TE OGH 1988/3/24 7Ob505/88

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Veröffentlicht am 24.03.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Hans K***, Kaufmann, Innsbruck, Oberkoflerweg 10, vertreten durch Dr. Walter Nowak, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagten Parteien Helmut und Annelore K***, Gastwirte, Bad Hofgastein, Gasthof Schweizerhof, vertreten durch DDr. Manfred Walter, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 148.661,53 s.A. und Räumung (Gesamtstreitwert S 172.661,53), infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 30. September 1987, GZ 32 R 163/87-21, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Gastein vom 4. März 1987, GZ C 250/85-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird mit der Maßgabe bestätigt, daß die Aufrechnungseinrede der beklagten Parteien abgewiesen wird. Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 7.472,35 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 679,30 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger erklärte mit der am 6. November 1985 eingebrachten Klage die Auflösung des mit den Beklagten über sein Gasthaus "Schweizerhof" abgeschlossenen Pachtvertrages wegen erheblich nachteiligen Gebrauches und wegen qualifizierten Pachtzinsrückstandes. Er begehrt einen rückständigen Pachtzins von S 148.661,53 s.A. und die Räumung des Bestandobjektes. Die Beklagten stellen einen erheblich nachteiligen Gebrauch in Abrede. Sie bestreiten ferner, daß die Bestimmungen des vom Kläger mit den Vorpächtern abgeschlossenen Pachtvertrages auch zwischen den Streitteilen vereinbart worden seien, und wenden gegen das Leistungsbegehren aufrechnungsweise eine Gegenforderung von S 141.709,10 für Aufwendungen für das Bestandobjekt ein. Das Erstgericht sprach aus, daß die Klagsforderung mit S 148.661,53 zu Recht besteht und die eingewendete Gegenforderung nicht aufrechenbar ist. Es sprach demgemäß dem Kläger S 148.661,53 samt stufenweisen Zinsen zu und gab dem Räumungsbegehren statt. Nach seinen Feststellungen verpachtete der Kläger den Beklagten mit Pachtvertrag vom 18. Juni 1981 (Beilage B) seine Liegenschaft EZ 183 KG Bad Hofgastein mit dem Gasthaus "Schweizerhof" zu einem jährlichen, wertgesicherten Pachtzins von S 157.134 netto zuzüglich

8 % Mehrwertsteuer aus 3/4 des Zinses (= S 9.428,04) und 18 %

Mehrwertsteuer aus 1/4 des Zinses (= S 7.071,03), sohin zu einem Bruttopachtzins von jährlich S 173.633,07 bzw. monatlich S 14.469,42. Der Pachtzins sollte halbjährlich am 15. März und 15. September eines jeden Jahres im vorhinein bezahlt werden. Die Beklagten bezahlten den Pachtzins jedoch von Anfang an nicht halbjährlich, sondern monatlich, was vom Kläger akzeptiert wurde. Zuvor hatte der Kläger sein Gasthaus mit Vertrag Beilage A an das Ehepaar Hans und Margit L*** verpachtet gehabt. Nach Punkt IV dieses Pachtvertrages sollten bei Berechnung der Wertsicherung Indexsteigerungen bis 10 % außer Betracht bleiben und der Steigerungsbetrag binnen Monatsfrist nach Bezahlung des Pachtzinses bei sonstigem Erlöschen des Anspruches geltend zu machen sein. Nach Punkt XII lit.e des Pachtvertrages war eine Kompensation des Pachtzinses mit Forderungen des Pächters aus welchem Grund immer unzulässig. Nach dem letzten Satz des zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Pachvertrages sollten die Bestimmungen des vom Kläger mit dem Ehepaar L*** abgeschlossenen Pachtvertrages gelten, soweit sie nicht mit gelber Farbe berichtigt bzw. gestrichen wurden. Der Kläger hatte vor Vertragsabschluß mit den Beklagten den Vorpachtvertrag den Beklagten zur Durchsicht und zur allfälligen Anbringung von Streichungen übermittelt. Der Verbleib dieser Ausfertigung konnte nicht festgestellt werden. Ebenso konnte nicht festgestellt werden, ob darin im Sinne des letzten Satzes des Pachtvertrages Beilage B der Punkt XII lit.e des Vorpachtvertrages über das vertragliche Kompensationsverbot gestrichen wurde. Mit Schreiben vom 26. Juni 1985 gab der Kläger den Beklagten den Steigerungsbetrag bis 31. Mai 1985 in Höhe von insgesamt S 72.792 detailliert bekannt und begehrte Bezahlung. Der Vertreter der Beklagten errechnete den Steigerungsbetrag unrichtig mit S 51.768,52. Diesen Betrag bezahlten die Beklagten in vier Teilbeträgen a S 1.000 am 24. Februar, 25. März, 21. April und 8. August 1986 und den Restbetrag von S 11.768 am 9. September 1986. Der Steigerungsbetrag haftet daher noch mit S 18.232 aus. Den Bestandzins einschließlich Steigerungsbetrag für die Monate Juni bis Dezember 1985 in Höhe von S 18.632,79 monatlich bezahlten die Beklagten nicht, weil sie S 141.709,10 für das Bestandobjekt aufwendeten.

Nach der Auffassung des Erstgerichtes seien nach dem Inhalt des zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Pachtvertrages die Bestimmungen des Vorpachtvertrages grundsätzlich vereinbart worden. Die Beklagten hätten daher den Nachweis erbringen müssen, daß einzelne Bestimmungen, insbesondere jene über das Kompensationsverbot nicht Vertragsinhalt des zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Pachtvertrages geworden seien. Diesen Beweis hätten die Beklagten nicht erbracht. Es sei daher von der Geltung des Kompensationsverbotes auszugehen. Die Voraussetzungen für eine Vertragsauflösung nach § 1118 zweiter Fall ABGB seien gegeben, zumal die Klage die Mahnung ersetze.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und teilte auch dessen Rechtsansicht. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteigt.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision der Beklagten ist nicht berechtigt.

Als Grundregel der Beweislastverteilung gilt, daß jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Umstände beweisen muß. Jeder, der ein Recht für sich in Anspruch nimmt, muß die rechtsbegründenden Tatsachen beweisen, wer sich dagegen darauf beruft, daß ein Recht nicht wirksam wurde oder wieder beseitigt worden ist, muß die rechtshemmenden oder rechtsvernichtenden Tatsachen beweisen (Fasching LB Rz 882 und Kommentar III 234; JBl. 1959, 135 ua). Nach diesen Grundsätzen haben die Vorinstanzen die Frage der Beweislastverteilung hinsichtlich der Vereinbarung des Kompensationsverbotes zutreffend zu Lasten der Beklagten gelöst. Die Beklagten haben bestritten, daß die Bestimmungen des Vorpachtvertrages auch für das Bestandverhältnis der Streitteile Geltung haben sollten (AS 10 lit.a in ON 4). Aufgrund des Urkundenbeweises des Klägers (Beilagen A und B) hat das Erstgericht festgestellt, daß die Bestimmungen des Vorpachtvertrages zum Inhalt des Vertrages der Streitteile gemacht wurden, soferne sich nicht durch Berichtigungen etwas anderes ergibt. Der Pachtvertrag enthält ein Kompensationsverbot. Die Beklagten hätten daher beweisen müssen, daß diese Klausel des Vorpachtvertrages durch Berichtigung beseitigt wurde.

Nach dem Wortlaut der Vertragsurkunden liegt ein Pachtvertrag

vor. Die Beklagten hätten daher Umstände behaupten und beweisen

müssen, aus denen sich ergibt, daß unbeschadet der Vertragsbezeichnung und einzelner Vertragsbestimmungen keine Unternehmenspacht, sondern eine Geschäftsraummiete gegeben ist, weil in Wahrheit kein lebendes Unternehmen übergeben wurde. Die Beklagten haben aber in erster Instanz das Vorliegen einer Geschäftsraummiete nicht einmal behauptet und dazu auch kein Sachvorbringen erstattet. Desgleichen wurde Sittenwidrigkeit der grundsätzlich zulässigen vertraglichen Ausschließung der Aufrechung (MietSlg. 17.217; SZ 27/197; anders nach § 6 Abs.1 Z 8 KSchG) in erster Instanz nicht behauptet. Zur Geltendmachung der Sittenwidrigkeit ist zwar eine ausdrückliche Berufung auf die Sittenwidrigkeit nicht erforderlich, die Partei muß jedoch die Umstände geltend machen, aus denen sich die Sittenwidrigkeit ergibt (Krejci in Rummel ABGB Rz 248 zu § 879 mwN). Solche Umstände sind jedoch nicht geltend gemacht worden. Das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Vertragsaufhebung nach § 1118 zweiter Fall ABGB wird von der Revision nicht bestritten, sodaß insoweit auf die Beurteilung der Vorinstanzen verwiesen werden kann.

Demgemäß ist der Revision ein Erfolg zu versagen. Im Falle eines vertraglichen Kompensationsausschlusses ist die Aufrechnungseinrede jedoch abzuweisen (Arb. 8915; SZ 41/68 ua). Dem war der Ausspruch der Vorinstanzen über die Kompensationseinrede anzupassen. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Für das Räumungsbegehren gilt für die Kostenberechung gemäß § 10 Z 2 lit.a RAT jedoch lediglich ein Streitwert von S 24.000.

Anmerkung

E13606

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0070OB00505.88.0324.000

Dokumentnummer

JJT_19880324_OGH0002_0070OB00505_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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