TE OGH 1988/3/23 2Ob34/88

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.03.1988
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Elke R***, Heilgymnastikerin, 8970 Schladming, Hochstraße 500, vertreten durch Dr. Franz J. Rainer, Rechtsanwalt in Schladming, wider die beklagte Partei V*** DER V*** Ö***, 1031 Wien,

Schwarzenbergplatz 7, vertreten durch Dr. Rudolf und Dr. Gunter Griss, Rechtsanwälte in Graz, wegen S 59.000 s.A. und Feststellung (S 30.000), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 19. Oktober 1987, GZ 4 R 114/87-32, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 12. März 1987, GZ 3 Cg 370/86-22, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes, das in seinem Ausspruch über das Leistungsbegehren als unbekämpft unberührt bleibt, wird in seinem Feststellungsausspruch dahin abgeändert, daß in diesem Belang die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird. Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin an Kosten des Verfahrens erster Instanz S 14.881 (darin an Barauslagen S 5.100, an Umsatzsteuer S 866,60), an Kosten des Verfahrens zweiter Instanz S 3.373,84 (darin an Barauslagen S 251,60, an Umsatzsteuer S 107,15) und die mit S 4.329,75 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin die Barauslagen von S 1.500 und die Umsatzsteuer von S 257,25) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin wurde am 28. Mai 1986 bei einem Verkehrsunfall auf der Umfahrungsstraße von Schladming verletzt. Die beklagte Partei hat für die ihr entstandenen Schäden zu haften.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, der Klägerin zusätzlich zu dem bereits bezahlten Betrag von S 145.118 sA noch weitere S 58.000 sA zu bezahlen. Das Leistungsmehrbegehren von S 11.000 sA wies es ab. Dem Feststellungsbegehren gab es statt. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht, hingegen jener der beklagten Partei teilweise Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es der Klägerin nur restliche S 28.000 sA zusprach und S 41.000 sA sowie das Feststellungsbegehren abwies. Es sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes zusammen mit dem in einem Geldbetrag bestehenden Teil S 15.000, nicht aber S 300.000 übersteigt und erklärte die Revision für nicht zulässig.

Nur gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes über das Feststellungsbegehren richtet sich die Revision der Klägerin aus dem Anfechtungsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß dem Feststellungsbegehren stattgegeben werde.

In der Revisionsbeantwortung, deren Erstattung der beklagten Partei durch das Revisionsgericht anheimgestellt wurde, beantragt diese, die außerordentliche Revision der Klägerin zurückzuweisen oder ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgegangen ist, und berechtigt.

Das Berufungsgericht traf - soweit dies hier noch relevant ist - nach Beweisergänzung folgende Feststellungen:

Die Klägerin erlitt an unfallskausalen Folgen einen Bruch des Nasenbeines, eine Kopfprellung, eine zarte kleine Rißquetschwunde im Bereich des äußeren Augenwinkels links, eine Rißquetschwunde am linken Unterschenkel, zwei Rißquetschwunden an der Vorderseite des rechten Kniegelenkes mit Eröffnung des Schleimbeutels, dadurch notwendige operative Entfernung des Schleimbeutels mit nachfolgendem serösen Reizerguß sowie eine Prellung des Brustkorbes mit Druckmarken durch den Sicherheitsgurt. Die Klägerin stand wegen ihrer Verletzungen vom 28. Mai bis 4. Juni 1986 in stationärer Behandlung und wurde bis zur Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit am 19. Juni 1986 ambulant behandelt. Es traten bei ihr (komprimiert) 6 Tage starke, 14 Tage mittlere und 28 Tage leichte Schmerzen auf. Als Dauerfolge sind am äußeren Augenwinkel links eine nur wenige Millimeter große zarte Narbe sowie über der rechten Kniescheibe zwei zarte, noch leicht dunkel verfärbte Narben und schließlich eine kleine zarte Narbe über der linken Schienbeinkante zurückgeblieben. Die Narben an den unteren Extremitäten stellen bei einer jungen Frau, wie der Klägerin, einen nicht zu vernachlässigenden kosmetischen Dauerschaden dar.

Das Berufungsgericht vertrat die Auffassung, daß der Klägerin der Nachweis für zu erwartende Dauerfolgen des Unfalles nicht gelungen sei, weshalb der Feststellungsausspruch aus dem erstgerichtlichen Urteil ausgeschieden werden mußte. Eine weitere Begründung zu diesem Fragenkomplex gab es nicht.

Demgegenüber verweist die Klägerin in ihrer Revision darauf, daß zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abzusehen sei, ob eine kosmetische Operation des vom Berufungsgericht festgestellten "nicht zu vernachlässigenden kosmetischen Dauerschadens" der Klägerin notwendig werde. Auf diesen Umstand hatte die Klägerin bereits in der Klage hingewiesen (AS 4) und ihr rechtliches Interesse an der Feststellung der Haftung der beklagten Partei mit der Möglichkeit einer schönheitschirurgischen Nachbehandlung begründet. Wie der Oberste Gerichtshof bereits in ZVR 1972/85 unter Hinweis auf ZVR 1970/122 klarlegte, kann der Verletzte nicht dazu verhalten werden, noch innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist die von ihm beabsichtigte kosmetische Behebung von Narben durchführen zu lassen, aber auch nicht dazu, schon jetzt die damit zusammenhängenden Ersatzansprüche, deren Höhe sich im voraus nicht sicher beurteilen läßt, einzuklagen. Da die Klägerin nach den vom Berufungsgericht selbst getroffenen Feststellungen einen nicht zu vernachlässigenden kosmetischen Dauerschaden erlitt, den zu beseitigen ihr durchaus zuzubilligen ist, sind unfallsbedingte, erst künftig entstehende Ersatzansprüche im vorliegenden Fall nicht auszuschließen, sodaß ihrem Feststellungsbegehren die Berechtigung nicht versagt werden kann.

Der Revision war somit Folge zu geben und wie im Spruch zu erkennen.

Die Abänderung der angefochtenen Entscheidung in (bloß) teilweiser Wiederherstellung des Urteiles des Erstgerichtes hatte die Neuberechnung der Kosten aller drei Instanzen zur Folge. Bei den Verfahrenskosten erster und zweiter Instanz wurde auf den teilweisen Erfolg der Klägerin entsprechend Bedacht genommen (§ 43 Abs 1 ZPO); der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E13519

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0020OB00034.88.0323.000

Dokumentnummer

JJT_19880323_OGH0002_0020OB00034_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten