = JBl 1986, 119; EFSlg. 43.761 ua) und es ist keine Unterscheidung in Ansehung der Unternehmensgröße vorzunehmen (EFSlg. 48.941; MietSlg. 38.699). Die vereinzelt gebliebene Ansicht, daß der Gesetzgeber im § 82 Abs 1 Z 3 EheG nur große oder zumindest größere Unternehmen erfassen wollte (Schwind, EheR2 316 Rz 2.6.2. zu § 82 EheG), wird im Einklang mit der überwiegenden Lehre von der Rechtsprechung nicht geteilt. Auch Kleinbetriebe stellen unabhängig vom Ertrag als selbständig organisierte Erwerbsgelegenheit ein Unternehmen dar, das nach § 82 Abs 1 Z 3 EheG nicht der Aufteilung unterliegt (EFSlg. 46.343 = JBl 1984, 606).

Wohl aber unterliegen der Aufteilung die Ehewohnung, auch wenn sie im Hofgebäude als der landwirtschaftlichen Betriebsstätte gelegen ist (EFSlg. 48.938; MietSlg. 38.698), und der Hausrat, wenn ein Ehegatte auf die Weiterbenützung zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse angewiesen ist. Dabei sind vor allem die im § 83 EheG angeführten Aufteilungsgrundsätze maßgebend. Auf die Folgen der richterlichen Entscheidung über die Aufteilung bei der künftig möglichen Auseinandersetzung der geschiedenen Eheleute in Ansehung von Vermögensstücken, die nicht der Aufteilung unterliegen, ist dabei nur insoweit Bedacht zu nehmen, als dies mit den Aufteilungsgrundsätzen vereinbar ist, doch steht die Auswirkung auf eine mögliche Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft an den dem Landwirtschaftsbetrieb gewidmeten Liegenschaften nicht im Vordergrund. Es entspricht aber jedenfalls der Billigkeit, die Frau mit den Kindern in dem Wohnungsverband wohnen zu lassen, den sie schon während der aufrechten und vom Mann aufgehobenen ehelichen Lebensgemeinschaft benützen konnte, und ihr auch die dort vorhandenen Einrichtungsgegenstände ins Alleineigentum zu übertragen. Solange nocht gar nicht absehbar ist, ob der Landwirtschaftsbetrieb in Zukunft, weil eine Einigung der Miteigentümer über die in Erwägung gezogene bäuerliche Übergabe an ein gemeinsames Kind nicht zustande kommt, verpachtet oder veräußert werden soll, und solange auch die rechtlichen Auswirkungen der Ehepakte nicht geklärt sind, kann im Aufteilungsverfahren auf einen Wohnungsbedarf eines Hofübernehmers nicht Rücksicht genommen werden. Zutreffend haben die Vorinstanzen auch den Wohnungsbedarf der gemeinsamen Kinder, von denen einige noch bei der Mutter leben, berücksichtigt und daher gar nicht geprüft, inwieweit und mit welchem Kostenaufwand die Ehewohnung in getrennte Wohnungsverbände mit allen erforderlichen Sanitäreinrichtungen aufgeteilt werden könnte. Die Begründung eines Wohnrechtes an der ungeteilt bleibenden früheren Ehewohnung gegen ein angemessenes Entgelt entspricht nach den Umständen dieses Einzelfalles durchaus dem Gebot der Billigkeit. Der gesamte Hausrat unterliegt der Aufteilung. Dazu gehören auch Gefriertruhe und Waschmaschine, mögen diese Geräte auch zugleich bei der Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen Unternehmens mitbenützt werden. Im Vordergrund steht jedoch zweifelsfrei die Verwendung im Rahmen der Haushaltsführung. Es steht auch fest, daß die Frau auf die Weiterbenützung der ihr übertragenen Hausratsgegenstände angewiesen ist, während der Mann eine voll eingerichtete Mietwohnung zur Verfügung hat. Es bestehen auch keine Bedenken gegen die Bemessung der dem Mann zu leistenden Ausgleichszahlung, weil es gar nicht entscheidend ist, ob der Beitrag der Frau in dem von den Vorinstanzen zugrunde gelegten Verhältnis 60 : 40 überwiegt und ob, wie das Rekursgericht angenommen hat, der Mann diesen Aufteilungsschlüssel unbekämpft gelassen hatte. Abgesehen davon, daß im Aufteilungsverfahren der Grundsatz der Billigkeit bei der Zuteilung des Hausrates einen Ermessensspielraum läßt, der nicht durch einen Schätzwert der Einrichtungsgegenstände für die Zeit der Aufhebung der Ehegemeinschaft eingeengt wird, sind neben dem Beitrag der Eheleute zur Anschaffung des Gebrauchsvermögens, bei dem in der kinderreichen Familie der Pflege und Erziehung der Kinder und der Haushaltsführung durch die Frau, die auch noch überwiegend die Arbeit in der Landwirtschaft auf sich nahm, besonderes Gewicht zukommt, auch andere Umstände zu beachten: Das Verschulden des Mannes an der Scheidung verschiebt zwar nicht die Quote beim Aufteilungsschlüssel, weil der Gesetzgeber anders als beim Unterhalt das Scheidungsverschulden bei Erwähnung der Aufteilungsgrundsätze nicht nannte, um die Aufteilung nicht zu einem Instrument der Bestrafung für ehewidriges oder der Belohnung für ehegerechtes Verhalten zu machen (EFSlg. 41.370; EFSlg. 43.769 ua), doch bleibt der Umstand, daß der Mann an der Auflösung der Ehe allein schuld ist, nicht ganz ohne Bedeutung (EFSlg. 46.363 ua). Es entspricht nämlich der Billigkeit, dem schuldlosen Teil gewisse Optionsmöglichkeiten einzuräumen aber auch bei Bemessung der Ausgleichszahlung auf seine wirtschaftlichen Möglichkeiten Bedacht zu nehmen, wenn er durch die Scheidung mit Zahlungen für das Hausrat und die Beibehaltung der Wohnmöglichkeit belastet wird (vgl. Schwind, EheR2 321 Rz 3.3. zu § 83 EheG; EFSlg. 48.952; EFSlg. 46.385; EFSlg. 41.372 uva). Danach entspricht die von den Vorinstanzen festgesetzte Ausgleichszahlung aber auch ihrer Höhe nach dem Gebot, unter Berücksichtigung aller erhobenen Umstände die Folgen der Scheidung in wirtschaftlicher Hinsicht in einer für beide Teile möglichst ausgeglichenen Weise zu regeln (SZ 55/45; EFSlg. 46.353 uva).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 234 AußStrG.

Anmerkung

E13748

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0030OB00544.87.0323.000

Dokumentnummer

JJT_19880323_OGH0002_0030OB00544_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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