TE OGH 1988/3/29 11Os22/88

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Veröffentlicht am 29.03.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 29.März 1988 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schumacher als Schriftführerin in der Strafsache gegen Rudolf Engelbert P*** wegen des Vergehens des fahrlässigen Ansichbringens von Sachen nach dem § 165 (§ 164 Abs. 1 Z 2) StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 4.November 1987, GZ 17 Vr 794/87-111, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Hauptmann, und des Verteidigers Dr. Tews, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rudolf P*** - im zweiten Rechtsgang nach Aufhebung eines Schuldspruches wegen des Verbrechens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z 2, Abs. 3 StGB durch den Obersten Gerichtshof - des Vergehens des fahrlässigen Ansichbringens (Verheimlichens oder Verhandelns) von Sachen nach dem § 165 (§ 164 Abs. 1 Z 2) StGB schuldig erkannt, weil er am 30.August 1981 in Klagenfurt einen von unbekannten Tätern dem Andreas O*** gestohlenen PKW BMW 520, Baujahr 1980, im Werte von ca. 150.000 S fahrlässig von dem gesondert verfolgten Hermann K*** gekauft hatte. Rudolf P*** bekämpft dieses Urteil mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 3, 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die jedoch zur Gänze nicht begründet ist:

Rechtliche Beurteilung

Nichtigkeit nach dem § 281 Abs. 1 Z 3 StPO macht der Beschwerdeführer mit der Behauptung geltend, daß in der dem Urteil unmittelbar vorangegangenen Hauptverhandlung vom 4.November 1987, der Vorschrift des § 244 StPO zuwider, die Anklageschrift nicht verlesen worden sei.

Diese Behauptung trifft zu. Aus der Begründung des Beschlusses des Vorsitzenden vom 23.Dezember 1987 (Band III, ON 119 dA), mit welchem das Protokoll über die Hauptverhandlung durch Streichung des sich auf die Verlesung der Anklageschrift beziehenden Vordruckes berichtigt wurde (vgl. Band III, ON 110, S 91 dA), ergibt sich, daß sowohl der Staatsanwalt als auch der Verteidiger die Frage verneint hatten, ob die Verlesung der gesamten Anklageschrift in Anbetracht dessen, daß die Senatszusammensetzung seit der vorausgegangenen Hauptverhandlung vom 15.Juli 1987 unverändert blieb, "begehrt" werde. Angesichts der Verlesung der Anklageschrift in dieser vorausgegangenen Hauptverhandlung (Band III, ON 102, S 61 dA) in Verbindung mit der neuerlichen Verlesung der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes aus dem ersten Rechtsgang in der (zuletzt) neu durchgeführten Verhandlung (Band III, ON 102, S 61 und ON 110, S 93 dA) kann aber kein Zweifel bestehen, daß die Mitglieder des Schöffensenates während der gesamten Dauer der neu durchgeführten Hauptverhandlung und zur Zeit der Entscheidung vom Inhalt des Anklagevorwurfes in ausreichender Weise Kenntnis hatten. Es ist daher unzweifelhaft erkennbar, daß eine im Unterbleiben der neuerlichen Verlesung der Anklageschrift gelegene Formverletzung keinen dem Angeklagten nachteiligen Einfluß auf die Entscheidung auszuüben vermochte (§ 281 Abs. 3 StPO).

Auch die Rechtsrüge (§ 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO), mit welcher der Angeklagte den Mangel eines Sorgfaltsverstoßes im Sinn der Fahrlässigkeit (§ 6 StGB) einwendet, dringt nicht durch:

Als objektiv und subjektiv sorgfaltswidrig erachtet das Erstgericht, daß der Angeklagte 1./ den PKW nicht von einem befugten Gewerbsmann (sondern von einem "Pfuscher" - vgl. die Verantwortung des Angeklagten, Band III, ON 102, S 63 in Verbindung mit ON 110, S 91 dA) gekauft, 2./ sich nicht näher über die Herkunft des PKWs erkundigt und 3./ gewußt hatte, daß der Kaufpreis von 90.000 S (knapp 30 %) unter dem Listenpreis (von ca. 125.000 S) gelegen war. Es ist der Beschwerde zwar einzuräumen, daß die erste und die dritte dieser drei Komponenten - aus der Sicht einer mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen, besonnenen und einsichtigen Person (Maßfigur) in der konkreten Lage des Angeklagten beim Kauf des PKWs - für sich allein noch nicht den realen Verdacht (und nicht bloß die theoretisch-abstrakte Möglichkeit) bedeuteten, der PKW könnte aus einer strafbedrohten Handlung gegen fremdes Vermögen stammen (vgl. auch SSt. 50/47; nv 10 Os 152/83, 9 Os 139/84 ua).

Die Beschwerde läßt jedoch außer acht, daß der Angeklagte den ihm als "Pfuscher" bekannten und in der Kaufvertragsurkunde (Band I, ON 16, S 123 dA) nicht aufscheinenden Veräußerer Hermann K*** durch den befreundeten Heinrich P*** kennengelernt hatte (Band III, ON 102, S 63 dA), über dessen Vorstrafen wegen Diebstahls er nach ersichtlicher Annahme des Erstgerichtes ebenfalls Bescheid wußte (vgl. Band I, ON 6, S 64 c ff, ON 21, S 423, Band III, ON 111, S 97 in Verbindung mit ON 102, S 63 und ON 110, S 91 dA). Hält man dazu, daß der PKW sich in einem ausnehmend ("äußerst") guten und gepflegten Zustand befand (Band I, ON 2, S 47, Band II, ON 61, S 412 in Verbindung mit ON 110, S 91, 93 dA), was nicht auf ein von einem "Pfuscher" repariertes und deshalb im Vergleich zum Listenpreis erheblich billigeres Havariefahrzeug hinweist, dann verdichten sich - unter Zugrundelegung des Sorgfaltsmaßstabes einer gedachten Modellfigur - diese konkreten Gegebenheiten in ihrer Gesamtheit zum realen Verdacht der Herkunft der Kaufsache aus einem Vermögensdelikt, der eine weitere Herkunftsprüfung erforderlich gemacht hätte. Diese Prüfung unterließ der Beschwerdeführer, obwohl sie ihm zufolge der Bezeichnung des Vorbesitzers im Typenschein (vgl. Band II, ON 23, S 51, 55 dA) möglich gewesen wäre. Solcherart bejahte das Erstgericht im Ergebnis zu Recht ein objektiv und subjektiv sorgfaltswidriges Verhalten beim Kauf des PKWs, das dem Angeklagten zumindest als unbewußte Fahrlässigkeit (§ 6 Abs. 2 StGB) vorzuwerfen ist.

Unter den selben objektiven und subjektiven Voraussetzungen liegt dem Angeklagten ferner die Aufrechterhaltung des verpönten Zustandes durch die Innehabung, somit die Verhehlung des PKWs - als Dauerdelikt (JBl. 1984, 210), wie das Erstgericht in der Begründung seines Urteils an sich richtig erkannte - zur Last. Das Ende des Deliktszeitraumes fällt mit der erstmaligen polizeilichen Vernehmung des Angeklagten am 10.Mai 1982 zusammen, weil zu diesem Zeitpunkt der PKW - wie auch in der Beschwerde vorgebracht - bereits faktisch sichergestellt wurde (vgl. Band I, ON 4, S 49 dA).

Soweit das Erstgericht - letzteren Umstand außer acht lassend - in den Urteilsgründen die Verhehlung des PKWs auch darin erblickt, daß der Angeklagte trotz "erheblicherer" Bedenken auf Grund der polizeilichen Vernehmungen die Herausgabe des PKWs und die Klarlegung des Erwerbsvorganges unterlassen habe, ist dies nicht von entscheidender Bedeutung. Denn die (verfehlte) Annahme einer (geringfügig) längeren Dauer der Verhehlung ist ohne Einfluß auf die strafrechtliche Subsumtion sowie (vorliegend) auf die Verjährungsfrage.

Deshalb erübrigt sich eine Erörterung jenes Teiles des Beschwerdevorbringens, welches unter dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO die Feststellung des Beschlagnahmezeitpunktes anficht.

Aus den dargelegten Erwägungen war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

Über die vom Angeklagten seinerzeit des weiteren angemeldete Berufung war nicht zu erkennen, weil dieses Rechtsmittel im Gerichtstag vor dem Obersten Gerichtshof zurückgezogen wurde. Die Kostenentscheidung beruht auf der im Spruch zitierten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E13888

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0110OS00022.88.0329.000

Dokumentnummer

JJT_19880329_OGH0002_0110OS00022_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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