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66 SozialversicherungNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung eines Antrags auf Aufhebung von den Hauptverband der Sozialversicherungsträger betreffenden Bestimmungen als unzulässig wegen zu weit gefassten AufhebungsbegehrensSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft beantragt, die Abs1, 3 und 4 des §447a ASVG idF des Art1 Z49e, 49h und 49j des Sozialrechts-Änderungsgesetzes, BGBl. I Nr. 92/2000, als verfassungswidrig aufzuheben.
Die bekämpften Gesetzesbestimmungen lauten wie folgt:
"§447a. (1) Der beim Hauptverband errichtete Ausgleichsfonds hat eine ausgeglichene Gebarung bzw. eine ausreichende Liquidität der Gebietskrankenkassen, der Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues, der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft und der Sozialversicherungsanstalt der Bauern als Träger der Krankenversicherung zu gewährleisten. Das Vermögen dieses Fonds ist getrennt vom sonstigen Vermögen des Hauptverbandes zu verwalten. Für jedes Jahr ist ein Rechnungsabschluß zu erstellen, der jedenfalls aus einer Erfolgsrechnung und einer Schlußbilanz zum Ende des Jahres bestehen muß. Weiters ist zum Abschluß eines jeden Jahres ein Geschäftsbericht zu verfassen und mit dem Rechnungsabschluß dem Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales vorzulegen.
(2) ...
(3) Die Gebietskrankenkassen, die Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues, die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft und die Sozialversicherungsanstalt der Bauern als Träger der Krankenversicherung haben einen Beitrag im Ausmaß von 2,0 % ihrer Beitragseinnahmen zu entrichten; bei der Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues, der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft und der Sozialversicherungsanstalt der Bauern ist hiebei nur von den Beitragseinnahmen des Versicherungsträgers als Träger der Krankenversicherung auszugehen. Dieser Beitrag ist von der Summe der für das vorhergehende Kalenderjahr fällig gewordenen Beiträge zu ermitteln; er ist in zwei gleichen Teilbeträgen jeweils am 1. April und am 1. Oktober eines jeden Kalenderjahres dem Hauptverband zu überweisen.
(4) Von den Jahreseinnahmen (Abs2) sind 10 vH zur Bildung einer Rücklage zu verwenden, die nur zur Deckung eines außerordentlichen Aufwandes aus den im §447c Abs1 lita angeführten Gründen herangezogen werden darf. Erreicht diese Rücklage die Höhe von 1 vH der Summe der Beitragseinnahmen der Gebietskrankenkassen, der Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues, der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft und der Sozialversicherungsanstalt der Bauern als Träger der Krankenversicherung im vorangegangenen Kalenderjahr, dann ist die Rücklage nicht weiter zu erhöhen. Die Rücklage ist zinsbringend in mündelsicheren inländischen Wertpapieren oder in Einlagen bei Kreditunternehmen anzulegen, auf welche die Voraussetzungen des §446 Abs1 Z. 4 zutreffen."
2. Der Antrag ist unzulässig:
2.1. Nach Art140 Abs1 letzter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.
Gemäß §62 Abs1 VerfGG 1953 muß der Antrag, ein Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben, begehren, daß entweder das Gesetz dem ganzen Inhalte nach oder daß bestimmte Stellen des Gesetzes als verfassungswidrig aufgehoben werden. Der Antrag hat die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken im einzelnen darzulegen. Tritt als Antragsteller eine Person auf, die unmittelbar durch die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, so ist auch darzutun, inwieweit das Gesetz - ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides - für sie wirksam geworden ist.
2.2. Die bekämpften Abs1, 3 und 4 des §447a ASVG regeln - auf den Punkt gebracht - Zweck, Finanzierung und Administration des beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger eingerichteten Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger. Gemäß §447a Abs1 erster Satz ASVG hat der Ausgleichsfonds eine ausgeglichene Gebarung bzw. eine ausreichende Liquidität bestimmter, einzeln angeführter Krankenversicherungsträger zu gewährleisten. Das Vermögen des Fonds ist getrennt vom sonstigen Vermögen des Hauptverbandes zu verwalten (§447a Abs1 zweiter Satz ASVG); für jedes Jahr ist ein Rechnungsabschluß zu erstellen (§447a Abs1 dritter Satz ASVG); ferner ist für jedes Jahr ein Geschäftsbericht zu verfassen und mit dem Rechnungsabschluß dem Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen vorzulegen (§447a Abs1 vierter Satz ASVG). §447a Abs3 ASVG regelt, in welchem Ausmaß die in Frage kommenden Krankenversicherungsträger zum Ausgleichsfonds Beiträge zu leisten haben; §447a Abs4 ASVG bestimmt, daß ein Teil der Mittel des Fonds einer Rücklage zuzuführen ist.
Es ist offenkundig, daß keinesfalls alle Bestimmungen der angefochtenen Abs1, 3 und 4 des §447a ASVG idF des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 2000, BGBl. I Nr. 92/2000, derart beschaffen sind, daß sie iS des Art140 Abs1 letzter Satz B-VG bzw. des §62 Abs1 letzter Satz VerfGG 1953 unmittelbar in die Rechtssphäre der antragstellenden Sozialversicherungsanstalt eingreifen könnten.
Die antragstellende Sozialversicherungsanstalt wendet sich zudem - ihrem eigenen Vorbringen nach - lediglich dagegen, daß ihr durch die angegriffene Neuregelung "aus Krankenversicherungsbeiträgen ihrer Versicherten stammende (weitere) Mittel entzogen (würden)", uzw. ohne daß durch die "faktische Konstellation", dh. angesichts der finanziellen Lage der übrigen am Fonds beteiligten Krankenversicherungsträger, eine "bloß theoretische Möglichkeit eines etwaigen Rückflusses bestünde".
Damit erweist sich aber der die Abs1, 3 und 4 des §447a ASVG idF des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 2000 insgesamt und ohne jede Abgrenzung umfassende Antrag als überschießend und - allein schon aus diesem Grund - zur Gänze unzulässig (vgl. VfSlg. 11.345/1988, 11.610/1988, 14.967/1997, 15.664/1999).
Der Antrag war daher mangels Legitimation der antragstellenden Sozialversicherungsanstalt zurückzuweisen (vgl. VfSlg. 9620/1983, 10.177/1984, 10.854/1986, 11.012/1986, 11.014/1986, 11.153/1986, 12.442/1990, 14.342/1995, 14.500/1996, 15.219/1998; VfGH 27. November 2000, G79/00; ferner die im obigen Absatz zitierten hg. Beschlüsse), ohne daß es einer Prüfung der sonstigen Prozeßvoraussetzungen bedurfte.
3. Dies konnte ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen werden (§19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953).
Schlagworte
Sozialversicherung, VfGH / Individualantrag, VfGH / PrüfungsumfangEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:G196.2001Dokumentnummer
JFT_09988997_01G00196_00