Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Gerhard R***, Rechtsanwalt, Zwettl, Hamerlingstraße 1, als Masseverwalter im Konkurs des Josef F***, Deichgräber, Sallingberg, wider die beklagte Partei R*** S***G,
registrierte Genossenschaft mbH, Schwarzenau, Bundesstraße 15 a, vertreten durch Dr. Erich Pexider und Dr. Franz Pruckner, Rechtsanwalt in Zwettl, wegen restlicher S 143.979,30 s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 27. November 1987, GZ 3 R 171/87-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Krems/Donau vom 6. Mai 1987, GZ 6 Cg 48/86-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 6.225,45 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 565,95 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Über das Vermögen des Gemeinschuldners wurde am 4. November 1985 das Ausgleichsverfahren und am 6. Dezember 1985 der Anschlußkonkurs eröffnet. Mit der am 3. November 1986 eingebrachten Klage ficht der Masseverwalter eine Pfandbestellung vom 10. April 1985 und die Zession vom 4. Oktober 1985 über S 158.316 an die beklagte Partei an und begehrt Zahlung von S 366.859,30 s.A.
Das Erstgericht gab dem Anfechtungsbegehren nur im Umfang der Zessionsanfechtung statt und sprach dem Kläger S 143.979,30 s.A. zu. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur mehr die Zessionsanfechtung. Nach den insoweit maßgeblichen Feststellungen des Erstgerichtes räumte die beklagte Partei dem Gemeinschuldner mit Kreditvertrag vom 17./19. März 1976 einen Zessionskredit von S 500.000 ein. Der Gemeinschuldner verpflichtete sich, zur Abtretung von Forderungen, die von der beklagten Partei jeweils nur zu höchstens 70 % bevorschußt werden. Ein weiterer Zessionskredit in Höhe von S 400.000 wurde dem Gemeinschuldner am 9./10. April 1980 eingeräumt. Mit Mantelzessionsvertrag vom 10. April 1980 verpflichtete sich der Gemeinschuldner zur Sicherstellung dieses Kredites der beklagten Partei sämtliche offenen Buchforderungen abzutreten und zugleich mit der Übergabe der Zessionsliste an die beklagte Partei in seinen Büchern die Forderungsabtretung zu vermerken. Der Gemeinschuldner hatte auf die Fakturen den Zessionsvermerk zu setzen: "Dieser Fakturenbetrag ist unwiderruflich an die R*** G***.....mit allen Rechten abgetreten.
Zahlungen mit schuldbefreiender Wirkung sind nur an das genannte Kreditinstitut auf das Konto Nr. 2-00 502.401 möglich." Der Gemeinschuldner verpflichtete sich ferner, der beklagten Partei für von dieser nicht als deckungsfähig angesehene Forderungen Ersatzforderungen abzutreten. Am 21. September 1984 stellte der Gemeinschuldner eine Rechnung an die Hoyos'sche Forstverwaltung über S 176.256 aus und übergab sie der beklagten Partei, die die Rechnung, nachdem sie sie mit einem Zessionsvermerk versehen hatte, dem Schuldner übermittelte. Von der Hoyos'schen Forstverwaltung wurde die Rechnung dem Gemeinschuldner zurückgestellt, weil in ihre das Leistungsdatum nicht aufschien. Daraufhin stellte der Gemeinschuldner am 12. November 1984 eine neue, mit der Leistungszeit versehene Rechnung aus und übermittelte sie direkt der Hoyos'schen Forstverwaltung. Mit dieser hatte der Gemeinschuldner aber vereinbart, daß sie "auf Abschlag" sämtlicher seiner Rechnungen die Schulden des Gemeinschuldners beim Lagerhaus Zistersdorf für Dieselöl und Reparaturen bezahle. Die Betriebsmittel, die der Gemeinschuldner für seine Leistungen für die Hoyos'sche Forstverwaltung beim Lagerhaus Zistersdorf bezogen hatte, sollten direkt von der Hoyos'schen Forstverwaltung dem Lagerhaus bezahlt werden. Die Rechnung vom 12. November 1984 wurde von der Hoyos'schen Forstverwaltung durch Überweisung von S 30.340 an das Lagerhaus Zistersdorf zugunsten des Gemeinschuldners und durch Aushändigung des Restbetrages an den Gemeinschuldner bezahlt. Nachdem Gottfried D***, der Geschäftsleiter der beklagten Partei, dem Gemeinschuldner angekündigt hatte, den Rechnungsbetrag nochmals von der Hoyos'schen Forstverwaltung verlangen zu müssen, bot ihm der Gemeinschuldner eine Ersatzzession an. Er erklärte, wie jedes Jahr, mit der Gemeinde Göpfritz zu arbeiten und die diesbezügliche Rechnung werde in etwa den gleichen Betrag ausmachen wie die Rechnung an die Hoyos'sche Forstverwaltung. Gottfried D*** erkundigt sich daraufhin bei der Gemeinde Göpfritz und erhielt dort die Bestätigung, daß solche Arbeiten vorgesehen seien und daß vorgemerkt werde, daß die diesbezüglichen Gelder an die beklagte Partei überwiesen würden. Wann diese Gespräche stattfanden, konnte nicht festgestellt werden. Zum damaligen Zeitpunkt hatte jedenfalls der Gemeinschuldner mit den Arbeiten für die Gemeinde Göpfritz noch nicht begonnen. Die Rechnung über diese Arbeiten über S 158.316 mit Datum 4. Oktober 1985 erhielt nach diesem Zeitpunkt die beklagte Partei, die sie mit einem Zessionsvermerk versehen weiterleitete. Nach Abzug einer Grundsteuerschuld des Gemeinschuldners überwies die Gemeinde Göpfritz am 11. November 1985 der beklagten Partei S 143.979,30, wodurch der Debetsaldo des Zessionskredites von S 426.236,95 auf S 282.257,65 vermindert wurde. Zuzüglich der Abschlußposten ergibt sich ein Endsaldo auf dem Zessionskreditkonto von S 294.864,65 zugunsten der beklagten Partei.
Gegen den Gemeinschuldner kam es seit vielen Jahren immer wieder zu Exekutionen, die zum Teil wieder eingestellt, zum Teil aber auch vollzogen wurden. All dies war der beklagten Partei bekannt. Im Zeitpunkt der Forderungsabtretung am 4. Oktober 1985 war der Gemeinschuldner jedenfalls bereits zahlungsunfähig. Nach der Auffassung des Erstgerichtes habe die beklagte Partei durch die Zession der Forderung gegen die Gemeinde Göpfritz eine zusätzliche Sicherheit erhalten, auf die sie keinen Anspruch gehabt habe. Die Zession sei daher nach § 30 Abs.1 Z 1 KO und nach § 31 Abs.1 Z 2 KO anfechtbar.
Das Berufungsgericht bestätigte das nur in seinem stattgebenden Teil angefochtene Ersturteil. Es verneinte das Vorliegen eines Verfahrensmangels und übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes. Die Frage, ob eine Anfechtungsklage zu ihrer Schlüssigkeit immer auch ein Rechtsgestaltungsbegehren enthalten müsse - im vorliegenden Fall hat der Kläger ein Rechtsgestaltungsbegehren erst in der Tagsatzung am 20. Februar 1987 erhoben - entschied das Berufungsgericht dahin, daß ein Rechtsgestaltungsbegehren bei möglichem Leistungsbegehren entbehrlich sei. Aufgrund des Kreditvertrages und der Mantelzessionsvereinbarung vom April 1984 habe die beklagte Partei in unverdächtiger Zeit einen Anspruch auf Abtretung aller offenen Buchforderungen des Gemeinschuldners erworben. Die Forderungsabtretung vom 4. Oktober 1985 sei daher insoweit nicht anfechtbar, als damit die Sicherstellung des im April 1980 eingeräumten Kredites erfolgt sei, weil die beklagte Partei insoweit keine inkongruente Deckung erhalten habe. Der Kreditrahmen sei aber offensichtlich später auf S 1 Mill. erhöht worden. Eine Prüfung der Frage, zur Sicherung welchen Kredites die Zession vom 4. Oktober 1985 gedient habe, erübrige sich aber, weil jedenfalls die Anfechtungsvoraussetzungen nach § 31 Abs.1 Z 2 erster Fall KO gegeben seien. Für die Anfechtung nach dieser Bestimmung genüge es, wenn der Kläger Umstände nachweise, die den Schluß rechtfertigten, dem Anfechtungsgegner habe die Zahlungsunfähigkeit bekannt sein müssen. Solche Umstände lägen hier vor. Wegen der Vielzahl der gegen den Gemeinschuldner geführten Exekutionen hätte die beklagte Partei nicht annehmen dürfen, es handle sich bloß um Zahlungsstockungen. Hätte sie die Exekutionsverfahren, wie es geboten gewesen wäre, zum Anlaß genommen, Einsicht in die Geschäftsunterlagen des Gemeinschuldners zu nehmen, wäre ihr dessen Zahlungsunfähigkeit bekannt geworden. Den Zulässigkeitsausspruch begründete das Berufungsgericht damit, daß die Rechtsprechung zur Frage der Notwendigkeit der Erhebung eines Rechtsgestaltungsbegehrens in der Anfechtungsklage uneinheitlich sei.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision der beklagten Partei ist nicht berechtigt.
Die Frage des Erfordernisses eines Rechtsgestaltungsbegehrens hat der erkennende Senat in Übereinstimmung mit der Entscheidung EvBl. 1987/104 dahin entschieden, daß das Begehren der Anfechtungsklage insoweit, als ein Leistungsbegehren möglich ist, nicht auch ein Rechtsgestaltungsbegehren enthalten muß (7 Ob 707/86, 7 Ob 618/87). Daran ist festzuhalten, zumal die Revision ohne neue Argumente lediglich auf die Gegenmeinung hinweist, auf die aber in den zitierten Entscheidungen ohnehin Bedacht genommen wurde (siehe hiezu EvBl. 1987/104).
Die angefochtene Forderungsabtretung erfolgte entgegen der Meinung der beklagten Partei nicht bereits durch den Kredit- und Mantelzessionsvertrag vom 10. April 1980. Dort verpflichtete sich der Kläger lediglich, künftig Zessionen vorzunehmen, die die beklagte Partei mit einem bestimmten Prozentsatz "belehnen" werde (vgl. JBl. 1983/654). Insoweit sich die Revision zur Dartuung ihres Standpunktes, die Zession sei jedenfalls früher als 6 Monate vor der Konkurseröffnung erfolgt, auf einzelne Beweismittel beruft, bekämpft sie lediglich in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Vorinstanzen. Auf der Basis der Feststellungen der Vorinstanzen ist aber die Frage, ob die angefochtene Zession nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit erfolgte, zu bejahen. Die rechtsgeschäftliche Zession erfolgt durch Willensübereinstimmung zwischen Zedenten und Zessionar und bedarf zu ihrer Wirksamkeit nicht der Zustimmung des Schuldners (Koziol-Welser8 I 277). Nach den Feststellungen bot zwar der Gemeinschuldner der beklagten Partei die Forderung bereits vor dem 4. Oktober 1985 an. Es liegen jedoch keine Umstände vor, aus denen sich ergebe, daß das Anbot damals schon angenommen worden wäre. Der Umstand, daß der Geschäftsleiter der beklagten Partei zunächst Erkundigungen bei der Gemeinde Göpfritz einholte, spricht vielmehr gegen die Annahme eines Geschäftswillens seitens der beklagten Partei zum damaligen Zeitpunkt. Erklärungen gegenüber dem späteren Schuldner kommt keine rechtliche Bedeutung zu, weil die Zession ein Vertrag zwischen Alt- und Neugläubiger ist und das Zustandekommen eines Zessionsvertrages daher einer nachweislichen Willenseinigung zwischen diesen beiden bedarf. Eine Annahme des Anbotes des Gemeinschuldners durch die beklagte Partei erfolgte aber nach den Feststellungen erst nach Zusendung der Rechnung durch ein den Konkludenzerfordernissen des § 863 ABGB entsprechendes Verhalten der beklagten Partei. Das Berufungsgericht ist daher zu Recht davon ausgegangen, daß die Zession erst nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners erfolgte.
Richtig ist, daß nach § 31 Abs.1 Z 1 erster Fall KO nur die Befriedigung oder Sicherstellung eines Konkursgläubigers anfechtbar ist. Das heißt nichts anderes, als daß die fragliche Forderung mangels Tilgung bei Konkurseröffnung Konkursforderung wäre (vgl. Hoyer, Zu den Anfechtungstatbeständen des § 31 Abs.1 Z 2 KO in ÖJZ 1982, 382). Dies trifft aber auf die Kreditforderung der beklagten Partei zu. Insoweit sich die Revision in diesem Zusammenhang wieder auf den Mantelzessionsvertrag und die Stellung der beklagten Partei als Absonderungsgläubigerin beruft, kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Zu Unrecht macht die beklagte Partei auch geltend, daß sie nur das erhalten habe, was ihr nach den getroffenen Vereinbarungen zugestanden sei, weil es beim Anfechtungstatbestand nach § 31 Abs.1 Z 2 KO nicht darauf ankommt, ob die Deckung kongruent oder inkongruent ist (Wegan, Österreichisches Insolvenzrecht 79). Die Ausführungen der Revision zum revolvierenden Kontokorrentkredit sind zwar richtig. Im vorliegenden Fall erfolgte aber keine Wiederausnützung des bereits zurückgezahlten Kredites Zug um Zug gegen die Abtretung der Forderung, sondern eine teilweise Tilgung des offenen Kreditrestes. Liegen aber die Voraussetzungen für eine Anfechtung nach dem ersten Fall des § 31 Abs.1 Z 2 KO vor, erübrigt es sich, auf die Revisionsausführungen zum zweiten Anfechtungstatbestand dieser Bestimmung einzugehen. Das Vorliegen der subjektiven Anfechtungsvoraussetzungen wird von der Revision nicht in Zweifel gezogen.
Demgemäß ist der Revision ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E13820European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0070OB00523.88.0324.000Dokumentnummer
JJT_19880324_OGH0002_0070OB00523_8800000_000