Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Helga Anna T***, Hausfrau, Wien 17., Syringgasse 17, vertreten durch Dr. Peter Armstark, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ibrahim Jassim Mohammed T***, Kaufmann, Wien 19., Paul Ehrlich-Gasse 18/5, vertreten durch Dr. Wolfgang Urban, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhaltes (Streitwert S 900.000,--) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 29.Oktober 1987, GZ 43 R 1072/87-77, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 16.April 1987, GZ 9 C 20/86-63, und infolge Revisionsrekurses des Beklagten gegen den in das Urteil aufgenommenen Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 29.Oktober 1987, GZ 43 R 1072/87-77, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Revision und der Revisionsrekurs werden zurückgewiesen. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 16.864,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.533,15 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Begründung:
Die Klägerin begehrte vom Beklagten, ihrem Ehemann, zunächst einen monatlichen Unterhalt von S 25.000, dehnte jedoch ihr Begehren in der Tagsatzung am 25.2.1987 auf S 50.000 monatlich aus. Zu dieser Tagsatzung waren weder der Beklagte noch sein rechtsfreundlicher Vertreter erschienen. Das Erstgericht erkannte ohne Beschlußfassung über die Klagsänderung im Sinne des erweiterten Klagebegehrens. Mit den in das Urteil aufgenommenen Beschlüssen verwarf das Berufungsgericht die Nichtigkeitsberufung des Beklagten und ließ die Klagsänderung nicht zu. In der Hauptsache änderte das Berufungsgericht das Ersturteil dahin ab, daß es der Klägerin nur S 25.000 monatlich zuerkannte.
Nach der Auffassung des Berufungsgerichtes sei eine Klagsänderung in einer Tagsatzung, die vom Beklagten versäumt werde, nicht zulässig. In der Hauptsache verneinte das Berufungsgericht das Vorliegen der behaupteten Verfahrensmängel und hielt die Bekämpfung der Beweiswürdigung und der Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes für nicht gerechtfertigt. Die Rechtsrüge erachtete das Berufungsgericht als nicht gesetzmäßig ausgeführt.
Gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhebt der Beklagte Revision, die, soweit sie den Ausspruch der zweiten Instanz über die Klagsänderung betrifft, als Revisionsrekurs zu behandeln ist. Beide Rechtsmittel sind unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
1.) Zum Revisionsrekurs:
Über eine Klagsänderung ist zwar grundsätzlich mit Beschluß zu entscheiden, und zwar auch dann, wenn kein abgesonderter Beschluß ergeht, sondern die Entscheidung in das Urteil aufgenommen wird. Die Rechtsprechung läßt jedoch auch zu, daß kein formeller Beschluß gefaßt, sondern der Entscheidung einfach das geänderte Klagebegehren zugrunde gelegt wird (RZ 1977/42; SZ 44/7; 7 Ob 742,743/80; Fasching
III 123). Lehre und Rechtsprechung erblicken in der vom Erstgericht ohne Fassung eines förmlichen Beschlusses gefällten Sachentscheidung über das geänderte Klagebegehren eine implicite ausgesprochene Zulassung der Klagsänderung (Fasching aaO, 7 Ob 742, 743/80). Soweit die zweite Instanz darüber abspricht, entfaltet sie eine rekursgerichtliche Tätigkeit (RZ 1977/42), die im Rahmen des § 528 ZPO anfechtbar ist (vgl. SZ 44/7). Voraussetzung eines jeden Rechtsmittels ist jedoch eine Beschwer des Rechtsmittelwerbers, d.h. das Vorliegen eines Rechtsschutzinteresses an einer Änderung oder Beseitigung der angefochtenen Entscheidung. Dieses Rechtsschutzinteresse muß noch bei der Entscheidung über das Rechtsmittel vorliegen (EvBl.1973/204; EvBl.1971/165 uva). Hier fehlt dem Revisionsrekurswerber eine solche Beschwer. Eine Beschwer kann zwar auch in einem prozessualen Nachteil gelegen sein (RZ 1985/22). Ein solcher ist jedoch für den Beklagten hier nicht ersichtlich. Die Klagsänderung, deren Zulassung von der zweiten Instanz verneint wurde, bestand in einer Erweiterung des Klagebegehrens ohne Änderung des Klagegrundes. Ein solcherart erweitertes Klagebegehren konnte von der Klägerin ohne daß dies als eine Änderung der Klage anzusehen wäre und ohne Zustimmung des Beklagten gemäß § 235 Abs.4 ZPO wieder beschränkt werden. Daraus folgt aber, daß sich der Beklagte durch die von der zweiten Instanz abgelehnte Zulassung der Klagsänderung, die von der Klägerin hingenommen wird, nicht beschwert erachten kann.
2.) Zur Revision:
Gemäß § 502 Abs.2 Z 1 ZPO ist gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes ein weiterer Rechtszug unzulässig, soweit über die Bemessung des gesetzlichen Unterhaltes entschieden wurde. Zur Unterhaltsbemessung gehört insbesondere die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen (EFSlg.44.077 uva). Hier wendet sich der Revisionswerber nur gegen die Höhe seines von den Vorinstanzen ermittelten Vermögens und der ihm zukommenden Kapitalerträgnisse und behauptet die Untauglichkeit und Unvollständigkeit der Feststellungsgrundlagen. Der Vorwurf der unrichtig ermittelten Bemessungsgrundlage richtet sich aber gegen die Unterhaltsbemessung, gleichgültig, ob dabei dem Berufungsgericht auch Verfahrens- oder Feststellungsmängel unterstellt werden (EFSlg.44.079).
Demgemäß ist auch die Revision unzulässig.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Da die Unzulässigkeit der Revision in der Revisionsbeantwortung geltend gemacht wurde, hat die Klägerin auch Anspruch auf Kostenersatz.
Anmerkung
E13611European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0070OB00543.88.0324.000Dokumentnummer
JJT_19880324_OGH0002_0070OB00543_8800000_000