TE OGH 1988/3/24 6Ob532/88

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Veröffentlicht am 24.03.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei Theresia S***, Hausfrau,

5741 Neukirchen am Großvenediger Nr. 116, vertreten durch Dr. Klaus Weber, Rechtsanwalt in Mittersill, wider den Gegner der gefährdeten Partei Siegfried S***, Mineur, 5733 Bramberg,

Weyer Nr. 4, vertreten durch Dr. Herwig Grosch, Dr. Günter Harasser und Dr. Simon Brüggl, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wegen einstweiliger Sicherung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse durch Anordnung der Verwahrung von S 437.000,--, infolge Revisionsrekurses der gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 25. November 1987, GZ 33 c R 36/87-13, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Mittersill vom 4. März 1987, GZ F 2/87-4, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird in seinem abändernden Ausspruch dahin abgeändert, daß die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes zur Gänze wiederhergestellt wird.

Die gefährdete Partei hat die Kosten der Rekursbeantwortung und des Revisionsrekurses vorläufig, ihr Gegner die Kosten des Rekurses und der Revisionsrekursbeantwortung endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die 1971 geschlossene Ehe der Parteien wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 17. Dezember 1986, 7 Cg 380/86-6, gemäß § 55 Abs 1 EheG geschieden, weil die häusliche Gemeinschaft seit dem Auszug der Antragstellerin aus der Ehewohnung im Februar 1983 aufgehoben war und eine tiefgreifende unheilbare Zerrüttung der Ehe bejaht worden ist. Der Ehe entstammen drei Kinder, nämlich die am 30. Juli 1973 geborene Doris, der am 14. Oktober 1975 geborene Matthias und der am 26. April 1978 geborene Markus (Scheidungsurteil, erliegend zu ON 1). Nach dem übereinstimmenden Parteienvorbringen brachte der Antragsgegner die ihm gehörige Liegenschaft EZ 41 KG Bramberg mit dem darauf im Rohbau befindlichen Wohnhaus in 5733 Bramberg, Weyer Nr. 4, in die Ehe ein. Im Rahmen des von der Salzburger Landes-Hypothekenbank gegen den Antragsgegner zu E 32/85 des Bezirksgerichtes Mittersill betriebenen Zwangsversteigerungsverfahrens wurde die Liegenschaft in der Versteigerungstagsatzung vom 12. August 1986 der Ersteherin Aloisia M*** zum Meistbot von S 1,290.000,-- zugeschlagen. Der Meistbotsverteilungsbeschluß des Bezirksgerichtes Mittersill vom 4. März 1987 weist eine reine Hyperocha von S 739.334,30 aus (ON 6). Am 4. Februar 1987 begehrte die Antragstellerin zur Sicherung ihres Anspruches auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse im Sinne der §§ 81 ff EheG die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit welcher die Verwahrung der sich aus der Meistbotsverteilung ergebenden Hyperocha angeordnet werde. Am 5. Februar 1987 brachte die Antragstellerin einen Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse gemäß den §§ 81 ff EheG ein, mit dem sie eine Ausgleichszahlung des Antragsgegners "von nicht unter S 437.000,--" begehrte (ON 8). Zur Begründung ihres Sicherungsantrages führte die Antragstellerin aus, das auf der Liegenschaft befindliche Wohnhaus sei nach der Eheschließung der Parteien fertiggestellt und im Mai 1972 bezogen worden. Der Antragsgegner sei Alkoholiker gewesen und sei dies nach wie vor. Er sei nicht in der Lage oder willens gewesen, das eheliche Vermögen zu erhalten, weshalb es "aufgrund der von ihm zu vertretenden Umstände" zur Versteigerung der Liegenschaft gekommen sei. Der Antragstellerin stehe die Hälfte des ehelichen Gebrauchsvermögens zu. An dessen Stelle sei aber jetzt der Versteigerungserlös bzw. die Hyperocha getreten. Die Liegenschaft sei im Versteigerungsverfahren mit S 2,076.120,-- geschätzt worden. Davon müßten der Grund- und Rohbauwert des Hauses und der für dessen Ausbau in Anspruch genommene Kredit im Gesamtbetrag von S 1,202.000,-- in Abzug gebracht werden, so daß sich ein "hypothetischer Wert" von S 874.120,-- ergebe. Die Hälfte davon, nämlich "S 437.000,--", habe ihr der Antragsgegner als Ausgleichszahlung zu leisten. Er habe ihr jedoch erklärt, daß sie "keinen Schilling erhalten" werde. Die Bedeutung dieser Aussage habe ihren Niederschlag auch in einer ominösen "Abtretung" an die Raiffeisenkasse Neukirchen registrierte Genossenschaft m.b.H. gefunden.

Der Antragsgegner sprach sich gegen die Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung aus. Er brachte vor, als er die Antragstellerin 1971 geheiratet habe, sei das auf der Liegenschaft befindliche Wohnhaus bis auf den Ausbau des Dachbodens fertig und durch ihn bezahlt gewesen. Für den Dachbodenausbau habe er ein Darlehen der Landesregierung Salzburg in Höhe von S 130.000,-- aufgenommen, welches von ihm bis auf den in der Zwangsversteigerung zu berücksichtigenden Betrag von S 14.600,-- zurückgezahlt worden sei.

Das Erstgericht erließ eine einstweilige Verfügung, mit welcher es die Verwahrung eines Teilbetrages von S 437.000,-- aus der Hyperocha der Meistbotsverteilung durch zinstragende Anlegung auf der Sparbucheinlage Nr. 530.758 bei der Raiffeisenkasse Mittersill anordnete. Es nahm als bescheinigt an, der dem Alkohol zugeneigte Antragsgegner habe gegenüber der Antragstellerin erklärt, daß sie "keinen Schilling erhalten würde".

Das Rekursgericht änderte teilweise ab, indem es die vom Erstgericht angeordnete Verwahrung eines Teilbetrages der Hyperocha aus der Meistbotsverteilung im Umfang von S 369.667,15 bestätigte, das Mehrbegehren auf Verwahrung von weiteren S 67.332,85 jedoch abwies. Das Gericht zweiter Instanz erklärte den Revisionsrekurs gegen den abändernden Teil seiner Entscheidung für zulässig und führte aus: Für das Provisorialverfahren könne nur von einem Anspruch der Antragstellerin auf die Hälfte der Hyperocha ausgegangen werden, weil nur mehr deren Aufteilung in Betracht komme und die Antragstellerin auch grundsätzlich von einer Aufteilung 50 : 50 ausgehe. Da von ihr aber Behauptungen in Richtung § 91 EheG nicht aufgestellt worden seien, könne für ihren Aufteilungsanspruch auch nicht der im Realexekutionsverfahren geschätzte Verkehrswert der Liegenschaft maßgeblich sein, sondern nur die Frage, in welchem Umfang die Parteien zur Schaffung ihres gemeinsamen Vermögens beigetragen hätten. Danach müsse dann der Überschuß aus dem Zwangsversteigerungsverfahren zwischen ihnen aufgeteilt werden. Die Zulassung des Revisionsrekurses begründete das Rekursgericht damit, daß Judikatur zur Frage, inwieweit Ansprüche nach §§ 81 ff EheG überhaupt mittels einstweiliger Verfügung gesichert werden könnten, nicht vorliege bzw. nicht veröffentlicht sei.

Gegen den abändernden Teil dieses Beschlusses des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag auf volle Wiederherstellung der erstgerichtlichen einstweiligen Verfügung.

Ihr Gegner stellt den Antrag, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist im Ergebnis berechtigt.

Soweit die Antragstellerin - der Begründung des Rekursgerichtes für die Zulassung des Revisionsrekurses folgend, an welche jedoch der Oberste Gerichtshof gemäß § 526 Abs 2 ZPO nicht gebunden ist - geltend macht, es sei hier die entscheidende Frage zu klären, ob einstweilige Verfügungen zur Sicherung des Anspruches auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, insbesondere aber eines Geldausgleichsanspruches, erlassen werden könnten, liegt keine nach § 528 Abs 2 ZPO qualifizierte Anfechtung vor. Im Hinblick auf den zwar S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteigenden Geldwert der Abänderung ist nämlich deren Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof auf erhebliche Rechtsfragen des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO beschränkt. Es ist aber längst durch die zu § 382 Z 8 lit c EO - eingefügt durch das Bundesgesetz vom 15. Juni 1978 über Änderungen des Ehegattenerbrechts, des Ehegüterrechts und des Ehescheidungsrechts, BGBl. Nr. 280 - ergangene Rechtsprechung geklärt, daß gemäß Inhalt und Zweck dieser neu geschaffenen Bestimmung einstweilige Verfügungen zur Sicherung künftiger Leistungsansprüche im Zusammenhang mit einem nachehelichen Aufteilungsverfahren erlassen

werden können (JBl 1985, 245 = EFSlg. 46.880 = MietSlg. 36.911;

EvBl 1986/61 = ÖA 1986, 51 = EFSlg. 49.579/9 =

MietSlg. 37.843/18 ua). Desgleichen ist bereits wiederholt ausgesprochen worden, daß sich das Verfahren zur Erlassung und Aufhebung einer einstweiligen Verfügung nach § 382 Z 8 lit c EO ausschließlich nach den Vorschriften der Exekutionsordnung und den nach diesem Gesetz anzuwendenden Bestimmungen der Zivilprozeßordnung richtet (MietSlg. 38.866; EFSlg. 49.638 ua). Auch der hier von der Antragstellerin behauptete Anspruch auf Leistung einer Ausgleichszahlung kann Gegenstand einer einstweiligen Verfügung nach § 382 Z 8 lit c zweiter Fall EO sein (MietSlg. 36.912 mwN). Im Ergebnis zutreffend wendet sich die Antragstellerin aber dagegen, daß das Rekursgericht bei seiner abändernden Entscheidung letztlich Erwägungen über die Höhe des ihr zustehenden Ausgleichsanspruches angestellt, einen solchen nur mit der Hälfte der Hyperocha aus der Meistbotsverteilung angenommen und daher ihren Sicherungsantrag im darüber hinausgehenden Umfang abgewiesen hat. Mit dieser Vorgangsweise ist das Rekursgericht nämlich von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen, derzufolge im Rahmen über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382 Z 8 lit c zweiter Fall EO keine Erwägungen darüber anzustellen sind, wie die Aufteilung im künftigen Verfahren nach den §§ 81 ff EheG vorgenommen werden wird. Das Ergebnis dieser Aufteilung darf vielmehr im Provisorialverfahren nicht vorweggenommen werden, weshalb auch nicht verlangt werden kann, daß ein Anspruch auf eine konkrete Art der Aufteilung behauptet und bescheinigt ist (EFSlg. 49.588). Es kommt daher nicht darauf an, ob die Antragstellerin konkrete Behauptungen "in Richtung § 91 EheG" erhoben hat oder nicht. Entscheidend ist vielmehr, daß die vom Antragsgegner in die Ehe eingebrachte und daher gemäß § 82 Abs 1 Z 1 EheG grundsätzlich nicht der Aufteilung unterliegende Liegenschaft samt darauf befindlichem noch nicht fertiggestellten Haus durch die - zumindest seit dem Rekursverfahren nicht mehr strittige - Mitwirkung der Antragstellerin an der Fertigstellung des Hauses eine Wertsteigerung erfahren hat, die jedoch im Hinblick auf die Eigenschaft dieses Hauses als Ehewohnung der Aufteilung zu unterziehen ist (EFSlg. 43.776). Zufolge zwischenzeitiger Zwangsversteigerung der Liegenschaft kommen hiefür - ebenso wie bei einem sonstigen zwischenzeitigen Verkauf (EFSlg. 43.805) - nur mehr Ausgleichszahlungen gemäß § 94 Abs 1 EheG in Frage.

Es besteht daher gewiß ein Aufteilungsanspruch. Es kann aber - weil der Sachentscheidung nicht vorzugreifen ist - noch nicht gesagt werden, wie die billig zu treffende Rechtsgestaltung (vgl. MietSlg. 38.713) erfolgen wird. Da die erforderliche Gefahrenbescheinigung von den Vorinstanzen übereinstimmend als erbracht angesehen worden ist und der Antragsgegner in seiner Revisionsrekursbeantwortung dagegen auch nichts mehr vorbringt, war die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes im Umfang der erfolgten Abänderung wieder herzustellen.

Der Ausspruch über die Kosten der Antragstellerin gründet sich auf § 393 Abs 1 EO, jener über die Kosten des Antragsgegners auf die §§ 78, 402 Abs 2 EO und §§ 40, 50 ZPO.

Anmerkung

E13809

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0060OB00532.88.0324.000

Dokumentnummer

JJT_19880324_OGH0002_0060OB00532_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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