TE Vwgh Erkenntnis 2005/9/21 2004/09/0090

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Veröffentlicht am 21.09.2005
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

ABGB §871;
AuslBG §14a Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. Stefan Joachimsthaler, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Kandlgasse 32, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 18. Februar 2004, Zl. LGSW/Abt. 3/13116/134772/2003, betreffend Arbeitserlaubnis, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 6. November 2003 wurde der bei der Behörde erster Instanz am 23. Oktober 2003 eingelangte Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer Arbeitserlaubnis gemäß § 14a Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, die zeitlichen Voraussetzungen nicht erfüllt zu haben, indem er in den letzten 14 Monaten nur 17 Wochen und 1 Tag beschäftigt gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er im Wesentlichen darauf verwies, er sei seit September 2001 laufend bei der Magistratsabteilung 48 als Straßenreiniger beschäftigt; die für ihn ausgestellte Beschäftigungsbewilligung vom 4. September 2001 bis 3. September 2002 sei um ein Jahr verlängert worden. Seither habe er zwei bis drei Tage in der Woche gearbeitet, wobei von vornherein klar gewesen sei, an welchen Tagen er wieder zur Arbeit zu erscheinen hätte. Der beiderseitige Vertragswille sei von vornherein auf ein unbefristetes Dienstverhältnis gerichtet gewesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 14a Abs. 1 AuslBG keine Folge. Nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage traf die belangte Behörde die Feststellung, es gäbe 70 Depots (Sammelstellen) der MA 48. Bei diesen könnten sich Interessenten um eine Beschäftigung als Taglöhner (Straßenkehrer, etc.) bewerben. Der Bewerber komme und zeige Bereitschaft zum jeweiligen Arbeitseinsatz für einen Tag. Bei Bedarf werde er genommen. Die Bezahlung erfolge nach festgesetzten Stunden am Ende des Arbeitseinsatzes. Die einzelnen Einsätze würden nicht vorweg vereinbart. Das Aufnahmeangebot, welches für beide Seiten nicht verbindlich sei, könne bei vermehrtem Arbeitsanfall (z.B. Winterdienst) auch auf eine Periode von maximal 6 Kalendertagen erstreckt werden. Die Aufnahmetage seien mit maximal 13 Tagen pro Monat begrenzt. Die Ausländer bzw. Interessenten müssten nicht vorsprechen und sich auch nicht zum Arbeitseinsatz bewerben. Ob ein Bewerber dann öfters oder weniger oft genommen werde, hänge u.a. auch von der befugten Person im Depot ab. Personen, die verlässlich seien, hätten die Chance, öfters berücksichtigt zu werden. Nach den Anträgen auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung vom 26. Juli 2003 (richtig: 2002) und vom 25. Juli 2003 habe die MA 48 für den Beschwerdeführer Beschäftigungsbewilligungen als Taglöhner zu ca. 15 Wochenstunden beantragt. Zur Dauer der Beschäftigung sei nichts angegeben gewesen. Gemäß den Anträgen sei nicht erkennbar, dass die MA 48 mit dem Beschwerdeführer eine Dauerbeschäftigung hätte eingehen wollen. Das diesbezügliche Feld sei nicht angekreuzt worden. Die Angaben der Magistratsabteilung 48 entsprächen der Beschäftigung als Taglöhner. Die Bescheide des Arbeitsmarktservice Wien, Dresdnerstraße, gäben diese Anträge irreführend wieder, auch seien keine Verfahren beim Arbeits- und Sozialgericht bezüglich durchgehender Dienstverhältnisse anhängig gemacht worden. Dienstzettel im Sinne des § 2 Abs. 1 Arbeitsvertragsanpassungsgesetz, die auf das Bestehen eines durchgehenden Dienstverhältnisses hätten hindeuten können, seien nicht vorgelegt worden. Die Magistratsabteilung 48 informiere auch laufend über die Einstellungsbedingungen für Taglöhner, welche tageweise beschäftigt würden. Auf eine Karenzierung während der Beschäftigungszeit könne entsprechend der Mitteilung der MA 48 nicht geschlossen werden. Es sei zwar glaubhaft, dass der Wunsch des Beschwerdeführers auf ein durchgehendes Dienstverhältnis gerichtet gewesen sei, obwohl er jeden Monat bestätigt habe, das Merkblatt über die Verwendung als Aushilfsbediensteter bzw. Tagesaushelfer erhalten zu haben und mit den Aufnahmebedingungen einverstanden zu sein. In dem ihm eingeräumten Parteiengehör sei dem Beschwerdeführer mitgeteilt worden, dass aus den Anträgen auf Beschäftigungsbewilligung nicht zu entnehmen sei, dass die Magistratsabteilung 48 beabsichtigt habe, mit ihm ein durchgehendes Dienstverhältnis einzugehen. Die Bewilligungsbescheide der regionalen Geschäftsstelle des AMS seien insoferne irreführend, als darin von einer Teilzeitbeschäftigung zu 15 Wochenstunden ausgegangen werde. Dies entspreche nicht den von der MA 48 gestellten Anträgen. Diese seien dem Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht worden. Aus den von der Magistratsabteilung 48 vorgelegten Unterlagen verbunden mit den weiteren Erhebungen über die Vertragsbedingungen lasse sich widerspruchslos ableiten, dass es der wahre Wille der Magistratsabteilung 48 gewesen sei, tageweise Beschäftigungen zu ermöglichen und keine durchgehenden Dienstverhältnisse abzuschließen. Beweismittel seien entgegen der an den Beschwerdeführer ergangenen Aufforderung nicht vorgelegt worden. Insbesondere seien auch Dienstzettel im Sinne des Arbeitsvertragsanpassungsgesetzes nicht ausgestellt bzw. vorgelegt worden, aus denen sich der Beginn eines durchgehenden Dienstverhältnisses hätte bestätigen lassen. Im Gegensatz dazu sei der Beschwerdeführer vielmehr laufend über die Bedingungen seiner Tätigkeit als Taglöhner informiert worden. Die zeitlichen Voraussetzungen des § 14a Abs. 1 AuslBG seien damit nicht erfüllt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt, und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer verweist in Ausführung seiner Beschwerde im Wesentlichen auf die schon in seiner Stellungnahme vom 27. Januar 2004 aufgestellte Behauptung, er habe - entgegen den von ihm mit seiner Unterschrift versehenen Bestätigungen, das Merkblatt über die Aufnahmebedingungen für Aushilfsbedienstete (Taglöhner) erhalten zu haben und mit den Bedingungen einverstanden zu sein - diese Aufnahmebedingungen infolge schlechter Deutschkenntnisse nicht verstanden, sein Vertragswille sei auf ein durchgehendes Arbeitsverhältnis gerichtet gewesen. Das ihm zur Kenntnis gebrachte Merkblatt sei nicht Vertragsinhalt geworden, zumal es selbst keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Rechtsverbindlichkeit erhebe. Ausgehend von den tatsächlichen Arbeitsverhältnissen und unter Berücksichtigung der jeweils auf ein Jahr ausgestellten Beschäftigungsbewilligungen sei von einem durchgehenden Arbeitsverhältnis auszugehen, in welchem er regelmäßige Leistungen erbracht habe, auch die Tage des jeweiligen Wiederantritts seien von vornherein bestimmt gewesen.

Da der dem vorliegenden Beschwerdefall zu Grunde liegende Sachverhalt in allen wesentlichen Punkten jenem gleicht, der dem hg. Erkenntnis vom 22. Juni 2005, Zl. 2004/09/0058, zu Grunde lag, genügt es, zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf dieses Erkenntnis und die darin enthaltene Begründung zu verweisen.

Darüber hinaus ist den Beschwerdeausführungen zu entgegnen, dass die Behauptung, der Beschwerdeführer habe die Aufnahmebedingungen entgegen der schriftlichen Bestätigung durch seine Unterschrift nicht verstanden, der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen kann. Unterschreibt jemand eine Urkunde, ohne sie gelesen zu haben, so wird mit der Unterschrift grundsätzlich der Urkundeninhalt zum Erklärungsinhalt des Unterschreibenden. Enthält die Urkunde etwas anderes, als sich der Unterzeichnende vorgestellt hat und hatte dieser bei Unterfertigung keine genaue Vorstellung vom Inhalt der Urkunde, liegt ein bewusstes Inkaufnehmen des Inhaltes vor, eine Irrtumsanfechtung scheidet in einem solchen Fall in der Regel - mit Ausnahme des hier nicht vorliegenden Falles eines unüblichen Inhaltes - aus (siehe dazu Koziol/Welser, Grundriss des bürgerlichen Rechts I,

12. Auflg. 2002, S. 133 und die dort referierte Lehre und Judikatur). Es geht daher zu Lasten des Beschwerdeführers, wenn er die Einverständniserklärung unterfertigte, obwohl er die darauf bezughabenden Bedingungen zur Arbeitsaufnahme nicht oder nicht vollständig verstanden hat. Dass das Merkblatt für Aushilfsbedienstete den gesamten Vertragsinhalt wiedergäbe, wurde von der belangten Behörde nicht behauptet; dass darin allerdings die wesentlichen Aufnahmebedingungen wiedergegeben sind, kann wiederum der Beschwerdeführer nicht bestreiten. Das Merkblatt dient - wie auch der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde zutreffend anführt - lediglich einer "grundlegenden Information", die keinen "Anspruch auf Vollständigkeit" erhebt. Dass dem Beschwerdeführer über entsprechende Anfrage eine den in diesem Merkblatt enthaltene Informationen zuwiderlaufende verbindliche Auskunft durch "Mitarbeiter des Arbeitsmarktservice, der jeweiligen Pensionsversicherungsanstalt" oder "der Magistratsabteilung 12" erteilt worden wäre, behauptet er in der Beschwerde nicht.

Insoweit der Beschwerdeführer in der Beschwerde die Behauptung wiederholt, die Tage des Wiederantritts seien "von vornherein bestimmt" gewesen, ist ihm zu entgegnen, dass die belangte Behörde auf Grund der Beweisergebnisse die gegenteilige Feststellung getroffen hat. Diese Feststellung begegnet keinen Bedenken, weil es sich bei den vom Beschwerdeführer verrichteten Arbeiten um bedarfsorientierte Aushilfsarbeiten handelt und er zu einer Arbeitsaufnahme jedenfalls nicht verpflichtet ist.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 21. September 2005

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004090090.X00

Im RIS seit

20.10.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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