TE OGH 1988/4/12 4Ob517/88

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Veröffentlicht am 12.04.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Albertina G***, Hausfrau, St.Georgen im Attergau, Kottulinskystraße 22, vertreten durch Dr.Erich Aichinger und Dr.Harald Fahrner, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, wider die beklagte Partei Hermann G***, Chemiearbeiter, St.Georgen im Attergau, Kottulinskystraße 22, vertreten durch Dr.Gerhard Zenz, Rechtsanwalt in Mondsee, wegen Räumung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Berufungsgerichtes vom 4.November 1987, GZ R 916/87-15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Frankenmarkt vom 14.August 1987, GZ 1 C 37/87-10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 2.414,72 (darin enthalten S 219,52 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile, deren Ehe am 23.Juni 1983 geschieden wurde, sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 693 KG St.Georgen, auf welcher sich ein Einfamilienhaus befindet, das als Ehewohnung diente. Im Aufteilungsverfahren F 1/84 des Erstgerichtes hatte die Klägerin unter anderem beantragt, ihr an der dem Beklagten gehörenden Liegenschaftshälfte ein Fruchtgenußrecht auf Lebensdauer einzuräumen und dem Beklagten das Verlassen des Hauses aufzutragen. Der Außerstreitrichter ordnete die Übertragung der dem Beklagten gehörenden Liegenschaftshälfte in das Eigentum der Klägerin an und trug der Klägerin eine Ausgleichzahlung von S 360.000 auf; zur Sicherstellung der Forderung auf die Ausgleichszahlung begründete er ein Pfandrecht über S 180.000,-- zugunsten des Beklagten an der genannten Liegenschaft. Der Beschluß enthält ferner die wechselseitige Verpflichtung der Parteien, gleichzeitig mit der Einverleibung der zu ihren Gunsten begründeten Rechte in die Einverleibung der Rechte des jeweils anderen Teils einzuwilligen. Er enthält aber keine Räumungsverpflichtung des Beklagten. Die neu begründeten Rechte der Streitteile sind noch nicht einverleibt. Die Klägerin hat die bereits fällige erste Rate der Ausgleichszahlung noch nicht gezahlt.

Auf Grund des Übergabsvertrages vom 28.Jänner 1962 haben Katharina G*** (die Mutter des Beklagten) und Marianne G*** (eine Cousine des Beklagten) an dem westseitig gelegenen, einfenstrigen Zimmer im ersten Stock des Hauses das lebenslange unentgeltliche Wohnungsrecht. In den Jahren 1965 oder 1966 errichteten jedoch die Streitteile anstelle des im Übergabsvertrag beschriebenen Altbaues ein neues Haus. Im ersten Stock dieses Neubaues befinden sich an der Westseite drei Zimmer. Eines davon bewohnt der Beklagte (seit 1983), eines der Sohn der Streitteile und eines Katharina G***. Die Streitteile haben der Mutter des Beklagten dieses Zimmer zum Wohnen zur Verfügung gestellt, eine schriftliche Vereinbarung wurde jedoch nicht abgeschlossen. In den Jahren 1980 bis 1983 wohnte der Beklagte nicht in dem Haus.

Die Klägerin begehrt, den Beklagten schuldig zu erkennen, die Liegenschaft zu räumen und ihr geräumt zu übergeben. Der Beklagte habe im Zeitpunkt der Ehescheidung nicht im Haus gelebt, sei aber danach in das Haus eingezogen. Das Zusammenleben der Streitteile gestalte sich äußerst schwierig. Der Beklagte sei trotz des Ergebnisses des Aufteilungsverfahrens nicht bereit, aus dem Haus auszuziehen. Da sein Eigentumsrecht an der Liegenschaftshälfte mit Eintritt der Rechtskraft des Aufteilungsbeschlusses erloschen sei, bewohne der Beklagte das Haus nunmehr ohne Rechtstitel. Der Beklagte sei auch nicht berechtigt, auf Grund des Wohnungsrechtes seiner Mutter in dem Haus zu wohnen.

Der Beklagte beantragte die Abweisung der Räumungsklage. Die Klägerin habe die ihr im Aufteilungsverfahren auferlegten Leistungen noch nicht erbracht. Der Aufteilungsbeschluß enthalte keinen Auftrag zur Räumung der Liegenschaft. Im übrigen benütze er jetzt nur jene Räume, an denen seine Mutter das Wohnrecht habe.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Der Beklagte benütze seit der Rechtskraft des Aufteilungsbeschlusses - ungeachtet der noch fehlenden Einverleibung der Löschung seines Eigentumsrechtes - das Haus titellos. Auf das Wohnungsrecht seiner Mutter, welches nicht übertragbar sei, könne er sich nicht berufen. Überdies bewohne der Beklagte einen anderen Raum, nicht aber jenen, der seiner Mutter zur Verfügung gestellt worden sei. Der Verzug der Klägerin mit der ersten Rate der Ausgleichszahlung stehe dem Räumungsbegehren nicht im Wege, weil die Eigentumsübertragung und die Verpflichtung zur Ausgleichszahlung nicht voneinander abhängig gemacht worden seien. Das Räumungsbegehren sei auch nicht etwa deshalb unberechtigt, weil im Aufteilungsbeschluß keine Frist für die Räumung festgesetzt worden sei.

Das Berufungsgericht wies die Klage ab und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000, nicht aber S 300.000 übersteige und die Revision zulässig sei. Die auf § 366 ABGB gestützte Räumungsklage sei nicht berechtigt, weil die in einem Aufteilungsverfahren ergangene Anordnung der Übertragung des Eigentumsrechtes bloß den Titel für den Eigentumserwerb schaffe, nicht aber die für den Eigentumserwerb taugliche Erwerbsart ersetze. Als solche komme bei unbeweglichen Sachen ausschließlich die Eintragung ins Grundbuch in Frage. Mangels Verbücherung des Alleineigentumsrechtes der Klägerin sei daher das Eigentumsrecht des Beklagten an einer Liegenschaftshälfte noch nicht erloschen; er bewohne somit das Haus auch nicht titellos.

Die Klägerin könne sich auch nicht auf § 372 ABGB berufen, weil die Voraussetzung der tatsächlichen Innehabung fehle; nur der mit einem Titel zum Eigentumserwerb ausgestattete echte Besitzer einer Sache könne sein besseres Recht gegenüber einem anderen durchsetzen. Zwischen den Streitteilen bestehe auch kein Schuldverhältnis, aus dem die Klägerin den Anspruch auf Räumung ableiten könnte. Hätte der Außerstreitrichter die Räumungsverpflichtung ausgesprochen, dann könnte die Klägerin bereits Exekution führen. Der Aufteilungsbeschluß enthalte aber keine Räumungsverpflichtung des Beklagten.

Gegen dieses Urteil richtet sich die wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision der Klägerin mit dem Antrag, das Urteil des Erstgerichtes wiederherzustellen. Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Da im vorliegenden Fall ein Anspruch auf Grund einer Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens geltend gemacht wird, war auch die bisher noch nicht relevierte Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges zu prüfen. Der Wahrnehmung der Unzulässigkeit des Rechtsweges stünde im vorliegenden Fall keine bindende Entscheidung entgegen (§ 42 Abs 3 JN). Die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse geschieht kraft der ausdrücklichen Anordnungen der §§ 229 ff AußStrG im außerstreitigen Verfahren. In diesem Verfahren hat das Gericht auch die gemäß § 93 EheG zur Durchführung der Entscheidung nötigen Anordnungen zu treffen und die näheren Umstände, besonders in zeitlicher Hinsicht, für deren Erfüllung zu bestimmen. Dazu gehört im Fall der Anordnung der Übertragung des Eigentums an der Ehewohnung von einem auf den anderen Ehegatten auch die Aufnahme einer Leistungs- und Räumungsfrist (Knell, Die neuen vermögensrechtlichen Ansprüche von ehemaligen Ehegatten, RpflSlg A 5997, 28). Die Überweisung streitiger Rechtssachen, in denen Ansprüche zwischen ehemaligen Ehegatten hinsichtlich des ehelichen Gebrauchsvermögens oder ehelicher Ersparnisse geltend gemacht werden, an das Außerstreitgericht ist jedoch nur innerhalb der Einjahresfrist des § 95 EheG (§ 235 AußStrG) bzw. bis zum rechtskräftigen Abschluß eines Aufteilungsverfahrens (Hackl in Ostheim, Schwerpunkte der Familienrechtsreform 1977/1978, 166; Ent, Die Eherechtsreform 1978, NZ 1979, 117 ff 170) möglich. Die Klägerin hat zwar im Aufteilungsverfahren auch die Verweisung des Beklagten aus der vormaligen Ehewohnung beantragt; ein Räumungsauftrag ist aber in diesem rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren nicht ergangen. Daher ist der streitige Rechtsweg für die vorliegende Klage zulässig. Die Klägerin wiederholt in ihrer Revision ihre Auffassung, daß das Eigentumsrecht des Beklagten durch die rechtskräftige Entscheidung im Aufteilungsverfahren erloschen sei. Im Aufteilungsverfahren hätte ein Räumungsauftrag nur dann ergehen müssen, wenn dem Beklagten ein zeitlich oder räumlich beschränktes Wohnrecht eingeräumt worden wäre. Die Klägerin sei nunmehr Alleineigentümerin der Liegenschaft und könne deren Räumung durch den Beklagten begehren. Diesen Ausführungen kann nicht zugestimmt werden:

Zum abgeleiteten Eigentumserwerb ist außer einem tauglichen Titel, der gemäß § 424 ABGB auch in einem richterlichen Ausspruch liegen kann, die rechtliche Übergabe und Übernahme erforderlich (§ 425 ABGB). Zur Übertragung des Eigentums an Liegenschaften bedarf es gemäß § 431 ABGB der Intabulation. Mangels Einverleibung des Eigentumsrechtes an dem dem Beklagten gehörenden Hälfteanteil der Liegenschaft ist die Klägerin daher noch nicht Alleineigentümerin der Liegenschaft geworden. Ob sich der Beklagte auf das Fehlen dieser Grundbuchseintragung auch im Innenverhältnis zur Klägerin berufen könnte, obwohl der im Grundbuchsrecht geltende Vertrauensgrundsatz nur zwischen dem Berechtigten und einem gutgläubigen Dritten, nicht aber zwischen dem Berechtigten und seinem Nachmann wirkt (Koziol-Welser7 II 97), und ob er daher dem Räumungsbegehren der Klägerin sein (noch) eingetragenes Eigentumsrecht mit Erfolg entgegenhalten könnte, muß aber im vorliegenden Fall nicht geprüft werden. Der Beklagte hat gemäß Punkt 7 der im Aufteilungsverfahren ergangenen Entscheidung in die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Klägerin ob der ihm gehörenden Liegenschaftshälfte nur gleichzeitig mit der Einverleibung des Pfandrechtes für die (zweite) Ausgleichsteilzahlung von S 180.000 einzuwilligen. Solange die Klägerin aber die für das Wirksamwerden der Aufsandungserklärung des Beklagten erforderlichen, ihr obliegenden Leistungen nicht erfüllt hat, hat sie noch nicht das Gestaltungsrecht, ohne weitere Mitwirkung des Beklagten die dingliche Rechtsänderung herbeizuführen (siehe Feil, Liegenschaftsrecht II 1574). Daher kann sie vom Beklagten auch noch nicht die Räumung der Liegenschaft begehren. Unleidliches Verhalten eines Miteigentümers aber kann der auf § 366 ABGB gestützten Eigentumsklage des weiteren Miteigentümers nicht zum Erfolg verhelfen. Die Klage aus dem rechtlich vermuteten Eigentum der Klägerin gemäß § 372 ABGB muß daran scheitern, daß der Beklagte (noch) bücherlicher Hälfteeigentümer der Liegenschaft ist (Koziol-Welser7 II 35).

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E13956

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0040OB00517.88.0412.000

Dokumentnummer

JJT_19880412_OGH0002_0040OB00517_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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