Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als Richter in der Pflegschaftssache der mj. Sabine B***, geboren am 17. März 1979, und der mj. Nathalie B***, geboren am 10. Dezember 1981, infolge Revisionsrekurses der Mutter Karin B***, Hausfrau,
Jurekgasse 23/31, 1150 Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 17. Februar 1988, GZ 47 R 103/88-51, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 10. Jänner 1988, GZ 3 P 80/85-47, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Ehe der Eltern der mj. Sabine und der mj. Nathalie B*** ist geschieden. Die Elternrechte stehen der Mutter allein zu; die Kinder wachsen im Haushalt der Mutter auf. Im Scheidungsvergleich vom 2. Juli 1985 (ON 15) vereinbarten die Eltern ein Besuchsrecht des Vaters zu den beiden Kindern an jedem zweiten Wochenende am Sonntag von 9 bis 18 Uhr; diese Vereinbarung wurde pflegschaftsbehördlich genehmigt (ON 16).
Am 3. Februar 1987 beantragte der Vater die Ausdehnung seines Besuchsrechtes an jedem zweiten Wochenende auf die Zeit von Samstag 9 Uhr bis Sonntag 19 Uhr (ON 30).
Die Mutter, die zunächst vor dem Bezirksjugendamt für den
15. Bezirk diesem Antrag des Vaters zugestimmt hatte, sprach sich in der Folge dagegen aus.
Das Erstgericht erweiterte das Besuchsrecht des Vaters in der Weise, daß es ihn ermächtigte, die Kinder an jedem zweiten Wochenende am Samstag um 9 Uhr von der Mutter abzuholen und ihn verpflichtete, sie bis Sonntag 18 Uhr der Mutter zurückzubringen. Das Erstgericht stellte im wesentlichen fest, daß beide Kinder aufgeweckt und kontaktfreudig sind. Sie finden bei der Mutter und ihrem Lebensgefährten emotionale Geborgenheit und Stabilität. Die Besuchskontakte zum Vater empfinden sie positiv. Der Vater lebt mit seiner Verlobten in einer eigenen Wohnung des Hauses, in dem auch seine Eltern logieren. Er ist an den Töchtern interessiert und bemüht sich deshalb um eine Intensivierung seiner Beziehung zu ihnen. In das emotionale Bezugssystem der Kinder sind auch die Eltern des Vaters eingebunden, wobei die mj. Sabine die Großmutter als etwas dominant empfindet. Die Eltern der Kinder selbst haben seit längerer Zeit keinen Kontakt mehr zueinander. In diesem Spannungsfeld, zu dem auch noch ein Generationenkonflikt zwischen der Mutter der beiden Kinder und der Mutter des Vaters kommt, sind die Kinder praktisch die einzigen Informationsträger. Altersentsprechende und wahrscheinlich oft unreflektierte spontane Äußerungen der Kinder wärmen dann wieder alte Ressentiments auf und belasten damit das für die Kinder erforderliche spannungsfreie Klima. Sowohl das Bezirksjugendamt als auch das Gutachten des Psychologischen Dienstes befürworten die Erweiterung des Besuchsrechtes des Vaters.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß die angeordnete Erweiterung des dem Vater zustehenden Besuchsrechtes unter den festgestellten Umständen dem Wohl der Kinder diene.
Dem gegen diese Entscheidung gerichteten Rekurs der Mutter gab das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluß keine Folge. Das Rekursgericht führte im wesentlichen aus, die primären Bedenken der Mutter gegen die Ausweitung des Besuchsrechtes des Vaters, daß nämlich die Kinder im Rahmen der Besuchsrechtsausübung mehr Kontakt zu den Großeltern als zum Vater hätten, dürften dadurch weitgehend entschärft sein, daß der Vater nunmehr eine eigene Wohnung habe und nicht mehr auf jene seiner Eltern und damit zwangsläufig auf deren Präsenz angewiesen sei. Grundsätzlich bestünden aber auch keine Bedenken dagegen, daß die Kinder mit den Großeltern väterlicherseits zusammenträfen, zumal dann, wenn sich sowohl diese als auch die Mutter abfälliger Äußerungen in Bezug auf die Gegenseite enthielten.
Für die Befürchtung der Mutter, der Vater fahre in alkoholisiertem Zustand mit den Kindern im Auto, bestünden keine konkreten Anhaltspunkte. Es könne daher davon ausgegangen werden, daß sich der Vater diesbezüglich eines pflichtbewußten Verhaltens befleißige.
Im übrigen dürften diese Einwände der Mutter gegen die Besuchsrechtsausweitung wie auch der weitere Einwand, die mj. Sabine sei nach Kontakten zum Vater irritiert, von der Mutter nicht als allzu gravierend gewertet werden, weil sie auch gegen das bisherige Besuchsrecht sprechen würden, die Mutter dieses aber offenbar nicht so nachteilig für die Kinder empfinde, um dem Vater Besuchskontakte generell abzusprechen.
Es spreche daher nichts Gravierendes gegen die Ausweitung des bestehenden Besuchsrechtes des Vaters. Sie sei vielmehr geeignet, die bisherigen positiven Beziehungen zwischen dem Vater und seinen Töchtern auch in deren Interesse zu intensivieren.
Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Mutter mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß der Antrag des Vaters auf Erweiterung seines Besuchsrechtes abgewiesen werde.
Rechtliche Beurteilung
Dieses Rechtsmittel ist nicht zulässig.
Gemäß § 16 Abs. 1 AußStrG findet gegen eine bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung oder einer begangenen Nullität die Beschwerde an den Obersten Gerichtshof statt. Das Vorliegen der Rechtsmittelgründe der Nichtigkeit oder der Aktenwidrigkeit wird im Revisionsrekurs der Mutter nicht behauptet; dafür ergeben sich auch aus dem Akteninhalt keinerlei Anhaltspunkte. Der Rechtsmittelgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit liegt nur in jenen Fällen unrichtiger rechtlicher Beurteilung vor, in denen entweder ein Fall im Gesetz selbst ausdrücklich so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde oder in denen das Gericht gegen ein Grundprinzip des Rechtes, wie etwa gegen das Wohl des Kindes, verstoßen hat (EFSlg 47.208, 49.930, 49.931; 1 Ob 691/87 uva).
Soweit die Mutter in ihrem Revisionsrekurs die Richtigkeit von Feststellungen der Vorinstanzen bestreitet bzw Neuerungen geltend macht, führt sie keinen der im § 16 Abs. 1 AußStrG aufgezählten Rechtsmittelgründe aus und es kann zu ihren Rechtsmittelausführungen nicht Stellung genommen werden.
Maßgebend für die Regelung der Ausübung des Besuchsrechtes des nicht pflege- und erziehungsberechtigten Elternteiles ist gemäß § 148 Abs. 1 ABGB das Wohl des Kindes. Das Rekursgericht hat sich mit den Einwendungen der Mutter gegen die vom Vater beantragte Erweiterung seines Besuchsrechtes unter Bedachtnahme auf das Wohl der Kinder sachlich auseinandergesetzt und kam auf dieser Grundlage zu dem Ergebnis, daß das Wohl der Kinder der Erweiterung des Besuchsrechtes des Vaters nicht entgegenstehe und daß diese Erweiterung auch im Interesse der Kinder liege. Wurden aber im Fall einer Entscheidung über die Besuchsrechtsregelung alle nach dem Gesetz zu berücksichtigenden Kriterien, insbesondere das Wohl der Kinder, in die anzustellenden Ermessenserwägungen einbezogen, dann liegt eine offenbare Gesetzwidrigkeit im Sinne des § 16 Abs. 1 AußStrG nicht vor (EFSlg. 44.656, 44.657, 49.966; 1 Ob 691/87 uva).
Mangels Vorliegens eines im § 16 Abs. 1 AußStrG normierten Rechtsmittelgrundes muß daher der außerordentliche Revisionsrekurs der Mutter zurückgewiesen werden.
Anmerkung
E13929European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0020OB00537.88.0412.000Dokumentnummer
JJT_19880412_OGH0002_0020OB00537_8800000_000