TE OGH 1988/3/24 13Os27/88

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Veröffentlicht am 24.03.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.März 1988 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Felzmann, Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Takacs als Schriftführerin in der Strafsache gegen Heinrich S*** wegen des Verbrechens nach §§ 127 ff. und 15 StGB. über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 23.September 1987, GZ. 3 a Vr 14371/86-46, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte darauf verwiesen.

Text

Gründe:

Der am 6.Jänner 1962 geborene Heinrich S*** wurde des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, 128 Abs 2 Z. 4, 129 Z. 1 und 15 StGB. schuldig erkannt. Darnach hat er in Wien den nachstehend angeführten Personen fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S übersteigenden Wert mit dem Vorsatz weggenommen bzw. wegzunehmen getrachtet, um sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar

am 18.November 1986 der Firma Johann B*** Ges.m.b.H. (A & O Supermarkt), indem er eine Glastür einschlug, um dort einzusteigen (1),

am 30.August 1987 der Firma P*** P*** durch Einbruch in ein Gebäude (richtig: in einen abgeschlossenen Raum), indem er sich bemühte, die Eingangstür mit einem Metallpickel aufzusprengen (2) sowie

am 28.August 1987 der Michaela B*** ein Paar Rollschuhe im Wert von ca. 200 S (3).

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde aus § 281 Abs 1 Z. 5, 9 lit. a, 9 lit. b und 10 StPO.

Rechtliche Beurteilung

Schon dem Vorbringen zum erstgenannten Nichtigkeitsgrund kommt Berechtigung zu. Dem Ersturteil haften nämlich ausdrücklich oder doch sinngemäß gerügte Begründungsmängel an:

Den Schuldspruch im Faktum 1 stützt das Schöffengericht offensichtlich auf das Geständnis des Nichtigkeitswerbers vor der Polizei; die Widerlegung seiner leugnenden Verantwortung in der Hauptverhandlung gründet es auf "die eindeutigen Beobachtungen des Verhaltens des Angeklagten durch P***" sowie "die Feststellungen der eingeschlagenen Tür der Firma A & O durch die unmittelbar nachher einschreitende Funkstreife" (S. 212 vorletzter Absatz). Mit Recht verweist der Beschwerdeführer darauf, daß sich aus der Aussage des Zeugen P*** kein Nachweis für seine Täterschaft ergibt (vgl. S. 13 f., 131 ff.); gleiches gilt für das Erhebungsresultat der Polizei zu diesem Anklagevorwurf (S. 14, 15, 196 f.). Beide Beweismittel schließen die Täterschaft einer anderen Person nicht aus. So gesehen erweisen sich die Erwägungen des Erstgerichts für den Schuldspruch 1 als unzureichend begründet. Die Überführung des leugnenden S*** im Faktum 2 begründen die Tatrichter damit, daß das von ihm angebotene Alibi ihn nicht entlaste, er auf Grund seiner Statur und der Gewandtheit auf der Flucht von den Zeugen (ersichtlich gemeint Franz R*** und Ernst S***) beobachtet wurde und der Zeuge S*** auf einem Foto ihn eindeutig als Täter erkannt habe (S. 214). Zutreffend wird in der Mängelrüge geltend gemacht, daß der Zeuge S*** in keiner seiner Aussagen (S. 18, 21 f., 29, je in ONr. 38; 197 f.) den Angeklagten als Täter bezeichnet oder als Täter wiedererkannt hat. Sonach steht die gerügte Urteilsfeststellung in unvereinbarem Gegensatz mit jenem Beweismittel, auf das sie gestützt wird; sie ist daher aktenwidrig. Letztlich haftet auch dem Schuldspruch im Faktum 3 ein Begründungsmangel an. Das Erstgericht nahm die Tatbestandsverwirklichung eines Diebstahls auf Grund des Geständnisses des Täters und der Sicherstellung der Beute anläßlich einer Hausdurchsuchung an (S. 215). Völlig zu Recht wird in der Beschwerde releviert, daß die Rollschuhe (nicht anläßlich einer Hausdurchsuchung, sondern) im Zug einer Ausführung des Nichtigkeitswerbers sichergestellt wurden, nachdem dieser diesen Diebstahl freiwillig und ohne jeden Vorhalt gestanden hatte. Indem das Schöffengericht die Sicherstellung des Diebsguts auf Grund einer Hausdurchsuchung annahm, diese Annahme jedoch in der Aktenlage keine Deckung findet, erweist sich das Urteil insoweit mangelhaft begründet, als dadurch eine Beurteilung der Tat in der Richtung tätiger Reue (§ 167 StGB.; vgl. hiezu Liebscher in WK., § 167, Rz. 44) unterblieb.

Sämtliche aufgezeigten Begründungsmängel betreffen entscheidende Tatsachen, weil sie für die Unterstellung der Taten unter das Strafgesetz von Bedeutung sind und bedingen daher Urteilsnichtigkeit gemäß § 281 Abs 1 Z. 5 StPO.

Da die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung unumgänglich ist, war der zum Vorteil des Angeklagten ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort Folge zu geben (§ 285 e StPO.). Ein Eingehen auf die weiteren Beschwerdepunkte ist entbehrlich.

Anmerkung

E13696

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0130OS00027.88.0324.000

Dokumentnummer

JJT_19880324_OGH0002_0130OS00027_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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