Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Huber als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin Margarete A***, verehelichte M***, Gestettengasse 4 a/20, 1030 Wien, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Antragsgegner Josef A***, Strohberggasse 18-20/3/3/20, 1120 Wien, vertreten durch Dr. Donat Mossbauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 17. September 1987, GZ 47 R 576/87-55, womit infolge Rekurses der Antragstellerin der Beschluß des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 1. April 1987, GZ 1 F 4/85-48, teilweise abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Antragsgegner hat der Antragstellerin die mit S 2.719,20 bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin enthalten S 247,20 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die am 7. Mai 1976 geschlossene Ehe der Antragstellerin mit dem Antragsgegner, welcher keine Kinder entstammen, wurde am 15. März 1985 aus dem Alleinverschulden des Antragsgegners rechtskräftig geschieden. Am 9. Mai 1985 beantragte die Antragstellerin beim Erstgericht die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der Ersparnisse derart, daß ihr die im einzelnen genannten Gegenstände als "alleineigentümlich" zugesprochen werden und der Antragsgegner schuldig erkannt werde, ihr für die ihm verbleibenden Vermögensstücke, insbesondere auch ein teilweise abgezahltes Grundstück, eine Ausgleichszahlung von S 170.000,-- zu leisten.
Der Antragsgegner beantragte Antragsabweisung und brachte vor:
An der als Ehewohnung benutzten Genossenschaftswohnung stehe ihm kein eigenes Benützungsrecht zu, alleiniger Nutzungsberechtigter sei sein Vater. Das von der Antragstellerin genannte Grundstück sei von ihm zwei Jahre vor der Eheschließung erworben worden. Während der Ehe habe er aus einem ererbten Geldbetrag von S 110.000,-- Küchen- und Wohnungseinrichtungsgegenstände letztlich mit einem Betrag von S 114.000,-- angeschafft. Sonstiges eheliches Gebrauchsvermögen und eheliche Ersparnisse existierten entgegen der Behauptung der Antragstellerin überhaupt nicht.
Das Erstgericht stellte den auf den Seiten 4 bis 10 seiner Entscheidung angeführten Sachverhalt fest, hielt unter Punkt 1.) seiner Entscheidung die Leistung einer Ausgleichszahlung von S 30.000,-- durch den Antragsgegner an die Antragstellerin für gerechtfertigt und wies zu Punkt 2.) ihren auf Herausgabe der im einzelnen genannten Gegenstände gerichteten Antrag teils ab, teils zurück.
Auf Grund des von der Antragstellerin erhobenen Rekurses modifizierte das Rekursgericht Punkt 2.) der erstgerichtlichen Entscheidung und änderte deren Punkt 1.) dahin ab, daß es dem Antragsgegner die Leistung einer Ausgleichszahlung von S 50.000,-- an die Antragstellerin auferlegte. Die Rekursbeantwortung des Antragsgegners wies es wegen Verspätung zurück und erklärte den Rekurs für zulässig. Zur Begründung führte es hinsichtlich der nunmehr noch entscheidungserheblichen Streitpunkte im wesentlichen aus: Die Vorgangsweise des Erstgerichtes, daß es die für das dem Antragsgegner allein gehörige Grundstück während der Ehe der Parteien in Höhe von S 100.000,-- geleisteten Rückzahlungsraten mit dem vom Antragsgegner festgestelltermaßen zur Anschaffung von Wohnungseinrichtungsgegenständen verwendeten Geld aus einer Erbschaft "kompensiert" habe, könne gebilligt werden, weil diesbezüglich mangels gegenteiligen Vorbringens offenbar ein Einvernehmen im Rahmen der Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse vorgelegen sei. Da beide vormaligen Ehegatten berufstätig gewesen seien und der überwiegenden Versorgung des ehelichen Haushaltes durch die Antragstellerin ein wesentlich höheres Einkommen des Antragsgegners während der Ehe gegenüberstehe, erscheine die erstgerichtliche Annahme eines gleichteiligen Beitrages der Ehegatten zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens gerechtfertigt. Nicht gefolgt werden könne dem Erstgericht darin, daß der Antragstellerin nur der Wert der Hälfte des unter den dargestellten Umständen ausschließlich in der Wohnungseinrichtung (Zeitwert S 63.000,--) bestehenden und aufzuteilenden ehelichen Gebrauchsvermögens zuzuerkennen und somit dem Antragsgegner lediglich eine an sie zu leistende Ausgleichszahlung von S 30.000,-- aufzuerlegen sei. Gemäß § 83 EheG sei die Aufteilung nach Billigkeit vorzunehmen, wobei bei der Vermögensauseinandersetzung nicht nur die in der vorgenannten Gesetzesstelle beispielsweise aufgezählten Billigkeitsgrundsätze beachtet werden müßten, sondern es bei dieser auch darauf ankomme, den früheren Ehegatten die bisherigen Lebensgrundlagen möglichst zu bewahren und ihnen den Beginn eines neuen Lebensabschnittes zu erleichtern. Die Folgen der Scheidung sollten in wirtschaftlicher Hinsicht in einer für beide vormaligen Ehegatten ausgeglichenen Weise geregelt werden. Hieraus ergebe sich für den vorliegenden Fall, daß der Antragsgegner die gesamten Einrichtungsgegenstände behalten könne, während sich die Antragstellerin mit einem unverhältnismäßigen finanziellen Aufwand die erforderlichen Einrichtungsgegenstände erst neu beschaffen müsse. Bedenke man weiters, daß die Antragstellerin die finanziell Schwächere sei und daß den Antragsgegner das Alleinverschulden an der Ehe treffe, so entspreche es den Grundsätzen der Billigkeit, der Antragstellerin einen vom Antragsgegner zu zahlenden Ausgleichsbetrag von S 50.000,-- zuzuerkennen. Da die vom Antragsgegner erstattete Rekursbeantwortung verspätet sei, habe er deren Kosten selbst zu tragen.
In dem gegen den rekursgerichtlichen Beschluß gerichteten, die Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung anstrebenden Rekurs bringt der Antragsgegner vor, die während der Ehe für das von ihm vor der Eheschließung erworbene Grundstück geleisteten Rückzahlungsraten seien bei der Aufteilung überhaupt nicht zu berücksichtigen, weil sie unbestrittenermaßen aus seinem Arbeitseinkommen bezahlt worden seien. Auch könne nicht von einem im Rahmen der Billigkeitserwägungen zu berücksichtigenden Alleinverschulden seinerseits an der Ehescheidung ausgegangen werden, weil nach einer von ihm zunächst erhobenen Widerklage ein Unterhaltsvergleich geschlossen und sodann demgemäß ein "paktiertes" Urteil ergangen sei. Der gerichtlichen Entscheidung über die Verschuldensfrage komme daher materiell keine Bedeutung zu. Die rekursgerichtliche Annahme, die Antragstellerin sei die finanziell Schwächere, erscheine in den Feststellungen nicht ausreichend begründet, zumal sich die Antragstellerin wieder verehelicht habe. Schließlich sei hervorgekommen, daß die Antragstellerin nach der Ehescheidung wieder in ihre frühere, komplett eingerichtete Wohnung zurückgekehrt sei. Von der Notwendigkeit der Einrichtung einer Wohnung könne somit keine Rede sein, vielmehr müsse nach der Erfahrung angenommen werden, daß die wieder verehelichte Antragstellerin in die Wohnung ihres nunmehrigen Ehegatten gezogen sei. Die Zurückweisung der Rekursbeantwortung durch das Rekursgericht erscheine nicht gerechtfertigt, weil die Rechtsmittelschrift trotz Verspätung gemäß § 11 Abs 2 AußStrG zu berücksichtigen sei. Demgemäß gebühre dem Antragsgegner hiefür der beanspruchte Kostenersatz.
In der von der Antragstellerin zum vorliegenden Rekurs erstatteten Rekursbeantwortung wird beantragt, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht gerechtfertigt.
Vorliegendenfalls steht fest, daß der Antragsgegner mit dem von ihm während der Ehe ererbten Geldbetrag von S 110.000,-- Wohnungseinrichtungsgegenstände für die Ehewohnung angeschafft hat. Der Wert der gesamten Wohnungseinrichtung beträgt nunmehr noch ca. S 63.000,--.
Nach dem bei Anwendung der Bestimmung des § 82 Abs 1 EheG geltenden Substitutionsprinzip sollen grundsätzlich Vermögenswerte, die an die Stelle einer in die Ehe eingebrachten Sache getreten sind, nicht der Aufteilung unterliegen (4 Ob 533/87). Nur wenn von der Aufteilung im Sinne der vorgenannten Gesetzesstelle ausgenommene Vermögensteile ausdrücklich oder schlüssig - vor allem durch entsprechende tatsächliche Verwendung - zur Anschaffung ehelichen Gebrauchsvermögens gewidmet wurden, verlieren sie diese ihre besondere aufteilungsrechtliche Eigenschaft (RZ 1983/73). Wenn dagegen keine deutliche Umwidmung erfolgt ist, bleibt das aus geschenktem oder ererbtem und somit ausgenommenem Geld angeschaffte Äquivalent unter der Voraussetzung, daß es klar abgrenzbar ist, von der Aufteilung ausgenommen (EvBl 1986/13).
Ob hier, ausgehend von diesen Grundsätzen, der Antragsgegner allenfalls allein Anspruch auf die mit seinem ererbten Geld angeschafften Wohnungseinrichtungsgegenstände oder zufolge anzunehmender Umwidmung bzw. mangels Abgrenzbarkeit ihre Einbeziehung in die Aufteilung zu erfolgen hat, muß nicht beurteilt werden. Dem ehelichen Gebrauchsvermögen zuzuzählen sind hier jedenfalls die während der Ehe der Parteien für die Liegenschaft des Antragsgegners festgestelltermaßen im Gesamtbetrage von S 100.000,-- geleisteten monatlichen Rückzahlungsraten, weil sie zur Verringerung der für die Lebensführung der Ehegatten zur Verfügung stehenden Mittel führten. Anders wäre dies nur, wenn diese Raten tatsächlich aus einem gemäß § 82 Abs 1 EheG von der Aufteilung ausgenommenen Geld geleistet worden wären (1 Ob 562/84, 1 Ob 533/85, 3 Ob 588/82). Dies war jedoch nicht der Fall, vielmehr hat der Antragsgegner aus dem ererbten Geld Wohnungseinrichtungsgegenstände angeschafft und diese sodann während der Ehe auch selbst mitbenützt. Ihr nunmehriger Zeitwert ist demgemäß ein wesentlich geringerer als ihr Anschaffungswert, sodaß sich eine von den Unterinstanzen der Einfachheit wegen vorgenommene "Aufrechnung" dieses vollen Anschaffungswertes mit den Darlehensrückzahlungen jedenfalls zum Nachteil der Antragstellerin auswirken müßte. Der Gesamtbetrag der Darlehensrückzahlungen von S 100.000,-- unterliegt daher der Aufteilung und der Antragstellerin gebührt hievon im Sinne der unbestritten billig erscheinenden Zugrundelegung eines gleichteiligen Beitrages der vormaligen Ehegatten zur Schaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens die Hälfte, somit aber ein Betrag von S 50.000,--. Die Bekämpfung des - wenngleich aus anderen Gründen - in dieser Höhe erfolgten rekursgerichtlichen Zuspruches durch den Antragsgegner ist daher keinesfalls gerechtfertigt. Seinem Rekurs war somit nicht Folge zu geben, ohne daß es eines Eingehens auf die von ihm gegen die rekursgerichtliche Beurteilung im einzelnen vorgebrachten Argumente bedurfte.
Da die Rechtsmittelbeschränkungen des § 232 AußStrG nur auf Sachentscheidungen, nicht auf verfahrensrechtliche Entscheidungen, anzuwenden sind (siehe die im Verfahren außer Streitsachen MGA2 unter E 6 zu § 232 abgedruckten Entscheidungen), ist die Zurückweisung einer Rekursbeantwortung durch das Rekursgericht zwar grundsätzlich anfechtbar. Die Berücksichtigung einer verspäteten Rechtsmittelbeantwortung gemäß § 11 Abs 2 AußStrG ist aber nicht möglich, weil sich diese Gesetzesstelle nach ihrem Wortlaut und Zweck auf Rechtsmittel beschränkt. Im übrigen ist gemäß § 14 Abs 2 AußStrG im Kostenpunkt auch ein Rekurs gegen den Beschluß des Rekursgerichtes, mit welchem ein Rechtsmittel oder eine Rechtsmittelbeantwortung als unzulässig zurückgewiesen wurde, unzulässig (1 Ob 219/70, 1 Ob 579/76 uva, zuletzt 2 Ob 534/87). Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 234 AußStrG.
Anmerkung
E13735European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0020OB00705.87.0323.000Dokumentnummer
JJT_19880323_OGH0002_0020OB00705_8700000_000