TE Vwgh Erkenntnis 2005/9/21 2004/09/0076

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Veröffentlicht am 21.09.2005
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
77 Kunst Kultur;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §67;
DMSG 1923 §1 Abs1 idF 1999/I/170;
DMSG 1923 §1 Abs10 idF 1999/I/170;
DMSG 1923 §1 Abs5 idF 1999/I/170;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde der B GmbH in G, vertreten durch Dr. Max Josef Allmayer-Beck und Mag. Dr. Johannes Stockert, Rechtsanwälte in 1011 Wien, Parkring 2, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 17. März 2004, Zl. 16.002/7-IV/3/2004, betreffend Unterschutzstellung nach §§ 1 und 3 Denkmalschutzgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 2. April 2003 wurde festgestellt, dass die Erhaltung von vier repräsentativen Objekten der "Brauerei R", nämlich das Verwaltungsgebäude "V", der Silospeicher, der Hauptbrunnen und die Malztenne, in G, R-Straße, A-Straße, Gerichtsbezirk G, Grundstücksnummern ... (V), ... (Hauptbrunnen und Malztenne) und ... (Silospeicher), alle EZ ... der KG ... B, gemäß §§ 1 und 3 des Denkmalschutzgesetzes im öffentlichen Interesse gelegen sei. Soweit dies für die Beurteilung des vorliegenden Beschwerdefalles noch von Relevanz ist, wurde dazu aus dem Gutachten des Landeskonservators Folgendes festgestellt:

"Geschichtliche Entwicklung:

Nach eher geringer Bedeutung ab dem Mittelalter galten Bier und seine Herstellung in G bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts als Nebenerwerb für unterschiedlichste Berufsgruppen wie Händler, Gastwirte, Handwerker oder auch Advokaten. Von den vorstädtischen Anlagen ist die Brauerei am S zu erwähnen, von der schon aus dem Jahr 1697 eine Steuerleistung an die Herrschaft E überliefert ist. Diese inmitten agrarischer Landschaftsstrukturen befindliche Brauerei erwarben 1853 die aus dem deutschen Rheingebiet stammenden Brüder J.P. und J.R. Ersterer hatte im Zuge einer Reise G kennen gelernt und sich nach einer missglückten Firmengründung nahe Brünn für G als Ort eines neuerlichen Versuches entschieden. G stand zu dieser Zeit wie die damals eigenständige Gemeinde E am Beginn einer gründerzeitlichen wirtschaftlichen und industriellen Entwicklung, welche letztere bis zur Eingemeindung nach G zur bevölkerungsmäßig drittgrößten steirischen Gemeinde werden ließ. Einen wesentlichen Anteil an diesem sozio-ökonomischen Aufschwung leistete auch die Brauerei R.

Am Beginn der als 'Brüder R' protokollierten Firma stand 1855 die Bewilligung zur Produktion von Spiritus, Likör, Essig und Presshefe. Die Installierung zweier Dampfmaschinen machte die Brauerei zur modernsten steirischen Anlage, die bald durch weitere Produktionsbauten wie einer Mälzerei oder einer Harzöldestillation erweitert wurde. Daneben konnte durch eine eigene Landwirtschaft sowie notwendige infrastrukturelle Nebenbetriebe wie einer Schmiede oder Fassbinderei eine weitgehende wirtschaftliche Autarkie erreicht werden. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die gesamte Anlage sehr positiv, so stieg der Bodenbedarf der Firma um das 25fache an, steigerte sich die Bierproduktion von 2.300 hl 1853 auf 280.000 hl im Jahr 1892. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war die Brauerei die fünftgrößte in Österreich und beschäftigte knapp 700 Arbeiter und Angestellte, für welche eigene soziale Einrichtungen etabliert wurden. J.P.R war bis zu seinem Tod 1901 für die Firma verantwortlich. Seine Gattin und Alleinerbin T wandelte sie mit Unterstützung ihres Schwiegersohnes K 1903 in eine Aktiengesellschaft um, welcher der G. Advokat M als Präsident vorstand. K führte die wirtschaftlichen Agenden weiter, die mit einem steten Anwachsen der Fabriksanlagen verbunden waren. So betrug knapp vor Beginn des Ersten Weltkrieges die Bierproduktion 441.000 hl. Krieg und Auflösung der Monarchie mit dem Verlust von Absatzmärkten führten zu schweren wirtschaftlichen Rückschlägen, die jedoch gemeistert werden konnten. Auch der Zweite Weltkrieg brachte schwere Probleme mit sich, aufgrund der nahen Industrieanlagen und Eisenbahnlinien waren viele Bombenangriffe mit Schäden zu überstehen. 1943 wurde die Firma mit der 'E-Brauerei vorm. S & Söhne' zusammengeschlossen, wobei die Nebenbetriebe als eigene Firma von der Brauerei abgetrennt wurden. Um 1955 zählte die damals größte und modernste Brauerei der Steiermark rund 1200 Beschäftigte. Neben den übrigen Produkten wurden jährlich 600.000 hl Bier produziert. In den siebziger Jahren ging 'R' in der S Aktiengesellschaft auf. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der letzten Jahrzehnte haben dazu geführt, dass nach und nach die meisten Produktionsbereiche stillgelegt oder an andere Betriebsstätten transferiert wurden, sodass gegenwärtig nur mehr wenige Bereiche des Firmenareals in Verwendung stehen. Derzeit ist eine grundlegende städtebauliche Neuorientierung für sämtliche Bereiche in Bearbeitung, womit die ursprüngliche Bedeutung und Funktion der Brauerei R der G. Vergangenheit angehören dürfte.

Verbunden mit dem hier kurz geschilderten wirtschaftlichen Aufstieg der Brauerei war eine kontinuierliche und bis in die jüngere Vergangenheit gegebene Anpassung des Objektbestandes an die jeweiligen ökonomischen Rahmenbedingungen. Von diesem Objektbestand sollen nun einige Gebäude als pars pro toto die Geschichte dieser für die steirische Wirtschaftshistorie so bedeutenden Brauerei dokumentieren.

...

Die Malztenne, nahe der A-Straße annähernd mittig in der Längsentwicklung des Firmenareals gelegen, ist in ihrer äußeren Ansicht überwiegend in einen größeren Gebäudekomplex integriert. Es handelt sich bei ihr um einen dreigeschossigen, leicht unter das umgebende Bodenniveau gesenkten Baukörper mit rechteckigem Grundriss und Satteldachabschluss. Der Plan für die Tenne ist vom G. Baumeister C unterzeichnet und stammt aus dem Jahr 1888. Er wurde noch im selben Jahr baulich umgesetzt. Das Gebäude verfügt in den beiden unteren Geschossen über ein wohlproportioniertes Gewölbesystem mit drei Schiffen und elf Jochen. In ihm spannen sich Platzlgewölbe über Pfeilern, die betonte Basen besitzen und in kräftige breite rundbogige Gurt- und Schildbögen übergehen. Im Scheitel jedes Gewölbefeldes sitzt ein metallenes Fallrohr für den Materialtransport. Das dritte Geschoss ist wesentlich niedriger gehalten als die beiden unteren und trägt eine flache Holzdecke, über der sich der Dachstuhl befindet.

..."

Ergänzend dazu gab das Bundesdenkmalamt aus dem mit Stellungnahme der beschwerdeführenden Partei vom 13. Jänner 1999 vorgelegten Gutachten des Architekten Univ. Doz. Dipl.- Ing. Dr. techn. G, G, vom Dezember 1998, Folgendes wieder:

"Die Brauerei R kann als ein typisches Beispiel eines alten und gealterten Industrieunternehmens bezeichnet werden, bei dem laufende Änderungen am Baubestand, jeweils den Anforderungen der Technik und der Produktion folgend, vorgenommen wurden. Man könnte bei einem Vergleich von Bildern der Anlage, die im Laufe der Zeit entstanden sind, beinahe von einem Wildwuchs sprechen.

Im Jahre 1853 erfolgte die Übernahme einer kleinen an dieser Stelle bestehenden Brauerei durch die Brüder R. Knapp 20 Jahre später, 1871, wird die gesamte Betriebsanlage völlig neu errichtet und bereits nach etwas mehr als 30 Jahren wird derselbe Vorgang wiederholt.

Offensichtlich waren die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen später nie wieder so günstig wie in der Gründerzeit und zu Beginn dieses Jahrhunderts, denn in der Folge hat sich das Unternehmen während seines über einhundertjährigen Bestandes auf dem großen Areal mehr oder weniger ungeordnet ausgebreitet. Der Baubestand wird infolge ständiger Änderungen in der Produktion und Produktionstechnik laufend angepasst und verändert. Abbrüche, Neubauten, Um- und Anbauten kennzeichnen die Situation. Weder bei der räumlichen Anordnung, noch bei der äußeren Ausgestaltung der Betriebsobjekte scheint ein besonderes System oder ein einheitlicher Gestaltungswille ersichtlich; lediglich die Farbe Gelb, in der heute fast alle Bauten gefärbelt sind, signalisiert ein Unternehmen, eine Zusammengehörigkeit.

Die technischen Entwicklungen des Unternehmens beginnen mit dem frühen Einsatz von Dampfmaschinen und dem eigenen Kesselhaus, dem der Elektrizität für Beleuchtung und Antrieb, und stecken somit den äußeren Rahmen der Entwicklungen bis heute ab, die auf die eigentliche Produktion und in der Folge wieder auf die Bauten ihre Auswirkungen hatten. Wirtschaftliche und technische Überlegungen sowie Neuentwicklungen waren immer Leitmotiv von Änderungen. Sie führten auch dazu, dass nach dem Ende des 2. Weltkriegs die nach P verlagerte Bierproduktion nicht mehr zurückgeholt wurde.

Der Braubetrieb in E ist bereits seit 1943 eingestellt; weitere Einstellungen folgten im Laufe der Zeit, und heute ist jegliche Produktion der Firma R beendet. Die in den siebziger Jahren, am Rande des ursprünglichen Firmenareals errichtete Mälzerei wurde veräußert.

Die amtlicherseits getroffene Auswahl der Objekte 'pars pro toto' gleicht einem Sammelsurium von einigen über das Fabriksareal verteilten Bauten. Es sind kein roter Faden, kein Konzept zu erkennen.

Immerhin müsste man sich die Frage nach den Bedeutungsträgern einer Brauerei stellen, so man ein Beispiel des Industriebaues schützen will. Als Objekte zur Dokumentation der Industriearchitektur, der Baukunst oder der G. oder steirischen Wirtschaftsgeschichte fehlt ihnen die dafür spezifische Aussagekraft. Es bleibt wiederum die Beliebigkeit im Raum stehen. Wenn im Gutachten festgestellt wird, dass die Firma R im Jahre 1955 die größte und modernste Brauerei der Steiermark mit über 1200 Beschäftigten war, so ist dazu festzuhalten und richtigzustellen, dass es sich in erster Linie um die 'Brüder R Brauerei A.G.' handelte, die ihren Firmensitz zwar in G-E hatte, wo seit 1943 kein Bier mehr gebraut wurde, deren Braustätte aber in P war. Zumindest hatten all die im Gutachten erwähnten Bauten zu diesem Zeitpunkt keine direkte Bedeutung mehr für die Brauerei der Brüder R.

Die wirtschaftliche Entwicklung hat dazu geführt, dass heute aus dem Betrieb der Brüder R ein Industriefriedhof, eine Industriebrache, entstanden ist. Damit ist eine Chance für die Stadt G entstanden, große zusammenhängende Grundstücksflächen in günstiger Lage in Zukunft als Stadt-Erweiterungsgebiet zur Verfügung zu haben.

Diese Möglichkeit sollte nicht durch eine übertrieben hohe Anzahl an Beeinträchtigungen geschmälert werden. Hierbei geht es ebenso wie bei der Unterschutzstellung um öffentliche Interessen, was zu bedenken und abzuwägen wäre.

Frühe Industriebauten sind durch die Aufnahme traditioneller Bauformen und Bautechniken für ihre Produktionsstätten gekennzeichnet. Nur wenige Industriezweige (z.B.: Eisen- und Hüttenwerke) entwickeln produktionsbedingt besondere Bauformen oder sind an besondere Standorte gebunden. Für die Biererzeugung trifft jedoch beides nicht zu. In nahezu jedem beliebigen Bau - es sei nur auf die vielen kleinen Brauereien der Vergangenheit verwiesen - konnte diese Produktion aufgenommen werden.

.....

Die heute noch vorhandenen Bauten am Betriebsgelände der Brauerei R bestätigen den Eindruck, dass bei allen Bauvorhaben immer und nur die rein funktionelle Zweckerfüllung das Leitmotiv der Firmenleitung gewesen ist. Als bezeichnende Beispiele können dafür der 1907-1911 errichtete Brunnen und der Malzsilo zitiert werden, die die Diskrepanz zwischen Entwurf und tatsächlicher Ausführung deutlich vor Augen führen.

Als Kriterien bei der Unterschutzstellung der Brauerei Brüder R müssten neben anderen Fragen die folgenden gestellt und beantwortet werden: Was ist für eine Brauerei typisch? Gibt es Gebäudetypen, die einen direkten Bezug zur Brauerei haben? Wie zeigt sich der Produktionsprozess? Sind die Produktionsabläufe einer Brauerei am Bauwerk ablesbar? Mit der Beantwortung dieser Fragen sollte an die Auswahl der Objekte gegangen werden.

Die im Gutachten des Bundesdenkmalamtes als 'repräsentativ' angeführten Objekte erfüllen diese Kriterien kaum oder gar nicht.

...

Mälzerei :

In den späten achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde im Rahmen einer weiteren Umbauphase des Brauereibetriebs, für ein damals als Innovation für die Malzerzeugung geltendes Verfahren, ein neues Gebäude errichtet.

Ursprünglich als ein freistehender Ost-West orientierter dreigeschossiger Baukörper mit rechteckigem Grundriss gebaut und von einem Satteldach eingedeckt. In den drei Etagen werden die dreischiffigen Gewölbekonstruktionen von mächtigen gemauerten Pfeilern getragen. Von diesem Objekt tritt heute nur mehr die schmucklose Südseite als einzig unverbaute Ansicht, mit einer Anzahl unregelmäßig verteilter, kleiner kellerfensterähnlicher Öffnungen, in Erscheinung.

Die übrigen Seiten des Bauwerks sind inzwischen von einem Konglomerat von An- und Zubauten unterschiedlicher Volumina, Nutzungen und Bauzeiten ein- und zugebaut. Darunter dominiert eine Siloanlage aus der Zeit nach 1945, die im Volumen und insbesonders in der Höhe das Gebäude beträchtlich überragt. Somit ist dieser Bau weder in seiner ursprünglichen Form erkennbar noch in seiner räumlichen Abgrenzung erfassbar.

Hat zur Zeit seiner Errichtung der im Bauwerk ablaufende Prozess der Malzerzeugung als technische Neuerung gegolten, so ist das Bauwerk selbst ein reiner Zweckbau, ein Industriebau ohne jegliche architektonische Bedeutung und ohne bautechnische Besonderheit oder Neuerung. Gewölbekonstruktionen über Mauerpfeilern sind zu dieser Zeit die übliche Möglichkeit der Deckenausbildung; eine traditionelle Bauweise, millionenfach erprobt und mit der, der Tradition anhaftenden ästhetischen Aussage behaftet. Eine Betonkonstruktion an ihrer Stelle wäre eventuell als eine bautechnische Besonderheit anzusehen.

Da die Anlage seit Jahrzehnten nicht mehr in Betrieb ist, sind die technischen Einrichtungen der Mälzerei heute längst verschwunden. Die verbliebene und leere Hülle ist mit einer Reihe von Objekten zu einem agglutierenden Gebilde verschmolzen, ohne Aussicht dafür irgendeine zeitgemäße Nutzung zu finden.

     Bei der Bewertung der Mälzerei im amtlichen Gutachten wird

darauf verwiesen, dass ... 'Der Planer hat nicht auf eine hier

unnotwendige nach außen hin wirkende Erscheinung geachtet, sondern

ein in der Substanz selbst bestehendes, auch im späten

19. Jahrhundert allgemein gültiges architektonisches Grundprinzip

ästhetischer Ansprüche umgesetzt.' ... Wie diese Auffassung,

dass bei einem Objekt, einem Industriebau, von dem heute nur mehr ein Teil einer schmucklosen Fassade unverbaut sichtbar ist, dessen äußerer und innerer Aufbau von der Funktion bestimmt ist, ein Bauwerk, das nur zu gewährleisten hat, dass die Konstruktion den aufgebrachten Lasten standhält und dass ein dunkles feuchtes Kellerklima für die Keimung von Gerste vorhanden ist, vertreten werden kann, ist nicht nachvollziehbar, noch ist der Schluss richtig.

Weiters wird festgestellt: ... 'ein spezifisches Gefühl für die Proportionen eines Raumes, die Wirkungen von Gewölbeformen und damit die Verbindung von ästhetischen Empfinden und Nutzbarkeit manifestiert.' ...

Dass sich der Baumeister bewusst angestrengt hat, um die Verbindung von ästhetischem Empfinden und Nutzbarkeit zu manifestieren, um dann die Raumwirkung der Gewölbeformen als einen Aspekt für die Wertigkeit der äußeren Erscheinung des Gebäudes heranzuziehen, ist Annahme.

Kellerräume, Erdgeschosse von Wohnhäusern, Kirchen, Gewerbe-, Verkehrs- und Industriebauten, Stallungen und viele andere Bauten wurden seinerzeit mit Gewölben ausgestattet, die einzige technische Möglichkeit der Deckenkonstruktion für manche Bauaufgaben. Darin in jedem Fall die Verbindung von ästhetischem Empfinden und Nutzbarkeit manifestiert zu sehen und daraus eine so besondere Wertigkeit abzuleiten, dass eine Unterschutzstellung nach dem Denkmalschutzgesetz gerechtfertigt ist, geht eindeutig (zu) weit.

Es kann nicht Gegenstand der Untersuchung sein, die Ästhetik von Räumen mit Gewölbekonstruktionen im Allgemeinen, das spezifische Gefühl für die Proportionen eines Raumes (form follows function) und die Verbindung von ästhetischem Empfinden und Nutzbarkeit in der Bewertung der Malztenne dermaßen zu überbewerten.

Gewölbekonstruktionen wie sie zur Bauzeit der Mälzerei üblich waren, heute als Grundprinzip ästhetischer Ansprüche zu deklarieren, ist eine mögliche und wohl persönliche Auffassung, sie geht aber am tieferen Sinn dieses Bauwerks vollkommen vorbei. Es handelt sich hier um einen reinen Nutzbau, der wegen der an ihn gestellten Anforderungen mit Gewölbekonstruktionen ausgestattet wurde.

Eine Schlussfolgerung zur ... 'Die zeittypische Technik der Gewölbe ist weiterer Aspekt für die Wertigkeit des Gebäudes' ... wäre, dass der Gewölbebau in jedem Fall ästhetisch, damit schützenswert ist. Gewölbe in Ziegel zu errichten, kann nicht als zeittypisch für das 19. Jahrhundert reklamiert werden. Selbst mit der neu auftretenden Technologie des Stahlbetonbaus verliert die Technik der Wölbung nicht ihre Bedeutung.

Der Bau der Mälzerei war ursprünglich als freistehendes Objekt konzipiert, er wird jedoch im Laufe der Entwicklung von einer Reihe von Nebenobjekten so weit umbaut, dass sein ursprüngliches äußeres Erscheinungsbild heute nicht mehr erfassbar ist. Der Innenraum stellt mit seiner Bauform und -technik keine architektonische Besonderheit dar. Und selbst die Bedeutung im Produktionsprozess ist als zu gering anzusetzen, um eine Unterschutzstellung zu rechtfertigen.

...

Der als Mälzerei bezeichnete Bau könnte vom Typus her auf jedem beliebigen Industrieareal stehen, ebenso der Brunnen und die Holzkonstruktion. Das Wirtschaftsgebäude der Ökonomie könnte auf jedem größeren Bauernhof vorkommen, für die Brauerei ist es eher untypisch, ebenso kann die V überall stehen.

Die Lithographie von M. Rieder aus dem Jahr 1871 zeigt die Brauerei nach ihrer ersten großen Um- und Neubauphase: ein einigermaßen einheitliches Bild eines Industrieensembles. Dieses Bild besteht auch noch nach der zweiten großen Erneuerung und vor dem 1. Weltkrieg. Danach nimmt das Unternehmen eine Entwicklung, die große einheitliche Maßnahmen der baulichen Erneuerung nicht mehr möglich werden lassen.

Bereits im vergangenen Jahrhundert wird u.a. durch die Errichtung der Mälzerei und der folgenden Ein- und Umbauten die Struktur der Anlage immer zerrissener, vielschichtiger, heterogener, was sich nach dem 2. Weltkrieg nochmals steigert.

Selbst nach einer Unterschutzstellung und einer zu erwartenden Nachnutzung des Firmenareals würden diese Gebäude nie wieder den Eindruck dieses Ensembles ergeben. Sie würden als Reste eines vergangenen Industriestandortes ohne Zusammenhang und Verständnis in der Landschaft stehen, so sie überhaupt alleine standfähig sind.

Die vom Bundesdenkmalamt getroffene Auswahl der Objekte lässt vielmehr undefinierte Kriterien, mangelndes Einfühlungsvermögen oder Willkür vermuten. Es scheint, dass es um die Schaffung von 'Platzhaltern' auf einem großen Areal geht und nicht um die Dokumentation des ehemaligen Unternehmens.

Die Auswahl ist nicht nachvollziehbar. Entweder besteht ein Industriebetrieb als eine geschlossene Einheit - als Ensemble -, die es rechtfertigt, ihn bei Vorhandensein der entsprechenden Qualifikation als solche unter Schutz zu stellen, dann müsste der ganze Betrieb unter Schutz gestellt werden (dies ist im gegenständlichen Fall keineswegs mehr gegeben), oder es bestehen für das Unternehmen und/oder für die Produktion typische Gebäude, um daran eine besondere Bedeutung zu dokumentieren. Diese, wie auch besondere Beispiele der Baukunst, sind weitgehend nicht mehr vorhanden.

Es scheint, dass bei der Auswahl der Objekte schier beliebig in den Fundus gegriffen wurde. Weder die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens noch der seinerzeitige Produktionsprozess, aber auch nicht die industrielle Entwicklung des Standortes oder der Bezug zur Stadt lassen sich bei der getroffenen Auswahl dokumentieren.

Bei einer Unterschutzstellung einer Anlage wie die der Firma R müssten seitens des Denkmalamtes Überlegungen angestellt werden über die Sinnhaftigkeit der Maßnahmen im Hinblick auf spätere Nutzungen und die Erhaltung der Objekte. Stellt man ein Wohnhaus, eine Villa oder ein Schloss unter Denkmalschutz, so ist zumindest die Funktion Wohnen gegeben, und das Gebäude lässt sich dadurch erhalten. Ganz anders hingegen ist die Lage bei ungenützten Industriebauten. Weder in ihrer derzeitigen Form sind sie weiterhin nutzbar, noch kommt in den meisten Fällen aufgrund der Bauwerksstruktur ein Umbau in Frage. Eine museale Nutzung all der ins Auge gefassten Objekte ist ebenso undenkbar; es fehlen letztlich die Inhalte.

Eine Dokumentation des Industriebaus lässt sich anhand der getroffenen Auswahl nicht vornehmen. Dafür sind die Bauten zu wenig spezifisch, in der Architektursprache zu wenig aussagend, sich zeitlich zu ähnlich, ihrer Produktionsmittel entleert, und auch vom Standpunkt der Bautechnik ohne besondere Bedeutung.

....

Es fehlen erkennbare Kriterien bei der Auswahl der einzelnen Objekte, die weder durch besondere (bau-)künstlerische, oder sonstige besondere kulturelle Werte auffallen. Auch wird durch die ausgewählten Objekte weder der Bedeutung der Firmengründer, noch dem Industriestandort ausreichend Rechnung getragen. Auch der Bezug zur Wirtschaftsgeschichte der Stadt G und zu soziokulturellen Belangen ist durch die getroffene Auswahl in keiner überzeugenden Weise gegeben.

Eine Unterschutzstellung erscheint auf Grund fehlender bzw. zu geringer schützenswerter Bau-, Kunst- oder Ensemblebestände und sonstiger Bedeutung in kultureller Hinsicht als nicht gerechtfertigt und ist daher nicht vertretbar.

..."

Das Bundesdenkmalamt traf in der Folge aus dem von der Behörde ergänzend eingeholten Amtsgutachten des Univ. Prof. Dr. R

folgende - wesentliche - Feststellungen:

"...

Malztenne

Sicherlich ist die Malztenne ein integrativer Bestandteil einer Brauerei, ja sie ist sogar in einem Werk mit alten G. Abbildungen fotografisch wiedergegeben! 'Das Gebäude verfügt in den beiden unteren Geschossen über ein wohlproportioniertes Gewölbesystem mit drei Schiffen und elf Jochen'. Der Tatbestand könnte aus architektonischer Sicht vom Denkmalschutz aufgegriffen werden, um das Gebäude zu schützen. Auch wenn der Bau ursprünglich als Malztenne errichtet wurde, so ist ihm dies heute nicht mehr sofort anzumerken. Daher würde die Malztenne als Signal vergangener Brauindustrie nicht im Mittelpunkt stehen.

Mit großem Nachdruck soll hingegen darauf hingewiesen werden, dass das offensichtlich nicht gefährdete Verwaltungsgebäude, welches auch nicht zum Schutz vorgesehen war, für die vormalige Brauerei von außerordentlicher Bedeutung gewesen ist und auch heute noch G. Brauindustrie versinnbildlicht."

In der Folge zitierte die Behörde erster Instanz das Schreiben der beschwerdeführenden Partei vom 27. März 2000, worin diese mitgeteilt habe, dass das Gebäude der Mälzerei schon seit mehreren Jahrzehnten funktionslos sei und sämtliche für den Mälzereibetrieb erforderlichen Einrichtungen, Anlagen und Geräte nicht mehr vorhanden seien. Auch sei die ehem. Mälzerei so stark verändert worden, dass nur mehr ein geringer Bereich der Südfassade unverbaut geblieben sei. Die Mälzerei sei kein eigenständiger Baukörper, sondern infolge der erwähnten An-, Um- und Zubauten ein Konglomerat von Bauten unterschiedlicher Entstehungszeiten und Nutzungen, welche baulich kaum mehr trennbar seien.

Das Bundesdenkmalamt kam auf Grund dieser Feststellungen zu dem rechtlichen Schluss, der Malztenne komme spezifische Qualität als Architekturdenkmal zu, sie präsentiere eine Stufe der Brauereitechnik, da die Runddarre bzw. die "erste Wanderhaufenmälzerei die herkömmliche Methode der Tennenmälzerei ablöste". Somit könne hier nach wie vor von einer doppelten Bedeutung der Malztenne gesprochen werden, denn in ihrer zweigeschossigen Ausführung liege sowohl eine brauereispezifische als auch architektonische Bedeutung. Die zeittypische Technik der Gewölbe sei ein weiterer Aspekt der Wertigkeit des Gebäudes, sie könne stellvertretend für einen Typus von Wirtschafts- und Industriebautechnik angesehen werden, dessen Entwicklung im späten

19. und 20. Jahrhundert durch das Auftreten von Stahlbetonbauten zu Ende zu gehen begonnen habe. Das Vorliegen des öffentlichen Interesses an der Erhaltung dieser Denkmale werde für gegeben erachtet, weil die genannten Objekte als Ensemble gesamtheitlich über eine Authentizität verfügten, die in den übrigen Bereichen nicht (mehr) in diesem Ausmaß feststellbar sei, und über eine hohe Dokumentationskraft für die "Brauerei R", einen in der Vergangenheit wichtigen E. Wirtschaftsbetrieb. Damit leisteten sie einen Beitrag zur G. Stadtgeschichte und -entwicklung nicht nur in wirtschaftlicher, sondern in allgemeiner soziokultureller Hinsicht. Dabei seien in ihrer Architektur die jeweiligen Zeitbezüge und Intentionen der Bauherrschaft in Bezug auf Repräsentation und Umsetzung baulicher Aufgaben besonders gut ablesbar. Die Wertigkeit der Malztenne liege darin, dass sie nicht nur einen Teilaspekt des industriellen Braugewerbes indiziere, sondern in ihrer Ausführung auch die architektonischen Vorstellungen ihrer Entstehungszeit darstelle, in denen sich zum rein funktionellen Aspekt auch ein spezifisches Gefühl für die Proportionen eines Raumes, die Wirkung von Gewölbeformen und damit die Verbindung von ästhetischem Empfinden und Nutzbarkeit manifestierten. Der Planer habe nicht auf eine hier unnotwendige nach außen hin wirkende Erscheinung geachtet, sondern ein in der Substanz selbst bestehendes, auch im späteren 19. Jahrhundert allgemein gültiges architektonisches Grundprinzip ästhetischer Ansprüche umgesetzt.

Gegen diesen Bescheid, insoweit er die Unterschutzstellung (auch) der "Malztenne" betraf, erhob die beschwerdeführende Partei Berufung, in der sie im Wesentlichen das Vorliegen eines öffentlichen Interesses an der Erhaltung dieses Bauwerkes bestritt und darüber hinaus im Sinne des § 1 Abs. 10 DMSG darauf verwies, dass im Falle des Abrisses der - als nicht schützenswert erachteten und daher nicht unter Denkmalschutz gestellten - Nebengebäude eine strukturelle und bauliche "Freilegung" der Malztenne die Folge sei, was weder technisch noch praktisch durchführbar sei, zumal sich der gesamte Gebäudekomplex in einem schlechten baulichen Zustand befinde.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 17. März 2004 wurde dieser Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 29 Abs. 1 Denkmalschutzgesetz "idgF" keine Folge gegeben und der bekämpfte erstinstanzliche Bescheid des Bundesdenkmalamtes vollinhaltlich bestätigt. Nach Darstellung des Verfahrensganges, insbesondere der - die Malztenne betreffenden - wörtlichen Wiedergabe des Gutachtens des Landeskonservators, des Gegengutachtens des Univ.-Doz. Dipl.-Ing. Dr. G und des ergänzenden Amtsgutachtens des Univ.-Prof. Dr. R, führte die belangte Behörde begründend aus, aus den vom Bundesdenkmalamt eingeholten Gutachten ergebe sich, dass die vier ausgewählten Objekte verschiedene Funktionen der "Brauerei R" erfüllt hätten. Die Auswahl der Objekte, die im Grundsatz durch die Berufung auch nicht mehr bestritten werde, sei aus den Amtssachverständigengutachten schlüssig nachvollziehbar, weil die festgestellte technik- und wirtschaftsgeschichtliche Bedeutung auch durch die verschiedenen Funktionen innerhalb des ehemaligen Industriebetriebes zum Ausdruck komme. Gegenstand des Berufungsverfahrens sei daher die Frage gewesen, ob die berufungsgegenständliche Malztenne in einem geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigem kulturellen Zusammenhang mit den übrigen Objekten stehe, die ein öffentliches Interesse an der Erhaltung rechtfertige. Bei der Aufzählung in § 1 Abs. 2 DMSG handle es sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes um eine demonstrative Aufzählung einiger Umstände, wann ein öffentliches Interesse an der Erhaltung jedenfalls vorliege. Der Maßstab für die Bewertung der Schutzwürdigkeit eines Denkmals bleibe jedoch gegenüber der bisherigen Rechtslage unverändert. Die Behörde halte daher die bisherige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum öffentlichen Interesse an der Erhaltung von Denkmalen für weiterhin maßgebend.

Der Verwaltungsgerichtshof habe ausgeführt, dass es für die Denkmaleigenschaft eines Gegenstandes ausreiche, wenn dessen Bedeutung in einem der drei in § 1 Abs. 1 DMSG genannten Bereiche (geschichtlich, künstlerisch oder kulturelle Bedeutung) bestehe. Das öffentliche Interesse sei keineswegs auf die Erhaltung einzelner, besonders herausragender Denkmale zu beschränken, sondern es sei ein öffentliches Interesse auch an der Erhaltung von Denkmalen anzunehmen, die beispielhaft für bestimmte geschichtliche, künstlerische oder kulturelle Entwicklungen stünden. Die Zielsetzungen des Denkmalschutzgesetzes gingen daher weit über das landläufige Verständnis hinaus und hätten die Erhaltung des übernommenen Kulturgutes schlechthin zum Inhalt. Die Behörde stelle daher fest, dass Denkmale nicht nur Gegenstände von künstlerischer Bedeutung sein könnten, sondern auch Gegenstände, die für bestimmte (technik- und wirtschafts-)geschichtliche Entwicklungen stünden. Die belangte Behörde messe daher der Frage des ästhetischen Wertes der gegenständlichen Malztenne nur geringe Bedeutung zu. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Proportion und das Gewölbe des Raumes das Resultat eines ästhetischen Konzeptes oder dieser ästhetische Wert erst das Ergebnis der gegenwärtigen Rezeption sei, weil das öffentliche Interesse bereits in der technik- und wirtschaftsgeschichtlichen Bedeutung des Objektes als Teil der "Brauerei R" begründet sei. Wie sich nämlich aus dem schlüssigen Amtssachverständigengutachten ergebe, handle es sich bei der Brauerei R um eine für die technische und wirtschaftliche Entwicklung in der Steiermark besonders bedeutende Industrieanlage. Diese Bedeutung werde auch nicht durch das Sachverständigengutachten des Univ.-Doz. Dipl.-Ing. Dr. G erschüttert, der - wenn auch in Details abweichend - die relevante wirtschaftsgeschichtliche Bedeutung des Unternehmens letztlich nicht in Zweifel ziehe. Für die belangte Behörde sei daher die besondere Bedeutung der "Brauerei R" erwiesen und sie sehe damit auch das öffentliche Interesse an der Erhaltung der Malztenne als gegeben an, weil es geradezu ein Charakteristikum einer Industrieanlage sei, dass sie aus Gebäuden bestehe, denen unterschiedliche Funktionen zugeordnet seien. Dieses öffentliche Interesse erfordere nicht, dass das Denkmal oder sein (früherer) Verwendungszweck von der Öffentlichkeit wahrgenommen oder erkannt werden könne. Es sei daher auch nicht weiter darauf einzugehen gewesen, ob eine Freilegung der Malztenne technisch oder wirtschaftlich möglich sei und ob hiefür öffentliche Mittel zur Verfügung stünden. In diesem Zusammenhang werde darauf hingewiesen, dass die Feststellung eines öffentlichen Interesses an der Erhaltung von Denkmalen ausschließlich nach der geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen kulturellen Bedeutung zu prüfen sei und jede Abwägung mit sonstigem öffentlichen oder privaten Interesse zu unterbleiben habe. Diese seien dem Verfahren über die Bewilligung der Veränderung oder Zerstörung des geschützten Denkmales gemäß § 5 DMSG vorbehalten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 des Denkmalschutzgesetzes BGBl. Nr. 533/1923, in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 170/1999, finden die in diesem Bundesgesetz enthaltenen Bestimmungen auf von Menschen geschaffene unbewegliche und bewegliche Gegenstände (einschließlich Überresten und Spuren gestaltender menschlicher Bearbeitung sowie künstlich errichteter oder gestalteter Bodenformationen) von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung ("Denkmale") Anwendung, wenn ihre Erhaltung dieser Bedeutung wegen im öffentlichen Interesse gelegen ist. Diese Bedeutung kann den Gegenständen für sich allein zukommen, aber auch aus der Beziehung oder Lage zu anderen Gegenständen entstehen. "Erhaltung" bedeutet Bewahrung vor Zerstörung, Veränderung oder Verbringung ins Ausland.

Nach Abs. 2 dieser Bestimmung liegt die Erhaltung dann im öffentlichen Interesse, wenn es sich bei dem Denkmal aus überregionaler oder vorerst auch nur regionaler (lokaler) Sicht um Kulturgut handelt, dessen Verlust eine Beeinträchtigung des österreichischen Kulturgutbestandes in seiner Gesamtsicht hinsichtlich Qualität sowie ausreichender Vielzahl, Vielfalt und Verteilung bedeuten würde. Wesentlich ist auch, ob und in welchem Umfang durch die Erhaltung des Denkmals eine geschichtliche Dokumentation erreicht werden kann.

Nach Abs. 3 dieser Bestimmung können Gruppen von unbeweglichen Gegenständen (Ensembles) und Sammlungen von beweglichen Gegenständen wegen ihres geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen kulturellen Zusammenhanges einschließlich ihrer Lage ein Ganzes bilden und ihre Erhaltung dieses Zusammenhanges wegen als Einheit im öffentlichen Interesse gelegen sein. Mehrheiten unbeweglicher oder beweglicher Denkmale, die bereits von ihrer ursprünglichen oder späteren Planung und/oder Ausführung her als im Zusammenhang stehend hergestellt wurden (wie Schloss-, Hof- oder Hausanlagen mit Haupt- und Nebengebäuden aller Art, einheitlich gestaltete zusammengehörende Möbelgarnituren usw.) gelten als Einzeldenkmale. Als Teil einer Hausanlage zählen auch die mit dieser in unmittelbarer Verbindung stehenden, (anschließenden) befestigten oder in anderer Weise architektonisch miteinbezogenen Freiflächen.

Nach Abs. 5 dieser Bestimmung ist vom Bundesdenkmalamt unter Bedachtnahme auf diesbezügliche wissenschaftliche Forschungsergebnisse zu entscheiden, ob ein öffentliches Interesse an der Erhaltung eines Einzeldenkmals, eines Ensembles oder einer Sammlung besteht, sowie ob oder wie weit es sich (auch) um eine Einheit handelt, die als einheitliches Ganzes zu erhalten ist. Bei der Auswahl der Objekte, die unter Denkmalschutz gestellt werden, ist die Bewertung in den vom Bundesdenkmalamt geführten bzw. verfassten Denkmalverzeichnissen zu berücksichtigen. Allgemein anerkannte internationale Bewertungskriterien können in die Beurteilungen miteinbezogen werden. Wenn eine ausreichende Erforschung von Denkmalen - wie insbesondere bei nicht ausgegrabenen Bodendenkmalen - noch nicht abgeschlossen ist, ist die Feststellung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung der Denkmale nur dann zulässig, wenn die für die Unterschutzstellung erforderlichen Fakten auf Grund des wissenschaftlichen Erkenntnisstandes wenigstens wahrscheinlich sind und die unversehrte Erhaltung der Denkmale andernfalls gefährdet wäre; eine solche Unterschutzstellung kann auch zeitmäßig begrenzt erfolgen.

Nach Abs. 8 dieser Bestimmung umfasst, wenn nur Teile eines Denkmales geschützt werden (Teilunterschutzstellung), dieser Schutz auch die übrigen Teile in jenem Umfang, als dies für die denkmalgerechte Erhaltung der eigentlich geschützten Teile notwendig ist.

Nach Abs. 10 dieser Bestimmung kann die Erhaltung nicht im öffentlichen Interesse gelegen sein, wenn sich das Denkmal im Zeitpunkt der Unterschutzstellung in einem derartigen statischen oder sonstigen substanziellen (physischen) Zustand befindet, dass eine Instandsetzung entweder überhaupt nicht mehr möglich ist oder mit so großen Veränderungen in der Substanz verbunden wäre, dass dem Denkmal nach einer Instandsetzung Dokumentationswert und damit Bedeutung als Denkmal nicht mehr in ausreichendem Maße zugesprochen werden könnte. Ausgenommen sind Denkmale, denen auch als Ruinen Bedeutung im obigen Sinn zukommt.

Die beschwerdeführende Partei macht vor dem Verwaltungsgerichtshof - unter grundsätzlicher Anerkennung der wirtschaftsgeschichtlichen Bedeutung der "Brauerei R" - geltend, die belangte Behörde habe nicht begründet, warum ein so massives öffentliches Interesse an der Erhaltung (auch) der Malztenne bestehe, zumal sie nicht festgestellt habe, ob und wie viele vergleichbare Gebäude (Silospeicher oder Malztennen) in Österreich vorhanden seien, bzw. in welchem Umfang durch die Erhaltung gerade dieses Objekts eine geschichtliche Dokumentation erreicht werden könne. Die Beschwerdeführerin habe mehrfach darauf hingewiesen, dass das Objekt im Laufe der Zeit mehrmals stark verändert worden sei und nicht einmal jenen Zustand präsentieren könne, der den seinerzeitigen Zweck geschichtlich dokumentieren könne. Hier hätte die Behörde eine erhöhte Begründungspflicht getroffen.

Auch zu den Fragen der (wenn überhaupt, mit zumutbarem wirtschaftlichem Aufwand zu bewerkstelligenden) Erhaltungsfähigkeit des Objekts - im Hinblick auf dessen Abbruchreife - sowie der Möglichkeit einer nur teilweisen Unterschutzstellung sei die Begründung mangelhaft.

Damit zeigt die beschwerdeführende Partei eine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Rechtswidrigkeit auf.

Die beschwerdeführende Partei hatte bereits im erstinstanzlichen Verfahren, aber auch im Verfahren vor der belangten Behörde wiederholt darauf hingewiesen, dass an der sogenannten "Malztenne" - auch im Hinblick auf ihren Erhaltungszustand im Sinne des § 1 Abs. 10 DMSG und in Ermangelung eines fortbestehenden Dokumentationscharakters - kein öffentliches Interesse an ihrer Erhaltung mehr bestünde.

Zu dieser selbständig zu prüfenden Voraussetzung einer Unterschutzstellung enthält der angefochtene Bescheid keine hinreichende und fallbezogene Begründung. Die belangte Behörde bezieht sich in ihrer Bescheidbegründung vielmehr immer wieder auf die von der beschwerdeführenden Partei unbestritten gebliebene historische Bedeutung der "Brauerei R" für den G. Raum, zu welcher die (insgesamt) vier unter Schutz gestellten Gebäude gehören, sie begründet aber nicht, aus welchen Überlegungen die Erhaltung der Malztenne neben den - nicht in Beschwerde gezogenen - weiteren Gebäuden (V, Hauptbrunnen und Silospeicher) der "Brauerei R", die dem Spruch des erstinstanzlichen Bescheides zufolge kein Ensemble im Sinne des § 1 Abs. 3 DMSG darstellen, im öffentlichen Interesse gelegen sei. Die lediglich allgemeinen Formulierungen der Bescheidbegründung enthalten keine Auseinandersetzung mit dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung speziell der allein den Gegenstand des Berufungs- (sowie des Beschwerde)verfahrens bildenden Malztenne im Sinne des § 1 Abs. 2 DMSG; die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes finden zufolge Abs. 1 erster Satz leg. cit. aber auf "Denkmale" nur Anwendung, wenn ihre Erhaltung ihrer geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen kulturellen Bedeutung wegen im öffentlichen Interesse gelegen ist. Der Hinweis auf die Bedeutung der "Brauerei R" für die Entwicklung des Brauereiwesens in der Steiermark bzw. für die wirtschaftliche und soziokulturelle Entwicklung der betroffenen Region vermag dazu mangels einer auf den Berufungsgegenstand Bezug nehmenden Differenzierung nichts Entscheidendes beizutragen, könnte doch auch die bereits rechtskräftig erfolgte Unterschutzstellung der V, des Hauptbrunnens und des Silospeichers als zur geschichtlichen Dokumentation ausreichend erachtet werden. Es hätte daher der weiteren Begründung bedurft, aus welchem Grunde eine vollständige Dokumentation der historischen Bedeutung der "Brauerei R" ohne die Unterschutzstellung (auch) der Malztenne nicht erreicht werden könne. In diesem Zusammenhang hätte die belangte Behörde auch auf die in dem begründeten und detaillierten Gegengutachten des Sachverständigen Univ. Doz. Dipl. Ing. Dr. G enthaltenen Feststellungen eingehen müssen, das äußere Erscheinungsbild der Malztenne sei "in seiner ursprünglichen Form" weder erkennbar noch, bedingt durch ein "Konglomerat von An- und Zubauten unterschiedlicher Volumina, Nutzungen und Bauzeiten", "in seiner räumlichen Abgrenzung erfassbar". Der Hinweis der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides, dass es in diesem Zusammenhang auf den ästhetischen Wert dieses Gebäudes nicht mehr ankomme, beantwortet die vom Privatsachverständigen aufgeworfenen und im aufgezeigten Sinne entscheidungswesentlichen Fragen nicht.

Der belangten Behörde ist aber noch ein weiterer Begründungsmangel unterlaufen: Wie aus allen Gutachten und auch den im Akt liegenden Lichtbildern hervorgeht, wurden mehrere Gebäude direkt an die Malztenne angebaut. Daran knüpfte sich u.a. auch die Behauptung der beschwerdeführenden Partei in ihrer Berufung, im Falle der Entfernung dieser - nicht unter Schutz gestellten und daher vom Eigentümer ohne besondere Bewilligungen abzureißenden Gebäude - sei die Standsicherheit der Malztenne nicht mehr gegeben. Die belangte Behörde geht mit keinem Wort auf diese Behauptung der beschwerdeführenden Partei ein, was jedoch entscheidungswesentlich gewesen wäre, weil in dem Falle, in dem der statische und/oder physische Erhaltungszustand der Malztenne nach Entfernung der sie derzeit noch stützenden Nebengebäude ein solcher wäre, dass "eine Instandsetzung entweder überhaupt nicht mehr möglich oder mit so großen Veränderungen in der Substanz verbunden wäre, dass dem Denkmal nach einer Instandsetzung Dokumentationswert und damit Bedeutung als Denkmal nicht mehr in ausreichendem Maße zugesprochen werden könnte", dieser Umstand gegen eine Unterschutzstellung spräche, weil das öffentliche Interesse im Sinne des § 1 Abs. 10 DMSG nicht mehr hätte angenommen werden dürfen.

Da der angefochtene Bescheid aus den dargelegten Gründen an entscheidungswesentlichen Feststellungs- und Begründungsmängeln leidet, war er wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 21. September 2005

Schlagworte

"zu einem anderen Bescheid" Begründung Begründungsmangel Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004090076.X00

Im RIS seit

25.10.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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