TE OGH 1988/3/23 3Ob29/88

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Veröffentlicht am 23.03.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Klinger, Dr.Angst und Dr.Kellner als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Alexander P***, Pensionist, St.Georgen a.d.St., Laubegg Nr.9, vertreten durch Dr.Leo Häusler, Rechtsanwalt in Leibnitz, wider die verpflichteten Parteien 1.) Leonhard T***, Landwirt, und 2.) Theresia T***, Landwirtin, beide St.Georgen a.d.St., Laubegg Nr.37, beide vertreten durch Dr.Peter Kammerlander, Rechtsanwalt in Graz, wegen Unterlassung, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 5.Februar 1988, GZ 4 R 26/88-7, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Wildon vom 1.Dezember 1987, E 1970/87-2, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die Kosten des Revisionsrekurses werden mit S 1.994,08 (darin S 181,28 Umsatzsteuer) als weitere Kosten des Exekutionsverfahrens bestimmt.

Text

Begründung:

Mit Endbeschluß vom 19.8.1987 erkannte das Erstgericht, daß die beiden Verpflichteten - dort Beklagten - den ruhigen Besitz des Betreibenden - dort des Klägers - als des Hälfteeigentümers des Grundstückes 3518 im Recht, den zum Grundstück 1300/2 verlaufenden Zufahrtsweg über das Grundstück 3517 der Verpflichteten (Beklagten) zu begehen und mit einem Ziehwagen mit einer Breite von 1 m zu befahren, dadurch gestört haben, daß sie am 10.4.1987 an der Grenze zwischen den Grundstücken 3518 und 3517 einen Holzschranken, bestehend aus zwei senkrechten und einem waagrechten Rundholzstecken, aufgestellt haben; und daß die beiden Verpflichteten (Beklagten) schuldig sind, den vorigen Zustand durch Entfernung des Schrankens wiederherzustellen und jeden Eingriff in den ruhigen Besitz des Betreibenden (Klägers) am Recht, den Weg vom Grundstück 3518 zum Grunstück 1300/2 über das Grundstück 3517 zu begehen oder mit einem Handziehwagen zu befahren, zu unterlassen. Mit Schriftsatz vom 25.11.1987 brachte der Betreibende vor, die Verpflichteten hätten auf Grund dieses Endbeschlusses zwar zunächst den landesstraßenseitig aufgestellten senkrechten Rundholzstecken so weit - nach Osten - zurückgesetzt, daß zwischen dem Rigol der Landesstraße und dem zurückversetzten Stecken ein Handziehwagen habe durchgezogen werden können. Am 17.11.1987 hätten sie den Rundholzstecken jedoch wieder in die Gegenrichtung - nach Westen - zurückversetzt und dadurch die Rechtsausübung des Betreibenden unterbunden. Der Betreibende beantrage daher, ihm auf Grund des vollstreckbaren Endbeschlusses zur Erwirkung der Unterlassung aller Handlungen, welche die Rechtsausübung des Betreibenden, den Weg vom Grundstück 3518 zum Grundstück 1300/2 über das Grundstück 3517 zu begehen und mit einem Handziehwagen zu befahren, behindern, die Exekution zu bewilligen; gegen sie über seinen Antrag eine Geldstrafe von S 1.000,-- zu verhängen, wenn sie neuerlich Handlungen vornehmen, die sie nach dem genannten Endbeschluß zu unterlassen verpflichtet sind; ihn zu ermächtigen, den früheren Zustand, der durch das Versetzen eines Rundholzsteckens nach Westen verändert worden sei, auf Gefahr und Kosten der Verpflichteten wiederherstellen zu lassen, wobei die Verpflichteten die hiedurch entstehenden und vorläufig mit S 100,-- bemessenen Kosten der Wiederherstellung des früheren Zustandes dem Betreibenden binnen 14 Tagen zu bezahlen hätten, und den Verpflichteten aufzutragen, für den durch ferneres Zuwiderhandeln entstehenden Schaden eine Sicherheit von S 200,-- bei Gericht zu erlegen, die für die Dauer eines halben Jahres zu haften habe.

Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution. Das Rekursgericht wies den Antrag ab; es sprach aus, daß der von der Rekursentscheidung betroffene Wert des Beschwerdegegenstandes S 15.000,-- übersteige und daß der Revisionsrekurs zulässig sei. Voraussetzung einer jeden Exekutionsbewilligung sei, daß sich Gegenstand, Art und Umfang der geschuldeten Leistung (Unterlassung) aus dem Titel ergeben. Das Bewilligungsgericht habe nur auf Grund des Exekutionstitels zu entscheiden und keine Erhebungen anzustellen. Sei der Titel unklar, gehe dies zu Lasten der betreibenden Partei. Akten dürften zur Auslegung nicht, Entscheidungsgründe nur im Zweifel herangezogen werden. Dem Endbeschluß fehle die vorgeschriebene Bestimmtheit insoferne, als daraus nicht objektivierbar sei, über welchen Teil des Grundstückes der Verpflichteten jener Weg, den diese zu respektieren haben, verlaufen soll. Darauf aber komme es hier an, weil die betreibende Partei behaupte, die Verpflichteten hätten ihren Besitz an diesem Weg durch das Versetzen eines "Steckens" gestört. Es sei daher auch nicht nachvollziehbar, zur Wiederherstellung welchen Zustandes die betreibende Partei ermächtigt werden soll. Der Revisionsrekurs sei zuzulassen gewesen, weil sich die zur Frage der Bestimmtheit des Titels vorhandene Rechtsprechung mit der hier gegebenen Problematik nicht befaßt habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist berechtigt. Nach dem den Exekutionstitel bildenden Endbeschluß haben die Verpflichteten jeden Eingriff in das Recht des Betreibenden, den über ihr Grundstück verlaufenden Zufahrtsweg zu begehen und mit einem Handziehwagen zu befahren, zu unterlassen und einen Holzschranken, durch den sie den Betreibenden in diesem Recht gestört haben, zu entfernen. Der Betreibende behauptet im Exekutionsantrag, die Verpflichteten hätten dieser Entscheidung zuwider den bereits versetzten Rundholzstecken wieder zurückversetzt und ihn dadurch an seiner Rechtsausübung gehindert. Es trifft zu, daß ein bestimmtes Begehren nach herrschender Lehre und Rechtsprechung zur Voraussetzung hat, daß ihm unter anderem auch Gegenstand, Art und Umfang der geschuldeten Leistung oder Unterlassung eindeutig zu entnehmen sind (EvBl 1974/19), wenn auch eine jeden Zweifel und jede objektive Ungewißheit ausschließende Präzisierung des Klagebegehrens nur bei Geldleistungsklagen zu verlangen, bei anderen Klagen dem Erfordernis der Bestimmtheit aber jedenfalls dann Genüge getan ist, wenn man unter Berücksichtigung des Sprach- und Ortsgebrauches und nach den Regeln des Verkehrs daraus entnehmen kann, was begehrt ist (EvBl 1952/229); und daß Art und Umfang der Leistung dem Spruch des Exekutionstitels ohne Heranziehung anderer Teile des Titelaktes zu entnehmen sein müssen (Heller-Berger-Stix 187, EvBl 1974/19). Gegenstand des Besitzstörungsverfahrens war jedoch nicht die Lage oder die Beschaffenheit des über das Grundstück der Verpflichteten führenden Weges, sondern die vom Betreibenden behauptete Störung am Besitz dieses Weges durch die Aufstellung eines Holzschrankens. Eine genaue Beschreibung der Lage dieses Schrankens war schon deshalb entbehrlich, weil diese Lage nicht etwa nur in einer bestimmten Weise verändert, der Schranken vielmehr - gänzlich - entfernt werden sollte. Auch eine Präzisierung des Unterlassungsbegehrens (jeden Eingriff in das Recht, den Weg zu begehen und mit einem Handziewagen zu befahren, zu unterlassen) war nicht erforderlich, denn nach dem Exekutionstitel besteht ein bestimmter Zufahrtsweg ("...das Recht, den über das Grundstück...verlaufenden Zufahrtsweg..."), sodaß nicht davon ausgegangen werden kann, es seien etwa mehrere derartige Wege vorhanden oder der eine Weg sei in seiner Lage nicht bestimmt. Eine Unbestimmtheit des Exekutionstitels kann deshalb nicht gefunden werden. Die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz weicht damit aber im Ergebnis von der angeführten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ab.

Machen die Verpflichteten im Rechtsmittelverfahren gegen die Exekutionsbewilligung geltend, sie hätten einerseits den Schranken ohnedies in einer dem Exekutionstitel entsprechenden Weise entfernt und andererseits auch ihrer Unterlassungsverpflichtung nicht zuwidergehandelt, ist dies wegen des in diesem Verfahren bestehenden Neuerungsverbotes verfehlt. Es steht den Verpflichteten jedoch die Möglichkeit offen, wegen dieser Umstände Einwendungen gegen den Anspruch nach § 35 EO (hinsichtlich der von ihnen geschuldeten Handlung, den Schranken zu entfernen) bzw. Einwendungen gegen die Exekutionsbewilligung nach § 36 EO (hinsichtlich der geschuldeten Unterlassung jeglicher Eingriffe in den ruhigen Besitz des Betreibenden am Recht, den Weg zu begehen und mit einem Handziehwagen zu befahren) zu erheben. Gegenstand des Verfahrens über derartige Einwendungen wären insbesondere auch die von den Verpflichteten nunmehr behaupteten Unklarheiten über den Verlauf des Zufahrtsweges, um beurteilen zu können, ob die Verpflichteten ihren Verpflichtungen entsprochen haben.

Es war deshalb dem Revisionsrekurs Folge zu geben und der Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung erfolgte nach § 74 EO.

Anmerkung

E13767

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0030OB00029.88.0323.000

Dokumentnummer

JJT_19880323_OGH0002_0030OB00029_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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