Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 7.April 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Legradi als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Otto R*** wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z 2, Abs 3, 1. Deliktsfall, StGB und einer anderen strafbaren Handlung über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung und über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wr.Neustadt als Schöffengericht vom 16. Dezember 1987, GZ 12 b Vr 431/87-32, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
I. Dem Angeklagten wird wider die Versäumung der Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt.
II. Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
III. Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Otto R*** (zu I.) des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z 2, Abs 3 erster Deliktsfall StGB und (zu II.) des Vergehens des Diebstahls nach §§ 12, 127 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er (zu I.) in Stang Sachen in einem 100.000 S übersteigenden Wert, die Unbekannte durch Verbrechen gegen fremdes Vermögen erlangt hatten, verheimlicht, und zwar 1. in der Zeit von 1983 bis 30.März 1987 den PKW BMW 318, Baujahr 1977, früheres Kennzeichen PA-K 73, im Werte von etwa 70.000 S und 2. in der Zeit vom September 1986 bis 30. März 1987 den PKW VW Jetta GL im Werte von etwa 120.000 S; (zu II.) am 18.März 1987 zwischen St. Martin/Wart und Drumling den Walter Z*** dadurch bestimmt, dem Walter S*** und Werner S*** in Drumling je eine gebrauchte Zapfwelle (Gesamtwert etwa 3.000 S) zu stehlen, daß er ihn hiezu aufforderte.
Rechtliche Beurteilung
Zum Antrag auf Wiedereinsetzung:
Nach Urteilsverkündung meldete der Angeklagte Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an (S 135). Eine Urteilsausfertigung wurde dem Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt Dr. Erik S***, am 12.Jänner 1988 zugestellt (S 152). Am 9.Feber 1988 - sohin am 28.Tag nach der Urteilszustellung - gab der Verteidiger eine Ausführung der angemeldeten Rechtsmittel zur Post und stellte gleichzeitig den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung.
In diesem Antrag wird vorgebracht, daß die Kanzleileiterin Angelika R*** die Ausführung der Rechtsmittel am 26.Jänner 1988 beim Postamt Hinterbrühl aufgeben wollte und um etwa 17 Uhr mit ihrem PKW dorthin unterwegs war, jedoch während der Fahrt von einer Übelkeit befallen wurde und daraufhin den praktischen Arzt Dr. Albert K*** aufsuchen mußte, der sie mit einer kreislaufstärkenden Injektion behandelte. Auf Grund dieses Zwischenfalles sei sie nicht mehr in der Lage gewesen, das Postamt rechtzeitig zu erreichen. Dieses Vorbringen wurde durch eine eidesstattliche Erklärung der Angelika R*** und ein Attest des Dr. Albert K*** bescheinigt.
Die Wiedereinsetzung ist berechtigt.
Dieser Vorfall war für den Verteidiger Dr. Erik S*** ein nicht voraussehbarer, demnach unabwendbarer Umstand, an den ihn kein Verschulden trifft und der es ihm unmöglich machte, die Frist zur Ausführung der beiden Rechtsmittel einzuhalten (§ 364 Abs 1 Z 1 StPO). Da der Verteidiger des weiteren innerhalb der Frist des § 364 Abs 1 Z 2 StPO um die Wiedereinsetzung angesucht hat, schließlich die Wiedereinsetzung nach ständiger Rechtsprechung nicht nur wider die Versäumung der Frist zur Anmeldung, sondern auch wider die Versäumung der Frist zur Ausführung eines Rechtsmittels gegen ein Urteil bewilligt werden kann, sind die Voraussetzungen für die Stattgebung des Antrages erfüllt.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde:
Den Schuldspruch selbst bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Entgegen den Ausführungen der Mängelrüge (Z 5) zum Schuldspruch Punkt II. des Urteilssatzes steht die Aussage der Ida Z*** der - auf Grund der Angaben der Gendarmeriebeamten Horst K*** und Johann L*** getroffenen - Feststellung des Erstgerichts, daß Walter Z*** zum Zeitpunkt seiner Einvernahme durch die genannten Beamten soweit nüchtern war, daß er sinnvolle und richtige Angaben machen konnte, nicht entgegen. Denn der Darstellung der Zeugin ist nicht zu entnehmen, daß sie bei dieser Vernehmung zugegen war oder über den Zustand ihres (inzwischen verstorbenen) Gatten unmittelbar vor dieser Vernehmung Angaben machen kann. Sie vermutet nur, daß Walter Z*** auch zur Zeit der Einvernahme betrunken war, weil dies sein "Normalzustand" und er immer am Nachmittag stark alkoholisiert war (vgl S 129). Auch hat das Erstgericht seine Urteilsannahme damit begründet, daß die Gendarmeriebeamten durch diese Verantwortung des Z*** erst auf den Angeklagten gekommen sind und das Diebsgut tatsächlich bei ihm aufgefunden wurde.
Die Rechtsrügen (Z 9 lit a und 10) erweisen sich teils als verfehlt, teils nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt. Soweit der Beschwerdeführer in Beziehung auf die Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO zum Faktum I. 1 und 2 des Urteilssatzes vorbringt, daß Erhebungen über den unmittelbaren Vorbesitzer der Fahrzeuge nicht erfolgt seien, macht er sachlich den Nichtigkeitsgrund der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO geltend; dieser erweist sich nicht als prozeßordnungsmäßig ausgeführt, weil damit nur die Unterlassung einer amtswegigen Beweisaufnahme bemängelt und demnach die Ablehnung oder Nichterledigung eines von ihm gestellten Antrags gar nicht behauptet wird. Mit der als Mängelrüge (Z 5) zu wertenden weiteren Behauptung, es sei nicht erwiesen, daß jeweils die Vorbesitzer der Fahrzeuge den Diebstahl begangen hätten, übergeht der Angeklagte jene Urteilsüberlegungen, auf welche das Gericht die - für die rechtliche Beurteilung allein maßgebenden - Feststellungen gründete, der Angeklagte habe es ernstlich für möglich gehalten und sich auch damit abgefunden, daß diese Fahrzeuge gestohlen worden waren. Der Umstand aber, ob die Vorbesitzer selbst den Diebstahl ausführten, ist nicht entscheidungswesentlich (vgl Leukauf-Steininger, Komm2, § 164, RN 11).
Die Ausführungen zur Z 10 des § 281 Abs 1 StPO laufen auf eine versuchte (aber unzulässige) Umwertung der Verfahrensergebnisse hinaus, wenn in der Rüge - unter Negierung der erstgerichtlichen Feststellungen - behauptet wird, der Angeklagte habe davon ausgehen können, daß die Vorbesitzer die Fahrzeuge rechtmäßig erworben hätten, im übrigen die Verfahrensergebnisse aber eine Schlußfolgerung auf Kenntnis des Angeklagten von der diebischen Herkunft der Fahrzeuge nicht zuließen. Insoweit entfernt sich die Beschwerde vom festgestellten Sachverhaltssubstrat und läßt auch insoweit eine prozeßordnungsgemäße Ausführung vermissen. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285 d Abs 1 Z 1 und 2 StPO zurückzuweisen.
Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten war der Akt dem Oberlandesgericht Wien zuzuleiten (§ 285 i StPO).
Anmerkung
E13907European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0120OS00038.88.0407.000Dokumentnummer
JJT_19880407_OGH0002_0120OS00038_8800000_000